Protokoll der Sitzung vom 10.07.2008

Herr Minister, Sie sprachen gerade schon einen Konfliktpunkt an. Auf den möchte ich gern eingehen. Umweltverbände vor Ort befürchten, so wurde uns in einem Schreiben mitgeteilt, dass die Anerkennung als Biosphärenreservat durch die UNESCO sowie der sich entwickelnde sanfte Tourismus und der Ökolandbau mit dem Bau dieser Freileitung gefährdet werden könnten. Meine Frage wäre: Mit welchen Maßnahmen möchten Sie diese nachhaltige Entwicklung unterstützen?

Vorsicht! Insbesondere in Bezug auf die angesprochene Leitung in der Uckermark ist ein Raumordnungsverfahren abgeschlossen. In diesem Raumordnungsverfahren - ich empfehle die Lektüre - erfolgten Abwägungen, was ist gut und was ist weniger gut, Erdverkabelung oder Freileitungsverlegung. Dazu gibt es auch von den zuständigen Planungsbehörden eindeutige Positionierungen über den Vor- und den Nachteil. Diese Variante ist in diesem Leitungsnetz also schon geprüft worden. Dass es danach unterschiedliche Auffassungen zum Leitungsnetz gibt, ist eine ganz andere Frage und wird beim Planfeststellungsverfahren noch einmal aufgerufen und dann einer Abwägung unterzogen werden. Das ist der Werdegang dieses Projektes.

Ich sehe in diesem Werdegang, sprich: in dem gesetzlich festgelegten Verfahren zur Abwägung von Vor- und Nachteilen, den einzigen Lösungsweg, um zu einer richtigen Lösung und zu einer für alle Beteiligten und damit auch dem Naturschutz gerecht werdenden Entscheidung zu kommen.

Jetzt stellt Herr Christoffers seine Frage.

Herr Minister, ich hätte gewünscht, dass auch ein Projekt aus dem Osten Deutschlands in die Modellprojekte der Bundesregierung aufgenommen worden wäre.

Ich habe zwei Fragen. Erstens: Die Diskussion über Erdverkabelung am Beispiel der Uckermarktrasse ist nur ein Ausdruck dafür, dass wir dringend eine Netzanalyse darüber brauchen, welche Netze wir in Zukunft in Deutschland haben werden. Meine erste Frage war also, auch im Rahmen der Energiestrategie: Wie weit ist die Landesregierung mit der Netzanalyse über Trassen und Leitungen, die zukünftig die Versorgungssicherheit gewährleisten sollen?

Meine zweite Frage bezieht sich auf die Diskussion über den Anschluss der Uckermarktrasse an Vierraden und damit selbstverständlich auf den Übergang zum osteuropäischen Netz. Inwieweit ist zwischen Vattenfall, Landesregierung und Bundesregierung abgestimmt, dass der Anschluss der Uckermarktrasse an Vierraden sicherstellt, dass die Ost-West-Verbindung in den Stromnetzen tatsächlich zügig weiter ausgebaut werden kann?

Die zweite Frage möchte ich eigentlich zu einem späteren Zeitpunkt beantworten, weil sie der Frage von Frau Hackenschmidt

entspricht, die etwas später gestellt wird. Wie machen wir das jetzt? Gibt es da eine Regelung seitens des Präsidiums?

Zur ersten Frage: Über die Sicherstellung kann ich gegenwärtig noch nicht berichten. Es ist Gegenstand der Beratung, was dieser Anschluss ist. Über die Ergebnisse kann ich an dieser Stelle nicht berichten; darauf bin ich jetzt nicht vorbereitet. Ich möchte auch keine falschen Aussagen treffen.

Der zweite Punkt: - Muss ich das jetzt beantworten, oder kann ich auf die Antwort auf die Frage von Frau Hackenschmidt verweisen?

Sie können es auch schriftlich beantworten.

Nein, ich habe ja gesagt, Frau Präsidentin, die Frage, die Herr Christoffers stellt, stellt etwas später Frau Hackenschmidt.

(Christoffers [DIE LINKE]: Ich würde vorschlagen, dass ich abwarte, bis Frau Hackenschmidt diese Frage gestellt hat!)

Ich kann jetzt wie folgt vorgehen: Ich werde Frau Hackenschmidt antworten,

(Heiterkeit)

dass das Ministerium für Wirtschaft die BTU in Kenntnis der sogenannten Netzengstellen sehr frühzeitig beauftragt hat, eine Netzanalyse durchzuführen, ausgelöst durch die Druckpunkte insbesondere aus der Windkraft. Diese Studie wird in dieser Form erstmalig von einem Land durchgeführt vor dem Hintergrund, dass wir hier in privatwirtschaftliche Felder hineinschauen, und zweitens, dass es auch etwas länger gedauert hat, unter den Beteiligten das notwendige Vertrauen aufzubauen, dass man gegenseitig die notwendigen Daten austauscht, um damit eine gründliche Bewertung vorzunehmen.

