Protokoll der Sitzung vom 10.07.2008

Ich sage zu, dass sicherlich auch öffentlich eine Klarstellung erfolgen wird, wenn es Probleme gegeben hat, von denen ich noch nichts weiß bzw. über die ich jetzt nicht im Detail reden kann, weil die Staatsanwaltschaft die Führung der Ermittlungen übernommen hat, was auch meine Möglichkeiten einschränkt, mich dazu zu äußern.

Frau Schier möchte noch eine Nachfrage stellen.

Herr Minister, solche Nachrichten erschrecken ja grundsätzlich. Sie verfolgen diesen Fall jetzt, haben das Landesjugendamt, das zuständige Schulamt usw. eingeschaltet. Was tun Sie wenn Sie es nicht schon getan haben - oder was schwebt Ihnen vor, um generell besser zu kontrollieren, damit so etwas gar nicht erst passieren kann?

Wir haben mit den Ämtern, speziell mit dem Landesjugendamt, natürlich Kontakt aufgenommen. Wir haben das Landesjugendamt etwa dazu aufgefordert, ähnliche Einrichtungen zu kontaktieren, sie mit den betreffenden Vorwürfen vertraut zu machen und nachzufragen, wie es dort aussieht.

Ich glaube schon, ein solcher Vorfall, so bedauerlich er ist, führt auch dazu, dass in den Einrichtungen und natürlich auch bei den aufsichtsführenden Behörden genauer hingeschaut wird. So schlimm das also ist, so kann es doch auch dazu führen, dass die Qualität zukünftig verbessert wird. Natürlich wünschte ich mir, dass solche Vorfälle überhaupt nicht auftreten.

Herzlichen Dank, Herr Minister. - Die Frage 1857 (Überlas- tung der Polizeischutzbereiche) wird vom Abgeordneten Claus gestellt.

Während das Landeskriminalamt in Eberswalde personell weiter aufgestockt und das Profil des LKA weiter spezialisiert wird, fallen in den Polizeipräsidien Frankfurt (Oder) und Potsdam die Kriminalistenstellen gänzlich weg. Die Schutzbereiche werden künftig den Löwenanteil der Aufklärungsarbeit tragen müssen. Der Bund der Kriminalisten befürchtet, dass durch die Umstrukturierung eine Spezialisierung und damit professionelle Arbeit der Kriminalisten nicht mehr gegeben ist.

Ich frage daher die Landesregierung: Mit welchen Mitteln will sie eine qualifizierte und auch spezialisierte Arbeit der Kriminalisten in den Schutzbereichen gewährleisten?

Herr Innenminister, ich gehe davon aus, dass Sie auch auf diese Frage eine Antwort haben.

Herr Abgeordneter Schulz!

(Zuruf von der DVU: Claus!)

- Entschuldigung: Claus. „Claus mit C“ - ist mir bekannt.

Die Veränderungen in der Kriminalpolizei sind abgeschlossen. Damit haben wir die Struktur den geänderten Anforderungen und auch den unterschiedlichen Belastungen angepasst.

Es trifft zu, dass wir mehr Beamte in das Landeskriminalamt versetzt haben, um dort die Spezialisierung voranzutreiben. Mit dieser Veränderung haben wir bei den Schutzbereichen auch den definierten Schwerpunkten in der Kriminalitätsbekämpfung Rechnung getragen und damit auch die Stelleneinsparungen erbracht - das will ich nicht verhehlen -, die notwendig sind, um den Gesamthaushalt zu konsolidieren.

In enger Abstimmung mit den Behörden und Behördenleitern haben wir die Aufgaben und damit auch das qualifizierte Per

sonal verlagert und den Schutzbereichen auch eine entsprechende Technikausstattung zukommen lassen.

Im Zusammenhang mit der Neuorganisation werden die Anpassung der Fortbildungsinhalte, die Erhebung des tatsächlichen Fortbildungsbedarfs und die Festlegung landeseinheitlicher Standards auch für die dezentrale Fortbildung wesentliche Faktoren für eine fortlaufende Qualifizierung der Polizeibeamten sein. Wir haben alle Stellen ausgeschrieben, die Kollegen haben sich beworben, die Stellen sind alle besetzt. Im Rahmen der Weiterbildung im Bereich der Kriminalpolizei gibt es Fortbildungsprogramme für den Fall, dass besondere Aufgaben übertragen werden.

