Protokoll der Sitzung vom 18.09.2008

Damit wir uns richtig verstehen: Auch wir werben für diesen arbeitsmarktpolitischen Ansatz und unterstützen ihn. Wir haben in Gesprächen mit den Landkreisen und Arbeitsmarktakteuren versucht, dies deutlich werden zu lassen. Bei diesen Gesprächen ist eine Reihe von Ursachen benannt worden, warum dieses Programm in einigen Regionen doch - ich würde es vorsichtig formulieren - zurückhaltend angenommen wurde. Es ist ein Bedingungsgefüge, auf das ich kurz eingehen möchte:

Die erste Problemlage ist aus unserer Sicht der unzureichende Bundesanteil bei der Finanzierung dieser Stellen. So sprechen sich der Landkreistag und auch einige Landkreise dafür aus, eine faire Kostenverteilung zwischen Bund und den Kommunen zu gewährleisten. Bisher ist es so, dass eine vertretbare Kostenverteilungsentlastungswirkung bei den Kommunen nur realisiert wird, wenn der über den Kommunal-Kombi Einzugliedernde Single und über 50 Jahre alt ist. Die geförderte Person kommt aus der Bedürftigkeit und damit auch aus dem Leistungsbezug heraus. In dem Moment, wo er und weitere Personen eine Bedarfsgemeinschaft bilden - so einige Grundsicherungsämter -, entstehen unterschiedliche Entlastungswirkungen. Sehr oft bleibt der Leistungsbezug ergänzend erhalten, wobei das dann natürlich wieder überproportional über die Kosten der Unterkunft bei den Landkreisen oder kreisfreien Städten hängen bleibt.

Genau deshalb ist es für viele Landkreise und Kommunen in Brandenburg nach wie vor interessant, die volkswirtschaftlich bedenklichen und für die Betroffenen nicht immer, aber oft perspektivlosen 1-Euro-Jobs aufzulegen. Diese werden - das wissen wir - bis zu 100 % vom Bund finanziert, und deshalb sind sie für die Kommune auch so attraktiv. Genau deshalb fordern wir Sie mit diesem Antrag auf, beim Bund darauf hinzuwirken, dass diese Dynamik mit den 1-Euro-Jobs - denn wir haben wieder 700 mehr als im Vergleichsmonat - endlich begrenzt wird.

Meine Damen und Herren, der Kommunal-Kombi wird bekanntermaßen nur in 12 der 18 Brandenburger Kreise gefördert. Es gibt Regionen mit einem geteilten Arbeitsmarkt, zum Beispiel in meinem Kreis Havelland bzw. Oberhavel. Ich glaube, es ist Zeit, auch ihnen die Möglichkeit zu eröffnen, an diesem Arbeitsmarktinstrument zu partizipieren.

Inzwischen ist auch absehbar, dass das finanzierbar wäre. Es gibt beispielsweise in den alten Ländern Regionen, die diesen Ansatz bei weitem nicht für diskussionswürdig halten. Deshalb wäre es gut, wenn wir über diesen Antrag noch einmal den Bund bitten, die bereitgestellten Kontingente umzuschichten. Es geht also nicht um zusätzliche Bundesmittel, sondern um eine Umverteilung vorhandener. Ich glaube, so ist es möglich, Langzeitarbeitslose in Beschäftigung zu bringen, unabhängig davon, wo sie wohnen. Das sollten wir auch nicht aus dem Blick verlieren.

Ein weiteres Hemmnis ist die Festlegung, die sich aus dem Punkt 5 der Richtlinie zum Kommunallohn-Kombi ergibt. Derzeit wird die Bundesrichtlinie so angewandt, dass sozialversicherungspflichtige Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen oder Arbeitsgelegenheiten in der Entgeltvariante als Unterbrechung der Arbeitslosigkeit angesehen werden. Da gibt es eine Frist von zwölf Monaten, die den Zugang zum Kommunal-Kombi ausschließt. Damit wird ein Personenkreis von vornherein vom

Kommunal-Kombi ausgeschlossen, der sich durchaus für die Aufnahme einer sozialversicherungspflichtigen Tätigkeit bewährt hat. Stattdessen werden diese Menschen möglicherweise in Warteschleifen gesteckt und ihre erworbenen Fertigkeiten und Fähigkeiten, aus meiner Sicht, entwertet. Schlimmstenfalls müssen sie neu aktiviert werden. Hinzu kommt, dass es Landkreise gibt wie Märkisch-Oderland, die massive Schwierigkeiten bei der Besetzung der Stellen für den Kommunal-Kombi haben, weil sie in jüngster Vergangenheit eine riesige Anzahl von ABM-Stellen geschaffen haben. Dadurch ist der Zugang bzw. das Umswitchen in den Kommunal-Kombi momentan für Personen, die diese Leistungen erhalten, nicht möglich.

