Protokoll der Sitzung vom 18.12.2008

Nun kann man im Umkehrschluss sagen: Vielleicht hat all das dazu beigetragen, dass es nicht so schlimm gekommen ist, wie ursprünglich von der Kommission geplant. Dennoch ist das Ergebnis so, wie es eben ist: aus unserer Sicht unbefriedigend.

Brandenburg und speziell wir im Landtag müssen reagieren. Deshalb haben wir die Aktuelle Stunde beantragt. Was können wir tun? Das Motto des Tages sollte lauten: Wir müssen gemeinsam Verantwortung dafür übernehmen, dass Programme „gestrickt“ werden - wenn ich es einmal so salopp sagen darf -, die mithelfen, die Gelder aus der aufgestockten zweiten Säule ohne große Umwege in die landwirtschaftlichen Betriebe zurückzuführen. Das ist jetzt fällig.

In diesem Zusammenhang sollten wir vorrangig über zwei Schwerpunkte sprechen: zum einen über die Investitionsförderung, um die Herausforderungen der Zukunft anzugehen, zum anderen über den Ausgleich unserer natürlichen Standortnachteile durch die Ausgleichszulage. Schwerpunktmäßig sollten die Betriebe unterstützt werden, die Arbeitsplätze sichern, und das sind vorrangig Tierproduktionsbetriebe, die in der Veredelung tätig sind. Diese sichern Arbeitsplätze im Dorf und schaffen sogar neue.

Ich sage oft: Wir in Brandenburg könnten auch mit einer höheren Tierkonzentration sehr gut leben. Die entsprechende Quote bei uns beträgt 0,5 Großvieheinheiten pro Hektar landwirtschaftlicher Fläche. Damit ist häufig die Vorstellung von einer halben Kuh, die auf dem Fußballplatz steht, verbunden. Lasst uns aus der halben eine ganze Kuh machen! Dann haben wir noch nichts durcheinandergebracht, auch nicht im Brandenburger Umweltschutz. Wir würden aber eine wichtige soziale Frage, nämlich die Sicherung von Arbeitsplätzen, lösen.

(Vereinzelt Beifall bei der SPD)

Für das Land wird es wichtig sein, die Kofinanzierung zu sichern. Die Zusatzlasten für das Land sind klar definiert. Es sollte auch eine entsprechende „Stimmung“ organisiert werden, um mit der Kofinanzierung die Projekte realisieren zu können. - Vielen Dank.

(Beifall bei der SPD sowie vereinzelt bei der CDU und der Fraktion DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, ich begrüße als unsere Gäste Teilnehmer an einem Deutschkurs der Volkshochschule Potsdam. Herzlich willkommen im Landtag zu Brandenburg und einen spannenden Vormittag für Sie!

(Allgemeiner Beifall)

Wir setzen die Debatte mit dem Beitrag der Linksfraktion fort. Es spricht die Abgeordnete Wehlan.

Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Zu dem, was wir soeben von Herrn Folgart vernehmen durften, kann ich

nur anmerken, dass wir in der Debatte sicherlich große Einmütigkeit feststellen werden. Auch in den Anträgen, die zu einem späteren Zeitpunkt noch zur Abstimmung stehen, wird deutlich, dass wir uns in der Bewertung der Situation sehr nahe sind.

Die Beschlüsse des EU-Agrarrates über eine Kurskorrektur der Gemeinsamen Agrarpolitik in Europa sind ein Paradigmenwechsel in der Agrarförderung. Auch wenn uns dieser nun in dem Mäntelchen einer abgemilderten Kompromisslösung daherkommt, möchte ich für DIE LINKE deutlich feststellen: Ein Übel bleibt ein Übel, auch wenn es kleiner als erwartet ist. Es wäre mehr als richtig, wenn sich auch der Landtag zu einer solchen Feststellung durchringen könnte.

