Vielleicht ist das der Grund dafür, dass sich im Entschließungsantrag der Koalition nun auch die Mehrgefahreninitiative wiederfindet. Im vergangenen Jahr haben Sie unseren Antrag dazu noch abgelehnt. Es ist ein deutliches Signal zu debattieren - erst im Agrarausschuss -, und vielleicht kann man das für das parlamentarische Geschehen initiativ untersetzen. Wir sitzen hier nicht, um uns selbst zu beweihräuchern, sondern wir haben eine Verantwortung, die Akteure vor Ort mitzunehmen. Da ist eine öffentliche Diskussion über Fragen, die in der Öffentlichkeit stehen, das Beste. - Danke schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich wollte anfangs auch auf die Rolle und die Bedeutung der Land- und Forstwirtschaft für das Land Brandenburg eingehen. Ich kann mir das aber sparen, weil das meine Vorrednerin, Frau Wehlan, hervorragend dargestellt hat.
Ich glaube, wir sind uns über die Fraktionen hinweg einig, dass die Land- und Forstwirtschaft ein erheblicher Wirtschaftsfaktor im ländlichen Raum ist.
Mit der Agrarreform, der neuen EU-Förderperiode, aber auch mit dem Wandel des Produktionsprofils - ich nenne hier nur die Erzeugung von Bioenergie als ein Beispiel - hat sich in den vergangenen zwei Jahren wirklich viel getan, und es wird sich an dieser Stelle auch weiterhin vieles tun. Umso wichtiger ist auch uns, unter den geänderten Vorzeichen eine Zwischenbilanz dieser Agrarwirtschaftsintiative anzustreben. Die Landesregierung hat sich das Ziel gesetzt, die Landwirtschaft zu stärken und den ländlichen Raum lebenswert zu halten. Das ist Inhalt des Begriffs „Agrarwirtschaftsinitiative“. Daran muss sie festhalten.
Lassen Sie mich einen kurzen Kommentar zu der Studie abgeben. Ich glaube, es geht nicht mit solch kontraproduktiven Vorschlägen, wie sie in dieser Studie zum Tragen gekommen sind oder verlautbart wurden und dann durch die Medien geisterten. Eine Wegzugprämie ist ein Schlag ins Gesicht derjenigen, die im ländlichen Raum leben und arbeiten. Ich fordere die Landesregierung eindringlich auf, für einen lebenswerten ländlichen Raum Sorge zu tragen. Es gibt viele Möglichkeiten - einige wurden in der Studie beschrieben -, auch darin stimme ich meiner Vorrednerin zu. Eine gezielte Entvölkerung der Region Brandenburg gehört gewiss nicht dazu und sollte sofort aus dem Gedankengut gestrichen werden.
Meine Damen und Herren, ich halte eine Art Halbzeitbewertung, wie von der Fraktion DIE LINKE vorgeschlagen, in der Sache für angebracht und kann mich der Begründung des Antrags in vielen Punkten anschließen.
Warum aber unser Entschließungsantrag? Einige Aspekte sehe ich anders und plädiere dafür, dem vorliegenden gemeinsamen Entschließungsantrag der Fraktion der SPD und der Fraktion der CDU zu folgen. Wir sollten im Ausschuss für Ländliche Entwicklung, Umwelt und Verbraucherschutz - Frau Wehlan, Sie haben oft gefordert, komplexe Themen im Ausschuss zu behandeln - über die ersten Ergebnisse nach einer Halbzeitbewertung der Agrarwirtschaftsinitiative dezidiert und ausführlich diskutieren und uns informieren lassen.
Darauf aufbauend wird es möglich sein, weitere Schritte in Erwägung zu ziehen. Dabei denke ich insbesondere an die Themen der Veredelungswirtschaft, weil daran Arbeitsplätze im ländlichen Raum hängen, sowie der Erschließung neuer Absatzmärkte, der Forcierung der Ausbildung in den grünen Berufen sowie an die Bereiche Forschung und Lehre, die in den modernen agrarwirtschaftlichen Betrieben immer wichtiger werden.
Auch die Thematik einer Mehrgefahrenversicherung - Frau Wehlan, Sie haben vorhin von einer Mehrgefahreninitiative gesprochen, meinen aber sicherlich wie ich die Mehrgefahrenversicherung - sollte im Rahmen der Berichterstattung der Landesregierung im Ausschuss intensiver behandelt werden.
Wenn es sich im Ausschuss als notwendig erweisen sollte, dieses Thema intensiver und an anderer Stelle zu erörtern, wird dies auch getan werden. Zunächst einmal ist es jedoch angebracht, dies im Ausschuss zu tun.