Meine Damen und Herren, Sie haben als Koalition nur 7 539 von insgesamt 11 309 möglichen Stellen landesseitig gegenfinanziert. Dieser Sachverhalt lässt sich natürlich auch anders interpretieren: Sie riskieren, dass die vom Land geförderten Arbeitsplätze deutlich unter dem möglichen Mindestlohnniveau, was wir bei mindestens 8 Euro sehen, liegen werden, oder Sie glauben selbst nicht an den Erfolg dieses Programms. In der Hoffnung, dass dem nicht so ist, bitte ich Sie, unseren Antrag mitzutragen, Vorkehrungen zu treffen, dass eine landesseitige Kofinanzierung aller zur Verfügung stehenden Stellen, also 11 309, realisiert wird.

In diesem Sinne bedanke ich mich für die Aufmerksamkeit und wünsche mir eine nachfolgende gute Diskussion zu diesem Antrag. - Vielen Dank.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Die Abgeordnete Dr. Schröder spricht nun für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Verehrte Kolleginnen und Kollegen von der Fraktion DIE LINKE! Sehr geehrter Herr Görke, Ihr Antrag hat mich schon verwundert. Seit Monaten ringt die SPD um den Erfolg des Kommunal-Kombi, vor allem in Brandenburg. In meinem Büro gehen sogar schon Klagen von Ihren Anhängern ein, warum nicht die Linke, sondern die SPD um 11 300 mögliche Arbeitsplätze kämpft. Ja, was soll ich denn da antworten? Dass nicht die Linke, sondern die SPD ein solches Beschäftigungsprogramm für Ostdeutschland auf den Weg gebracht hat; dass nicht die Linke, sondern die SPD auf die notwendige Landeskofinanzierung gedrängt und 40 Millionen Euro durchgesetzt hat; dass nicht die Linke, sondern die SPD die Umsetzung des Programms befördert, intensiv begleitet und dabei selbstverständlich immer wieder auf Rückstände hingewiesen und zusätzliche Anstrengungen der Kommunen eingefordert hat; dass nicht die Linke, sondern die SPD den Stand der Umsetzung in den Landtagsgremien, vor allem im Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie, auf die Tagesordnung setzte; dass nicht die Linke, sondern die SPD auch künftig mit Brandenburger Adleraugen über den weiteren Verlauf des Programms wachen wird, um für möglichst viele Langzeitarbeitslose eine würdevolle Arbeit zu ehrlichen Löhnen im öffentlichen Sektor zu organisieren?

Nun zu den Fakten. Das Angebot des Bundes steht: 11 300 dreijährige sozialversicherungspflichtige Beschäftigungsverhält

nisse für Langzeitarbeitslose in Brandenburg. Eintritte sind ausschließlich in diesem und im kommenden Jahr möglich. 7 500 Stellen sind landesseitig kofinanziert, 3 700 im Jahr 2008. Davon waren zum 31.08.2008 landesweit 2 000 Stellen beantragt, 1 250 Stellen bewilligt und etwa 900 KommunalKombi-Stellen besetzt. Wir müssen also bis Ende Dezember um mindestens weitere 2 800 Arbeitsplätze und ihre Besetzung ringen, um das hier im Landtag mit dem Haushalt selbstgesteckte Landesziel zu erreichen. Das ist ein Kraftakt - ja -, dem wir uns aber stellen.

Meine Damen und Herren Antragsteller! Sehr geehrter Herr Görke, im Juli sprachen Sie hier im Parlament von einem „guten Start“ des Kommunal-Kombi. In Ihrem heutigen Antrag meinen Sie, der Kommunal-Kombi werde „nur unzureichend angenommen“. Was gilt denn nun?

(Frau Mächtig [DIE LINKE]: Beides!)

Aus meiner Sicht gilt, dass die Entwicklung des Bundesprogramms Kommunal-Kombi in den zwölf beteiligten Landkreisen und kreisfreien Städten inzwischen sehr unterschiedlich läuft. Auf der einen Seite konnten die Stadt Cottbus, die Landkreise Elbe-Elster, Oberspreewald-Lausitz, Prignitz und SpreeNeiße im August schon vorzeigbare Ergebnisse vorlegen. Auf der anderen Seite gab es in den Landkreisen Barnim, Märkisch-Oderland, Oder-Spree, Ostprignitz-Ruppin, Uckermark sowie in den kreisfreien Städten Brandenburg an der Havel und Frankfurt (Oder) zum genannten Zeitpunkt erhebliche Rückstände. Mit den arbeitsmarktpolitischen Hintergründen dieser Rückstände müssen wir uns politisch auseinandersetzen.

