Protokoll der Sitzung vom 16.10.2008

Anfang Juli hat die Kommission der Europäischen Gemeinschaften das Grünbuch „Migration & Mobilität: Chancen und Herausforderungen für die EU-Bildungssysteme“ vorgestellt. In diesem werden neben der Skizzierung der Thematik auch inhaltliche Prämissen gesetzt, die weit über einen rein objektiv

beschreibenden Modus hinausgehen. Zu berücksichtigen ist, dass Bildungspolitik in den alleinigen Zuständigkeitsbereich der Mitgliedsstaaten fällt. Die Konsultationsfrist endet Ende dieses Jahres.

Ich frage die Landesregierung: Wie bewertet sie die Aussagen des Grünbuchs, insbesondere unter Berücksichtigung des Subsidiaritätsprinzips?

Herr Minister Rupprecht, bitte.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Richstein, mit dem erwähnten Grünbuch hat die Europäische Kommission eine Diskussion darüber eingeleitet, wie die Bildungspolitik den Herausforderungen infolge der steigenden EU-internen Mobilität und der Einwanderung aus Drittstaaten besser gerecht werden kann. Die Kommission beschreibt in diesem Grünbuch auf der Grundlage einschlägiger Analysen Gründe für die Bildungsbenachteiligung von Kindern mit Zuwanderungsgeschichte, die unter anderem durch die schlechtere sozioökonomische Situation, durch fehlende Sprachkenntnisse, aber auch durch unterschiedliche Erwartungen der Familien und der Gemeinschaft begründet sein können.

Das Grünbuch stellt dann Konzepte vor, die den Bildungserfolg von betroffenen Kindern stützen sollen. So soll die Bewältigung der Problematik auf europäischer Ebene durch bereits praktizierte Maßnahmen und Programme der Europäischen Union - zum Beispiel das Aktionsprogramm lebenslanges Lernen - oder die Koordinierung im Bereich der allgemeinen und beruflichen Bildung möglich sein. Bei allen Beispielen werden durch die Kommission aber immer auch die nationalen Zuständigkeiten betont.

Damit komme ich jetzt zur eigentlichen Frage. Das Land Brandenburg ist über die vereinbarten und gesetzlich vorgeschriebenen Verfahren in die Abstimmungsprozesse auf nationaler und auf EU-Ebene eingebunden. Die Kommission für europäische und internationale Angelegenheiten der KMK hat sich auf ihrer 24. Tagung am 17. September 2008 ausführlich mit dem Grünbuch befasst und sich dafür ausgesprochen, die Stellungnahme der KMK mit dem Bundesministerium für Bildung und Forschung abzustimmen und in das Konsultationsverfahren einzubringen.

Darüber hinaus wird sich auch der Bundesrat mit dem Grünbuch befassen. Eine entsprechende Stellungnahme wird in den Bundesratsausschüssen zurzeit vorbereitet. Die deutschen Länder vertreten auch gegenüber der Bundesregierung gemeinsam die Auffassung, dass bei der Umsetzung von Maßnahmen im Bereich der allgemeinen schulischen Bildung, auf die sich die Mitgliedsstaaten der Europäischen Union verständigt haben, eine direkte Beteiligungspflicht und Zuständigkeit ihrerseits besteht. Insofern ist die Anwendung des Subsidiaritätsprinzips gesichert.

Ergänzend möchte ich noch etwas erwähnen, und zwar, dass die Landesregierung sehr genau darauf achtet, dass die einschlägigen Artikel 149 und 150 des Vertrages über die Europäische Union, insbesondere das dort verankerte Harmonisie

rungsverbot im Bildungswesen, eingehalten werden. Unabhängig davon - ich glaube, es ist wichtig, auch das zu sagen - beteiligt sich das Land natürlich an Projekten der Bildungskooperation in Europa und an der institutionalisierten Bildungszusammenarbeit in der EU, und das auf freiwilliger und auch auf selbstverpflichtender Basis.

