Protokoll der Sitzung vom 15.11.2007

Herzlichen Dank. - Das Wort erhält die Abgeordnete Schier. Sie spricht für die SPD- und die CDU-Fraktion.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Antrag wirft mehrere Fragen auf. Eine nicht ganz unwesentliche Frage stellt sich dem Bundesfinanzminister, der eine Lücke in Milliardenhöhe schließen müsste. Des Weiteren ergibt sich die Frage, wie die Einsparungen an die Patienten weitergegeben werden sol

len. Es müsste eine Beitragssenkung geben. Ermäßigte Mehrwertsteuersätze bringen, wenn man den Steuerexperten Glauben schenkt, ein Problem der Abgrenzung mit sich. Das bedeutet immer mehr Bürokratie. Steuerentlastungen, die als Vorleistungen erbracht werden, führen laut Expertenaussagen nicht automatisch zu einer Weitergabe an die Verbraucherinnen und Verbraucher. Das bedeutet, dass der einzelne Versicherte von der Reduzierung gegebenenfalls gar nicht profitieren würde.

Mit der Gesundheitsreform sind viele Maßnahmen ergriffen worden, die zu höherer Effizienz im Gesundheitswesen führen sollen. Die Rabattverträge zwischen den Krankenkassen und der Pharmaindustrie sollen beispielsweise zu einer Kostendämpfung bei Arzneimitteln führen. Da gibt es inzwischen großen Gestaltungsspielraum. Man sollte sich erst die Auswirkungen im Einzelnen anschauen, ehe man ein Maßnahmenpaket fordert. Deswegen lehnen wir diesen Antrag ab. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Herzlichen Dank. - Das Wort erhält die Abgeordnete Wöllert.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ich mache es ganz kurz. Wir sind es den genannten Vereinen und Verbänden schuldig, etwas zur Richtigstellung zu sagen, da sie von der DVU vereinnahmt werden und für etwas herhalten sollen, was sie überhaupt nicht beantragt haben.

Am 24. September dieses Jahres haben sich die genannten Spitzenverbände auf die sogenannte Düsseldorfer Erklärung verständigt. Darin geht es tatsächlich um die Forderung nach Absenkung der Mehrwertsteuer auf 7 %. Dafür gibt es gute Gründe, darüber kann man diskutieren. Aber es ist einfach unerträglich, in welcher populistischen Art und Weise Sie von der DVU das hier vorbringen und wie schlecht Sie recherchiert haben. Die genannten Vereine und Verbände werden sich für die Vereinnahmung durch die DVU bedanken.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE und vereinzelt bei der SPD)

Herzlichen Dank. - Die Landesregierung verzichtet. Das Wort erhält noch einmal die Abgeordnete Hesselbarth.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Schier, Sie wissen, dass die Krankenkassen vom Bund subventioniert werden. Wenn weniger Subventionen erfolgen müssen, dann müssen auch weniger Steuern dorthin fließen.

(Beifall bei der DVU)

Für Arzneimittel müssen 19 %, für ungesunde Genussmittel aber nur 7 % bezahlt werden. Mit anderen Worten: Bonbons, die mithelfen, Zähne zu ruinieren, sind mit 7 % belastet, ein Mittel, das gegen Parodontose hilft, dagegen mit 19 %. Wenn Sie, Frau Schier, als Vertreterin der Koalitionsfraktionen das

völlig in Ordnung finden, so zeigt uns das nur, dass Ihnen die Gesundheit der Brandenburgerinnen und Brandenburger offensichtlich völlig gleichgültig ist.

(Beifall bei der DVU)

Dabei fordern inzwischen namhafte Vertreter Ihres SPD-Koalitionspartners die Abschaffung bzw. Ermäßigung der Umsatzsteuer auf Arzneimittel. So erklärten beispielsweise die bayerischen SPD-Bundestagsabgeordneten dazu auf ihrer Internetseite:

„Auch volkswirtschaftlich würde die Gewährung des ermäßigten Mehrwertsteuersatzes für Arzneimittel Sinn machen; denn die Mehrwertsteuererhöhung würde ansonsten zu steigenden Gesundheitsausgaben der Kassen und damit zu steigenden Lohnnebenkosten führen.“

Ihre Ablehnung von Linksaußen verstehe ich gleich gar nicht. Es war doch Ihre Bundestagsfraktion, Frau Wöllert, die im vergangenen Jahr im Deutschen Bundestag durch einen Antrag die Absenkung der Mehrwertsteuer für Arzneimittel forderte.

