Liebe Kolleginnen und Kollegen der SPD, Sie haben vorhin gesagt: Es gab kein Geld. Als vor wenigen Jahren der Bund für ein Ganztagsschulprogramm 4 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt hat
- ja -, war das damals unter der rot-grünen Regierung. Da können Sie doch heute auch sagen, dass es die rot-schwarze Regierung ist, die 4 Milliarden Euro für Kindertagesstätten zur Verfügung stellt. Nein, das haben Sie in Ihrer Rede eben nicht gesagt. Auch das gehört zur Wahrheit dazu.
Die frühkindliche Bildung darf jetzt den Stellenwert genießen, den sie verdient. Deswegen müssen wir auch als Brandenburger unsere Verantwortung wahrnehmen. Ich sage es ganz klar, auch Richtung Sachsen: In diesem Bundesland gibt es nun einmal ein eigenes Schulbauinvestitionsprogramm. Es gab dort bisher auch ein eigenes Programm für Investitionen in Kindertagesstätten. Wieso machen wir das in Brandenburg nicht auch? Meine Damen und Herren, immer nur auf andere zu schielen und zu meinen, die erzielen die besseren Ergebnisse, ist wirklich zu kurz gesprungen. Wir müssen diese Dinge mit berücksichtigen.
Ich sage es noch einmal mit aller Deutlichkeit, weil das Thema der Bildungsgerechtigkeit in Deutschland einer der wichtigen Punkte ist. Deswegen ist es auch richtig, dass wir gesagt haben: Wir wollen uns auf hohem Leistungsniveau wiederfinden. - Deswegen geht es darum, dass wir Bildungsstandards definieren, dass wir sagen, wann ein Schüler welchen Wissensstand erreichen und über welche Kompetenzen und Qualifikationen er am Ende verfügen muss. Das ist dann die Grundlage dafür - und nicht erst der Anfang -, dass wir es schaffen werden, deutschlandweit Prüfungen in Klasse 10 und auch beim Abitur zu erreichen. Damit kommen wir dahin, wohin wir letztendlich wollen, nämlich zu einem erfolgreichen Bildungssystem in Deutschland auf einem insgesamt föderalen Grundsystem.
Auch ein anderer Punkt ist für mich entscheidend. In Dresden ist beim Bildungsgipfel gesagt worden, dass man die Zahl der Schulabgänger ohne Abschluss verringern muss. Ich glaube, jeder, der eine Schule nach neun, zehn oder noch mehr Jahren ohne Abschluss verlässt, hat wirklich seine Zeit vergeudet. Wir müssen es schaffen, dass junge Menschen ihre Zeit nicht vergeuden. Dazu gehört ein auf ihren Fähigkeiten und Fertigkeiten aufgebauter Abschluss. Das muss unser Ziel sein. Wenn diese Verpflichtung aus Dresden in Brandenburg und anderswo umgesetzt werden soll, dann haben wir ein sehr großes Ziel vor uns mit vielen Aufgaben, um am Ende auch sicherstellen zu können, dass dies in Brandenburg und auch anderswo geregelt werden kann. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Grundsätzlich ist es aus Sicht eines Bildungsministers natürlich begrüßenswert, wenn sich die Bundeskanzlerin und weitere Kabinettsmitglieder mit allen 16 Ministerpräsidenten treffen und ausschließlich über das Thema Bildung diskutieren. Grundsätzlich begrüße ich natürlich auch die Festlegungen der Qualifizierungsinitiative; ich nenne noch einmal die wichtigsten: die Investitionen in Bildung zu steigern, die Förderung von Kleinkindern zu stärken, bis zum Jahr 2015 die Zahl der Schulabgänger ohne Abschluss und der jungen Erwachsenen ohne Berufsabschluss zu halbieren, die Weiterbildung zu stärken sowie Kinder und Jugendliche stärker für die MINT-Fächer, die naturwissenschaftlichen Fächer, zu begeistern.
