„Die Zahlen sind erheblich gestiegen. In MecklenburgVorpommern war die Zahl der aufgegriffenen illegalen Einwanderer in den ersten drei Wochen seit dem Schengen-Beitritt Polens höher als 2005 und 2006 zusammen.“
„In Brandenburg wurden vom 21. Dezember 2007 bis zum 6. Januar 2008 bereits 250 illegale Einwanderer aufgegriffen.“
Es ist also das eingetreten, wovor der GdP-Vorsitzende lange vor dem 21. Dezember 2007 gewarnt hat. Meine Damen und Herren, das sind doch eigentlich die wahren Spezialisten, die dies wissen und dies auch am besten beurteilen können.
Dass das Bundesinnenministerium schon zwischen dem 21. Dezember 2007 und dem 2. Januar 2008 330 illegale Grenzübertritte aus Polen und Tschechien gezählt hat, lässt Sie, Herr Innenminister Schönbohm, offensichtlich kalt, oder Sie wollen es nicht wahrhaben. Da sollten Sie besser auf andere Bundesländer sehen, Herr Minister, zum Beispiel auf den Freistaat Bayern. Auch Ministerpräsident Beckstein hat im Ergebnis einräumen müssen, dass sich seit dem Beitritt Polens und Tschechiens zum Schengen-Abkommen die ungesetzlichen Grenzübertritte häufen. Das ist die Realität.
Ein für uns relevantes Beispiel ereignete sich bereits am Heiligen Abend 2007 im Berlin-Warschau-Express, der mehrmals täglich die Hauptstädte frequentiert. Dort hatten die Massen von fremdsprachigen Osteuropäern sogar das Zugpersonal so beunruhigt, dass es vorsichtshalber eine Meldung an die Bahnaufsicht machte. Nur deswegen kam es am ehemaligen Grenzbahnhof Rzepin Richtung Frankfurt (Oder) zu einem Polizeiauftritt, in dessen erstem Verlauf schon einmal 35 Tschetschenen aus dem Zug geholt wurden. Damit der Euro-City keine größere Verspätung in Polen aufwies, ließ man den Zug ohne genaue Kontrollen erst einmal weiter fahren. Die deutsche
Bundespolizei hat dann jedoch noch einmal weitere 24 Illegale gefasst. Da kann man sich leicht ausmalen, wie „lückenlos“ die Kontrolle an anderen Tagen ist.
Was Sie, meine Damen und Herren von der SPD, hier vorgaukeln, ist offensichtlich unehrlich. Für die Wirtschaft, meine Damen und Herren von der SPD, mögen Sie vielleicht Recht haben. Aber wir als Fraktion erwarten keine Scheindebatten, sondern effektive Kontrollen illegaler Einwanderer aus Polen. Das werden wir genau beobachten und gegebenenfalls weitere Nachfragen stellen. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Europa wächst zusammen. Es wird der Raum des Rechts, der Freiheit und der Sicherheit, ein Raum, der lange Zeit vom Kalten Krieg, von unterschiedlichen Systemen und großen gesellschaftlichen, wirtschaftlichen und sozialen Umbrüchen bestimmt war. Ich finde, das ist ein Ereignis.
Ich habe heute die Schengen-Karte mitgebracht, um Ihnen einmal zu zeigen, wovon wir eigentlich reden. Bis zum 21.12.2007 konnte man von Lissabon quer durch Europa bis nach Nordnorwegen fahren. Jetzt kommt dieser Raum hinzu: Slowenien, Ungarn, Slowakei, Tschechien, Polen, Litauen, Lettland und Estland. Es kommt also das alte Mitteleuropa hinzu,
und dieses Mitteleuropa gehört zu uns. Das ist ein Kulturraum. Darüber sprechen wir. Es ist also ein historisches Ereignis, und historische Ereignisse führen zu Nachfragen. Mit diesen Nachfragen haben wir uns ganz intensiv beschäftigt, weil wir sagen: Dieses Europa des Rechts, der Freiheit und der Sicherheit muss alle Teile dieses Europas umfassen. Diejenigen, die in diesen Raum eintreten, müssen die Bedingungen erfüllen, die von denen, die diesem Raum schon angehören, definiert worden sind. Darum haben die Schengen-Staaten mithilfe von Expertenkommissionen mehrfach überprüft, inwieweit die jetzige Außengrenze dem Sicherheitsstandard entspricht und ob die Polizeiorganisation in den Beitrittsländern ebenfalls den Anforderungen entspricht. Auf dieser Basis hat am 6. Dezember vergangenen Jahres der Rat der Innen- und Justizminister der Europäischen Union offiziell der Erweiterung des SchengenRaums zugestimmt.