(Zurufe von der Fraktion DIE LINKE)

Ihre Bundestagsabgeordnete Barbara Höll erklärte dazu in der Debatte:

„Der ermäßigte Mehrwertsteuersatz auf apothekenpflichtige Medikamente wäre ein erster kleiner Schritt... der umso notwendiger ist, als Sie...“

- die Regierung

„... angedroht haben, die Mehrwertsteuer im nächsten Jahr um 3 Prozentpunkte zu erhöhen. Das würde im Klartext bedeuten: Haushaltssanierung des Bundes auf Kosten der Kranken. Denn je kränker die Bevölkerung ist, umso höher sind die Zahlungen, die die Kranken über die Mehrwertsteuer leisten müssen. Das ist inhuman und kann nicht das sein, was wir als Politikerinnen und Politiker erstreben.“

Die Erhöhung um 3 % ist inzwischen erfolgt. Wir als DVUFraktion wollen nicht nur einen kleinen Schritt, sondern einen ganz großen zu mehr Humanität und sozialer Gerechtigkeit im Gesundheitswesen tun, indem wir die Umsatzsteuer auf Arzneimittel komplett abschaffen wollen.

(Beifall bei der DVU)

Mit unserer Forderung sind wir übrigens in bester Gesellschaft. So wurde die sogenannte Düsseldorfer Erklärung zur sofortigen Absenkung der Umsatzsteuer auf Arzneimittel von 19 % auf 7 % während des Deutschen Apothekertages 2007 von insgesamt 15 Verbänden und Organisationen aus dem deutschen Gesundheitswesen gebilligt. In dieser Erklärung heißt es:

„Eine ermäßigte Mehrwertsteuer auf Arzneimittel würde dazu führen, dass die gesetzlichen Krankenkassen ihre Mitgliedsbeiträge um mindestens 0,2 Prozentpunkte senken könnten.“

Der Forderung auf Abschaffung oder zumindest drastische Verminderung des Umsatzsteuersatzes auf Arzneimittel schloss

sich auch der Bund der Steuerzahler an. Dessen Verbandspräsident erklärte dazu:

„Bleibt es bei der aktuellen Regelung für Arzneimittel, werden vor allem Kranke und Einkommensschwache über Gebühr zur Kasse gebeten.“

Der Sozialverband VdK schließlich sammelte zum Jahresbeginn über 2,5 Millionen Unterschriften zur Absenkung der Umsatzsteuer auf Arzneimittel.

Grund genug also auch für Sie, meine Damen und Herren, unserem Antrag zuzustimmen. Die Brandenburger Bürger, besonders aber die Senioren und die Kranken sowie die Menschen mit geringem Einkommen würden es Ihnen danken.

(Beifall bei der DVU)

Herzlichen Dank. - Wir kommen zur Abstimmung, weil die Rednerliste abgearbeitet ist.

Zur Abstimmung steht die von der DVU-Fraktion beantragte Überweisung ihres Antrages in der Drucksache 4/5296 - Neudruck - zur federführenden Beratung und Berichterstattung an den Ausschuss für Haushalt und Finanzen sowie an den Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie. Wer dieser Überweisung seine Zustimmung geben möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Wer stimmt gegen die Überweisung? Im Falle der Ablehnung des Überweisungsantrags, was soeben geschehen ist, kommen wir zur Abstimmung über den Antrag in der Drucksache 4/5296 in der Sache. Wer diesem Antrag seine Zustimmung gibt, den bitte ich um das Handzeichen. - Wer stimmt dagegen? - Damit ist der Antrag in der Sache mit großer Mehrheit abgelehnt.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 8 und rufe Tagesordnungspunkt 9 auf.

Schaffung des Amtes eines Landesbeauftragten für die Hinterlassenschaft des Ministeriums für Staatssicherheit der ehemaligen DDR

Antrag der Fraktion der DVU

Drucksache 4/5297

Ich eröffne die Aussprache. Herr Abgeordneter Claus, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen! Meine Herren! Unrecht darf nicht vergessen werden, und Opfer bedürfen der Hilfe von uns allen.

