Protokoll der Sitzung vom 10.10.2007

Ich konnte hier nur einige Punkte andeuten. Meine Fraktion hat

zu diesem bedeutenden Prozess einige zentrale Fragen und Bedenken. Aber wir sind offen für Argumente. Vielleicht wird ja wirklich gut, was lange währt. Ich freue mich auf die Diskussionen im Ausschuss. - Vielen Dank.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Die Abgeordnete Geywitz spricht für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Jürgens, vielleicht ist es gut, dass wir noch einmal die Möglichkeit haben, uns im Ausschuss über diese Frage länger zu unterhalten. Sie haben ein sehr schönes Einerseits-andererseits formuliert. Sie haben gesagt, Ihre Fraktion lehnt Privatuniversitäten ab. Das könnte man noch nachvollziehen. Dann haben Sie aber beklagt, dass das eine Mogelpackung sei; denn die Stiftung wäre immer noch durch den Einfluss des Staates an ihrer Autonomie gehindert und bräuchte mehrere Milliarden Stiftungskapital, um wirklich autonom zu sein. Sie wäre dann quasi eine private Universität, die sich selbst finanziert. Sie müssen also schon sagen, was Sie wollen. Das alles war noch nicht so richtig schlüssig.

Die Ministerin hat bereits erklärt, wie es zu dem vorliegenden Stiftungsgesetz kommt, dass wir hier in Brandenburg die gute Möglichkeit haben, weil wir in unserem Gesetz eine flexible Variante gewählt haben. Nicht alle Universitäten müssen eine Stiftung gründen - das ist, glaube ich, auch nicht für alle Universitäten und Hochschulen im Land die geeignete Form -, aber die Viadrina wollte es. Sie sah darin in ihrer spezifischen Situation eine Möglichkeit, ihre Autonomie zu erhöhen und auch Zustiftungen zu gewinnen, die es ihr dann ermöglichen, ihr inhaltliches Profil zu stärken.

Es gab in der Tat einen langen Aushandlungsprozess. Das ist nicht die Schuld der Landesregierung, auch nicht der Viadrina. Sie können sich vorstellen, dass es, wenn man - das erste Mal in der Bundesrepublik - solche grundlegenden Änderungen vornimmt, einen schwierigen Regelungsprozess gibt, der auch mit Ängsten der Arbeitnehmer an der Viadrina einhergeht. Hier war es, glaube ich, sinnvoll, dass man seriös vorging und sich auch überlegte: Wie ist die Dienstherrenfunktion ausgestaltet? Wer ist wofür verantwortlich? Wie sind die Rechte der Arbeitnehmer gewährleistet?

Im Übrigen gibt es bei einer solch großen Einrichtung wie der Viadrina natürlich auch die entsprechenden Gremien, die informiert werden müssen. Ich denke, es ist auch der Hochschule zu danken, dass sie den Prozess organisiert hat, bei dem alle mitgenommen worden sind. Wenn das dann eine Weile dauert, so muss man keine Schuldzuweisungen vornehmen, sondern es ist einfach der Komplexität des Verfahrens geschuldet.

Wir werden uns das en détail noch einmal im Ausschuss ansehen. Ich bin zuversichtlich, dass sich die Chance - nicht der Automatismus, sondern die Chance -, die sich mit dem neuen Stiftungsmodell ergibt, dann auch für die Viadrina eröffnen wird. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Der Abgeordnete Nonninger spricht für die DVU-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bildung ist eine grundlegende Säule für die Entwicklung unserer Gesellschaft.

(Schulze [SPD]: Ja!)

Die bestmögliche Finanzierung unserer Hochschulen ist daher eine Kernaufgabe unseres Landeshaushalts. Es ist erforderlich, die Konkurrenzfähigkeit der Brandenburger Hochschulen zu stärken.

Das Zweite Gesetz zur Änderung des Brandenburger Hochschulgesetzes hat der Landesregierung die Möglichkeit eröffnet, staatliche Hochschulen auch in anderer Rechtsform zu führen. Die DVU-Fraktion begrüßt diese Möglichkeit aufgrund der angespannten Haushaltslage sowie der notwendigen Stärkung der Hochschulautonomie.

