Protokoll der Sitzung vom 22.01.2009

Danke sehr. Gibt es weitere Nachfragen? - Herr Christoffers, bitte.

Herr Minister, ich stimme Ihnen zu, Sie berichten im Ausschuss regelmäßig über den Haushaltsstand. Ich habe zwei Fragen. Erstens: Würden Sie mir zustimmen, dass das Zitat aus

der Landeshaushaltsordnung, das Sie angeführt haben, es trotzdem ermöglicht, einen Nachtragshaushalt einzuführen? Denn es heißt lediglich: Es bedarf keines Nachtragshaushalts. - Es heißt nicht, dass nicht einer eingebracht werden kann, wenn das Parlament es angesichts der politischen Auffassung „Haushaltswahrheit, Haushaltsklarheit und Transparenz“ für erforderlich hält.

Meine zweite Frage: Herr Minister, wie bewerten Sie das Vorgehen des Landes Berlin, das offensichtlich im Gegensatz zu Ihrer Auffassung einen Nachtragshaushalt für zwingend erforderlich hält?

Da fragen Sie doch Ihre Berliner Kollegen oder den Senator.

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE: Wir fragen Sie!)

Ich brauche das nicht zu bewerten, weil das die Entscheidung des Berliner Senats ist. Soweit mir bekannt ist, gibt es dort eine derartige Ermächtigung im Haushaltsrecht nicht. Selbstverständlich kann jeder zu jeder Zeit - das betrifft auch Ihre Fraktion - einen Nachtragshaushalt einbringen. Das ist möglich, das kann die Regierung und Sie können es. Daran ist niemand gehindert. Wir brauchen ihn bloß nicht, und das habe ich erläutert.

(Einzelbeifall)

Vielen Dank. - Die Abgeordnete Schulz stellt die Frage 2155 (Rauhes Pflaster für Obdachlose).

In einem Artikel im „Prignitzer“ vom 08.01.2009 wird die Aussage getroffen, dass die Obdachlosenversorgung in Brandenburg katastrophal sei. Es wird ausgeführt, die Sozialverbände bemängelten, dass ein vom Bund vorgeschriebener Rahmenvertrag fehle. Darüber hinaus herrsche im zuständigen Amt eklatanter Personalmangel.

Ich frage die Landesregierung: Wie positioniert sie sich zu diesen Aussagen?

Frau Ministerin Ziegler wird die Frage beantworten.

Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Mein Haus hat sich bereits im November 2008 aufgrund der Presseäußerungen der Diakonie, wonach Obdachlose im Land Brandenburg nicht ausreichend betreut würden und die Angebote nicht ausreichend seien, positioniert. Es wurde dabei über die bestehenden Angebote und Dienste im Rahmen der Hilfen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten in Zuständigkeit des Landes informiert. Zugleich ist dabei auf die Zuständigkeiten der Landkreise und kreisfreien Städte für niedrigschwellige Hilfen der Beratung und der Betreuung für von Wohnungslosigkeit betroffene Menschen eingegangen worden.

Seit dem 1. Januar 2007 ist das Land als überörtlicher Träger der Sozialhilfe zuständig für die Hilfen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten nach den §§ 67 ff. SGB XII. Zuständige Behörde ist das Landesamt für Soziales und Versorgung. Hierbei handelt es sich um Hilfen für Menschen, bei denen besondere Lebensverhältnisse mit sozialen Schwierigkeiten verbunden sind, die sie aus eigener Kraft nicht überwinden können.

Zum Zeitpunkt des Übergangs dieser gesetzlichen Leistungen von den Landkreisen und kreisfreien Städten auf das Land gab es in acht Landkreisen und einer kreisfreien Stadt gar keine Angebote und Dienste für Hilfen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten. Inzwischen, nachdem es auf das Land übertragen wurde, wurde das Angebotsnetz deutlich erweitert. Durch das Landesamt für Soziales und Versorgung wurden weitere Leistungs-, Vergütungs- und Prüfungsvereinbarungen mit den Trägern von Einrichtungen und Diensten geschlossen. Zurzeit gibt es in drei kreisfreien Städten und elf Landkreisen Dienste und Einrichtungen, in denen Hilfen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten erbracht werden.