Ich spreche heute von den Taten des SED-Regimes an Menschen, die nicht willfährig der Diktatur der Kommunisten in der ehemaligen DDR dienen wollten. Manche von diesen Opfern, meine Damen und Herren, waren bereits Opfer der NSDiktatur und mussten in der sowjetischen Besatzungszone und in der Deutschen Demokratischen Republik weiter Verfolgung und Folter erdulden.

In den meisten neuen Bundesländern, meine Damen und Herren, sowie im Land Berlin gibt es daher Landesbeauftragte, zum Beispiel den Landesbeauftragten von Berlin für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der ehemaligen DDR. Diese Landesbeauftragten haben nicht nur die Aufgabe, die Bundesbeauftragte oder den Bundesbeauftragten für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes bei der Ausführung des Stasi-Unterlagengesetzes zu unterstützen. Sie nehmen vielfältige, gute und vernünftige Aufgaben wahr - von der Durchführung von Seminaren zu Fragen der Geschichte der DDR und ihrer historischpolitischen Aufarbeitung bis hin zur individuellen Beratung zu den Themen Rehabilitierung, Entschädigung und Anerkennung von Haftfolgeschäden von MfS-Inhaftierten. Es werden Informationen über die Angebote von Gedenkstätten, Vereinen und anderen Einrichtungen der politischen Bildung zum Thema Aufarbeitung der SED-Diktatur gegeben. Die Landesbeauftragten beraten auch Lehrer, die Projekttage in Unterrichtseinheiten zur DDR-Geschichte planen, und sie beraten Schüler, Studenten und andere Interessenten bei eigenen Rechercheprojekten.

Es ist meines Erachtens besonders wichtig, den Opfern politischer Verfolgung, von Haft und beruflicher Repression beratend zur Seite zu stehen, insbesondere Bürger zu den SED-Unrechtsbereinigungsgesetzen zu beraten sowie zu strafrechtlichen, verwaltungsrechtlichen und beruflichen Rehabilitationsgesetzen, womit auch Renten- und Entschädigungsberatungen gemeint sind, meine Damen und Herren.

Die Liste der Aufgaben dieser wichtigen Behörde ließe sich noch lange fortsetzen. Ich erspare mir dies und stelle nur eine Frage in diesen Raum: Warum gibt es, anders als in den anderen neuen Bundesländern, in Brandenburg keinen eigenen Landesbeauftragten für Stasi-Unterlagen? - Der Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Günter Nooke - CDU -, hat deswegen zu Recht deutliche Kritik an der Art der Stasi-Aufarbeitung im Land Brandenburg geübt, zuletzt in der „Cottbuser Erklärung gegen das Vergessen“ Anfang Oktober 2007, meine Damen und Herren.

Wir als Fraktion wollen Ihnen heute Gelegenheit geben, den Mangel abzustellen und endlich die Voraussetzungen dafür zu schaffen, eine Regelung zur Schaffung des Amtes eines Landesbeauftragten zu verabschieden. Ich fordere Sie dazu auf: Stimmen Sie unserem Antrag zu! - Danke schön.

(Beifall bei der DVU)

Das Wort erhält der Abgeordnete Dr. Niekisch. Er spricht für die Koalitionsfraktionen.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die DVU-Fraktion beantragt heute die Schaffung des Amtes eines Landesbeauftragten für die Hinterlassenschaft des Ministeriums für Staatssicherheit der ehemaligen DDR. Ich muss zugeben, es ist nicht ganz einfach, zu diesem Antrag zu sprechen, haben Sie mit diesem Antrag immerhin ein Eisen angepackt, das zwar nicht mehr heiß, aber immer noch lauwarm ist.

Man muss einerseits zu Ihren Gunsten annehmen, dass es Ihnen um die Sache geht; andererseits kann man vermuten, dass

es Ihnen darum geht, in die Koalitionsfraktionen Zwietracht zu tragen oder einen Keil zwischen sie zu treiben. Sie wissen nämlich ganz genau, dass dieser Punkt zwischen CDU und SPD in den 90er Jahren sehr umstritten gewesen ist. Wir hatten Ende der 90er Jahre einen entsprechenden Antrag eingebracht, insbesondere wegen großer Missstände, die es damals, 1997, bei der brandenburgischen Polizei gab.