Die Kritik der Berufsvertretung ist mir bekannt, wobei der Hauptkritikpunkt ist, dass wir 390 Stellen abbauen. Wie ich auf eine Kleine Anfrage des Kollegen Scharfenberg vor einigen Wochen hin bereits vorgetragen habe, ist es so, dass wir auch dann, wenn wir diesen Stellenabbau vollzogen haben, im Vergleich mit anderen Bundesländern nach wie vor eine hohe Polizeidichte haben, die wir allerdings auch benötigen, um unsere Aufgaben zu erfüllen.

(Beifall bei der CDU)

Herzlichen Dank, Herr Minister. - Die Frage 1858 (Neuaus- richtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente) wird von der Abgeordneten Lehmann gestellt. Bitte schön.

Auf Bundesebene wird gegenwärtig ein Gesetzentwurf zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente erarbeitet. Hierdurch sollen die Fördermöglichkeiten für Arbeitslose gestrafft und konzentriert werden, um unnötigen Verwaltungsaufwand zu vermeiden und Effizienzsteigerungen bei der Nutzung der aktivierenden Leistungen zu erzielen. Im Rahmen dieser grundsätzlich zu begrüßenden Zielstellung sieht ein der Öffentlichkeit zugänglich gewordener Referentenentwurf zu dem Gesetz jetzt auch vor, die Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen ABM - komplett aus dem Instrumentenkasten des SGB II zu streichen.

Ich frage die Landesregierung: Wie bewertet sie eine mögliche ersatzlose Streichung von ABM aus dem Förderinstrumentarium für Leistungsberechtigte nach dem SGB II?

Danke schön. - Frau Ministerin Ziegler, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Die ersatzlose Streichung des Instruments ABM für Leistungsberechtigte nach dem SGB II ist aus meiner Sicht inakzeptabel, und ich lehne sie deshalb vehement ab. Dafür möchte ich auch einige Gründe benennen.

Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen sind ein Instrument, das bei hoher Arbeitslosigkeit unter Berücksichtigung von Problem

schwerpunkten regionaler Arbeitsmärkte zum Abbau von Arbeitslosigkeit beiträgt. Auch wenn sie nur zeitlich befristete Arbeit bieten, so kann damit zumindest einer dauerhafte Ausgrenzung aus der Erwerbsarbeit entgegengewirkt werden. Mit ABM wird Arbeit statt Arbeitslosigkeit finanziert.

Zudem bieten ABM Beschäftigung für benachteiligte Zielgruppen, insbesondere für Langzeitarbeitslose sowie für Arbeitslose mit Behinderung und ältere Arbeitslose. Für ältere Arbeitslose am Übergang zur Rente bieten ABM eine gute Arbeitsmöglichkeit; denn Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer, die das 55. Lebensjahr vollendet haben, können bis zu 36 Monate an einer ABM teilnehmen.

Ein weiterer Grund, weshalb die Streichung von ABM aus dem Instrumentenkatalog des SGB II abzulehnen ist, ist die infrastrukturelle und strukturpolitische Wirkung dieser Maßnahmen, die ja letztlich auch zur Wertschöpfung beitragen. Das konnte seit 1991 vor allem in Ostdeutschland belegt werden, und zwar in der wirtschaftsnahen touristischen und sozialen Infrastruktur, im Städtebau, im Denkmalschutz, im Umwelt-, Natur- und Katastrophenschutz, um nur einige Beispiele zu nennen. Die Abgeordneten wissen sehr wohl, was nach der Wende in ihrem jeweiligen Wahlkreis durch dieses Instrument alles bewirkt werden konnte.

Es gibt zahlreiche Beispiele für Leistungen im Land Brandenburg, die ohne ABM vermutlich nicht zustande gekommen wären. Nehmen wir nur einmal die restaurierten Kirchen, die Burgen, die Parkwege, aber auch den Abriss von Industriegebäuden, die Beräumung von Konversionsflächen, die Renaturierung von Braunkohleflächen.

Seit 1997 besteht darüber hinaus die Möglichkeit, ABM in Form von Vergabe-ABM wirtschaftsorientiert auszugestalten. Aufträge der öffentlichen Hand an Wirtschaftsunternehmen lassen sich danach mit ABM und damit mit der Beschäftigung ehemals Arbeitsloser in Unternehmen klug verbinden. Das ist bei keinem anderen arbeitsmarktpolitischen Instrument möglich. Brandenburg war stets Vorreiter in der Nutzung dieses Instruments Vergabe-ABM.

