Protokoll der Sitzung vom 21.01.2009

schutzbeauftragte Dr. Dix hat dies in eindrucksvoller Weise auch dargestellt. Heute geben wir Ihnen, meine Damen und Herren, die Möglichkeit und die Chance, das Ruder herumzureißen. Schließlich besteht, wenn ich mir Ihre Debattenbeiträge vom Oktober und November betrachte, weitgehend Konsens über die Notwendigkeit der Kompetenzzusammenlegung. Frau Stark hat das gesagt, auch Herr Werner von der CDU.

Ich bitte um Zustimmung zu unserem Antrag.

(Beifall bei der DVU)

Nach der Rednerliste folgen die Koalitionsfraktionen, die Redeverzicht signalisiert haben, die Linksfraktion, die Redeverzicht signalisiert hat, und die Landesregierung, die ebenfalls Redeverzicht signalisiert hat. Das Wort erhält noch einmal die DVU-Fraktion, Herr Abgeordneter Claus.

Claus (DVU)

Herr Präsident! Meine Damen! Meine Herren! Ich muss schon sagen: Dass Sie sich so verhalten, hatte ich mir schon fast gedacht.

(Lachen bei der SPD - Zurufe von der Fraktion DIE LIN- KE)

Die Debatte über die Zusammenlegung der Datenschutzaufsicht in diesem Landtag kommt langsam einem Affentanz gleich, meine Damen und Herren. Die Zusammenlegung ist schon seit langem Gegenstand der politischen Diskussion

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: Wir haben schon dreimal darüber gesprochen!)

und wird von der Landesdatenschutzbeauftragten mit gutem Grund seit Jahren gefordert. Die Kritik an der gegenwärtigen Rechtssituation wird von der EU-Kommission wegen der unzureichenden Unabhängigkeit der Datenschutzaufsicht im Land Brandenburg als „lange bekannte Missstände“ bestätigt. Trotz alledem weigert sich das Innenministerium seit Jahren beharrlich, diese Verantwortung über den Datenschutz abzutreten, obwohl auch im Hinblick auf die möglichst hohe Effizienz bei der Datenschutzaufsicht gute Gründe für die Kompetenzkonzentration existieren.

Nun kam bekanntlich im Oktober die Abgeordnete Stark mit der überraschenden Ankündigung, die Koalition würde nun selbst einen derartigen Gesetzentwurf vorlegen.

Was ist bis jetzt passiert?

(Zuruf von der SPD: Er ist in Arbeit!)

Nichts ist passiert. Ehrlich gesagt, wenn ich mir die starre Haltung des Innenministeriums und den Bericht der Landesregierung in der Drucksache 4/6460 vom 3. Juli 2008 betrachte, dann fehlt mir schlichtweg der Glaube, dass die Koalition, also SPD und CDU, noch in dieser Legislaturperiode Bewegung in dieses Spiel bringt. Da wird nichts passieren. Wenn Sie dann auch noch den Bericht der Landesregierung als Arbeitsmaterial heranziehen, ist zu befürchten, dass entweder nur ein fauler Kom

promiss herauskommt oder dass letztlich wieder gar nichts passiert. Ich nehme an, das Zweite wird zutreffen.

Der Bericht der Landesregierung hat meines Erachtens auch schlichtweg das Thema verfehlt; denn er wirft weder relevante Fragen auf, noch gibt er sachlich gebotene Antworten. Für uns als Fraktion ist die zentrale Frage, wie staatlicherseits das Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung so effektiv wie möglich gewährleistet werden kann. Hierzu enthält der Bericht der Landesregierung praktisch gar keine Ausführungen.