Im Land existieren insgesamt 32 ambulante Angebote in Form der ambulanten Beratungen bzw. der ambulanten Betreuung, die sich in den drei kreisfreien Städten und elf Landkreisen befinden. Zusätzlich haben wir in drei Landkreisen und zwei kreisfreien Städten stationäre Einrichtungen mit einer Gesamtkapazität von 81 Plätzen. Insofern kann auch dort nicht von einem Flickenteppich die Rede sein.

Ich komme auf den von Ihnen zitierten Presseartikel und die Äußerung bezüglich der Personalsituation im Landesamt für Soziales und Versorgung zurück. Diese ist tatsächlich bei der Bearbeitung von Anträgen auf Hilfen nach den §§ 67 ff. SGB XII angespannt. Allerdings sind hierdurch in der Regel keine verzögerten Antragsbearbeitungen entstanden. Ich muss den Vorwurf der Schwerfälligkeit der Behörde oder gar der Verschleppung von Anträgen ausdrücklich zurückweisen. Das ist einfach nicht gerechtfertigt.

Einen Rahmenvertrag - jetzt kommen wir zu einem ganz wesentlichen anderen Teil - für den Bereich der stationären und teilstationären Hilfen, darunter auch die Hilfen nach den §§ 67 ff., gibt es im Land Brandenburg bereits seit 1992. Insoweit ist die Aussage in dem genannten Presseartikel, in Brandenburg fehle ein Rahmenvertrag, wie ihn der Bundesgesetzgeber vorsieht, ebenfalls zurückzuweisen.

Einen landesweiten Rahmenvertrag gibt es derzeit jedoch nicht für den Bereich der ambulanten Leistungen, obwohl der Bundesgesetzgeber seit 1999 auch für den Bereich der ambulanten Leistungen landeseinheitliche rahmenvertragliche Regelungen vorsieht. Sowohl die Bemühungen der Liga der Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege als auch die Bemühungen des Landes, einen ambulanten Rahmenvertrag zu schließen, scheiterten bislang am Veto der kommunalen Spitzenverbände.

Eine Regelung für die Hilfen zur Überwindung besonderer sozialer Schwierigkeiten ist auf der Verhandlungsebene Liga bzw. überörtlicher Träger der Sozialhilfe derzeit in Vorbereitung. Wenn uns dies dann unterschriftsreif vorliegt, bedarf es trotzdem dieses noch nicht vollzogenen Rahmenvertrages zwischen den Spitzenverbänden und der kommunalen Seite. Auch das

Parlament kann einen hilfreichen Beitrag leisten, dass die Kommunen ihrer Verpflichtung zum Abschluss eines solchen Rahmenvertrages nachkommen.

Festzuhalten ist: Das Fehlen eines Rahmenvertrages ist unschädlich für die Leistungserbringung. Sie ist auf keinen Fall infrage gestellt, denn sie erfolgt über Leistungsvereinbarungen mit den Trägern von Diensten und Einrichtungen ohne negative Konsequenzen. Das ist das Wesentliche für die betroffenen Menschen.

Es gibt immer wieder die Verwechslung von Obdachlosen und Wohnungssuchenden. Wie Sie wissen, ist für Wohnungssuchende die kommunale Seite zuständig und hat dort auch alle Instrumente in der Hand - bei Verschuldung, bei Mietrückständen etc. Dort greifen die Sozialgesetzbücher, und da ist die kommunale Seite am Zuge. Wir als Land haben die Verantwortung für die oftmals nicht Sesshaften, die durch die Lande gehen und dort jeweils ihre Hilfen in Anspruch nehmen. Dafür haben wir auch Vorhaltungen getroffen.

Vielen Dank. - Die Frage 2156 (Berlin-Polizeieinsatz in Schön- fließ) stellt der Abgeordnete Claus.

Die Medien berichten derzeit über einen Polizeieinsatz in Schönfließ mit ungerechtfertigtem Waffeneinsatz durch den betreffenden Beamten.

Dem Bericht zufolge hat ein Berliner Polizeibeamter auf Brandenburger Territorium in unverhältnismäßiger Weise von der Schusswaffe Gebrauch gemacht und eine gesuchte Person aus nächster Nähe erschossen.

Ich frage die Landesregierung: Aufgrund welcher rechtlicher Vorschrift ist es Berliner Polizeibeamten erlaubt, auf Brandenburger Hoheitsgebiet polizeilich tätig zu werden?