Im Übrigen sind Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen ein Instrument mit zum Teil durchaus beachtlichen Eingliederungserfolgen, auch wenn das aus der Evaluierung der betreffenden Studie nicht so deutlich geworden ist und dabei sogar eine mangelnde Integrationswirkung hervorgehoben wurde. Es zeigt sich, dass ABM in Abhängigkeit von der gesamtwirtschaftlichen Situation eine deutliche Integrationswirkung aufweist. So beträgt der Anteil beispielsweise der im Zeitraum von November 2006 bis Oktober 2007 in ABM beschäftigen Brandenburgerinnen und Brandenburger, die 6 Monate nach Abschluss der Maßnahme eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aufgenommen haben, im Rechtskreis SGB II immerhin 26,3 %. Nimmt man die Gesamtzahl von Menschen, die dahinter stehen, nämlich über 5 000 Beschäftigte, die in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung übergegangen sind, sehe ich darin einen sehr, sehr großen Erfolg. Unter Berücksichtigung dieser Aspekte wird ABM nach wie vor gebraucht. Die Arbeitsmarktsituation gibt es nicht her, auf dieses Instrument ersatzlos zu verzichten.

Danke schön, Frau Ministerin. Es gibt Nachfragen, in folgender Reihenfolge: Frau Lehmann, Herr Görke und Frau Dr. Schröder. Bitte schön, Frau Lehmann.

In der Tat, Frau Ministerin, wird ABM auch kritisch gesehen. Insofern meine Frage an Sie: Ist Ihnen bekannt, ob möglicherweise im SGB III auch eine Kürzung von ABM vorgesehen ist?

Meine zweite Frage: Es ist gar nicht so einfach, die vielen gesetzlichen Instrumente der Arbeitsmarktpolitik, die wir haben, deshalb auch die Reformen, die wir begrüßen, und dann auch noch die Sonderprogramme auseinanderzuhalten. Ist das vielleicht ein Grund dafür, weshalb gerade gestern in der Diskussion all diese Dinge in einen Topf geworfen wurden? Könnten Sie bitte, anknüpfend an andere Instrumente, auch an das gesetzliche Instrument ABM, noch einmal die Differenzierung und die Wertung zum Kommunal-Kombi und auch zu den MAE-Maßnahmen vornehmen?

Zu Ihrer ersten Frage: Kürzungen sind mir nicht bekannt.

Zu Ihrer zweiten Frage: Es besteht ein ganz wesentlicher Unterschied zwischen dem Instrument ABM und dem Bundesprogramm Kommunal-Kombi. ABM ist ein gesetzlich fixiertes Instrument, während der Kommunal-Kombi, abgesehen davon, dass er durch die Fixierung auf 15 % Arbeitslosigkeit bei uns nur in zwölf Landkreisen wirkt, ein Sonderprogramm ist, das, wie wir wissen, auf zwei Jahre ausgelegt ist und deshalb auch nur so lange wirken kann und daher eben nicht die Gleichsetzung dieser beiden Instrumente angesetzt ist. Das ist der schwerwiegende Unterschied zwischen beiden Instrumenten. Deshalb brauchen wir auch beide, zumal ABM vergabefähig ist. Dies ist auch der Vorteil beispielsweise gegenüber MAE, weil dort die gesetzliche Klarstellung nicht vorhanden ist, dass es ein vergabefähiges Instrument ist. Man kann erst etwas abschaffen, wenn man eine kluge Alternative dafür gefunden hat, und die ist mir bisher von niemandem vorgelegt worden.

Danke schön. Herr Görke hat das Wort.

Frau Ministerin, wir teilen Ihre Sicht, es gibt neben ABM kein adäquates versicherungspflichtes Element gerade für höherwertige, gemeinwohlorientierte Aufgaben. Deshalb frage ich Sie: Was werden Sie als Landesregierung jetzt politisch unternehmen, um auf diesen Gesetzentwurf Einfluss zu nehmen?

Meine zweite Frage bezieht sich ebenfalls auf diesen Gesetzentwurf. In dem Zusammenhang war ursprünglich vorgesehen, für Jugendliche einen Rechtsanspruch zu verankern, um den Hauptschulabschluss in Brandenburg - als Berufsbildungsreife bekannt - einzuführen. Nach den uns bekannten Informationen ist dies aus dem Gesetzentwurf gestrichen worden. Wie ist die Haltung der Landesregierung dazu?