Diese insbesondere durch die Einspeisung von Windkraft getriebene Studie wird voraussichtlich im September vorliegen, und sie wird uns erstmalig eine Einschätzung liefern und uns helfen, über das Netz hinweg auf den verschiedenen Spannungsebenen Wertungen vorzunehmen und auch Konsequenzen für den weiteren Netzausbau zu ziehen.

An einer anderen Stelle befasst sich das Parlament heute mit den Bedarfsanalysen bzw. dem Flächenbedarf im Zusammenhang mit Fotovoltaik-Flächen. Logischerweise ist das ein weiterer Baustein zur Qualifizierung dieser Netzstudie.

Ich möchte noch einmal betonen, dass ich das für unbedingt notwendig halte. Wir bewegen uns damit erstmalig in einem Feld der privatwirtschaftlichen Analysen und tippen damit die Verantwortung der Netzbetreiber an, die ja per Gesetz selbst verantwortlich sind, einen bedarfsgerechten Ausbau - nicht nur in Masse, sondern auch zum Zeitpunkt - sicherzustellen. Diese Antwort an Frau Hackenschmidt ist, glaube ich, auch geeignet, Ihre Frage zu beantworten, Herr Christoffers. - Danke schön.

Herzlichen Dank, Herr Minister. Wir werden uns im Präsidium sicherlich Gedanken darüber machen müssen, wie man mit solchen Konstellationen in Zukunft umgeht. - Ich rufe die Frage 1855 (Besoldung der kommunalen Wahlbeamten) auf, die Herr Dr. Scharfenberg stellt. Bitte schön.

In einer öffentlichen Erklärung hat der stellvertretende Landesvorsitzende der brandenburgischen CDU eine Verbesserung der Besoldung der kommunalen Wahlbeamten im Land Brandenburg gefordert. Er begründet diese Forderung mit einer vergleichsweise schlechten Einstufung der Bürgermeister und Landräte in Brandenburg.

Ich frage die Landesregierung: Wie bewertet sie das Erfordernis und die Möglichkeit einer verbesserten Besoldung der kommunalen Wahlbeamten?

Herr Innenminister, ich gehe davon aus, dass Sie die Frage beantworten wollen.

- So ist es, Frau Präsidentin. Umfassend.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Dr. Scharfenberg, die Einordnung der Besoldung für Bürgermeister, Landräte, Oberbürgermeister stammt aus dem Jahr 1992. Die kommunalen Beamten auf Zeit nehmen auch an den allgemeinen Besoldungserhöhungen für alle Beamten teil, die in den vergangenen Jahren, wie Sie alle wissen, nicht sehr üppig ausgefallen sind. Wir haben gerade auch unseren Beamten Sparopfer abverlangt, um den Haushalt zu konsolidieren.

Nun kommen aus dem Kreis der Koalitionsfraktionen Überlegungen oder Forderungen bezüglich einer Überprüfung der Einstufung von kommunalen Beamten auf Zeit. Ich finde diese Überlegung in Ordnung, jedoch müssen wir diesbezüglich einige Fragen beantworten. Es muss zum Beispiel geprüft werden, ob tatsächlich eine Änderung der Einstufung erfolgen muss oder ob nicht eine entsprechende Anhebung der den einzelnen Besoldungsgruppen zugeordneten Bezüge sinnvoll ist. Da gibt es verschiedene Möglichkeiten. Wir können es über die Landesgesetzgebung regeln. Wir prüfen zurzeit, ob eine Anhebung der Besoldung für kommunale Beamte auf Zeit erforderlich und geboten ist. Im Rahmen dieser Bewertung werden wir einen aktuellen Ländervergleich einbeziehen. Schon jetzt ist absehbar, dass ein genereller breiter Verbesserungsbedarf bei der Besoldung für kommunale Beamte auf Zeit nicht besteht; denn wenn wir Brandenburg mit anderen Ländern vergleichen, müssen wir feststellen, dass wir uns in den meisten Besoldungsgruppen etwa im Bereich der anderen Länder bewegen.

Ich nenne Ihnen drei Beispiele. Die Bürgermeister einer Gemeinde mit 5 000 bis 10 000 Einwohnern sind in Brandenburg, Bayern und Nordrhein-Westfalen nach A 14, A 15 eingestuft. Oberbürgermeister einer kreisfreien Stadt mit 150 000 bis 200 000 Einwohnern - davon haben wir nicht viele - werden in Brandenburg nach B 7, B 8, in Bayern nach B 6, B 7,

in Nordrhein-Westfalen nach B 8, in Niedersachsen nach B 7 besoldet. Das zeigt in etwa die Spannbreite. Landräte der Landkreise mit einer Einwohnerzahl zwischen 100 000 und 150 000 sind in Brandenburg, Bayern, Nordrhein-Westfalen und Niedersachsen jeweils der Besoldungsgruppe B 5 zugeordnet. Es gibt in den einzelnen Besoldungsgruppen dann wieder Unterschiede, aber grundsätzlich bewegen wir uns in einem mit den anderen Ländern vergleichbaren Rahmen.