Bisher waren alle Hochschulen Körperschaften öffentlichen Rechts und zugleich staatliche Einrichtungen. Nun also wird mit dem vorliegenden Gesetzentwurf über die Errichtung der „Stiftung Europa-Universität Viadrina Frankfurt (Oder)“ erstmals von der Öffnungsklausel des Brandenburger Hochschulgesetzes Gebrauch gemacht. Die Europa-Universität Frankfurt (Oder) soll nun entsprechend ihrem Antrag in die Trägerschaft einer selbstständigen Stiftung öffentlichen Rechts überführt werden.

Was will nun die Europa-Universität Viadrina mit ihrem Antrag konkret erreichen? Sie möchte einen neuen Weg zu mehr Hochschulautonomie beschreiten. Sie will Effizienz und Innovationsfähigkeit der Universität durch einen hohen Grad an Selbstständigkeit, Flexibilität und Eigenverantwortung steigern. Man verspricht sich also von der Überführung in eine Stiftung öffentlichen Rechts vor allem eine deutliche Leistungssteigerung durch mehr organisatorische Autonomie.

Fakt ist: Die ministerielle Fachaufsicht entfällt, das zuständige Ministerium übt nur noch mittelbar die Rechtsaufsicht über die Universität aus. Die Viadrina möchte durch die größere organisationsrechtliche Selbstständigkeit die Eigenverantwortung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stärken und damit deren Motivation und Identifikation mit der Stiftungshochschule steigern. Durch die Verlagerung von ehemals staatlichen Aufgaben auf den Stiftungsrat sollte es außerdem möglich sein, neben kürzeren Entscheidungswegen auch eine schnelle Umsetzung von Beschlüssen durch Stiftungsvorstand und Stiftungsleitung vorzunehmen.

Letztendlich aber erwartet man, dass es leichter sein wird, notwendige zusätzliche finanzielle Mittel einzuwerben. Mit den zusätzlichen Mitteln will man eine weitere Internationalisierung der Viadrina erreichen. Nicht zuletzt möchte man eine langfristige Finanzierung von Stiftungsprofessuren ermöglichen. Natürlich knüpft die Landesregierung an das Stiftungsmodell auch die Erwartung, dass durch eigenverantwortlichen und effizienten Einsatz der Mittel die Qualität von Forschung, Lehre, Studium und Weiterbildung an der Universität weiter gestärkt wird.

Die rechtsformspezifischen Steuervorteile bieten einen Anreiz für potenzielle Spender und Zustifter. Wunderdinge sollte man hier allerdings nicht erwarten. Deshalb teilen wir die Einschätzung, die Chancen des Stiftungsmodells von dem Potenzial zu betrachten, das es für die nächsten 10, 50 bzw. 100 Jahre hat. Natürlich ist sehr viel von dem, was hier angeschoben wird, mit dem Prinzip Hoffnung verbunden. Es ist wohl offensichtlich geworden, dass nicht alle vom Konzept der Stiftungsuniversität überzeugt sind. Beleg dafür ist das sehr knappe Abstimmungsergebnis in der Frankfurter Universität. Wir sind jedenfalls gespannt auf die kommende Anhörung. - Ich bedanke mich.

(Beifall bei der DVU)

Der Abgeordnete Dr. Niekisch spricht für die CDU-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wenn sich eine Institution, eine Universität, eine Hochschule oder wer auch immer ein Stück weit des staatlichen Einflusses entzieht, ist das nicht etwas, was man beklagen muss, Herr Kollege Jürgens, sondern das ist ein Fortschritt an Freiheit und an Selbstständigkeit, den man immer begrüßen muss. Das gilt vor allem, wenn nicht nur die Rahmenbedingungen stimmen, sondern man sich auch bei dem Kleingedruckten einigt.

(Beifall des Abgeordneten von Arnim [CDU])

Aufgrund dessen geht der Dank zunächst an die Präsidentin der Viadrina, weil sie die Idee hatte, ihre Universität - die Europa-Universität -, die an der Schnittstelle zwischen dem alten und dem neuen Europa - zwischen Deutschland und Polen sehr wichtig ist, mit besonderem Rang, besonderer Freiheit und mit neuen Freiheits- und Wirkungsmöglichkeiten zu bedenken.

