Protokoll der Sitzung vom 21.01.2009

Herr Abgeordneter Günther.

Herr Appel, in den letzten Tagen gab es Äußerungen besonders von Abgeordneten des Bundestages, die erklären, wie viel Gelder in welche bestimmten Kreise gehen. Ich frage: Gibt es bereits Festlegungen dieser Art bei der Landesregierung?

(Zuruf: Gute Frage!)

Herr Abgeordneter, ich habe das auch mit sehr großem Interesse gelesen, weil es solche Festlegungen im Land Brandenburg definitiv noch nicht gibt.

Aber die parlamentarische Meinungsfreiheit gilt auch für Bundestagsabgeordnete.

Die achte ich selbstverständlich - auch im Hinblick auf den September.

Wir kommen zur Frage 2127 (Stand des Baus der B 96n im Süden des Landes), die der Abgeordnete Senftleben stellt.

Gleich die erste Idee für ein Maßnahmenpaket im Bereich der Infrastruktur. - Die B 96n endet im Süden des Landes, soll zukünftig die Region Ruhland-Hoyerswerda verbinden und auch kommunale Entlastungen mit sich bringen, vor allen Dingen aber Wirtschaftsverkehre schnell und zügig auf die weiterführenden Trassen wie die Autobahn 13 führen.

Meine Frage an den Minister lautet deshalb: Wie ist der aktuelle Stand der Planungen zur B 96n zwischen Ruhland und dem sächsischen Hoyerswerda?

Bitte, Herr Minister Dellmann.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Herr Kollege Senftleben, die Bedeutung dieser Maßnahme ist, glaube ich, unstrittig. Es ist eine gemeinsame Maßnahme, die zwischen dem Freistaat Sachsen und dem Land Brandenburg realisiert werden soll. Wie bei grenzübergreifenden Brücken üblich, übernimmt ein Bundesland die Federführung. In diesem Verfahren haben wir uns entschlossen, dass der Freistaat Sachsen das macht. Die federführende Stelle ist das Straßenbauamt Meißen/Dresden. Das sächsische Straßenbauamt bereitet die Unterlagen vor.

Nach den letzten Informationen ist davon auszugehen, dass der Freistaat Sachsen das Raumordnungsverfahren noch im II. Quartal dieses Jahres beginnen wird. An das Raumordnungsverfahren schließen sich die analytischen Verfahren an wie die Bestimmungsverfahren und das eigentliche Planfeststellungsverfahren.

Ich mache allerdings keine Hoffnungen, dass im Zeithorizont des jetzigen Konjunkturpakets tatsächlich bereits mit Baumaßnahmen begonnen wird. Ich möchte Ihnen einmal berichten, dass es unterhalb dieser Ebene verschiedene Aktivitäten gibt. Gerade im Raum von Hosena gibt es die Notwendigkeit, Verbesserungen für die örtliche Wirtschaft vorzunehmen. Verschiedene Landtagsabgeordnete sowohl aus Ihrer Fraktion als auch Frau Gregor-Ness von der SPD-Fraktion haben Aktivitäten eingeleitet, sodass wir dort tatsächlich kurzfristige Maßnahmen mit realisieren können. Ich bin optimistisch, dort für die Wirtschaft noch kurzfristige Maßnahmen realisieren zu können, bevor die große Ortsumgehung fertig sein wird.

Der Abgeordnete Krause hat Nachfragen.

Über den Jahreswechsel gab es in den Zeitungen Ausführungen, was den Ausbau der Bundesstraße 96 am anderen Ende des Landes Brandenburg angeht. Ich möchte versuchen, dass wir gemeinsam denselben Sachstand hinbekommen. Deshalb ganz einfache Fragen.

Erstens: Gibt es in Ihrem Ministerium aktuelle Planungen für den Ausbau der Bundesstraße 96 nördlich von Löwenberg bis hin zur Landesgrenze?

Zweitens: Wann lösen wir die Problematik in Fürstenberg?

Herr Präsident, ich glaube, die Frage steht zwar erst morgen auf der Tagesordnung, aber wenn Sie einverstanden sind, dann beantworte ich sie gern auch schon heute.

(Görke [DIE LINKE]: Eine unbürokratische Lösung!)