Mit dem Bildungsabschluss gibt es ein Problem, weil es aus Versicherungsleistungen bezahlt werden soll und die Haltung der BA sehr stringent ist und besagt, dass das keine Versicherungsleistung ist. Wir sehen das etwas anders, auch die Ländergemeinschaft sieht es etwas anders, genauso wie wir eine klare Haltung haben, was die ersatzlose Streichung von ABM angeht. Auch darin sind sich die Länder einig, dass wir dies verhindern wollen und müssen, und deshalb haben wir schon in der Sonder-ASMK - in der letzten Sitzung - klar und deutlich formuliert, dass wir eine Streichung von ABM ohne Alternative nicht mittragen werden.

Zum Bildungsabschluss hatte ich gesagt, dass die BA diesbezüglich eine stringente Haltung hat. Deshalb ist das aus dem Gesetzentwurf gestrichen worden und wir versuchen, das mit anderen Maßnahmen zu kompensieren.

Die erste Frage an die Ministerin war die im Zusammenhang mit ABM: Welche Maßnahmen wird die Landesregierung ergreifen, um möglicherweise politisch zu agieren, um die Kriterien noch einmal zu verstärken?

Wir haben sie schon verstärkt.

Bitte schön, Frau Dr. Schröder.

Frau Präsidentin! Wir haben zurzeit im Land 21 000 1-EuroJobs und 2 600 ABM im SGB-II-Bereich. Bundesarbeitsminister Olaf Scholz, SPD, bezieht sich bei seiner Neuausrichtung arbeitsmarktpolitischer Instrumente auch auf aktuelle unabhängige Studien, Evaluationsergebnisse zu ABM. Ich gehe davon aus, dass die Ihrem Haus bekannt sind. Danach verschlechtern ABM die Integrationschancen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Sie seien weder wirksam noch effizient, heißt es vonseiten mehrerer unabhängiger Forschungsinstitute.

Welche arbeitsmarktpolitischen Gründe sprechen aus Ihrer Sicht trotzdem für ABM, zumal sich ABM heute in der Ausgestaltung kaum noch von 1-Euro-Jobs unterscheiden? Laufzeit: ein halbes Jahr, begrenzte Wochenarbeitszeit, minimale Vergütung, keine neuen Anwartschaftszeiten, keine anschließende Eingliederung. Das wäre meine erste Frage.

Meine zweite Frage: Nachdem Sie gestern den Erfolg des Kommunal-Kombi in Brandenburg gepriesen haben, ohne konkrete Zahlen aus den Regionen vorzulegen, müssen wir heute der Presse entnehmen, dass in der Uckermark, dem Landkreis mit dem höchsten Kontingent für Kommunal-Kombi, von den vorgesehenen 1 344 sozialversicherungspflichtigen Stellen bis heute gerade einmal 48 Stellen bewilligt, also noch nicht einmal besetzt sind. Meinen Sie nicht, dass es im Interesse einer vorsorgenden, vorausschauenden und nachhaltigen Arbeitsmarkt- und Sozialpolitik endlich an der Zeit ist, sich von der Geldverschwendung mit verstaubten unwirksamen Instrumen

ten zu verabschieden und neue Instrumente wie den Kommunal-Kombi, Jobperspektive und andere zum Erfolg zu führen und als neues politisches Instrument auszugestalten?

Zur ersten Frage: Ich wiederhole noch einmal, weil uns dies genau vorliegt. Im Zeitraum November 2006 bis Oktober 2007 haben 26,3 % der in ABM beschäftigen Brandenburgerinnen und Brandenburger sechs Monate nach Abschluss der Maßnahme eine sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aufgenommen. Sie waren vorher im SGB-II-Rechtskreis und haben jetzt diese sozialversicherungspflichtige Beschäftigung aufgenommen. Da interessiert mich eine Studie, die bundesweit erhoben wird, recht wenig. Mich interessieren die Menschen in meinem Land, die Beschäftigung gefunden haben,

(Zustimmung der Abgeordneten Lehmann [SPD])

Das waren 5 140. Wenn Sie diese ignorieren wollen, dann ist das Ihr Problem. Meines ist es, die Menschen in Beschäftigung zu bringen.