Ich will eines hinzufügen: Bei dieser Diskussion müssen wir darauf achten, dass wir uns nicht oberhalb der Geberländer bewegen. Es wäre sehr schwer zu erklären, dass ein Bürgermeister im Nehmerland Brandenburg eine höhere Besoldung hat als im Geberland Bayern. Wir bewegen uns insgesamt etwa im Strom der anderen Länder. Unterschiede bestehen im Wesentlichen beim Weg zum Erreichen der Höchstbesoldung oder sind in einer kommunalverfassungsrechtlichen Besonderheit, dem Ratsprivileg, begründet. Dieses Ratsprivileg beinhaltet, dass dem hauptamtlichen Bürgermeister oder Landrat durch die jeweilige Kommunalverfassung der Vorsitz in der jeweiligen Vertretung zugewiesen wird. Eine solche Regelung haben wir bei uns in Brandenburg nicht. Daraus ergeben sich auch Unterschiede. Wir überprüfen das gesamte System, aber ich glaube, es besteht kein Anlass, das hastig zu tun, auch im Hinblick auf irgendeinen Termin, der im September dieses Jahres stattfindet.

Ich bedanke mich. - Bevor ich dem nächsten Fragesteller das Wort erteile, begrüße ich ganz herzlich die Schülerinnen und Schüler der 12. Klasse des Gymnasiums Bad Freienwalde, die auf den Besucherbänken Platz genommen haben. Herzlich willkommen!

(Allgemeiner Beifall)

Das Wort erhält Herr Dr. Niekisch, der die Frage 1856 (Schwerwiegende Vorwürfe gegen die Kinder- und Jugendhil- feeinrichtung „Alte Ziegelei Rädel e.V.“ - Außenstelle der Waldorfschule Potsdam e. V.) stellt.

Um diesen ernsten Vorgang geht es. - In der rbb-Sendung „Klartext“ am 2. Juli wurden unter dem Titel „Umstrittene Methoden einer Hilfeeinrichtung für Kinder und Jugendliche“ diese Vorwürfe durch Zeugen erhoben und durch Beispiele belegt. Es ging um Körperverletzung, Gewalt, Missbrauch von Schutzbefohlenen und Vernachlässigung der Fürsorgepflicht. Diese Vorgänge sind der Staatsanwaltschaft, den staatlichen Jugendämtern, dem Bildungsministerium und dem staatlichen Schulamt seit April bekannt. Seit dem 2. Juli ist über die Vorfälle auch in privaten Medien und Printmedien berichtet worden.

Ich frage die Landesregierung: Was hat sie, insbesondere in ihrer Funktion als Schulaufsichtsbehörde, seit April getan, um die Vorfälle aufzuklären bzw. die Zustände zu verändern?

Minister Rupprecht wird uns die Antwort geben.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Dr. Niekisch, lassen Sie mich eines vorweg klarstellen: Die ersten Hinweise auf mögliche Misshandlungen in der Kinder- und Jugendhilfereinrichtung Rädel erreichten das Landesjugendamt - nicht das Landesschulamt, wie das in manchen Medien fälschlicherweise behauptet wurde - Anfang Mai. In der Einrichtung arbeiten insgesamt 16 Erzieherinnen und Erzieher. Die Misshandlungsvorwürfe richteten sich gegen eine Mitarbeiterin, die gleichzeitig die Heimleiterin ist. Nach Bekanntwerden der Vorwürfe wurde dieser Mitarbeiterin vom Landesjugendamt untersagt, allein mit Kindern und Jugendlichen zu arbeiten. Gleichzeitig begannen das Landesjugendamt und parallel dazu auch die Staatsanwaltschaft im Mai mit den Ermittlungen.

Am Mittwoch der vergangenen Woche wurden im Rahmen eines rbb-Beitrags, wie Sie schon gesagt haben, weitere Vorwürfe erhoben, die - in Teilen zumindest - bisher weder dem Landesjugendamt noch der Staatsanwaltschaft bekannt waren. Vor dem Hintergrund dieser neuen Vorwürfe hat das Landesjugendamt am vergangenen Donnerstag beschlossen, der Mitarbeiterin der Einrichtung ein vollständiges Beschäftigungsverbot zu erteilen. Damit sollte sichergestellt werden, dass, falls sich diese Vorwürfe bestätigen, für die Kinder und Jugendlichen in der Einrichtung jede weitere Gefährdung ausgeschlossen ist.