Erstmals werden durch EU-Agrarbeschlüsse Landwirtschaftsbetriebe wegen ihrer Größe ungleich und damit ungerecht behandelt. Verehrte Kolleginnen und Kollegen, wie klein dann der Weg dahin ist, zukünftig nur noch die Sätze anzuheben und gerade den Strukturen, die in Europa am ehesten wettbewerbsfähig sind, notwendige Gelder zu entziehen, dürfte mehr als deutlich sein. Es scheint, als gelte es, ausgerechnet dem Wirtschaftszweig im Osten nachträglich zu schaden, der sich mit seinen genossenschaftlichen Strukturen und den LPG-Nachfolgebetrieben erfolgreich im Ost-West-Gefüge behaupten konnte.

Von den insgesamt 1 787 betroffenen großen Agrarunternehmen in Deutschland befinden sich 1 738 in Ostdeutschland, davon, wie Herr Folgart schon sagte, 374 in Brandenburg. Ja, es ist eine Lex Ost, aber eben nicht die erste Lex Ost gegen unsere Brandenburger Agrarbetriebe. Denn diese hatten wir schon 2005, als der Bundesfinanzminister gemeinsam mit den ostdeutschen Ministerpräsidenten die stärkere Agrardieselbesteuerung für große Agrarbetriebe beschlossen hatte, die zu finanziellen Nachteilen von etwa 18 Euro je Hektar in diesen Betrieben führte.

Deshalb wären Sie, verehrte Kolleginnen und Kollegen von der Koalition, mehr als konsequent in Ihrer Kritik, wenn Sie die Kraft fänden, in Wahrnahme Ihrer eigenen Verantwortung tätig zu werden, damit diese unzeitgemäße Entscheidung zurückgenommen wird. Würde das gelingen, wären die EU-Agrarbeschlüsse gegen die ostdeutsche Produktionsstruktur eins zu eins kompensierbar.

Wenn Sie den heutigen Pressespiegel schon gelesen haben, wissen Sie, dass gestern im Bayerischen Landtag ein Dringlichkeitsantrag beschlossen wurde, wonach selbst die Betriebe, die noch nicht einmal - wie unsere Betriebe - von dieser Degression betroffen sind, hinsichtlich der Steuer auf Agrardiesel entlastet werden sollen. Diesen Antrag hat der Landtag mit der generellen Forderung verbunden, die Agrardieselbesteuerung in Deutschland mit einem Umlenkungsprozess zu verbinden. Denn es ist nicht zu verstehen, warum in Deutschland der Agrardiesel für Betriebe in kleineren Strukturen mit 40 Cent, aber in anderen EU-Ländern - bei entsprechender Struktur nur mit 10 Cent besteuert wird. Daran sieht man, dass der entsprechende Punkt in unserem Antrag zur Harmonisierung der EU-Rahmenbedingungen mehr als auf der Tagesordnung steht. Überdies wäre das ein deutliches Zeichen der Unterstützung für unsere Brandenburger Agrarbetriebe in diesen besonderen Zeiten der internationalen Finanzkrise und einer drohenden Rezession.

Es ist nicht einzusehen, dass bei sämtlichen Diskussionen und Beschlüssen über Konjunkturprogramme und Finanzpakete der Agrarbereich - zumindest gegenwärtig - völlig außer Acht bleibt. Das ist auch deshalb unverständlich, weil in Zeiten einer offensichtlich unaufhaltsamen Verlagerung industrieller Arbeitsplätze ins Ausland die Agrarbetriebe mit ihrer Bindung an das Produktionsmittel Boden ein wichtiger Stabilitätsfaktor in Brandenburg sind. Das gilt vor allem in den peripheren, strukturschwachen Räumen wie Elbe-Elster, Uckermark, Prignitz und Ostprignitz-Ruppin, wo der Anteil der Erwerbstätigen in der Agrarwirtschaft überdurchschnittlich hoch ist.