- Sehr unbürokratisch. - Herr Krause, Sie kennen die Informationen, die das MIR und meine Person bereits seit mindestens drei Jahren verkünden. Leider haben Sie die Informationen etwas durcheinandergebracht. Zusammen mit der Region vertreten wir ganz klar die Auffassung, dass die weitere Planung der B 96 nördlich von Berlin in Abschnitten erfolgt. Die Oranienburger Ortsumgehung ist fertig. Jetzt ist der Abschnitt über Nassenheide bis zu einem kurzen Stück nördlich von Löwenberg dran. Die Planungen laufen. Dieser gesamte Abschnitt ist nicht unproblematisch, insbesondere in der Ortslage Nassenheide. Das gesamte Investitionsvolumen beträgt nur für diesen Abschnitt etwa 50 Millionen Euro.

Aus dem Konjunkturpaket I des Bundes erhält das Land Brandenburg zusätzlich rund 56 Millionen Euro. Angesichts dieser Summe bekommen Sie ein Gefühl dafür, ob beispielsweise der Raum Ruhland-Hoyerswerda oder Fürstenberg schon jetzt mit aufgenommen werden können. Ich sage ganz deutlich: Dafür reicht das Geld nicht.

Projekte wie die Ortsumgehung Cottbus, Brieskow-Finkenheerd oder Maßnahmen im Süden des Landes stehen auf der Prioritätenliste für die nächsten Jahre vor der Ortsumgehung Fürstenberg, sodass ich Ihnen im Moment keine Hoffnung mache, dass wir nördlich von Löwenberg in den nächsten Jahren weiter planen werden. Ich glaube, die große Aufgabe und auch der entscheidende Effekt für den Landkreis Oberhavel ist der Bau der vierstreifigen Strecke von Oranienburg Nord bis hinter Löwenberg.

Meine Bitte ist, dass Sie Kompromisse, die zweifelsohne gefunden werden müssen, mit unterstützen. Denn entscheidend ist, ob eine Region und auch Landtagsabgeordnete hinter einer gefundenen Kompromisslösung stehen. Jede Lösung im Raum Nassenheide wird nicht nur Befürworter finden. Herr Krause, mich verwundert, dass Sie auf der einen Seite für den Ausbau der B 96 sind, auf der anderen Seite aber, wenn es um die konkrete Lösung geht, die sicherlich nur einen Kompromiss dar

stellt, sagen, das könne keine Kompromisslösung sein. Ich gebe Ihnen Brief und Siegel: Wenn wir in einigen Jahren das Thema Ortsumgehung Fürstenberg angehen, wird es auch in Fürstenberg nicht nur Befürworter der nach dem Linienbestimmungsverfahren vorgesehenen Lösung geben; denn bei jeder Straßenbaumaßnahme gibt es Befürworter und Gegner. Deshalb ist meine herzliche Bitte an Sie - auch angesichts bevorstehender Landtags- und Bundestagswahlen -, uns zu unterstützen, dass wir den Abschnitt, für den die Finanzierung steht, zügig bauen können. - Danke.

(Beifall bei der SPD)

Danke. - Die Frage 2128 (Konjunkturpaket II: Beschleunigung der Vergabeverfahren) stellt die Abgeordnete Fischer.

Es geht ja beim Konjunkturpaket nicht nur darum, dass Brandenburg Geld vom Bund bekommt, sondern insbesondere darum, dass es den kleinen und mittelständischen Unternehmen im Land nützt. Deswegen wurde festgesetzt, dass wir für eine befristete Zeit das Vergaberecht ändern.

Ich frage die Landesregierung: Wie wird sichergestellt, dass die Maßgaben des Landesvergaberechts so angepasst werden, dass die Brandenburger Bauwirtschaft und das Handwerk davon profitieren können?

Minister Junghanns wird antworten.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kollegin Fischer, vielen Dank für die Frage; vielleicht dient sie zur Klarstellung einiger Hintergründe. Wir wollen das Verfahren, das der Bund für die Bundesebene vorgeschlagen hat, übernehmen. Ich kann der Beschlussfassung des Kabinetts an der Stelle nicht vorgreifen, aber sagen, dass das Finanzministerium für den Bereich der Landesbauten und das Innenministerium in den einschlägigen Gemeindefinanzierungsregelungen eine solche Entscheidung vorbereitet.