Das laufende Vertragsverletzungsverfahren sollte aber Anlass genug sein, meine Damen und Herren, endlich zu reagieren und einen tragfähigen Rechtszustand herzustellen. Seit dem Jahre 1992 ist der Datenschutz in Artikel 11 der Landesverfassung Brandenburgs gültiges Verfassungsrecht. Jüngst hat das Bundesverfassungsgericht in Weiterentwicklung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts festgestellt, dass die Menschen auch ein Grundrecht auf Gewährleistung der Vertraulichkeit und der Integrität informationell-technischer Systeme haben. So können Sie das im „Neuen Juristischen Wochenblatt“, Seite 823, nachlesen. Artikel 8 der Charta der Grundrechte der Europäischen Union gewährleistet ebenso den Schutz personenbezogener Daten. Nach alldem besteht auch ein grundrechtlich begründeter staatlicher Gewährleistungsauftrag, der die Beteiligung eines institutionell und materiell unabhängigen Datenschutzbeauftragten unabdingbar macht, auch im Land Brandenburg. Das Bundesverfassungsgericht sagt hierzu -:

„Die Beteiligung unabhängiger Datenschutzbeauftragter ist von erheblicher Bedeutung für den effektiven Schutz des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung.“

Das kann man im Bundesverfassungsgerichtsentscheid 65/46 nachlesen.

Dies gilt nicht nur für die Wahrnehmung der Grundrechte im öffentlichen, sondern auch im nichtöffentlichen Bereich. Genau das wird durch Artikel 28 Abs. 1 der Europäischen Datenschutzrichtlinie bekräftigt, welche die Mitgliedsstaaten zur Beauftragung unabhängiger Stellen verpflichtet. Ich sage es etwas langsamer, damit Sie, Herr Bochow, es auch verstehen.

Nachdem die bisherige Aufsichtsbehörde beim Innenministerium schon naturgemäß nicht unabhängig sein kann, haben wir im Land Brandenburg nicht nur einen EU-, sondern auch einen grundrechtswidrigen Zustand, meine Damen und Herren. Im Übrigen wird diese Unabhängigkeit nicht nur europarechtlich und durch Grundgesetz gefordert, sondern ausdrücklich auch durch die Landesverfassung. Es ist naheliegend, dass die in Artikel 74 Abs. 1 Satz 3 der Landesverfassung genannte Unabhängigkeit nicht beim Ministerium des Innern besteht. Insbesondere, meine Damen und Herren, kann für die Beibehaltung der Zuordnung zum Innenministerium nichts vorgetragen werden. Die Verfassung verbietet ministerialfreie Räume, denn das gilt gerade nicht für die Landesverfassung, die im Artikel 74 Abs. 1 ausdrücklich einen solchen ministerialfreien Raum bei der Landesbeauftragten für den Datenschutz und zugleich die dortige parlamentarische Verantwortlichkeit anordnet.

Also, meine Damen und Herren, ich kann Ihnen nur raten, endlich den verfassungswidrigen Zustand, den es jetzt in Brandenburg gibt, zu beseitigen, und Sie noch einmal auffordern, unserem Antrag zuzustimmen. Ich bin wirklich gespannt, Frau Stark,

wann Sie diesen Gesetzentwurf bzw. ob sie ihn noch in dieser Legislaturperiode einbringen. Darauf freue ich mich jetzt schon. - Danke schön.

(Beifall bei der DVU)

Meine Damen und Herren, die DVU-Fraktion beantragt die Überweisung des Antrags in der Drucksache 4/7010 an den Ausschuss für Inneres. Wer dem Folge leisten möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist diesem Antrag mit übergroßer Mehrheit nicht Folge geleistet worden.

Ich lasse über den Antrag in der Drucksache 4/7010 in der Sache abstimmen. Wer ihm Folge leisten möchte, den bitte ich um sein Handzeichen. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist dieser Antrag in direkter Abstimmung mit übergroßer Mehrheit abgelehnt worden.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 11 und rufe Tagesordnungspunkt 12 auf:

Abschaffung der Gewerbesteuerumlage

Antrag der Fraktion DIE LINKE

Drucksache 4/7117

Der Abgeordnete Domres steht bereits am Pult.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! „Kommunen haben 1,6 Milliarden Euro Schulden“ und „Steuerminus erwartet“ - das waren am vergangenen Montag zwei Schlagzeilen in verschiedenen Tageszeitungen. Sie werden sich sicherlich fragen, was diese Schlagzeilen mit dem vorgelegten Antrag zu tun haben. Ich meine, sehr viel, und möchte dies kurz erläutern.