Die Brandenburger Agrarbetriebe haben im aktuellen Planungszeitraum zu verkraften, dass ihnen 19 Millionen Euro weniger an Direktzahlungen zur Verfügung stehen. Nach dem aktuell vorliegenden Beschluss steigt die zu verkraftende Summe nun auf 40 Millionen Euro an. Herr Folgart hat schon erläutert, wie sich weitere Entwicklungen dieser Art vollziehen werden.

Dass das nicht ohne Auswirkungen bleibt, kann sich jeder an vier Fingern abzählen, auch weil diese Unternehmen im Vertrauen auf stabile Rahmenbedingungen im Planungszeitraum investiert und Kredite aufgenommen haben, für die sie Kapitaldienst leisten müssen. Die Direktzahlungen waren Bestandteil der Investitionsrechnungen. Ohne sie hätten viele Landwirte nicht investiert. Ein auch nur teilweiser Entzug gefährdet die Unternehmenskonzepte und stellt damit Arbeit und Einkommen im ländlichen Raum infrage.

Noch völlig unberücksichtigt ist dabei, dass mit der politischen Zielsetzung der EU, sich aus der Steuerung der Agrarmärkte zurückzuziehen, weitere Investitionsanforderungen auf die Betriebe zukommen, um sich auf den liberalisierten Agrarmärkten auch zukünftig behaupten zu können. Aber auch ohne diese Beschlüsse sind die Agrarbetriebe schon einem enormen Kostendruck ausgesetzt. Dafür stehen höhere Einkaufspreise für landwirtschaftliche Betriebsmittel sowie Energiepreise für Haushalte und Betriebe, die nirgendwo sonst in Europa so hoch sind wie in Deutschland.

Es stimmt eben nicht, dass die hohen Rohstoffpreise aus der Landwirtschaft die Verbraucherpreise ständig ansteigen lassen. In einem Expertenbericht vom April 2008 hat die Bundesforschungsanstalt für Landwirtschaft in Braunschweig über alle erfassten Produktkosten hinweg festgestellt, dass der Anteil der Rohstoffpreise von 50 % in den 70er Jahren auf heute 25 % gesunken ist. Besonders die Brotpreise entlarven dieses Scheinargument der angeblich hohen Rohstoffpreise, das die Discounter in der aktuellen Diskussion meistens in Bezug auf die Milchpreise aus der Landwirtschaft benutzen. Beim Brot bestimmt das Getreide nur zu 4 % den Endverkaufspreis. Den Löwenanteil bilden Herstellungs-, Personal-, Vertriebs- und Werbungskosten.

Entscheidend für die Lebensmittelpreise hat sich vor allem der Paradigmenwechsel auf den Weltmärken ausgewirkt. Besonders das rücksichtslose Agieren der Hedgefonds hat die Nahrungsmittelpreise explodieren lassen. Fondsmanager kaufen auf dem Papier riesige Getreideberge auf, obwohl sie kein Interesse daran haben, das Getreide jemals in Empfang zu nehmen. Es wird dann meistbietend weiterverkauft und massiv an der Preisspirale gedreht, was Gewinne für einzelne Spekulanten und gestiegene Getreidepreise für alle anderen bedeutet. Die Entwicklung, die wir gegenwärtig zu verzeichnen haben, hat Herr Folgart dargelegt.

Es wäre ein wirklich weiser Beitrag der EU und findet sich als Handlungsanforderung an die Politik im Antrag der Fraktion DIE LINKE wieder, die Stellung der Landwirte am Markt deutlich zu stärken und hier wirksam gegen diese Art der spekulativen Preistreiberei vorzugehen.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, die Subventionen haben ihre Berechtigung, da der Markt allein nicht allen Interessen der Gesellschaft gerecht wird. So ermöglichen sie die Sicherung der Gemeinwohlleistung, die es auf keinem privaten Käufermarkt gibt, wie die Pflege der vielfältigen Kulturlandschaften. Aufgrund der hohen Kosten, die die Einhaltung der im internationalen Vergleich anspruchsvollen EU-Norm für Erzeugung, Lebensmittelsicherheit, Umwelt und Tierschutz verursachen und die durch die Erzeugerpreise nicht voll gedeckt werden, sorgen die unternehmensbezogenen Zahlungen, die Direktzahlungen, für die Einkommenssicherheit, die die Erzeuger benötigen, um weiterhin landwirtschaftlich tätig zu sein.

