Protokoll der Sitzung vom 02.07.2009

Aber in Bezug auf die gestern geführte Diskussion zur Weiterbildung und Qualifizierung, die ich nach wie vor für sehr wichtig halte, möchte ich nur noch einmal sagen, dass 29,2 % der Leiharbeiter ohne Berufsabschluss sind. Daran macht sich doch eigentlich schon die Spanne auf, woran wir arbeiten müssen, nämlich an Qualifizierung und Weiterbildung und natürlich grundsätzlich an der Bildung. Ganz klar.

In der Antwort auf die Große Anfrage sind die Probleme noch einmal dezidiert dargestellt worden und auch die Klientel, die die meisten Probleme verursacht, nämlich die Jugendlichen unter 25, die Erwerbslosen über 50 Jahre sowie Menschen mit schwerer Behinderung. Ich denke, das ist ganz klar auch unser Aufgabenfeld. Dem haben wir ja auch mit der Neustrukturierung der Instrumente bereits Rechnung getragen. Das sollte man vielleicht auch nicht immer vergessen.

Natürlich sind nach wie vor die abgebrochenen Schul- und Berufsausbildungen sehr problematische Arbeitsfelder, aber darauf gehe ich heute nicht näher ein; das kann man in dem gestern diskutierten Bericht nachlesen, in dem das noch einmal dezidiert geschrieben steht und uns bzw. den Abgeordneten des nächsten Landtags noch einmal als Aufgabe aufgegeben worden ist.

Ich denke, wir alle sind uns einig, dass wir die Reformen umsetzen müssen, verbessern und der gegebenen Situation anpassen müssen.

Ich glaube, wir sind uns auch einig, wenn wir sagen, dass die enormen Mittel, die in diesem Bereich aufgebracht werden, gezielt in die Menschen investiert werden müssen, und zwar sinnvoll und am Arbeitsmarkt orientiert. Aber das erzähle ich Ihnen auch schon seit fünf Jahren. Ich glaube auch nicht, dass dem jemand widerspricht.

Meine Damen und Herren, ich bleibe dabei: Unsere wichtigste Aufgabe ist und bleibt, die Menschen in Arbeit und Beschäftigung zu bringen. Das war die Herausforderung, das ist die Herausforderung, und das bleibt die Herausforderung. Von daher können Sie ganz sicher sein: Die CDU wird klaren Kurs halten - auch in der Arbeitsmarktpolitik. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Vielen Dank, Frau Kollegin Schulz. - Für die Landesregierung spricht Ministerin Ziegler.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Vielen Dank, Herr Görke, nicht nur für die Kekse, sondern vor allen Dingen für die Anfrage, denn sie hat uns Gelegenheit gegeben, die Trendwende, die vor drei bis vier Jahren am Arbeitsmarkt eingetreten ist, deutlich zu machen. Da brauche ich nur die von Ihnen überreichte Karte hier zu zeigen, die darstellt, dass es am Arbeitsmarkt aufwärts geht. Ich bin froh, dass wir uns wenigstens über solche visuellen Dinge einig werden können.

Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Arbeitsmarktpolitik und die Trendwende unterstreichen, dass die Landesregierung wirklich zu der positiven Entwicklung beigetragen hat. Die Antworten zeigen das; dies wurde mit wesentlichen Indikatoren belegt: die Erwerbstätigen, die sozialversicherungspflichtig Beschäftigten, die Arbeitslosenzahl insgesamt und auch die Zielgruppen. Ich will, da zu ausführlich, nicht auf alles eingehen, was im Bericht steht, aber ein paar Punkte herausgreifen:

Seit 1999 sank die Zahl der Arbeitslosen um fast 50 000 - um ca. 20 % -, die Quote sank von 17,4 auf 12,2 % im Juni 2009. Auch im Hartz-IV-Bereich ging die Zahl um mehr als 20 000 bzw. 14,5 % zurück. Das ist nach dem Stand der Wirkungsforschung zum SGB II eine positive Folge der Reform. Entgegen einiger Behauptungen ist auch die Langzeitarbeitslosigkeit deutlich gesunken - seit 2005 um fast 32 % und im Hartz-IVRechtskreis um fast ein Viertel. Das heißt, man muss einfach konstatieren: Die Arbeitslosigkeit ging nicht nur saisonal oder konjunkturell zurück, sondern seit 2005 auch strukturell. Damit werden auch Menschen wieder in Arbeit gebracht, die vor Jahren völlig chancenlos waren.

Zweitens: Die sozialversicherungspflichtige Beschäftigung ist seit 2005 bis 2008 um 5,5 % gestiegen. Das entspricht einem Zuwachs von nahezu 40 000 Arbeitsverhältnissen. Man muss auch reflektieren, sehr geehrter Herr Görke, dass es seit 1999 eben nicht nur in Brandenburg, sondern in allen ostdeutschen Ländern einen Rückgang sozialversicherungspflichtiger Beschäftigung um ca. 11 % gegeben hat. Ursache ist ein generelles Strukturproblem der ostdeutschen Wirtschaft; das muss man auch ehrlich sagen. Das ist zum einen der zu geringen Anzahl an Industrieunternehmen und zum anderen dem überdurchschnittlich hohen Anteil von kleinen und Kleinstunternehmen, das ist auch der geringen Exportorientierung geschuldet. Das verdeutlicht auch, dass die Pauschalvorwürfe, die Sie immer wieder gegenüber der Arbeitspolitik der Landespolitik der Landesregierung äußern, haltlos sind, weil eben die gesamten Rahmenbedingungen und der Gesamtkomplex betrachtet werden müssen. Das gehört einfach zusammen.