Die Finanzbeziehungen zwischen den Kommunen und dem Land sind seit Jahren von unterschiedlichen Interessen und zunehmend von differenzierten Entwicklungen geprägt. Nach Angaben des Städte- und Gemeindebundes Brandenburg driftet die Finanzkraft der Kommunen immer weiter auseinander. Eine Neuordnung der Kommunalfinanzierung ist notwendig. Dabei geht es nicht darum, die Fähigkeit leistungsstarker Kommunen zu reduzieren, sondern darum, eine Ausgleichsfunktion zu schaffen.

Die Konsequenzen aus der wirtschaftlichen, sozialen und demografischen Entwicklung und die daraus resultierenden Aufgaben erfordern dringend eine Neuausrichtung der Finanzbeziehungen und des kommunalen Finanzausgleichs im Land Brandenburg und darüber hinaus. Die Notwendigkeit, den kommunalen Finanzausgleich zu überarbeiten, hat selbst der Finanzminister in der Debatte zur Großen Anfrage „Kommunale Selbstverwaltung“ meiner Fraktion zugegeben und eine entsprechende Initiative angekündigt. Schon von daher hat unser Antrag eine Berechtigung und ist als Beitrag zu einer notwendigen Kommunalfinanzreform zu sehen.

Nachdem die letzte Kommunalfinanzreform 2002/03 auf ganzer Linie ein Flop war, wie Sie sich sicherlich erinnern werden, geht es aus unserer Sicht jetzt darum, den Einstieg in eine nachhaltige Reform der Kommunalfinanzen zu finden. Nur so kann erreicht werden, dass die kommunale Finanzausstattung verbessert und finanzschwachen Kommunen mehr Unterstützung gegeben wird und somit die Voraussetzungen für mehr öffentliche Investitionen geschaffen werden. Darüber hinaus muss die notwendige Handlungsfähigkeit der Kommunen, die bei vielen Kommunen in akuter Gefahr ist, erhalten werden.

Wir sind der festen Überzeugung, dass die Abschaffung der Gewerbesteuerumlage ein erster Schritt einer notwendigen Gemeindefinanzreform sein kann.

(Vereinzelt Beifall bei der Fraktion DIE LINKE)

Aber auch ein anderer Aspekt ist in diesem Zusammenhang zu bedenken. Ein großer Teil der öffentlichen Investitionen, die durch die konjunkturunterstützenden Maßnahmen des Bundes und des Landes Brandenburg forciert werden sollen, fällt in den Aufgabenbereich der Kommunen. Durch die Abschaffung der Gewerbesteuerumlage bekämen die Kommunen neue finanzielle Handlungsspielräume bzw. Kofinanzierungsmöglichkeiten von Bundes- bzw. Landesmitteln.

Wer wie ich in der vergangenen Woche im Wirtschaftsausschuss und im Finanzausschuss die Berichte der Landesregierung zum sogenannten Konjunkturpaket II und die damit verbundenen offenen Fragen zur Kenntnis genommen hat, der wird sicherlich auch bestimmte Handlungsnotwendigkeiten erkannt haben. Die Diskussion um einen notwendigen Nachtragshaushalt möchte ich an dieser Stelle nicht führen. Vielmehr möchte ich die Frage aufwerfen, ob alle Brandenburger Kommunen finanziell in der Lage sind, die mit dem Konjunkturpaket II verbundenen Maßnahmen auch in Anspruch zu nehmen. Wir meinen, dass sie es nicht sind und dass es deshalb vonseiten des Landes flankierender Maßnahmen bedarf.

Dies ist auch eine Forderung des Bundes, der Folgendes formuliert hat:

„Die Länder werden dafür Sorge tragen, dass die Mittel genutzt werden, um zusätzliche Investitionen auf den Weg zu bringen, die gerade auch in den finanzschwachen Kommunen wirksam werden sollen.“

Minister Tiefensee hat diese Aussage in den vergangenen Tagen mehrfach wiederholt.

In den erwähnten Ausschusssitzungen, wie übrigens auch in der heutigen Fragestunde, konnte von der Landesregierung zur Frage der Unterstützung finanzschwacher Kommunen noch keine befriedigende Aussage getroffen werden. Deshalb schlägt meine Fraktion vor, den brandenburgischen Städten, Gemeinden und Ämtern im Jahr 2009 im Rahmen einer kommunalen Investitionspauschale kurzfristig und unbürokratisch über die entsprechenden Landes- oder Kreisbehörden direkte zusätzliche Mittel für die Kofinanzierung von Maßnahmen in die kommunale Infrastruktur zur Verfügung zu stellen. Dabei sollen insbesondere finanzschwache Kommunen Berücksichtigung erfahren, damit sie an den Maßnahmen des Konjunkturpakets partizipieren können.