An der Entscheidung, die am 26. September gefallen ist, als der Senat mit einem sehr knappen Ergebnis - sechs Jastimmen, eine Enthaltung und vier Neinstimmen - dem zugestimmt hat, sodass uns der Gesetzentwurf heute in 1. Lesung vorliegt und das Vorhaben nun endlich feste Formen annehmen kann, erkennt man, dass das Kleingedruckte enorm wichtig ist und dass Leistung und Gegenleistung, Anspruch und Wirklichkeit erst in einem sehr schwierigen Prozess in Übereinstimmung gebracht werden können.

Was haben wir davon? Was ist das Positive? - Es können mehr Leistungen erbracht und verantwortet werden. Die organisatorische Autonomie wurde von vielen meiner Vorredner bereits betont. Wenn man alle Mobilien und Immobilien in die Hand bekommt, eine große Verantwortung für den gesamten Haushalt trägt, nicht mehr der Landeshaushaltsordnung unterworfen wird und das Risiko gegenüber Dritten trägt, ist das enorm viel. Das ist die inhaltliche Ausgestaltung einer Stiftungsuniversität.

Gleichwohl werden mehr als 95 bzw. 98 % der Haushaltsmittel für die Europa-Universität vom Land getragen. Aufgrund dessen ist es richtig, dass unter den sieben bis neun Stiftungsratsmitgliedern - dem eigentlichen Führungs- und Aufsichtsgremium - ein Vertreter der Landesregierung bzw. des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kultur ist und dort ein Vetorecht besitzt, sodass im Sinne der Universität und der

Steuergelder keine Risiken eingegangen werden können, die niemand mehr zu tragen bereit ist und deretwegen das Land eventuell in ein Obligo gehen müsste. Diese bedeutende Angelegenheit war zahlreiche Wochen und Monate umstritten. Wenn sich die Finanzierung jedoch so gestaltet, geht an diesem Vetorecht nichts vorbei.

Natürlich werden Zweifel gehegt, ob tatsächlich so viele Stifter bereit sind, den nun vorhandenen Stiftungsstock aufzustocken und die Universität mit weiteren Mitteln zu versorgen. Je attraktiver der Stiftungsrat jedoch ist, je mehr gute, einflussreiche Persönlichkeiten aus der Forschungslandschaft, aus der Politik oder aus der Wirtschaft in diesem Rat vertreten sind, je mehr Stiftungskapital und Gelder akquiriert werden, desto freier, wirkungsvoller und einflussreicher wird diese Universität werden und sich entfalten können. Daran hängt vieles, unter anderem auch am Engagement.

In den Ländern Brandenburg und Berlin sind für einige wichtige Fächer - unter anderem Betriebswirtschaftslehre und Jura, die durchaus attraktiv sind - die Numerus-clausus-Vorschriften weggefallen. Die Viadrina hat nach wie vor mit der Werbung von Studentinnen und Studenten Schwierigkeiten, obwohl sich dieser Standort und auch das Umfeld Stück für Stück entfalten. Diesbezüglich muss noch sehr viel Arbeit geleistet werden.

Kurz und gut: Wir von der CDU-Fraktion sind froh, dass dieser Weg in die Freiheit gegangen wird. Wir sind nicht der Meinung, dass es sich dabei um eine Mogelpackung handelt, sondern dass innerhalb des Rahmens mit der großen staatlichen Finanzierung vor Ort sehr viel Verantwortung übernommen wird. Wenn das von den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, von den Studenten und dem Lehrpersonal ausgefüllt wird, der Stiftungsrat die Qualitätsanforderungen mit Persönlichkeiten erbringt - die wir uns vorstellen, die man sich aber auch vor Ort vorstellt - und Einfluss sowie Geld der Universität zuwachsen, wird sich die Stiftungsuniversität selbstständig, einflussreich und im Sinne der Studenten sowie der deutsch-polnischen Zusammenarbeit auf einem sehr guten Weg befinden.