Meine Damen und Herren, ich plädiere dafür, dem Überweisungsantrag zu folgen. Wir haben an bester Stelle die Gelegenheit, intensiver auf diese Fragen einzugehen. - Danke schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In Anbetracht der gegenwärtigen Situation in der brandenburgischen Landwirtschaft, die bekanntlich alles andere als positiv ist, stellt sich unsere Fraktion die berechtigte Frage, wie sinnvoll die Agrarwirtschaftsinitiative in der Vergangenheit war. Deshalb halten wir eine Berichterstattung der Landesregierung zur Agrarwirtschaftsinitiative für durchaus nützlich. Die Politik muss endlich davon abkommen, eine Initiative nach der anderen ins Leben zu rufen. Dann war es das auch. Es geht doch konkret darum, Probleme rechtzeitig zu erkennen, um regulierend eingreifen zu können.
Dass eine Reihe unserer Agrarbetriebe mit erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu kämpfen hat, steht - wie bereits eingeschätzt - außer Zweifel. Ernteausfälle aufgrund von immer häufiger auftretenden Witterungsunbilden und - daraus resultierend - finanzielle Probleme bringen nicht wenige Landwirtschaftsbetriebe an den Rand ihrer Existenz. Es ist also an der Zeit, endlich zu handeln, und zwar auf Politikebene.
In gleicher Weise besteht politischer Handlungsbedarf bei der Preisgestaltung für Lebensmittel. Wenn Handelsketten ihre Preisschraube stetig nach oben drehen, muss ein Teil des Profits auch an die Erzeuger - die Landwirtschaftsbetriebe durchgereicht werden. Es ist von nicht zu unterschätzender Bedeutung, dass im Rahmen der „Agrarwirtschaftsinitiative Brandenburg“ die Situation erkannt und mit entsprechenden Maßnahmen effektiv geantwortet wird. Das kann man nur tun, wenn die konkrete Situation bekannt ist.
Wir müssen uns immer vor Augen halten, dass in jedem Landwirtschaftsbetrieb Menschen arbeiten und leben. Wir müssen aber auch stets daran denken, dass der Landwirt der Ernährer des Volkes ist, und zwar im wahrsten Sinne des Wortes. Beide Mensch sowie Ernährer - dürfen einem Politiker nicht gleichgültig sein. Deshalb, meine Damen und Herren auf der Regierungsbank: Erfüllen Sie die „Agrarwirtschaftsinitiative Brandenburg“ mit Leben; denn das Los unserer Landwirte wird sich in nächster Zeit mit Sicherheit nicht verbessern.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Schulze, Sie sind der Meinung, dass sich die Situation nicht verbessert.
(Schulze [SPD]: Herr Helm, ich bestehe darauf, dass Sie „Herr Norbert Schulze“ sagen! Es gibt diesbezüglich fei- ne Unterschiede!)
Ich bin völlig anderer Meinung. Als praktizierender Landwirt habe ich - trotz des sprichwörtlichen Steins auf der Brust, der für mich bedeutend leichter geworden ist - noch nie so optimistisch in die Zukunft geschaut wie derzeit.
Wenn wir hier über die „Agrarwirtschaftsinitiative Brandenburg“ und dergleichen sprechen, verstehe ich darunter eindeutig, dass die Agrarpolitik dafür zu sorgen hat, dass der unternehmerisch handelnde Landwirt in seinem Handeln nicht behindert und blockiert wird, sondern dass die großen und kleinen Steine, die noch im Weg liegen, beiseite geräumt werden. Das unternehmerische Handeln nimmt uns niemand ab. Dazu stehen wir.
Zudem bin ich grundsätzlich dagegen, dass - wie in Ihrem Antrag, Frau Wehlan - immer wieder etwas wie Planwirtschaft bzw. Meinungen durchdringen, der Staat werde es schon richten. Grundsätzlich bin ich folgender Meinung: Wir brauchen keine neuen Subventionstatbestände. Wir brauchen unternehmerisches Handeln. Dazu sind wir als Landwirte auch in der Lage.
Brandenburg spielt diesbezüglich keine Sonderrolle. Zudem ist es auch kein besonderes Verdienst von Brandenburg. Selbstverständlich haben wir das in die Koalitionsvereinbarung aufgenommen, um das politische Signal für die Agrarpolitik klar zu setzen. Derzeit haben wir es vielmehr mit einer weltweiten Konjunktur und nicht nur mit einer Umbruchphase zu tun, Frau Wehlan. Die zurzeit steil ansteigende Konjunktur müssen wir ausnutzen und ausbauen. Deshalb ist es durchaus richtig, dass wir die Diskussion im Agrarausschuss führen. Dort kann sie fachspezifisch erfolgen. Im Parlament ist dafür zu wenig Zeit, die Gründlichkeit würde sicherlich darunter leiden. Zu jedem einzelnen Punkt, den wir in unserem Entschließungsantrag formuliert haben, können wir eine Debatte führen. Dies, denke ich, gehört in den Fachausschuss. Dort sollte man es einmal analysieren, um für die verbleibende Legislaturperiode die entsprechenden Punkte abzustecken.
