Protokoll der Sitzung vom 27.02.2008

Es geht hier - im Unterschied zu Untersuchungsausschüssen der vergangenen Legislaturperiode - nämlich um direkt Betroffene und deren Eigentum. Unsere CDU-Fraktion wird diesen Ausschuss mit voller Kraft unterstützen. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Kollegin Hesselbarth spricht für die DVU-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die DVU-Fraktion hier in diesem Landtag kann und muss diesem Antrag zustimmen.

(Dr. Klocksin [SPD]: Sie müssen überhaupt nicht!)

Keineswegs, Herr Dr. Klocksin, möchte ich hier den Untersuchungsergebnissen vorgreifen; aber nach den bisher bekannt gewordenen Tatsachen und Fakten ist hier ganz offensichtlich Unrecht geschehen - zum Nachteil Brandenburger Bürger. Das gilt es vorbehaltlos und lückenlos aufzuklären. Darauf haben die Betroffenen, hat aber auch dieses Hohe Haus ein besonderes Recht; denn niemand der hier im Saal versammelten Abgeordneten kann ein besonderes Interesse daran haben, mit diesen Vorgängen im Umgang mit den Bodenreformgrundstücken auch nur im Entferntesten in Verbindung gebracht zu werden. Sie können mir glauben: Wenn die 29 Abgeordneten der LINKEN diesen Antrag nicht eingebracht hätten, hätten wir alles in unserer Macht Stehende versucht, diesen Ausschuss einzusetzen.

(Beifall bei der DVU - Lachen bei der Fraktion DIE LIN- KE)

- Warum lachen Sie? Haben Sie schon einmal etwas von Klinkenputzen gehört?

(Beifall bei der DVU)

Wir haben mit Entsetzen zur Kenntnis genommen, dass die Landesregierung auch nach der Intervention des OLG Brandenburg schon im Jahr 2004 und nach dem Urteil des Bundesgerichtshofs im Dezember 2007 keine geeigneten Maßnahmen eingeleitet hat, um Schadensbegrenzung durchzuführen. Von einem Unrechtsbewusstsein dieser Landesregierung möchte ich hier gar nicht erst reden.

Frau Melior, wenn Sie die letzte Finanzausschusssitzung ansprechen, so ging es dort nicht um die Untersuchung der Vorkommnisse, sondern einfach nur darum, die aktuellen Punkte aufzuarbeiten und zu erfragen. Das muss hier einfach richtiggestellt werden.

Im Interesse der Gerechtigkeit hoffe und wünsche ich, dass der einzusetzende Untersuchungsausschuss nicht eher ruht, bis lückenlos geklärt ist, wer die Verantwortung für diesen einmaligen Vorgang im Umgang mit Bodenreformland trägt.

Meine Damen und Herren! Ich gehe hier noch einen Schritt weiter: Der oder die Verantwortlichen sollen und müssen durch die Justiz dieses Landes auch zur Rechenschaft gezogen werden. Wenn das unterbleibt, wird nämlich das Vertrauen in diesen Rechtsstaat ein weiteres Mal untergraben, und hier ist ein Mal schon ein Mal zu viel.

(Beifall bei der DVU)

Die Brandenburger Bürgerinnen und Bürger haben ein Recht darauf, zu erfahren, wer diesen Skandal zu verantworten hat und welche Konsequenzen ein derartiges Handeln nach sich ziehen kann. In dieser Zeit, in der das Unrechtsempfinden weiter rückläufig ist, müssen Zeichen gesetzt werden, auch wenn es Landesregierungen betrifft.

Unsere Fraktion wird alles in ihrer Macht Stehende tun, um der Gerechtigkeit und dem Recht in diesen Fällen zum Siege zu verhelfen.

(Beifall bei der DVU)

Für die Landesregierung spricht Finanzminister Speer.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich arbeite seit 17 Jahren in dieser Landesregierung, war davor in der Bezirksverwaltungsbehörde Potsdam tätig, nachdem der Runde Tisch, an dem ich Herrn Vietze das dritte Mal in meinem Leben gesehen hatte, dafür gesorgt hatte, dass auch in die Bezirksbehörde neue Kräfte - wie es damals hieß - einzogen, um das, was an Hinterlassenschaft vorgefunden wurde, ein Stück weit zu sortieren. Daran arbeiten wir seit 17 Jahren.