Natürlich ist es grundsätzlich auch erstrebenswert, die Aufwendungen für Bildung und Forschung auf 10 % des Bruttoinlandsprodukts zu steigern. Ich verhehle aber nicht meine Enttäuschung darüber, dass noch keine Einigung über die notwendige Finanzierung der Absprachen des Bildungsgipfels erzielt werden konnte und dass der Bund in wichtigen und konkreten Fragen große Zurückhaltung an den Tag gelegt hat. Die Bundeskanzlerin selbst hat für ihr Treffen mit den Ministerpräsidenten den Begriff Bildungsgipfel geprägt und damit sehr hohe Erwartungen geweckt, auch bei mir. Frau Merkel hat in einer Rede „60 Jahre soziale Marktwirtschaft“ am 12. Juni dieses Jahres Bildung für alle als zentrale Aufgabe des nächsten Jahrzehnts bezeichnet und erklärt:
„Ich selbst werde mich ganz persönlich dieser Sache annehmen. Dies wird münden in einen nationalen Bildungsgipfel.“
„Lasst uns nicht über die Verteilung der Kuchenstücke streiten, sondern den Kuchen größer machen. Dann bekommt jeder mehr, und wir ersparen uns den Streit um die Verteilung.“
Durfte man - frage ich, meine Damen und Herren - an dieser Stelle nicht die Erwartung hegen, dass der Bund zum Beispiel seine Unterstützung beim Ausbau des Ganztagsschulprogramms fortsetzt?
Ich hätte das sehr begrüßt. Auch die absolut sinnvolle Forderung der Länder an den Bund, als begleitende Maßnahme wenigstens den Einsatz von zusätzlichen Jugendsozialarbeitern unter anderem auch an Ganztagsschulen zu fördern,
hat leider - so muss man konstatieren - nur als Forderung der Länder Aufnahme in das Abschlusspapier gefunden. Vor dem Hintergrund dieser berechtigten Erwartungen war der Bildungsgipfel zumindest für mich eine Enttäuschung.
Meine Damen und Herren, trotzdem werden durch die Qualifizierungsinitiative natürlich wichtige Themen benannt. Lassen
Für das Land Brandenburg kann ich feststellen, dass viele davon bereits in Vorbereitung sind, andere seit längerem eingeleitet wurden und von unseren Schulen schon erfolgreich umgesetzt werden. Aus Zeitgründen möchte ich nur einige aus meiner Sicht besonders wichtige nennen. Aus meiner Sicht bildet die bis 2015 angestrebte Halbierung der Zahl der Schüler ohne Abschluss eine für Brandenburg ganz besonders wichtige Aufgabe. Denn - das haben wir selbstkritisch des Öfteren schon festgestellt - unser Wert von 10,4 ist ein Spitzenwert, und das ist kein Ruhmesblatt für unser Bundesland.
Nachhaltige Maßnahmen zur Verbesserung des Schulerfolgs müssen aber besonders früh ansetzen. Deshalb müssen wir darüber haben wir hier auch schon des Öfteren gesprochen flächendeckend die Sprachstandsfeststellung und bei Bedarf die spezielle Förderung von Kindern, die dieser Förderung bedürfen, einführen.
In den Grundschulen haben wir inzwischen moderne kompetenzorientierte Rahmenpläne eingeführt. Die Stärkung der Basiskompetenzen haben wir auch in den Stundentafeln der Grundschule deutlich gemacht. Wir haben bestimmte Fächer in den Stundentafeln der 5. und 6. Klassen ausgeweitet. Wir haben den Schulen größeren Spielraum gegeben bei der Differenzierung innerhalb der Förderung von Schülerinnen und Schülern. Auch in der Sekundarstufe I - da sitzen ja die Schüler, die dann zu scheitern drohen - haben wir Maßnahmen entwickelt, damit auch ihr Bildungserfolg ein wichtiger Bestandteil unserer Bildungspolitik wird. So haben wir beispielsweise das hier schon erwähnte IOS-Programm angeschoben, das ganz speziell die Schulform Oberschule in den nächsten Jahren nachhaltig stärken wird. Es wird sehr gut angenommen und die Rückmeldung aus den Schulen ist für mich außerordentlich optimistisch.