Sie erinnern sich vielleicht an unsere Große Anfrage zu den Auswirkungen der Agrarreform im Jahr 2007. Hier wurde von der Landesregierung deutlich vermittelt, dass der Hauptteil des Einkommens selbst in guten Wirtschaftsjahren auf unternehmensbezogene Direktzahlungen entfällt. Folglich tragen die staatlichen Zuwendungen dazu bei, die Wettbewerbsfähigkeit der EU- und auch der Brandenburger Landwirtschaft auf globalisierten Agrarrohstoff- und Lebensmittelmärken zu sichern und die Einführung von Innovationen zu ermöglichen. Allerdings wäre nach Auffassung der Linken anzustreben, dass die Gewährung der Prämie nicht nur an die Einhaltung von Cross Complience gebunden wird, sondern ebenso an die Einhaltung von Tarif- und Mindestlöhnen für die in den Agrarbetrieben abhängig Beschäftigten.

Die Verdrängung von lebendiger Arbeit ohne Ausgleich hat in vielen Regionen Brandenburgs zur Abwanderung aus den Dörfern und zur Verschlechterung der ländlichen Infrastruktur geführt. Diese Entwicklung birgt die Gefahr, dass mit dem schrumpfenden Anteil der in der Landwirtschaft Tätigen auch der Blick für diesen existenziell wichtigen Wirtschaftszweig in der Gesellschaft verlorengeht und die Landwirtschaft nur noch als Umweltfaktor wahrgenommen wird. Dem ist entgegenzuwirken; denn die Sicherung ausreichender gesunder Ernährung für alle Schichten der Bevölkerung ist eines der Grundanliegen sozialer Gerechtigkeit.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Landwirtschaft darf, so meinen wir, nicht ausschließlich aus dem Blickwinkel kurzfristiger Rentabilität gesehen werden. Wir brauchen Landwirtschaft in bestimmten Fällen auch dort, wo sie sich nicht rechnet. Die Linke verschließt sich nicht der Kürzung der Direktzahlungen durch eine lineare Modulation, wenn dafür eine nachvollziehbare ökonomische Begründung gegeben wird. Diese hat die Kommission bislang nicht geliefert. Wir erneuern deshalb unsere Forderung nach Analysen der differenzierten wirtschaftlichen Situation der Agrarbetriebe sowie nach fundierten Prognosen der Entwicklung der Märkte und Preise. Was bleibt, ist unser Fazit, dass Marktorientierung, umweltgerechte Produktionsverfahren, artgerechte Tierhaltung, Umsetzung der guten fachlichen Praxis, letztendlich aber auch die Arbeitsplatzbereitstellung keine Frage von Betriebsgröße und Rechtsformen sind.

Oft machen Degressionen europapolitisch wenig Sinn, weil die ostdeutschen Regionen gerade wegen ihres Entwicklungsrückstandes seit 1990 zu Recht von der EU als Höchstförderregionen eingestuft werden. In Brandenburg betrifft das immerhin 75 % der Fläche, die Ziel-1-Gebiete sind. Diese unterliegen einer besonderen Förderung der EU über den Kohäsionsfonds. Es ist deshalb kontraproduktiv, wenn auf der anderen Seite die oftmals einzigen Produktionsstrukturen, sprich: Landwirtschaftsbetriebe, in dieser Art zur Kasse gebeten werden. Diesen Widersinn hat man zumindest scheinbar erkannt. Man hoffe jedenfalls, dass es sich aus dieser Diskussion heraus ergab, weil die Kofinanzierungsmittel für diese Gebiete auf 10 % für die Länder festgelegt wurden.