Ich möchte noch Folgendes anmerken. Im November 2006 hatten wir gemeinsam mit Kommissar Frattini, der für diesen Bereich zuständig ist, eine Innenministerkonferenz. Frattini hat bei dieser Konferenz Folgendes vorgetragen:
„Das Schengen-Informationssystem, das wir zurzeit im alten Schengen-Raum haben, wird übertragen auf die neuen Schengen-Staaten.“
Das Schengen-Informationssystem heißt so schön „SIS - one for all“, also „Schengen-Informationssystem“ für alle. Es ist beabsichtigt, das Schengen-Informationssystem weiterzuentwickeln, und zwar mit anderen Fähigkeiten. Es heißt dann „Schengen-Informationssystem II“. Dieses Schengen-Informationssystem soll bis Ende dieses Jahres in allen Schengen-Staaten eingeführt werden. Bis dahin funktioniert Schengen-Informationssystem I.
Ich kann nur allen empfehlen, sich einmal anzuschauen, wie das Schengen-Informationssystem I funktioniert. Ich lade den Innenausschuss ein, einmal gemeinsam die deutsch-polnische Verbindungsstelle zu besuchen. Dort gibt es ein Frage-Antwort-System. Innerhalb von Sekunden bekommt man die Antwort auf die Frage, ob Dokumente echt oder nicht echt sind. Ich habe mir das am Flughafen Frankfurt am Main, am Übergang Kietz und in Frankfurt (Oder) angesehen.
Von daher gesehen haben wir einen Sicherheitsstandard an den Schengen-Außengrenzen unter Nutzung eines Schengen-Informationssystems, das für alle gleich ist. Dieser Standard soll mit einem erweiterten System noch verbessert werden, das voraussichtlich Ende dieses Jahres eingeführt werden soll. Damit ist dann der Wegfall der Grenzkontrollen endgültig vollzogen.
Vor dem Wegfall der Grenzkontrollen bin ich in Schwedt, Frankfurt (Oder), Guben und Forst gewesen, habe dort Gespräche mit den Bürgermeistern, mit entsprechenden Bürgern und mit der jeweiligen Bundes- und Landespolizei geführt, und kann sagen: Wir sind auf diesen Tag vorbereitet.
- Wir wissen das seit Jahren; auch Herr Petke. Wir haben auch entsprechend gearbeitet. Wir haben bereits vor vier Jahren eine gemeinsame deutsch-polnische Stelle eingerichtet. Dort haben wir unsere Zusammenarbeit entwickelt und haben definiert, was wir alles tun müssen, wenn die Schengen-Regelung eintritt. Dies hat Früchte getragen, indem wir die gemeinsame deutsch-polnische Verbindungsstelle jetzt formal gegründet haben. Ich bitte Sie, sich in diesem Zusammenhang einmal Folgendes vor Augen zu führen: Bereits acht Wochen nach Bildung der neuen polnischen Regierung haben wir diese deutschpolnische Verbindungsstelle gegründet und hat die polnische Seite einer Regelung zugestimmt, die weit über das hinausgeht, was bei einigen der Schengen-Staaten, die im Westen Deutschlands liegen, gilt.
Sie haben also eine entsprechende Regelung ohne räumliche und zeitliche Begrenzung gestattet. Das heißt, die Sorgen, die vorher geäußert worden waren, sind durch die neue polnische Regierung aufgenommen und in konkretes Handeln umgesetzt worden. Die einmalige Chance ist also genutzt worden.
Der polnische Botschafter hat mir in einem intensiven Gespräch noch einmal bestätigt, wie wichtig es der Republik Polen ist, deutlich zu machen, dass sie Teil des gemeinsamen Schengenraums ist, dass sie sich für die gemeinsame Sicher
heit einsetzt, dass sie alles dafür tun wird, um zu erreichen, dass Personen, die sich dort illegal aufhalten, festgestellt werden.
Sie beklagen hier, dass Illegale festgestellt wurden. Ich dagegen freue mich, dass sie festgestellt worden sind; denn das ist der Sinn der ganzen Sache. Wir haben die Kontrollen von der Grenze in andere Bereiche verlegt. Dadurch sind wir besonders effektiv, und Sie beklagen, dass wir Illegale feststellen. Vielleicht waren vorher auch Illegale da, die wir nicht festgestellt haben. Das Wesen eines Illegalen ist ja, dass man erst dann weiß, dass er da ist, wenn man ihn festgestellt hat.