Frau Ministerin Blechinger antwortet.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Abgeordneter, alle Polizeivollzugsbeamten haben unabhängig von ihrer örtlichen Zuständigkeit die aus dem Legalitätsprinzip bei der Strafverfolgung erwachsende Verpflichtung zur Verfolgung von Straftaten nach § 163 Abs. 1 Satz 1 Strafprozessordnung. Gleiches gilt für die Befugnis der Polizeibeamten zur vorläufigen Festnahme einer Person nach § 127 Strafprozessordnung.

Daneben bestimmt § 77 des Brandenburgischen Polizeigesetzes, in welchen Fällen Polizeibeamte anderer Länder sowie des Bundes Amtshandlungen in Brandenburg vornehmen können. Dabei sind sowohl Maßnahmen zur Gefahrenabwehr als auch Maßnahmen zur Verfolgung von Straftaten und Ordnungswidrigkeiten erfasst. Vergleichbare Vorschriften finden sich im Übrigen in den Polizeigesetzen aller Länder sowie des Bundes. So enthält etwa § 8 des Allgemeinen Gesetzes zum Schutz der öffentlichen Sicherheit und Ordnung in Berlin eine nahezu wortgleiche Regelung.

Vielen Dank. - Die Frage 2157 (Seniorenticket für Berlin und Brandenburg) wurde von der Fragestellerin zurückgezogen, sodass wir zur Frage 2158 (Leistungen für Kinder) der Abgeordneten Wöllert kommen. Bitte, Frau Wöllert.

Nach dem aktuellen Konjunkturprogramm der Bundesregierung ist vorgesehen, den Regelsatz nach dem SGB II für Kinder im Alter von 6 bis 13 Jahren um 35 Euro zu erhöhen. Bekanntlich hatten sowohl der Bundesrat als auch die Arbeits- und Sozialministerkonferenz die Bundesregierung grundsätzlich aufgefordert, die Regelleistungen für Kinder auf der Grundlage des spezifischen Bedarfs von Kindern neu zu bemessen. Dazu liegt bisher kein Vorschlag der Bundesregierung vor.

Ich frage die Landesregierung: Welchen Stand gibt es hinsichtlich der Umsetzung der genannten Beschlüsse, die auf eine am speziellen Bedarf von Kindern orientierte Neufestsetzung der Regelsätze nach dem SGB II und dem SGB XII zielen?

Frau Ministerin Ziegler, bitte.

Herr Präsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Die Beschlüsse der Bundesregierung zum neuen Konjunkturpaket beinhalten, wie Sie bereits sagten, dass die Regelsätze und die Regelleistungen nach dem SGB XII und dem SGB II stärker differenziert werden. Danach ist vorgesehen, dass für Kinder im Alter von 6 bis 13 Jahren der Regelsatz bzw. die Regelleistung ab dem 1. Juli 2009 auf 70 % des Eckregelsatzes erhöht werden sollen.

Ich glaube, wir sind uns einig, dass die geplante Erhöhung für die Kinder ausdrücklich zu loben ist. Damit wird eine alte Forderung der Sozialministerinnen und Sozialminister sowie der Senatoren und Senatorinnen der Länder an die Bundesregierung zunächst einmal aufgegriffen. Unsere jahrelange Forderung, den Regelsatz stärker an den tatsächlichen Bedarfen von Kindern auszurichten, hat damit jedenfalls teilweise Früchte getragen; denn mit der Erhöhung der Regelleistung bzw. des Regelsatzes für Kinder wird dem endlich verstärkt Rechnung getragen und verhindert, dass eine wachsende Zahl von Kindern und Jugendlichen von Armut bedroht ist.

Unabhängig davon ist die gegenüber der Bundesregierung erhobene Forderung, die kinderspezifischen Bedarfe bei der Bemessung der Regelsätze bzw. der Regelleistungen auf der Grundlage einer speziellen Erfassung des Kinderbedarfes zu berücksichtigen, nach wie vor aktuell. Insoweit gehe ich davon aus und bin auch mit meinen Länderkolleginnen und -kollegen einig, dass die Zusage des zuständigen Bundesarbeitsministeriums nach wie vor gültig ist, dass es spätestens im Jahre 2010 im Rahmen der Auswertung der Einkommens- und Verbrauchsstichprobe 2008 zu einer solchen grundsätzlichen Überprüfung kommen wird.