Um das Ziel einer Halbierung der Quote der Schulabgänger ohne Abschluss zu erreichen - ich habe das ja als zentrales Ziel unserer Bildungspolitik genannt -, müssen wir uns insbesondere den Förderschülern widmen, besonders denen mit dem Förderschwerpunkt Lernen; denn sie bilden mehr als 50 % dieser Gruppe von Schülerinnen und Schülern, die die Schule ohne Abschluss verlassen. Wir werden deshalb auch die Förderschulen dabei intensiv unterstützen, eine frühzeitige Berufsorientierung auszubauen, und wir werden die Voraussetzungen dafür schaffen, dass sich für die Förderschüler die Chancen für den Erwerb eines anerkannten Schulabschlusses verbessern. Um den im bundesweiten Vergleich hohen Anteil von Schülerinnen und Schülern, die eine Förderschule für Lern- und Entwicklungsstörungen besuchen, zu senken, müssen wir außerdem durch rechtzeitige und gezielte Förderung erreichen, dass sich in möglichst vielen Fällen ein allgemeiner pädagogischer Förderbedarf gar nicht erst zu sonderpädagogischem Bedarf verfestigt.
Meine Damen und Herren, lassen Sie mich, bevor ich zum Ende komme, wie auch meine Vorredner noch kurz auf die aktuellen PISA-Ergebnisse eingehen; denn auch sie sind natürlich Folgen unserer Bildungspolitik, die zum Beispiel Maßnahmen wie die eben zitierten realisiert und von denen sich noch zahlreiche im Abschlusspapier des Bildungsgipfels finden. Ich freue mich natürlich - das können Sie alle sicher nachvollziehen -, dass unsere Schülerinnen und Schüler es geschafft haben, sich in allen drei Kompetenzbereichen deutlich - „signifi
kant“ sagen die Statistiker - zu steigern, und dass wir damit das ist auch ein wichtiges Ergebnis - den Abstand zu den Spitzenländern, unter anderem zu unserem südlichen Nachbarland Sachsen, verringern. Wir haben einen guten Schritt in Richtung Spitzengruppe gemacht, auch wenn wir uns im Moment noch im Mittelfeld befinden. Für diese tolle Leistung möchte ich an dieser Stelle ganz, ganz herzlich allen verantwortlichen Lehrkräften in unseren Schulen danken. Das war eine starke Leistung, die da abgeliefert worden ist!
Ich werde jetzt mit Sicherheit nicht euphorisch, denn wir alle wissen - wir haben auch in dieser Runde oft darüber gesprochen -, dass es noch sehr viel zu tun gibt. Wir sind auf einem guten Weg, aber wir dürfen nicht nachlassen. Wir müssen weiter besser werden. Eines liegt mir besonders am Herzen. Das war der Wermutstropfen bei der Verkündung der PISA-Ergebnisse. Das sage ich hier ganz besonders als Sozialdemokrat. Es liegt mir insbesondere am Herzen, dass wir unser Markenzeichen des geringsten Zusammenhangs zwischen sozialer Herkunft und Bildungserfolg zurückerobern; denn da waren wir deutlich besser als bei diesem Mal, und das ist etwas, was so nicht stehen bleiben darf.
Sehr geehrte Frau Große, ich kann natürlich gut verstehen, dass Sie mit den auch für Sie unerwartet positiven Ergebnissen heute eine schwierige Aufgabe hatten. Ich glaube, gestern war schon für Sie und Ihre Kolleginnen und Kollegen ein schwerer Tag.
Als Ergebnis - und wahrscheinlich in Ihrer Not - kritisieren Sie nun den angeblichen Wandel der Bildungspolitik ausgerechnet nach der letzten PISA-Erhebung. Ich sehe das anders. Ich sehe Kontinuität und auch Nachhaltigkeit in der Bildungspolitik in Brandenburg seit zehn Jahren. Vielleicht - das ist ein freundlicher Appell und ein Wunsch an Sie, meine Damen und Herren von der Opposition und ganz speziell an Frau Große - sind die guten PISA-Ergebnisse auch ein Anlass für ein Umdenken hin zu einer Rolle, die nicht darin besteht, permanent alles und jeden, der in Brandenburg mit Bildung zu tun hat, schlechtzureden, sondern vielleicht einen konstruktiveren Ansatz zu wählen.