(Schulze [SPD]: Das ist nicht alles geschreddert!)

In der Zwischenzeit - das wissen Sie alle - habe ich verschiedene Stationen in dieser Landesregierung durchlaufen, habe auch viel gesehen und viel zu entscheiden gehabt und war oft, sehr oft mit Bedenken konfrontiert.

Es ist das Leben eines Politikers oder auch eines höheren Verwaltungsbeamten, dass er mit Bedenken konfrontiert wird. Dann muss er entscheiden, und im Zweifelsfall entscheidet er falsch. In diesem Fall ist sicherlich auch zu konstatieren, dass Mitarbeiter - welche genau, ist heute hier nicht bekannt, aber es ist zugesichert, das aufzuarbeiten - falsch entschieden haben. Da es eine - systematisch wirkend - falsche Entscheidung war, ist auch die Frage zu klären: Welche Abwägung hat stattgefunden? Ist das hinreichend dokumentiert?

An dieser Aufarbeitung haben wir genauso wie Sie Interesse. Deshalb habe ich im Ausschuss, der vorhin zitiert wurde, für die Landesregierung zugesichert, dass wir vollumfänglich, unverzüglich nach bestem Wissen und Gewissen arbeiten werden und alle Informationen, die uns zugänglich sind, auch zur Verfügung stellen. Wer daraus einen ungenügenden Mitarbeitsund Aufklärungswillen konstruiert, muss damit seine eigenen Interessen verfolgen, wenn er dies so tut.

(Zustimmung des Abgeordneten Bischoff [SPD])

Das ist dann eine Antwort, die Sie an der Stelle geben müssen, wenn Sie mich zum Buhmann für die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses - sozusagen genötigt durch meinen Auftritt - erklären.

Ich kann an der Stelle nur wiederholen: Ich habe damals für die Landesregierung erklärt, dass wir sämtliche Informationen, die wir bekommen, auch weiterreichen. Es sind Vorgänge, die zum Teil 15 Jahre zurückliegen, die von den derzeit Handelnden seinerzeit nicht begleitet wurden und die demzufolge auch nicht die Frage, Herr Görke, wenn Sie sie im Ausschuss stellen, wie das zwischen 1992 und 1996 war, ad hoc beantwortet werden können. Diese Frage kann ich dann nur mitnehmen und zusichern, Ihnen die Beantwortung - soweit ich es denn weiß - zukommen zu lassen. Das ist passiert. Dazu stehe ich weiterhin und hoffe, dass der Ausschuss in dem Sinne, den Sie hier vorhin nannten, arbeitet und dass wir gemeinsam klüger werden, um solche Fehler in der Zukunft zu vermeiden. - Vielen Dank.

(Beifall bei SPD und CDU)

Meine Damen und Herren! Ich stelle den Antrag von 29 Abgeordneten in der Drucksache 4/5918 - Einsetzung eines Untersuchungsausschusses - zur Abstimmung. Wer ihm Folge leisten möchte, den bitte ich um das Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Beides ist nicht der Fall. Damit ist der Untersuchungsausschuss eingesetzt.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 9 und rufe Tagesordnungspunkt 10 auf:

Feststellungen des Landtages Brandenburg im Zusammenhang mit dem Urteil des Bundesgerichtshofs vom 7. Dezember 2007 (V ZR 65/07)

Antrag der Fraktion DIE LINKE

Drucksache 4/5889

Die Debatte wird mit dem Beitrag der Fraktion DIE LINKE eröffnet. Für sie spricht der Abgeordnete Christoffers.