Nun noch ein Gedanke zum Schluss: Sie wissen, dass die deutsch-polnischen Beziehungen in den 80er und 90er Jahren viel besser waren und derzeit einer Erosion unterliegen. Die Viadrina, auch die deutsch-polnische Wissenschaftsstiftung, die gemeinsam mit dem Bund gegründet und Schritt für Schritt mit Leben erfüllt wurde, ist ein zentraler Angelpunkt, eine zentrale Klammer der deutsch-polnischen Zusammenarbeit - vor allem der akademischen - unter jungen Männern und Frauen. Aufgrund dessen ist es uns im Sinne Europas - diesbezüglich hat Brandenburg eine klare Funktion - wichtig, dass diese Stiftungsuniversität Erfolg hat.

Ich würde mich freuen, wenn wir in diesem Jahr bzw. möglichst bald dort Lesungen hätten und die Universität in die Freiheit dieser Stiftung mit dem Stiftungsrat entlassen könnten. Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Für die Landesregierung erhält noch einmal Frau Ministerin Wanka das Wort. Bitte schön, Frau Ministerin.

Meine Damen und Herren, gestatten Sie mir noch zwei Bemerkungen. Erstens: Herr Jürgens, Ihr Vorspann hat mich verblüfft. Warum ist Ihre Fraktion gegen private Hochschulen? - Private Schulen sind etwas anderes; diese müssen auch staatlich finanziert werden. Private Hochschulen werden jedoch zu 100 % privat finanziert. Wenn wir über höhere Bildungsbeteiligung und über mehr Studenten in Deutschland sprechen, müssen wir doch angesichts der Finanzsituation froh sein, wenn es ein solches Engagement für private Hochschulen gibt.

(Beifall bei der CDU)

Wie man das dann mit Anerkennung usw. regelt, ist ein anderes Thema.

Zweitens: Es klang bei Ihnen so an, als hätte die Erarbeitung des Gesetzentwurfs zu lange gedauert. Eigentlich hat es nicht lange gedauert. Unser Gesetzentwurf war sehr schnell fertig. Diesbezüglich möchte ich drei Punkte erwähnen.

Erstens: Wissen Sie, wie kompliziert es ist, Beamte der Bundesrepublik Deutschland bzw. des Landes Brandenburg in eine solche Institution zu überführen?

(Heiterkeit bei CDU und SPD)

- Ich meine natürlich rechtlich und nicht physisch. Wir hatten erst überlegt, das „kraft Gesetzes“ zu tun. Da sich jedoch das Bundesgesetz geändert hat, sind wir auf die Möglichkeit der Übernahmeverfügung ausgewichen.

(Schulze [SPD]: Sprechen Sie mit Frau Blechinger, wie sie überführt werden!)

Das war also kompliziert, vor allem weil sich das Bundesrecht in der Zeit gewandelt hat. Anschließend gab es grundsätzliche Urteile. Das sollten Sie nicht unterschätzen. Auch ich habe das in dem Prozess von meinen Juristen intensiv gelernt.

Zweitens: Natürlich musste man die Sorgen der Beschäftigten sehr ernst nehmen. Das haben wir auch getan. Ich war zweioder dreimal im Senat, in dem wir stundenlang darüber diskutiert haben. Dort haben wir - ich habe es vorhin angeführt Sonderrechte bzw. Konditionen geschaffen, sodass diese Sorgen ausgeräumt sind.

Drittens: Im Frühjahr dieses Jahres - als wir die Eckpunkte für die Hochschulgesetznovelle mit den Freiheitsgraden, die wir allen Hochschulen einräumen wollen, bekannt gegeben haben, gab es natürlich einen kleinen Aufschrei an der Viadrina, weil sich viele fragten: Warum sollen wir die Risiken einer Stiftung eingehen, wenn wir viele der Freiheiten nun auf diesem Weg bekommen? - Ich denke, es spricht für uns und für unsere Hochschulpolitik, wenn wir staatlichen Hochschulen Freiheiten eröffnen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU)

Damit sind wir am Ende der Debatte.

Die Parlamentarischen Geschäftsführer empfehlen, den Gesetzentwurf der Landesregierung, der Ihnen in der Drucksache 4/5174 vorliegt, an den Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kultur zu überweisen. Wer dieser Empfehlung zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Beides ist nicht der Fall. Damit ist dieser Überweisung einstimmig Folge geleistet.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 6.