Dank der geschilderten intensiven Vorbereitungen mit gemeinsamen Grenzkontrollen, gemeinsamen Streifengängen von deutscher und polnischer Polizei haben wir erreicht, dass wir jetzt voneinander wissen. Ich kann Ihnen sagen, dass man sich entlang der Grenze beiderseits der Oder kennt. Unsere Schutzbereiche kennen den jeweiligen Partner auf der polnischen Seite. Man kennt sich also. Gehen Sie einmal zu Polizeiveranstaltungen. Dort sehen Sie auch polnische Uniformen.
Wichtig ist auch die Sprachausbildung. Aus diesem Grunde bieten wir in der Fachhochschule der Polizei eine entsprechende Sprachausbildung an, wobei es einen Austausch mit der polnischen Fachhochschule der Polizei in Slubice gibt. Das wollen wir noch intensivieren. Zurzeit sind 100 Polizeibeamte in dieser Ausbildung. Da sich die polnische Seite entsprechend bemüht, glaube ich, dass das funktionieren wird.
Die Zusammenarbeit mit der Bundespolizei haben wir intensiviert. In diesem Zusammenhang bin ich auf die erste Anfrage in diesem Landtag gespannt dahin gehend, ob die Kontrolldichte im grenznahen Raum nicht etwas zu hoch sei, weil festgestellt worden sei, dass beim Schützenfest Leute kontrolliert worden seien, die Wert darauf legten, nicht kontrolliert zu werden.
Aber jetzt wieder ernsthaft: Wir nehmen die Fragen der Bürger sehr ernst. Bei all den Gesprächen zu diesem Thema habe ich festgestellt, dass die Menschen das umso gelassener sehen, je näher sie an der Grenze wohnen. Sie sagen sich: Wir kennen die doch. Wir haben uns kennengelernt. Außerdem sagen sie vielleicht noch: Da es in Brandenburg jetzt das strenge Nichtrauchergesetz gibt, gehen wir zum Rauchen nach Polen. Das ist ja nur um die Ecke.
Also auch insoweit wachsen Deutschland und Polen zusammen. Die früher getrennten Städte Guben und Gubin, Frankfurt (Oder) und Slubice usw. bilden jetzt einen gemeinsamen Raum.
Von daher kann ich mir vorstellen, dass viele Menschen sagen werden: Es ist gut, dass wir so einfach über die Grenze gehen können.
Damit komme ich zu den Zahlen. Wir haben die Zahlen geprüft, um festzustellen, wie sich die Kriminalität entwickelt. Natürlich gibt es noch keine Zahlen über den Zeitraum zwischen dem 21. Dezember 2007 und heute. Insoweit ist das also vorläufig.
Wenn wir davon ausgehen, dass der Raum entlang der Grenze kriminalgeografisch als ein Raum zu betrachten ist, dann können wir Folgendes feststellen: In der Zeit von 2002 bis 2007 waren die Zahlen rückläufig; von 37 000 im Jahre 2002 auf 28 000 im Jahre 2007.
Weiterhin können wir feststellen: Der befürchtete Anstieg der Diebstahlskriminalität ist nach der Erweiterung der EU ausgeblieben. Viele haben ja befürchtet, dass die Zahl der Diebstahlsdelikte steigen würde. Dies ist nicht eingetreten.
Einen Anstieg gibt es bei der Zahl der Vermögens- und Fälschungsdelikte, wobei die Zahl der deutschen Tatverdächtigen sehr viel größer ist. Diese Entwicklung hat also nichts mit der Grenzöffnung zu tun.
Die Diebstahlskriminalität hat sich von 2002 bis 2007 um 29 % verringert. Bei den Fällen von strafrechtlichen Nebengesetzen sind es 68 %, bei der Rauschgiftkriminalität 30 %. Bei den Vermögens- und Fälschungsdelikten ist, wie gesagt, eine Steigerung eingetreten, und zwar um 34 %.
Der Anteil der nichtdeutschen Tatverdächtigen bei allen ermittelten Tatverdächtigen ist in der Zeit zwischen 2002 und 2007 in den Grenzgemeinden um fast 60 % gesunken.
Angesichts dieser Entwicklung können wir momentan sagen: Wir sind auf dem Wege zur Normalität. - Darum geht es mir. Ich weiß genauso gut wie Sie, dass es Kriminalität immer geben wird. Die Sorge, dass es dort eine exorbitante Kriminalität geben wird, ist aber nicht bestätigt worden.
Ich fasse zusammen: Der Wegfall der Personenkontrollen führt zu etwas anderem, was im Übrigen bereits als selbstverständlich gilt: Es gibt keine Staus mehr. Ich kann mich an die Zeit von vor drei oder vier Jahren erinnern, als wir in diesem Hause mehrfach