Derzeit arbeiten die zuständigen Fachaufsichten, das Staatliche Schulamt Brandenburg an der Havel - zuständig für den schulischen Bereich der Einrichtung -, und das Landesjugendamt zuständig für Kinder- und Jugendhilfebereich der Einrichtung gemeinsam mit der Staatsanwaltschaft Potsdam intensiv an der Aufklärung dieser Vorwürfe.

Ergänzend haben wir, also das Ministerium, das inzwischen involviert ist, Folgendes veranlasst: Die Einrichtung darf bis auf Weiteres keine neuen Kinder und Jugendliche aufnehmen. Am Dienstag haben Mitarbeiter des staatlichen Schulamtes und des Landesjugendamtes die Einrichtung besucht und dabei qualitative Mängel festgestellt. So muss etwa die Elternarbeit als unzureichend angesehen werden. Der Umgang mit Krisen ist dringend verbesserungswürdig, und die innere Arbeitsstruktur der Einrichtung ist zumindest in Teilen intransparent. Diese Mängel muss die Einrichtung unverzüglich beheben. Dabei wird sie vom Landesjugendamt unterstützt.

Seit dem gestrigen Mittwoch hält sich erstmals auch ein externer Fachmann in der Einrichtung auf. Er wird sich in den kommenden Tagen ein Bild über die Qualität der Arbeit in der Einrichtung machen und insbesondere das Verhältnis zwischen den Kindern und Jugendlichen und den Erziehern untersuchen.

Am heutigen Donnerstag gibt es ein Treffen mit den zuweisenden Jugendämtern, bei dem wir klären wollen, ob diese möglicherweise Hinweise haben, die zur Aufklärung der Vorwürfe beitragen können. Zudem überprüfen wir derzeit auch die Qualität des Schulunterrichts in der Einrichtung, der durch eine Außenstelle der Waldorfschule Potsdam erteilt wird.

Abschließend möchte ich noch zwei Dinge feststellen, die mir besonders am Herzen liegen. Erstens: Dass Kinder und Jugendliche in der Einrichtung aktuell gefährdet sind, können wir derzeit ausschließen.

Zweitens: Es wird, wie schon erwähnt, mit Hochdruck an einer schnellen Aufklärung der konkreten Vorwürfe gearbeitet.

Zum laufenden Verfahren kann und darf ich mich bezüglich weiterer Details hier nicht äußern.

Herzlichen Dank. Trotzdem gibt es Nachfragen, und zwar zunächst vom Fragesteller. Bitte schön, Herr Dr. Niekisch.

Sehr geehrter Herr Minister Rupprecht, ich will in diesem Problem gar nicht herumrühren oder irgendwas skandalisieren. Aber wer den rbb-Beitrag gesehen hat oder wer von den Abgeordneten, wie ich, von vielen besorgten Eltern angerufen worden ist, der stellt sich die Frage, warum bis zum 2. Juli die Dinge nicht gesehen oder nicht ernst genommen worden sind, wenn das wirklich so war. Seit dem 2. Juli ist ja eine Vielzahl von Maßnahmen eingeleitet worden. Deswegen frage ich: Was ist bis zum 2. Juli passiert? War der Ernst der Lage vorher nicht so klar erkennbar?

Das Letzte stimmt so, wie Sie es sagen. Die Vorwürfe, die in dem rbb-Beitrag erhoben wurden, gingen also weit über das hinaus, was bis dahin bekannt war. Es ging auch nicht mehr nur um eine Person. Deswegen werden die Ermittlungen jetzt entsprechend intensiv geführt.

Bis dahin war bekannt, dass es in der Einrichtung offensichtlich Defizite gibt. Es gibt Schriftwechsel, seitens des Landesjugendamts gab es Gespräche mit dem Träger, mit der Einrichtung.

Wir werden jetzt in der Folge klären müssen, ob das eine oder andere, was dort passiert ist, eventuell als nicht so gravierend angesehen worden ist, wie es in Wirklichkeit war. So etwas passiert. Wenn es hier passiert sein sollte, dann werden wir entsprechende Konsequenzen daraus ziehen. Im Moment kann ich keine Versäumnisse der Behörden, die für die Aufklärung zuständig sind, erkennen. Aber das ist etwas, was jetzt geprüft wird.

Ich sage zu, dass sicherlich auch öffentlich eine Klarstellung erfolgen wird, wenn es Probleme gegeben hat, von denen ich noch nichts weiß bzw. über die ich jetzt nicht im Detail reden kann, weil die Staatsanwaltschaft die Führung der Ermittlungen übernommen hat, was auch meine Möglichkeiten einschränkt, mich dazu zu äußern.