Ich komme, meine Damen und Herren, abschließend noch einmal auf das eigentliche Thema der Aktuellen Stunde zurück, den Bildungsgipfel. Also: Auch wenn meine Erwartungen in vielen Fragen nicht erfüllt wurden, werden wir uns als bran
keit der Beschlüsse: Die Ausgaben für Bildung und Forschung sollen steigen; über die Finanzierung wird erst nach der Bundestagswahl geredet. Die Ausbildungsförderung soll weiterentwickelt werden; wann darüber geredet wird, ist nicht einmal festgelegt. Die Exzellenzinitiative Forschung soll irgendwie fortgeführt werden; von einer vielfach geforderten Exzellenzinitiative Lehre ist keine Spur. Der Hochschulpakt 2020 soll bedarfsgerecht weitergeführt werden; wie genau die Finanzierung hier aussehen soll, ist ebenso unklar.
Wenn man sich das alles ansieht, könnte man den Eindruck gewinnen, die Akteure des Treffens wären ausgezeichnete Verkäufer von Zuckerwatte geworden. Ein wenig konkreter wird es in den Punkten, zu denen sich die Länder verpflichten. So soll in den Bachelor- und Masterstudiengängen die Betreuungsrelation verbessert werden, und dabei - Zitat aus dem Papier - „berücksichtigen die Länder einen gegebenenfalls erforderlichen erhöhten Betreuungsaufwand bei der Finanzierung der Hochschulen“. Darauf bin ich gespannt. Die zusätzlichen Mittel aus dem Hochschulpakt können damit ja nicht gemeint sein, denn diese jährlich 4 Millionen Euro, die das Land da bekommt, dienen der Verbesserung der Betreuung bei einer konstanten Zahl von Studienanfängern. Dafür sind sie auch dringend nötig. Nun hat Brandenburg aber nicht nur eine konstante Zahl an Studienanfängern. Wir haben sogar - erfreulicherweise - eine Zunahme von über 10 %. Da frage ich mich: Mit welchem Geld wird die Betreuung für diese zusätzlichen Studierenden gesichert? Hier müssten zusätzliche Mittel für die Hochschulen aufgewendet werden, ein Appell, den wir als Linke an die Landesregierung richten.
Eine Hauptforderung des Bildungsgipfels lautet, dass mehr junge Menschen ein Studium aufnehmen sollen. Die Regierungschefs von Bund und Ländern verpflichteten sich, die Studienanfängerquote auf 40 % zu erhöhen, wobei wir in Brandenburg bei lediglich 27 % liegen. Der OECD-Durchschnitt liegt allerdings bei 56 %. Dieses richtige Ziel wurde schon vor Jahren gesetzt und immer noch nicht erreicht. Bereits am Anfang dieser Wahlperiode hatte die Linke einen Antrag zur Erhöhung der Studierendenquote eingebracht. Den haben Sie abgelehnt, und jetzt kommen Sie mit quasi gleichlautenden Beschlüssen. Da kann ich nur sagen, wie Herr Baaske immer so schön formuliert: Guten Morgen! - Erste Klasse!
Eine wirkliche Verbesserung bedeutet der erleichterte Zugang zu einem Studium für beruflich Qualifizierte. Hier ist Brandenburg sogar Vorreiter. Wir als Opposition loben auch dort, wo es zu loben lohnt.
Insgesamt sind die Ergebnisse aus Dresden für die Bundesebene enttäuschend. Für die Landesebene bedarf es zusätzlicher Maßnahmen. Damit die Qualifizierungsinitiative auch in Brandenburg ankommt, muss der gesamte Bildungsbereich, müssen Kitas, Schulen und Hochschulen vor allem personell besser und finanziell besser ausgestattet werden. Wenn die Landesregierung die Forderung der Linken aufgreift, kann auch Brandenburg noch ein „alpines“ Bundesland werden. - Danke schön.
denburgisches Bildungsministerium und auch ich in persona weiterhin aktiv in den gemeinsamen Prozess zwischen Bund und Ländern einbringen. Wir wollen alle Ansätze konstruktiv unterstützen, die in dem Papier zum Abschluss auch aufgezeigt wurden. Denn aus Brandenburger Sicht bin ich mir sicher: Ein gemeinsames Vorgehen von Bund und Ländern wird dazu führen, dass sowohl die Länder als auch die Verantwortlichen im Bund keine Angst vor weiteren PISA-Vergleichen haben müssen. Wir sind insgesamt, glaube ich, auf einem guten Weg. Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bundeskanzlerin rief zum Bildungsgipfel nach Dresden, und in der Tat wäre ein Gebirge wie die Alpen nötig gewesen, um die Bildungsmisere in Deutschland zu beheben.