So richtig es ist, dass mehr Mittel für die ländliche Entwicklung, namentlich zur Minderung des Klimawandels, für erneuerbare Energien, für Wassermanagement und für Biodiversität mobilisiert werden sollen, so scheinheilig ist es, dass gerade die Mittel für die ländliche Entwicklung für die laufende Finanzperiode 2007 bis 2013 durch die EU selbst gekürzt wurden. Über diesen Fakt haben wir schon einmal im Jahre 2006 oder 2007 hier im Landtag diskutiert.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, gestatten Sie mir noch einige Anmerkungen zum Thema Milch. Die Milchquotenregelung soll im April 2015 auslaufen. Bis dahin wird die Quote über fünf Jahre von 2009/10 bis 2013/14 um jeweils 1 % aufgestockt. Wir meinen, dass diese Entscheidung komplett an der Marktsituation vorbeigeht. Es ist zu viel Milch auf dem Markt, und die Erzeugerpreise sind nach einem kurzen Zwischenhoch bereits wieder erheblich gesunken, aktuell durchschnittlich auf 34 Cent. Angesichts der Produktionskosten ist das bei 40 oder 45 Cent je Liter eindeutig nicht auskömmlich. Positiv ist, dass 2010/12 eine Überprüfung der Marktsituation vorgenommen werden soll. Das lässt hoffen, dass die Notwendigkeit von Regeln für den Markt zur Erhaltung der Milcherzeugung und damit der Versorgungssicherheit in Europa durchaus anerkannt wird. Konsequenterweise bedeutet das aber auch - hier haben wir als Landespolitiker sicherlich eine große Verantwortung, diesen Prozess zu begleiten -, dass bei übermäßiger Marktstörung die Quotenanhebung ausgesetzt bzw. sogar wieder gekürzt werden muss.

Verehrte Kolleginnen und Kollegen, ein positives Signal bleibt hier im Landtag allemal. Die vom EU-Agrarrat im November getroffenen Beschlüsse zur besonderen Belastung der traditionell gewachsenen großen Agrarstrukturen in Brandenburg werden von der Landesregierung, den Koalitionsfraktionen und von der Fraktion DIE LINKE abgelehnt.

(Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Der Abgeordnete Helm spricht für die CDU-Fraktion.

Herr Präsident! Verehrte Abgeordnete! Es ist nicht das erste Mal, dass wir hier in dieser Runde über die europäische Agrarpolitik diskutieren. Ich möchte nur an die Beantwortung der Großen Anfrage 3 erinnern. Wir befinden uns jetzt in der Situation, dass wir mit unseren landesspezifischen Möglichkeiten,

die uns gegeben sind, nur noch auf vollendete Tatsachen reagieren können. Dieses Thema ist auch nicht für einen Streit innerhalb dieses Hauses geeignet. Hier ist Gemeinsamkeit gefragt.

Wenn wir die Auswirkungen auf die Betriebe insgesamt sehen, könnte man vielleicht meinen, dass die Kürzungen nicht das eigentliche Problem sind. 4 % bedeuten 11 Euro pro Hektar und 5 % 13 bis 14 Euro, sodass auf die Betriebe insgesamt eine Kürzung von ca. 25 Euro pro Hektar zukommt, und das jedes Jahr. Das sind für einen 1 000-ha-Betrieb 25 000 Euro.