(Dr. Klocksin [SPD]: Ziehen Sie den Antrag zurück, Herr Christoffers!)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gestatten Sie mir auch aufgrund der Diskussion zum vorangegangenen Tagesordnungspunkt - eine Vorbemerkung. Ich glaube, es geht hier um einen politischen und nicht um einen persönlichen Konflikt zwischen handelnden Personen. Das sollten wir unterscheiden. Die Bewertung, ob Aussagen, die in einem Ausschuss gemacht werden, zureichend sind oder nicht, unterliegt immer der Meinungsbildung einer Fraktion. Das geht Ihnen nicht anders als uns.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zum vorliegenden Antrag: Warum trotz der Regierungserklärung, trotz der Sondersitzung des Finanzausschusses noch der vorliegende Antrag? Dafür gibt es drei Gründe.

Erstens: Auch heute wurde in einem Passus der Regierungserklärung die Feststellung getroffen, dass der Landtag aufgrund eines Beschlusses des Landtages aus den 90er Jahren involviert gewesen ist. An dieser Stelle möchte ich noch einmal deutlich sagen: Ausweislich aller Protokolle, die in unserer Fraktion auch immer ausgewertet worden sind, gab es selbstverständlich intensive Debatten zum 2. Vermögensrechtsänderungsgesetz, zur Frage nach den BGH-Urteilen 1998, zur Frage der Erstellung eines eigenen Bodengesetzes. Von allen Fraktionen - von Herrn Helm seitens der CDU, von Herrn Wiebke und Herrn Woidke seitens der SPD, von Herrn Ludwig und Frau Fiebiger seitens der damaligen PDS - gab es dazu eine ganze Reihe dezidierter und inhaltlich sehr kontroverser Diskussionsbeiträge.

Was nicht beschlossen worden ist und was auch nicht im Antrag der Landesregierung steht, ist, dass der Landtag dieses Verfahren entscheidet. Im Gegenteil: Ausdrücklich des damals hier eingebrachten Beschlusses der Landesregierung, der entsprechend den gesetzlichen Regelungen die Mehrheit im Landtag gefunden hat, war eindeutig die Rede davon, dass erstens eine ausreichende Recherche stattzufinden hat, und zweitens

davon, wie es umgesetzt wird. Das war Kernaufgabe der Landesregierung und nicht des Landtags. Deshalb haben wir im ersten Punkt einfach nur noch einmal die Tatsache beschrieben. Wir haben die Tatsache beschrieben, dass der Landtag die Art und Weise dieses Verfahrens nicht beschlossen hat.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Klocksin [SPD])

Das mag ein ungewöhnlicher Schritt sein, aber ich glaube, dass das BGH-Urteil auch ungewöhnlich ist, und finde eine Reaktion darauf angemessen.

Zweitens: Kollege Holzschuher, Sie haben heute Morgen eine aus meiner Sicht bemerkenswerte Rede gehalten. Ich teile eine Ihrer Einschätzungen vollkommen. Wir werden mit dem Untersuchungsausschuss keine Gerechtigkeit herstellen. Dazu ist die Situation viel zu komplex. Wir haben mit dem Modrow-Gesetz schon keine Gerechtigkeit geschaffen, wir haben mit dem Zweiten Vermögensrechtsänderungsgesetz keine Gerechtigkeit geschaffen und mit dem Vorgang, der jetzt durch das BGH bewertet worden ist, auch nicht.

Wir haben eine Situation, in der es sehr viel Frust und Emotionen gibt. Ich sage Ihnen: Keine Partei - weder die CDU noch Sie - werden aus dieser Situation in irgendeiner Art und Weise politisches Kapital schlagen können, weil der Frust auf uns alle gemeinsam zurückfällt.

(Zuruf des Abgeordneten Dr. Klocksin [SPD])

Politikverdruss hat viele Facetten. Insofern kann ich Ihnen nur sagen, was mich in den letzten Tagen auch als Abgeordneter aus dem Wahlkreis erreicht hat: Glauben Sie im Ernst, irgendjemand differenziert? - Nein.

(Frau Stark [SPD]: Ja! - Zuruf des Abgeordneten Baaske [SPD])

- Nein. Sie irren sich. Das ist „die“ Politik. Die Situation hatten wir schon mehrfach.

Die dritte Bemerkung zum zweiten Punkt unseres Antrags, in dem wir noch einmal das Agieren der Landesregierung ausdrücklich missbilligen: Warum?

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Selbstverständlich.