Frau Wöllert hat Nachfragen.

Wenn im Konjunkturpaket ausdrücklich steht, die Beschlüsse der Sozialministerkonferenz und des Bundesrates seien damit erledigt, dann trifft das nicht den Kern Ihrer Aussage. Deswegen interessiert es mich, wie Sie diesen Satz bewerten.

Meine zweite Frage, die sich daran anschließt: Es ist jetzt im Konjunkturpaket der Regelsatz nur für Kinder von 6 bis 13 Jahren erhöht worden. Wie bewerten Sie, dass für die Gruppen der unter Sechsjährigen oder der über Dreizehnjährigen der Regelsatz gleich bleibt?

Dazu gibt es die ganz klare Haltung, und zwar aller Landessozialministerinnen und -minister sowie Senatorinnen und Senatoren, dass wir die Regelsätze auf diese kinderspezifischen Bedarfe festgelegt haben wollen. Deshalb werden wir 2010 nach wie vor darauf drängen, dass uns dies so vorgelegt wird. Das ist eine Vereinbarung. Dass wir jetzt einen ersten Schritt getan haben und dass wir nicht bis zum Jahr 2010 warten müssen, sondern dass die Erhöhung auf 70 % jetzt schon greift, dafür sind wir dankbar. Nur wer weiß denn schon genau, ob es 70 %, 69 % oder 85 % sein sollen? Insofern ist es auch bei den Altersgruppen, die Sie genannt haben, das gleiche Prinzip: Die kinderspezifischen Bedarfe müssen ermittelt werden.

Vielen Dank. - Die Frage 2159 (Stärkung der Pkw-Nachfrage in Brandenburg) wird vom Abgeordneten Schrey gestellt.

Die Große Koalition auf Bundesebene hat in der letzten Woche das zweite Konjunkturpaket beraten. Unter anderem geht es darin um eine sogenannte Umweltprämie. Demnach sollen Autobesitzer, deren Auto älter als neun Jahre ist und die dieses verschrotten und sich ein neues kaufen, in den Genuss von 2 500 Euro kommen.

Ich frage die Landesregierung: Gibt es eine Übersicht, wie viel Pkw-Besitzer in Brandenburg eine solche Umweltprämie bekommen könnten?

Herr Minister Dellmann, wissen Sie es?

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Schrey, über die Sinnhaftigkeit dieser Prämie kann man zweifelsohne streiten, vor allen Dingen, wenn man überlegt, wie viele deutsche Autos eventuell gekauft werden. Ich persönlich habe da meine Bedenken, aber trotzdem sollten wir diese Regelung in Brandenburg nutzen.

Es gibt in Brandenburg insgesamt 1,3 Millionen Pkw, also eine recht hohe Quote - das sind übrigens keine eigenen Statistiken, sondern Statistiken des Kraftfahrt-Bundesamtes -, von denen rund 720 000 älter als neun Jahre sind und somit die Voraussetzungen der neuen Regelung erfüllen. Ich hoffe, die Frage beantwortet zu haben.

Vielen Dank. - Für die Frage 2160 (L 40 - Ortslage Güterfelde) kann ich die Anwesenheit des Fragestellers nicht feststellten. Wir kommen also zur Frage 2161 (Ausbildungssituation in der Landesverwaltung), die die Abgeordnete Bednarsky stellen wird.

Die Ausbildungssituation ist in Brandenburg nach wie vor angespannt. Der sich abzeichnende Fachkräftemangel betrifft nicht nur die Wirtschaft, sondern in gleichem Maße auch die Verwaltung. Die Landesverwaltung als einer der größten Ausbildungsträger hat jedoch seit Jahren nicht nur eine ungenügende, sondern sogar sinkende Ausbildungsquote. Während sie im Ausbildungsjahr 2005/2006 noch bei 3,35 % lag, betrug sie 2006/ 2007 nur noch 1,25 %.

Ich frage die Landesregierung: Welche Vorstellungen hat sie zur Erhöhung der Ausbildungsquote, um den künftigen Fachkräftebedarf in der Landesverwaltung decken zu können?

Frau Ministerin Blechinger antwortet.