Damit sollen die Chancen und Möglichkeiten junger Menschen in einem gemeinsamen europäischen Binnenmarkt gesichert werden, die Weltoffenheit des Landes gestärkt sowie die Toleranz und interkulturelle Kompetenzen gefördert werden. - Vielen Dank.

Vielen Dank. - Die Abgeordnete Geywitz stellt die Frage 1981 (Nachträglicher Erwerb Hauptschulabschluss).

Das Bundeskabinett hat kürzlich das Gesetz zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente beschlossen. Neu eingeführt wurde auf Drängen der SPD ein Rechtsanspruch auf Förderung der Vorbereitung auf den nachträglichen Erwerb des Hauptschulabschlusses.

Ich frage daher die Landesregierung: Wie wird der Rechtsanspruch auf das Nachholen eines Hauptschulabschlusses in Brandenburg zukünftig erfüllt?

Das sagt uns Frau Ministerin Ziegler.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Frage kommt zu früh. Der am 7. Oktober vom Bundeskabinett verabschiedete Gesetzentwurf zur Neuausrichtung der arbeitsmarktpolitischen Instrumente sieht den Rechtsanspruch auf Förderung der Vorbereitung auf den nachträglichen Erwerb des Hauptschulabschlusses im Rahmen berufsvorbereitender Bildungsmaßnahmen und im Rahmen einer beruflichen Weiterbildung vor. Dabei sollen nach Vorstellungen der Bundesregierung die Agenturen für Arbeit darauf hinwirken, dass sich die für die allgemeine Schulbildung zuständigen Länder an den Kosten der Maßnahmen beteiligen.

Der Gesetzentwurf ist der parlamentarischen Abstimmung anheimgestellt. Es ist einfach noch zu früh, weil die inhaltliche Ausgestaltung völlig unklar ist. Insofern bitte ich, dem Bildungsminister bzw. dem Finanzminister dann, wenn der Gesetzentwurf das Bundeskabinett passiert hat, noch einmal eine Frage danach zu stellen.

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: Aha!)

Geschickt gemacht.

(Bischoff [SPD]: Keine Wertung!)

Wir kommen zu unserem Geburtstagskind. Die Abgeordnete Mächtig stellt die Frage 1982 (Kommunales Abgeordneten- mandat und Kommunal-Kombi). - Bitte sehr.

Gemäß § 12 Brandenburgisches Kommunalwahlgesetz schließt ein Beschäftigungsverhältnis bei einer Gebietskörperschaft die Ausübung eines kommunalen Abgeordnetenmandats aus. Auslegungsprobleme gibt es aus unserer Sicht im Hinblick auf eine geförderte Beschäftigung im Rahmen des SGB II, des SGB III oder des Bundesprogramms „Kommunal-Kombi“.

Ich frage die Landesregierung: Schließen die genannten geförderten Beschäftigungsverhältnisse aus ihrer Sicht die Ausübung eines kommunalen Abgeordnetenmandats in der Gebietskörperschaft aus, die Träger der Arbeitsförderungsmaßnahme ist?

Herr Innenminister, wir bitten um Antwort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Mächtig, ich kann die Frage nur so beantworten, wie sie gestellt wird, weil ich weiß, dass dahinter ein Sachverhalt steht, den ich hier nicht im Einzelnen erörtern möchte oder kann. Darum lassen Sie mich Folgendes sagen:

§ 12 dieses Wahlgesetzes soll die Gefahr von Interessenkonflikten zwischen den Aufgaben eines kommunalen Mandatsträgers, im Interesse der Allgemeinheit zu entscheiden, und besonderen persönlichen Interessen aufgrund der beruflichen Stellung in der Kommune vermeiden helfen. Ich glaube, dieser Grundsatz ist eingängig.

Die Frage ist, wann gegen diesen Grundsatz verstoßen wird.