Doch dem verweigert sich die Linke. Am 10. September 2008 waren Sie, Herr Görke, im Ausschuss für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Familie zwar anwesend, aber an der Diskussion zu der von mir unter Tagesordnungspunkt 4 ordentlich angemeldeten Berichterstattung der Landesregierung über den Stand der Umsetzung des Bundesprogramms Kommunal-Kombi in Brandenburg haben Sie nicht teilgenommen.

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: Es wird schon ei- nen Grund gegeben haben!)

Auch nachdem ich Sie ausdrücklich in Bezug auf Ihren heutigen Antrag angesprochen hatte, blieben Sie stumm. Das müssen Sie Ihren Wählerinnen und Wählern erklären. Und heute halten Sie im Plenum eine scheinheilige Rede!

Ihr Antrag ruft nach Widerrede.

Erstens: Die Orientierung auf Landkreise und kreisfreie Städte mit über 15 % Arbeitslosigkeit ist fachlich und sachlich korrekt, denn wir müssen uns zuerst den Regionen zuwenden, in denen die Probleme am größten sind.

Zweitens: Solange die vorhandenen Kontingente der EU, des Bundes und des Landes nicht verbraucht sind, können Sie nicht weiteres Geld vom Bund einfordern.

Drittens: Ihr Einwand, die Kommunen hätten per se kein Geld, wurde in der vergangenen Ausschusssitzung durch die anwesende Mitarbeiterin des Innenministeriums begründet zurückgewiesen. Sie wissen also, dass auch in Kommunen mit schwieriger Haushaltslage die Machbarkeit des Kommunal-Kombi

gesichert ist. Mein Vorschlag, für finanzschwache Kommunen den Landesanteil lieber zu erhöhen, als nicht abgerufene Millionen am Ende verfallen zu lassen, steht weiterhin im Raum.

Meine Damen und Herren, kümmern wir uns also darum, dass aus dem Machbaren auch das Vollbrachte wird. Solange wir die abrufbaren, zur Verfügung stehenden 300 Millionen Euro vom Bund und die 40 Millionen vom Land nicht in Tausende sozialversicherungspflichtige dreijährige Arbeitsplätze verwandelt haben, brauchen wir beim Bund wahrlich nicht vorstellig zu werden. Ihr Antrag ist somit entbehrlich. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD)

Die Abgeordnete Fechner setzt für die DVU-Fraktion fort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich denke, dass fraktionsübergreifend Einigkeit herrscht, was das Bundesprogramm Kommunal-Kombi anbelangt. Auch die DVU-Fraktion hat die Einführung dieses Bundesprogramms durchaus begrüßt.

Ziel des Programms ist die Schaffung von zusätzlichen sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätzen in Regionen mit erheblichen Arbeitsmarktproblemen durch Förderung von befristeter Beschäftigung, also in Regionen, in denen die Arbeitslosenquote mehr als 15 % beträgt.

Die linken Genossen möchten nun, dass dieses Bundesprogramm auf alle Landkreise hier im Bundesland ausgeweitet wird. Dagegen spricht sich die DVU aus. Denn das würde nichts anderes bedeuten, als die verfehlte Arbeitsmarktpolitik der 90er Jahre fortzusetzen. Damals hoffte man, mit dem Ausbau des zweiten Arbeitsmarktes der Arbeitsmarktsituation Herr zu werden. Doch letztendlich mussten die Verfechter des zweiten Arbeitsmarktes eingestehen, dass unter dem Strich diese Art der Arbeitsmarktpolitik keine nachhaltigen Effekte geschaffen hat. Deshalb ist die DVU gegen eine Ausweitung dieses Bundesprogramms auf alle Landkreise. Wir werden demzufolge auch Ihren Antrag ablehnen müssen.

(Beifall bei der DVU)

Frau Abgeordnete Schulz spricht für die CDU-Fraktion.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Verehrter Kollege Görke, ich weise Ihre Aussage „Billigbürgerarbeit Bad Schmiedeberg“ zurück. Eine solche Einschätzung halte ich für nicht gerechtfertigt. Kommunen haben sich Gedanken gemacht, wie man Menschen eine Arbeit und ein sinnerfülltes Leben geben kann. Ich halte es nicht für richtig, diese Bemühungen hier so abzuwerten.