Um dies zu finanzieren, schlägt meine Fraktion vor, die für 2009 im Haushalt geplanten Einnahmen aus dem Landesanteil der Gewerbesteuerumlage in Höhe von 32 Millionen Euro den Kommunen für eine kommunale Investitionspauschale zur Verfügung zu stellen. Durch diese zusätzlichen Mittel sollen die Eigenanteile der Kommunen für die Investitionen in die öffentliche Infrastruktur, welche mit dem ersten und zweiten Konjunkturprogramm des Bundes geplant bzw. verbunden sind, gesichert werden. Dies wäre eine erste flankierende Maßnahme des Landes zur Unterstützung der Kommunen.

Mit diesem Antrag möchten wir die Landesregierung des Weiteren dazu aufforden - ich hoffe auf Ihre Unterstützung -, sich über den Bundesrat zeitnah für eine Abschaffung der Gewerbesteuerumlage an den Bund einzusetzen. DIE LINKE ist der Auffassung, dass der Verzicht auf die Gewerbesteuerumlage ein Schritt hin zu einer dringend erforderlichen Gemeindefinanzreform sein könnte, mit der mittelfristig die kommunale Finanzsituation entscheidend verbessert werden kann. Ein Wegfall der Gewerbesteuerumlage würde zudem den Charakter der Gewerbesteuer als originäre Gemeindesteuer wiederherstellen.

Ohne hellseherische Fähigkeiten zu besitzen, erahne ich schon Ihre Argumente, warum unser Antrag nicht zielführend sei und Sie ihn leider ablehnen müssen. Sie werden sagen, die Absenkung der Gewerbesteuerumlage wirke zu spät, zu ungenau und ungleichmäßig, um im großen Umfang und schnell die Wirtschaft vor Ort zu stärken. Meine sehr geehrten Damen und Herren, mit dieser Argumentation würden Sie es sich sehr einfach machen, weil erstens die zu erwartende Minderung der Gewerbesteuer durch die Wirtschafts- und Finanzkrise und durch die falsche Steuerpolitik von Schwarz-Rot auch erst zeitversetzt bei den Kommunen ankommen wird und weil zweitens mit der Absenkung der Einkommensteuer der Gemeindeanteil ebenfalls sinkt und dies dringend einer Kompensation bedarf, weil sonst die Finanz- und somit die Investitionskraft der Kommunen weiter reduziert wird.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, wir schlagen vor, die Gewerbesteuerumlage von den Gemeinden an die Länder zeitgleich abzusenken und sie schrittweise gänzlich wegfallen zu lassen.

Nun ist auch uns klar, dass das Land Ausgleichsinstrumente benötigt, um den Finanzausgleich im Land zu organisieren. Das wäre dann aber eine andere Debatte, die wir dringend führen müssen. Im Übrigen hat, wie wir in der vergangenen Woche gelernt haben, jedes Projekt seine Zeit.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, die Kanzlerin erwartet nach der Hessenwahl von der FDP „staatspolitische Verantwortung“. Na ja. Dann ist es wohl auch nicht zu vermessen, dass ich nach dem Parteitag der CDU und jetzt, da sie wieder in der Lebenswirklichkeit angekommen sein will, erwarte, dass sie im Geiste ihrer beschlossenen kommunalpolitischen Leitlinien Politik macht. Darin heißt es unter anderem:

„Die CDU steht für eine solide, nachhaltige und vorausschauende kommunale Finanzpolitik. Finanzielle Spielräume nutzen wir für zukunftsorientierte Investitionen, Schuldenabbau und Rücklagenbildung.... Wir wollen die finanzielle Handlungsfähigkeit der brandenburgischen Kommunen erhalten und stärken.“

Das wollen wir auch und deshalb bitte ich um Ihre Zustimmung zu unserem Antrag. - Herzlichen Dank.