In Deutschland sieht das die Bundesagrarministerin Aigner etwas anders; denn hier wurde auch durch ihr Einwirken noch Schlimmeres verhindert. Aber wie das so ist, liegt das Problem im Detail. Von den in Deutschland insgesamt 1 787 betroffenen Betrieben kommen 1 738 aus den neuen Ländern, und nur 39 Betriebe in den alten Ländern sind von dieser Regelung betroffen. Das zeigt eindeutig das Ungleichgewicht dieser Regelung, obwohl es insgesamt gelungen ist, die ursprünglichen Vorstellungen der EU-Kommission zu reduzieren. Die Milchquote wird nicht um 3 % pro Jahr erhöht, sondern um 1 %, und die Basismodulation ist von ursprünglich 2 % auf 1 % sowie die progressive Modulation von 9 % auf 4 % reduziert worden. An Kofinanzierung durch die Länder, für die ursprünglich 25 % angedacht waren, sind jetzt noch 10 % zu leisten. Der Beginn der Degression war ursprünglich angedacht für Betriebe mit einem Prämienanspruch von insgesamt 100 000 Euro, und das wurde auf 300 000 Euro erhöht. So gesehen ist das in der Sache zwar ein Erfolg; aber das hilft uns hier wenig.

Es wurde schon klar und deutlich gesagt, dass dies einen Dammbruch für weiteres differenziertes politisches Handeln darstellt. Man könnte das auch als agrarpolitischen Sündenfall oder als einseitiges Vorgehen bezeichnen; denn „groß“ ist nicht gleich „effizienter“. Die Wettbewerbsfähigkeit der Betriebe wird generell geschwächt. Auch steht das in einem Gegensatz zu ehemaligen EU-Zielen. In der Folge löst das Gegenreaktionen der Betriebe aus, etwa in der Form von Arbeitskräfteabbau oder auch von Betriebsgrößenreduzierungen für den Fall, dass diese Tendenz anhalten sollte. Die Fachzeitschrift „Neue Landwirtschaft“ hat das sehr treffend formuliert: „Amputiert statt therapiert“.

Um diese ganzen Vorgänge zu verstehen, sollte auch ein Rückblick in die Historie der Gemeinsamen Agrarpolitik der EU angestellt werden. Der Beginn dieser Gemeinsamen Agrarpolitik liegt bereits im Jahre 1957. Mit der Unterzeichnung der Römischen Verträge und dem Artikel 39 des Vertrages von Rom ist unter anderem festgelegt die Steigerung der Produktivität der Landwirtschaft, die Förderung des technischen Fortschritts, die Rationalisierung, die angemessene Lebenshaltung der landwirtschaftlichen Bevölkerung, die Stabilisierung der Märkte, die Sicherstellung der Versorgung, die Belieferung der Verbraucher zu angemessenen Preisen. Das war in der damaligen Situation durchaus die richtige Entscheidung. Sie brachte auch großen Erfolg; denn dadurch wurde bis zum heutigen Tage die Nahrungsversorgung in einer Menge und Qualität sichergestellt, wie wir uns das zur damaligen Zeit eigentlich nicht vorstellen konnten.

Bei dieser finanziellen Solidarität bestand die Regelung, dass alle Ausgaben im Rahmen der Gemeinsamen Agrarpolitik durch den Gemeinschaftshaushalt getragen werden. Dabei muss man

berücksichtigen, dass im EU-Haushalt nicht alle Bereiche verankert sind, sondern mehr oder weniger nur die Strukturpolitik und die Landwirtschaft. Deshalb ist unser Anteil eigentlich viel höher.

Im Mansholtplan von 1968 wurde ganz besonders die Förderung größerer, effizienterer Landwirtschaftsbetriebe geregelt. Das hat im Endeffekt natürlich auch zu einer Überproduktion von Nahrungsgütern in Europa geführt, und natürlich hatten auch die Landwirte selbst ihren Anteil daran; denn sie haben darauf reagiert. Man könnte das im Prinzip mit dem „Zauberlehrling“ vergleichen: Die Geister, die man gerufen hat, kann man nicht mehr beherrschen. Was zunächst gefördert wird, wird dann mit einem sehr großen Investitionsaufwand wieder reguliert, um das herunterzufahren. Stichworte sind hier Interventionspreise, Stützung usw. Das sind Folgen, die darauf zurückgehen und die uns jetzt auf die Füße fallen.