Bei dieser Unvereinbarkeitsregelung handelt es sich - wie das Bundesverfassungsgericht betont hat - um Ausnahmeregelungen, die nicht beliebig ausgedehnt werden können.

Daher bestimmt § 12 Abs. 4 Nr. 1 unseres Brandenburgischen Kommunalwahlgesetzes, dass die Inkompatibilitätsvorschriften der Absätze 1 bis 3 nicht für Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gelten, die überwiegend körperliche Arbeit verrichten oder Arbeiter im herkömmlichen Sinne sind, zum Beispiel Hausmeister. Keine Rolle hingegen bei der Erwägung dieser Frage spielt die Dauer des Arbeitsverhältnisses.

Die Unvereinbarkeitsvorschriften gelten auch für Tätigkeiten, die zeitlich eingeschränkt sind, wie es zum Beispiel das OVG Magdeburg und das Bundesverwaltungsgericht festgestellt haben. Daher - das ist das, was ich einleitend meinte - ist keine pauschale Aussage möglich, dass im Rahmen der nach SGB II, SGB III oder der nach dem Bundesprogramm „KommunalKombi“ geförderten Beschäftigungsverhältnisse die Ausübung eines kommunalen Abgeordnetenmandats in der Gebietskörperschaft, die Trägerin der Arbeitsförderungsmaßnahme ist, ausgeschlossen ist. Genauso wenig kann pauschal festgestellt werden, dass solche Beschäftigungsverhältnisse keinen Unvereinbarkeitstatbestand erfüllen können, weil das von der Qua

lität, von den Inhalten der Arbeit abhängt. Es ist daher in jedem Einzelfall zu prüfen, ob die in einem solchen Beschäftigungsverhältnis tatsächlich ausgeübte Tätigkeit den Tatbestand der Unvereinbarkeit erfüllt. Da gibt es einen gewissen Ermessensspielraum. Das ist - wie gesagt - dann nicht der Fall, wenn die betreffende Person überwiegend körperliche Arbeit verrichtet oder Arbeiter im herkömmlichen Sinne ist.

(Frau Tack [DIE LINKE]: Und wer legt den Ermessens- spielraum fest?)

Vielen Dank. - Wir kommen zur Frage 1983 (Initiative Ober- schule), die die Abgeordnete Lieske stellt.

Das Programm zur Stärkung der Oberschule, IOS - Initiative Oberschule - genannt, läuft seit dem Schuljahr 2007/2008. Ziel des Programms ist es, die Oberschule so zu entwickeln, dass alle Schülerinnen und Schüler optimal auf das spätere Berufsleben vorbereitet werden.

Ich frage daher die Landesregierung: Wie wurde dieses Programm in quantitativer und qualitativer Hinsicht bisher von den Schulen angenommen?

Bitte, Herr Minister Rupprecht.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Lieske, wir kommen noch einmal zu einem Erfolgsprogramm. Das Programm „Initiative Oberschule“ oder - so das Kürzel IOS wurde im Juli 2007 gestartet. Wir haben drei Regionalpartner, die ihre Arbeit im August desselben Jahres aufgenommen haben, und auch der Projektverbund Praxislernen hat kurz danach mit seiner Tätigkeit begonnen. Damit konnten wir die ersten Schulprojekte schon im Jahre 2007 beginnen lassen. Ich hatte gar nicht erwartet, dass es so schnell gehen könnte. Das war der erste Erfolg.

Die Eröffnungsveranstaltung am 5. Juli 2007 hat außerdem gezeigt, wie hervorragend das Programm von den betroffenen Schulen angenommen wird. Es gibt ein großes Interesse, es waren sehr viele Leute dort. Ich habe selbst erlebt, wie die Schulen es als einen Schub empfunden haben, eine schwierig eingeführte Schulform voranzubringen. Die zahlreichen Projektanträge für die ersten beiden Jahre belegen, dass man auch bereit ist, dafür zu arbeiten, dass die Schulform Oberschule zu einem Erfolgsmodell wird.