In die auch von mir vehement geführte Diskussion zur Bürgerarbeit kam das Angebot des Kommunal-Kombi. Ich sprach da

mals von „Bürgerarbeit à la Münte“. Das Instrument als solches ist richtig und gut, vor allem wenn man bedenkt, dass damit Menschen die Möglichkeit gegeben wird, über einen längeren Zeitraum in Beschäftigung und Arbeit zu kommen.

Sie von der Linken fordern - wie immer - ein Mehr und eine Ausweitung. Herr Görke, Sie haben aber verschwiegen, dass für über 50-Jährige noch einmal 100 Euro draufgelegt werden. Das sollte der Ehrlichkeit halber dazugesagt werden.

Das Instrumentarium wird sehr unterschiedlich bewertet. Auch meine Kollegin von der SPD hat einmal von einem „Flop“ und ein anderes Mal von einem „guten Instrumentarium“ gesprochen. Auch bei der SPD ist anscheinend die Meinung mal positiver, mal negativer. Aber wir sind im Gespräch.

Im zuständigen Landtagsausschuss wird regelmäßig berichtet. Ich denke, diese Berichterstattung, einbezogen in die Berichterstattung zur Arbeitsmarktpolitik insgesamt, ist richtig. Aber es ist falsch, hier so zu tun, als sei der Kommunal-Kombi das Allheilmittel für unsere Arbeitsmarktprobleme, insbesondere für die Beseitigung der Langzeitarbeitslosigkeit.

(Görke [DIE LINKE]: „Bausteine“ haben wir gesagt!)

Diese Darstellung kann man so nicht stehen lassen.

Möchten Sie eine Zwischenfrage zulassen?

Ja. - Aber sie hat sich anscheinend erledigt. Auch schön.

Die Zwischenfrage wurde zurückgezogen.

Ich möchte noch auf einen Punkt hinweisen, der oft vergessen wird: Die Umsetzung des Kommunal-Kombi erfolgt vor Ort, in den Kommunen, in den Kreisen. Wir betonen doch immer die kommunale Selbstverwaltung. Dann sollten wir den Kommunen auch die Verantwortung zutrauen. Ich verweise auf die Tabelle zur unterschiedlichen Umsetzung des Instrumentariums in Summe. Wenn die kommunalen Abgeordneten vor Ort ihre speziellen Zielsetzungen formulieren, dann haben wir das verdammt noch mal zu akzeptieren. Ich glaube nicht, dass es der richtige Weg wäre - ich halte den Antrag an der Stelle sowieso für überflüssig -, den Kommunen ständig zu sagen, sie müssten sich nach dem richten, was wir hier ihnen vorgeben. Das ist einfach nicht richtig. Das ist die Prioritätensetzung vor Ort; die ist nun einmal unterschiedlich. Natürlich sollten wir den Kommunen dabei helfen, das Programm zu nutzen. Das tun wir auch. Da möchte ich nur die Summe noch einmal nennen: Es sind immerhin 40 Millionen Euro, die in das Programm fließen. Das muss man sich noch einmal vergegenwärtigen. Ich habe das Gefühl, das wird hier ein wenig vergessen. Ich bin dafür, dass es ausgeschöpft, dass es flexibel gehandhabt wird.

Ich war übrigens auch nicht der Meinung, dass es richtig sei, sich nur auf die zwölf Landkreise zu fokussieren. Ich habe mir

schon gewünscht und tue dies noch, dass wir es noch schaffen, auch anderen Kreisen diese Möglichkeit einzuräumen, weil sich ja Langzeitarbeitslosigkeit nicht auf diese zwölf Landkreise beschränkt. Aber ich weiß, dass es hier ständig weiterführende Gespräche, auch mit dem Bund gibt, um das Programm auszuschöpfen.

Wir sollten dabei nicht vergessen: Es soll ja mit dem, was dort von Langzeitarbeitslosen geleistet wird, ein Mehrwert entstehen. Dieser vor Ort entstehende Mehrwert soll auch von den Kommunen mitgetragen werden. Das ist auch das, wo Kommunen ein Stück weit mitfinanzieren. Das halte ich für absolut richtig und auch notwendig.

Ich hoffe, das Programm wird ein Erfolg und wird im Sinne der Menschen, die es betrifft, umgesetzt, damit sie die entsprechenden Möglichkeiten haben. Vor Ort kommen viele, gerade auch Frauen, in mein Büro, die einfach nur arbeiten und damit mehr Sinn in ihr Leben bringen wollen. Ich denke, das ist der eigentlich wichtige Aspekt an der Geschichte, und das sollten wir bei all unseren Diskussionen nie vergessen. - Vielen Dank.

(Beifall bei der CDU sowie vereinzelt bei der SPD)

Frau Ministerin Ziegler spricht für die Landesregierung.