Das Schlimmste war eigentlich die McSherry-Reform von 1992, deren Grundlage die Senkung der Agrarpreise war und die im Gegenzug eine Ausgleichszahlung für entstandene Einkommensverluste vorsah. Damit haben wir uns in die vollständige politische Abhängigkeit des Staates begeben, statt diese abzubauen. Dagegen haben wir jetzt noch zu kämpfen. Diese Entscheidung bildete nämlich die Ursache dafür, dass Erzeugnisse, die eigentlich in das Premiumregal der Geschäfte gehören, in der Ramschkiste für Billigprodukte gelandet sind. Das funktioniert hervorragend, da der Verbraucher jeden Tag davon profitiert und entsprechend handelt.

Jetzt ist die Frage nach der Gemeinsamen Agrarpolitik zu stellen, oder - besser gesagt - zu fragen, wie viel Gemeinsamkeit eigentlich noch in dieser Agrarpolitik ist. Diese Frage ergibt sich auch aus dem nicht gerade als positiv anzusehenden Gezerre der Länder bzw. der handelnden Minister, weil jeder Minister oder Ministerpräsident vor seinen Bauern bzw. Wählern nicht als Verlierer dastehen möchte. Aus diesem Grund gibt es ein Sammelsurium von Einzelregelungen, das der Sache nicht dienlich ist.

Gegenwärtig ist aber auch festzustellen, dass verschiedene Lösungen oder Entscheidungen auf EU-Ebene im Doppelpack von Kommissionsentscheidung und Beschlussvorhaben des EU-Parlaments getroffen werden. Es ist ein absurdes Theater vom Feinsten, was im Bereich der Pflanzenschutzmittelanwendung jetzt vorgesehen ist. Das ist fachlich dümmlich und hinsichtlich der Versorgungssicherheit und Wettbewerbsfähigkeit der Landwirtschaftsbetriebe in Europa fahrlässig, arrogant und unverantwortlich. Solche Vorstellungen, deren Auswirkungen viel schlimmer sind als die EU-Agrarreform, über die wir jetzt reden, können nur in einem satten, faulen Bauch entstehen. Der Spruch: „Vater, vergib ihnen; denn sie wissen nicht, was sie tun“, hat hier volle Aktualität.

Man sollte sich einmal Gedanken darüber machen, wer eigentlich für den satten Bauch in Europa gesorgt hat, und wir sollten uns fragen, warum wir unsere Bauern brauchen. Was ist, wenn die landwirtschaftliche Produktion im Lande von heute auf morgen eingestellt wird? Auch solche krausen Gedanken gibt es. Neben der totalen Abhängigkeit von Importen mit all den damit verbundenen Risiken wäre die Folge davon eine öde, unwegsame Landschaft, die nicht einmal für Grüne und Naturschützer ansehenswert wäre. Es gibt ein altes Zitat, das eigentlich alles aussagt: Eine stabile Gesellschaft zeichnet sich da

durch aus, dass diese die Ernährung und den Energiebedarf für seine Bürger aus eigener Kraft sichert. - Daran sollten wir denken. Man sollte auch einmal die Verbraucher fragen, ob die vielzitierten Milliarden Euro, die seit Jahren in die Landwirtschaft fließen, nicht vielleicht doch gut angelegtes Geld sind. Dafür haben die Verbraucher jahrzehntelang nicht nur preiswerte, sondern auch qualitativ hochwertige und quantitativ ausreichend Nahrungsmittel bekommen.

Hier wurde schon einiges dazu gesagt, was wir im Lande zu tun haben; der Minister wird zu alldem sicherlich noch ausführlich etwas sagen. Ich stimme dem voll zu. Wir haben es mit zwei Handlungsfeldern zu tun, nämlich mit der Milch und dem Ackerbau. Beides sind global gesehen die Zukunftsfelder der Landwirtschaft in Deutschland und auch speziell in Brandenburg. Darauf müssen wir uns einstellen und genau das gezielt fördern, was für deren Erhalt notwendig ist. - Vielen Dank.

(Beifall bei CDU und SPD)