Es geht um die Übernahme der veränderten Schwellenwerte für beschränkte und freihändige Vergabe. Bei Bauleistungen war bis dato eine beschränkte Vergabe bis zu einer Wertgrenze von 200 000 Euro vorgesehen; diese soll auf 1 Million Euro festgelegt werden. Eine freihändige Vergabe war nach der Neuregelung im letzten Jahr bis zu einer Wertgrenze von 20 000 Euro möglich; diese soll auf 100 000 Euro festgelegt werden. Bei der Vergabe von Dienstleistungen und Lieferungen würde sich der Schwellenwert ebenfalls von 20 000 auf 100 000 Euro erhöhen.

Das ist ein kurzzeitiger Eingriff. Auf der Grundlage der Klarstellung der VOL durch den Bund soll diese Erweiterung für zwei Jahre gelten. Wir versprechen uns davon eine Beschleunigung der Verfahren. Sie wissen, dass das Konjunkturpaket II nicht nur eine Fülle von Aufgaben beinhaltet, sondern auch unter einem gewissen Zeitdruck steht. Das ist jedoch Absicht. Diese Regelung soll zur Unterstützung beitragen.

Man kann nicht verhehlen, dass es ein unterschiedliches Echo auf diese Regelungen gibt. Es werden auch Stimmen laut, die monieren, dass dann von der öffentlichen Hand noch weniger Ausschreibungen veröffentlicht würden. Das muss bei der Umsetzung dieser Maßnahme berücksichtigt werden. Wir arbeiten zügig an der Umsetzung des Konjunkturpakets; ich denke, dass es hilft. - Danke schön.

Es gibt Nachfragebedarf.

Wir wissen aus der Praxis, dass gerade bei kommunalen Investitionen aufseiten der Kommunen oftmals Unsicherheiten hinsichtlich des Vergaberechts bestehen. Es ist ja auch eine relativ komplizierte Materie. Plant die Landesregierung im Rahmen der Anpassung auch die Einrichtung einer Vergabenachprüfstelle?

Nein, das ist nicht vorgesehen. Ich glaube, etwas Derartiges ist mit diesem Verfahren auch nicht beabsichtigt. Ich will an dieser Stelle nicht die Diskussion vom vergangenen Mai nachholen, nur sagen, dass wir Rahmenregelungen treffen, die von den Handelnden dann natürlich angewandt werden müssen. Ich gehe aber davon aus, dass die Einheitlichkeit angesichts der national durchgängig geltenden Regelungen - die länderspezifischen Regelungen waren ja mitunter ein Manko - den Mut stärkt, nach diesen Regelungen zu verfahren, und dass damit auch - so sage ich einmal vorsichtig - die Streitanfälligkeit nicht noch zusätzlich verschärft wird.

Vielen Dank. - Die Abgeordnete Wöllert stellt die Frage 2129 (Kinder ohne Krankenversicherungsschutz).

In verschiedenen Presseveröffentlichungen wurde in der vergangenen Woche unter Berufung auf Spitzenvertreter der gesetzlichen Krankenversicherungen darüber berichtet, dass in Deutschland Zehntausende Kinder ohne ausreichenden Krankenversicherungsschutz seien. Hintergrund ist demnach, dass ihre Eltern zwar versichert seien, sie aber als Geringverdiener häufig in Beitragsückstände gerieten. Infolgedessen können nur noch Notfälle und akute schmerzhafte Erkrankungen behandelt werden.

Ich frage die Landesregierung: Welchen Handlungsbedarf sieht sie, um inbesondere Kinder mit einem ausreichenden und lückenlosen Krankenversicherungsschutz auszustatten?

Bitte, Frau Ministerin Ziegler.

Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Ich kann diese Presseveröffentlichung überhaupt nicht nachvollziehen. Der

eingeschränkte Leistungsanspruch von Versicherten mit Beitragsrückständen bei gesetzlichen Krankenkassen bzw. deren Angehörigen umfasst die akute Behandlungsbedürftigkeit, einschließlich der Versorgung mit Arznei- und Verbandsmitteln, die Behandlung von Schmerzzuständen, Schwangerschafts- und Mutterschaftsleistungen, empfohlene Schutzimpfungen sowie medizinisch gebotene Vorsorgeuntersuchungen. Medizinisch sinnvolle Vorsorgeuntersuchungen werden selbstverständlich auch bei den Kindern von Versicherten mit Beitragsrückständen vorgenommen.