Mir geht es jedoch noch um etwas anderes, und zwar darum, dass weltweit sichtbar wurde, dass die Landwirtschaft wieder ein sehr wichtiger Wirtschaftsfaktor geworden ist, der weltweit
im Mittelpunkt des Interesses steht. Diesbezüglich haben wir es mit einem Zusammentreffen dynamischer Nachfrageentwicklungen auf dem Nahrungsmittel- und Rohstoffsektor zu tun. Die Landwirtschaft muss zunehmend die Rolle übernehmen, die Ernährung zu sichern, die Rohstoffe für die Industrie zu gewährleisten, Energiefragen sowie alles um das Thema Klima herum zu klären. Das heißt, wir Landwirte werden mittlerweile dafür verantwortlich gemacht, dass all diese Punkte funktionieren.
Zudem kommt die Preisentwicklung zum Ausdruck. Auf der Welt leben 1 Milliarde mehr Menschen nicht mehr unterhalb des Existenzminimums. Dadurch erhöhte sich die Kaufkraft weltweit um 1 Billion Dollar. Das schlägt sich natürlich auf den Markt und die Preise nieder. Wir leben in Deutschland nicht auf der Insel der Glückseligkeit. Wir haben uns diesen Entwicklungen anzupassen und zu stellen. Darüber könnte man noch viel länger diskutieren.
Etwas auf die Palme bringt mich das besagte Gutachten, das hier bereits mehrfach angeführt wurde. Wissen Sie, ich bezeichne das für mich als Landwirt als Glücksfall, da ich nun die Gedanken der Berliner kenne. Bezüglich der ländlichen Räume möchte ich deshalb Folgendes zitieren:
„Brandenburg käme in einem auf Synergie ausgerichteten Verbund beider Länder die Rolle des Berliner Umlandes zu - als Naturreservoir und Naherholungsgebiet, als Lieferant nachhaltig erzeugter Lebensmittel und als Dependance... wohlhabender Hauptstädter.“
In all diesen Bereichen ist derzeit zu wenig Entwicklungszuwachs zu verzeichnen. Hier liegen enorme Potenziale. Ich sage: Gott sei Dank ist dies so; denn wer die Rolle der ländlichen Räume und der Landwirtschaft auf dieses Niveau reduziert, sitzt in einem Elfenbeinturm. Das ist Berliner Arroganz hoch drei.
Wenn ich die Ergebnisse der Wohlstandsgesellschaft - diese sind in Berlin natürlich ausgeprägter als im ländlichen Raum ausleben und den ländlichen Raum und die Landwirtschaft auf das Niveau frühindustrieller Manufaktur auf Tagelöhnerbasis reduzieren will, frage ich mich, was die Aussage des Gutachtens soll und wie wir damit umzugehen haben.
Ich glaube, einige wissen überhaupt nicht, welche Rolle die Landwirtschaft einnimmt und was die Stunde geschlagen hat.
Ich wollte Sie, Herr Helm, bei Ihren Ausführungen hinsichtlich des Gutachtens natürlich nicht unterbrechen. Schließlich teile ich Ihre Auffassung. Meine Frage geht unter der Berücksichtigung, dass wir in Schwedt ein enormes Problem mit dem staatlich geförderten Bioethanol-Werk haben - dies mussten wir auch der Presse entnehmen -, in eine andere Richtung. Meine Frage an Sie: Wie beurteilen Sie die Entwicklung der regenerativen Energien insgesamt, insbesondere hinsichtlich der Biomasse und dessen, was wir in Brandenburg an Zielen abgesteckt haben? Wie bringen Sie das mit Ihrer Agrarpolitik in Übereinstimmung?
Natürlich könnte man jedes einzelne Problem hier gründlich ausdiskutieren. Ich will versuchen, die Frage kurz zu beantworten. Die Probleme des Gutachtens werden uns noch begleiten. Klar und deutlich muss ich Ihnen, Herr Homeyer, sagen, dass biogene Stoffe eine Chance für die Landwirtschaft sind. Dies muss ausgenutzt werden, birgt aber auch Probleme in sich. Das muss ich so klar und deutlich sagen. So musste die BioethanolHerstellung der Sauter-Gruppe in Schwedt eingestellt werden, weil die Preise des Ausgangsmaterials keine rentierliche Produktion mehr gewährleisteten. Das hängt mit weltweiten Entwicklungen zusammen. Ich muss an dieser Stelle klar und deutlich sagen, dass die Ölmultis in Sachen Energie mit uns Katz und Maus spielen.
Im Ergebnis der genannten Entwicklung sank der Ölpreis. Der geldliche Vorteil der biogenen Ausgangsstoffe gegenüber dem Öl wurde zunichte gemacht, sodass der Verbraucher nicht daran interessiert war, vom Öl abzugehen.
Gegenwärtig steigt der Ölpreis wieder und geht in Richtung 100 Dollar pro Barrel. Nachziehen werden wiederum die Preise der biogenen Ausgangsstoffe. Die Spirale „Produktion einstellen - Produktion aufnehmen“ geht im Ergebnis immer weiter. Es stellt sich die Frage, wie lange wir das durchhalten.