Jetzt zu den quantitativen Ergebnissen: Im Schuljahr 2007/2008 hatten wir 225 Projekte an 109 Schulen im Land. Darüber hinaus gab es noch 24 Praxislernprojekte, die teilweise schulübergreifend organisiert, also von mehreren Schulen genutzt wurden. Für das neue Schuljahr liegen noch keine genauen Zahlen vor, aber ich kann mit Sicherheit schon sagen, dass die Zahl der Projekte und der beteiligten Schulen noch höher sein wird. Wir haben also einen kontinuierlichen Anstieg des Interesses und auch der Bereitschaft, mitzumachen.

Das Programm stellt dabei durchaus hohe Anforderungen an die Zusammenarbeit zwischen den Schulen und den außerschulischen Projektträgern. Es muss gut funktionieren, sonst könnten wir diese Zahl von Anträgen nicht registrieren. Ich gehe davon aus, dass sehr gut und erfolgreich zusammengearbeitet wird.

Die qualitative Einschätzung ist natürlich schwierig. Es ist schwierig, nach anderthalb Jahren zu sagen, dass alles perfekt läuft. Ich habe mir aber einige Projekte vor Ort angeschaut. Außerdem haben wir viele Hinweise, auch durch die Medien erfreulicherweise ist das Programm auch dort dargestellt worden -, und ich kann sagen, dass die Schulen durch die Bank sehr gute und sehr innovative Projekte aufgelegt haben, und zwar in beide Richtungen, die das Programm verfolgt: erstens Berufsorientierung und Berufsvorbereitung, was bezüglich des Arbeitskräftemangels sehr wichtig ist, und zweitens Stärkung von sozialen Kompetenzen, was gerade bei dieser Schulform auch ein wichtiger Ansatz ist.

Eine detaillierte Evaluation ist für 2010 vorgesehen. Dann kann ich auch sehr konkret die Frage beantworten, ob die Programme in Gänze unseren Qualitätsanforderungen entsprechen. Wir werden das Programm fortführen. Es ist wirklich jetzt schon ein Erfolgsprogramm.

Ich möchte zum Schluss die Gelegenheit nutzen, allen, die beteiligt sind, ganz herzlich zu danken; denn es ist in unserem bürokratischen System nicht immer so einfach, Anträge zu schreiben usw. Die Schulen stellen sich dem, worüber ich sehr froh bin, und die Partner arbeiten offensichtlich sehr gut mit den Schulen zusammen.

(Beifall des Abgeordneten Bischoff [SPD])

- Danke, Herr Bischoff.

Es gibt Nachfragebedarf. Bitte, Frau Lieske.

Am Montag hat auch im Landesjugendhilfeausschuss das Thema „Kooperation Schule - Jugendhilfe“ eine Rolle gespielt. Es wurde von dieser Stelle bemängelt, dass das Programm zwar ein erfolgreicher Schritt in die richtige Richtung ist, aber die Kooperation abschließend noch nicht als gut betrachtet wird und immer noch weitere Unterstützung erforderlich ist, um sich als gleichberechtigte Partner zu verstehen.

Für mich wäre es wichtig zu wissen, wie hoch der quantitative Anteil der Projekte für diesen Bereich ist, der über die Initiative Oberschule laufen kann. Sind Sie persönlich damit zufrieden?

Das ist eine Zusatzfrage, die ich so nicht beantworten kann, weil ich darauf nicht vorbereitet bin. Ich kann also nicht sagen, wie hoch der prozentuale Anteil der Kooperationspartner aus dem Jugendhilfebereich ist. Ich weiß, dass das, was Sie gesagt haben, auch vor Ort problematisiert wird. Es gibt dort merkwürdige Grenzen, die man nicht überschreiten will. Die Part

ner, die eigentlich zusammengehören, weil sie sich optimal ergänzen, finden manchmal nicht zusammen.