Ein eingeschränkter Leistungsanspruch ist lediglich dann gegeben, wenn kein Anspruch auf Arbeitslosengeld II oder Leistungen der Sozialhilfe besteht, das heißt, wenn ausreichendes Einkommen bzw. ausreichende Eigenmittel vorhanden sind. Bürgerinnen und Bürger und ihre mitversicherten Angehörigen, die Hilfen wie Arbeitslosengeld II oder Sozialhilfe erhalten, haben weiterhin einen uneingeschränkten Leistungsanspruch gegenüber ihrer Krankenkasse. Versicherte, die durch Beitragsforderungen der Krankenkasse hilfebedürftig werden, die also dadurch überfordert sind, können eine vollständige oder eine anteilige Kostenübernahme im Rahmen der Krankenhilfe nach dem SGB II bzw. SGB XII beantragen. Das schließt die Betroffenen, die Sie meinen, also Beschäftigte im Niedriglohnbereich, ein.

Vor dem Hintergrund, dass die in den Presseberichten dargestellte Regelung, die eine Mindestversorgung für lediglich aufschiebbare Behandlungen ausschließt, nur bei zahlungssäumigen Versicherten zur Anwendung gelangt, die über ausreichend Eigenmittel verfügen, um die Beiträge zur Krankenversicherung zahlen zu können, sehen wir keine Notwendigkeit, gesetzlich aktiv zu werden.

Die Bundesministerin hat dazu ein klarstellendes Schreiben an die Koalitionsfraktionen auf Bundesebene geschickt. Ich werde es Ihnen als Ausschussvorsitzende zugänglich machen. Sie wissen, dass mit Einführung des Gesundheitsfonds die Einnahmerisiken der Krankenkassen auf den Gesundheitsfonds übergegangen sind. Das heißt, Krankenkassen erhalten unabhängig davon, ob sie beitragssäumige Versicherte haben oder nicht, die gleichen Zuweisungen aus dem Gesundheitsfonds. Deshalb steht den Krankenkassen dieses Geld vollständig zur Verfügung. Insofern können sie keine Leistungseinbußen geltend machen und das Argument vorbringen, sie hätten nicht genügend Geld für ihre Versicherten. Das ist das eine.

Das andere ist: Dass die Krankenkassen Druck auf die beitragssäumigen Versicherten machen, die es sich leisten können und deren Pflicht es ist, die Beiträge zu zahlen, und sagen, dass denjenigen nur der eingeschränkte und dennoch - wie vorhin dargestellt - sehr umfängliche Leistungskatalog zur Verfügung steht, finde ich richtig.

Frau Wöllert hat Nachfragebedarf.

Ich habe zur Klarstellung eine Nachfrage. Wenn es so ist, wie Sie erklärt haben und wie die Bundesministerin argumentiert hat, gäbe es für die Krankenkassen überhaupt keine Veranlassung, diesbezüglich in Sorge zu geraten. Sie bekommen das

Geld ja sowieso, egal, ob die Beitragszahler im Rückstand sind oder nicht.

Meine Frage bezieht sich ganz konkret auf den Fall einer Nichtleistungsbezieherin, die sich selbst gesetzlich versichern muss, weil der Lebenspartner, mit dem sie in einer Gemeinschaft lebt, zu viel Geld verdient. Das kann manchmal nur sehr wenig zu viel sein; das sind also keine Gutverdiener. Trifft das dann auf die genauso zu, wie Sie das hier geschildert haben?

Wenn dadurch, dass sie Beiträge zahlen müssen, Hilfebedürftigkeit eintritt, dann gilt das auch für diese Personen. Sie können dann einen Antrag auf eine teilweise oder vollständige Übernahme dieser Kassenbeiträge stellen. Aber sie müssen ihn halt stellen. Trotzdem sage ich: Die Krankenkassen handeln richtig, wenn sie das Problem dadurch in den Griff bekommen wollen, dass sie säumigen Beitragszahlern nur einen eingeschränkten Leistungsbezug gewähren; denn es zahlen alle anderen Versicherten und Steuerzahler mit. Das muss man deutlich sagen.