Ein letztes Beispiel: Seit 2006 ist die Zahl der Erwerbstätigen einschließlich der Selbstständigen um mehr als 30 % gestiegen und hat fast den Stand von 1999 erreicht. Dass die Zahl der Selbstständigen um rund ein Viertel stieg, ist auch ein Ausdruck unserer erfolgreichen Landesförderung gerade im Existenzgründerbereich. Wir sehen also insgesamt einen Trend, der wieder mehr Menschen in reguläre Arbeit gebracht hat. Aber - darauf haben Sie richtigerweise hingewiesen - gewachsen ist auch der Anteil jener, die in sogenannnten nichtstandardisierten oder arttypischen Verhältnissen arbeiten, sprich: Teilzeit, Minijob und Zeitarbeit. Anders als Sie sehe ich das nicht per se negativ. Das muss man schon sehr differenziert sehen, weil Teilzeit eben auch in Anspruch genommen wird, um Freiräume in der Familiengestaltung, in der Kinderbetreuung oder der Pflege von Angehörigen zu haben. Oftmals sind befristete Beschäftigung oder Minijobs auch der Einstieg in Normalarbeitsverhältnisse. Das kann man nicht sozusagen als Status quo für ewig festnageln, sondern in dem gesamten Prozess ist sehr viel Dynamik.

Der Zuwachs zum Beispiel bei den Minijobs macht im Übrigen auch deutlich, dass Arbeitsmarktpolitik des Landes immer auch im Kontext mit bundespolitischen Rahmensetzungen ge

sehen werden muss. Wir bewegen uns außerdem in einem europäischen Rahmen. Deshalb kann die Arbeitspolitik eines Landes nicht sozusagen für all das allein agieren, sondern man muss es immer in diesen Zusammenhängen sehen. Das nutzen Sie ja des Öfteren, indem Sie dann bundespolitische Rahmensetzungen gegenüber der Landespolitik mit einer Schuldzuweisung versehen. Das darf man in solchen Punkten eben nicht tun.

Die insgesamt positiven Entwicklungen gehen natürlich auf die konjunkturelle Entwicklung und die Wirkung der Arbeitsmarktreformen zurück; das ist nicht abzustreiten. Auch renommierte Arbeitsökonomen bestätigen, dass die Reformen die Anpassungsmechanismen am Arbeitsmarkt gestärkt haben.

Über den messbaren Beitrag der Landesregierung hat der Ministerpräsident in der Aktuellen Stunde Wichtiges gesagt: Neuausrichtung der Wirtschaftsförderung, Schwerpunktsetzung in Bildung und Forschung und eben auch Arbeitspolitik. Das ist eine moderne Politik, die die verschiedenen Veränderungsprozesse im Wirtschafts- und Arbeitsleben nutzt, um die Beschäftigungschancen für die Menschen zu verbessern, aber auch die Unternehmen für künftige Herausforderungen fit zu machen. Allein durch die Förderprogramme des Arbeitsministeriums wurden seit 2000 mehr als 600 000 Menschen in Brandenburg gefördert. Im Bereich der Berufsausbildung profitierten rund 380 000 junge Frauen und Männer.

Meine Damen und Herren! Die Zusammenführung von Arbeitslosen- und Sozialhilfe erforderte ein Umsteuern in unserer Arbeitspolitik. Die Kofinanzierung von Maßnahmen der BA war deshalb auch nicht mehr erforderlich. Mit den 2007 flächendeckend eingeführten Regionalbudgets haben wir den Brandenburger Weg einer Regionalisierung der Arbeitspolitik in wirklich neuer Qualität fortgesetzt. Mit diesen Budgets bekamen Landkreise und kreisfreie Städte erstmals wirklich eigene Kompetenzen und ein eigenes Budget für den Einsatz von ESF-Arbeitsfördermitteln. Das hat die Vor-Ort-Verantwortung für die kommunale Arbeitsmarktpolitik und vor allem für die Kooperation der regionalen Akteure deutlich gestärkt. Nicht zuletzt hat der Förderansatz eine Übergangsquote in sozialversicherungspflichtige Beschäftigung von immerhin 15 % gebracht, und das bei überdurchschnittlicher Beteiligung von Langzeitarbeitslosen an diesen Projekten.

Erfolgreich hat die Landesregierung dafür gewirkt, stärker auf die Förderung längerfristiger sozialversicherungspflichtiger Beschäftigungsverhältnisse für Arbeitslose zu orientieren, und zwar sowohl in der Entwicklung entsprechender Förderansätze in der Arbeitsgruppe Arbeitsmarkt als auch in der konkreten Umsetzung. Das betrifft zum einen den Beschäftigungszuschuss für Langzeitarbeitslose und zum anderen, wie Sie wissen, den Kommunal-Kombi. Nicht zuletzt haben wir mit einem Aktionsprogramm zur Fachkräftesicherung frühzeitig auf die absehbaren Wirkungen des demografischen Wandels reagiert.

Der Landesarbeitskreis Fachkräftesicherung, der alle relevanten arbeitspolitischen Akteure einbindet, beschloss vor zwei Jahren dieses Programm, das über 100 konkrete Maßnahmen und Aktionen der einzelnen Partner umfasst. Bis 2013 werden für die Umsetzung 180 Millionen an ESF-, Landes- und Bundesmitteln eingesetzt. Insgesamt sollen so rund 120 000 Fachkräfte und 3 500 Unternehmen erreicht und für die Zukunft fitter gemacht werden.

Das Bündnis für Fachkräftesicherung ist auch eine Brandenburger Spezialität. Es gibt bundesweit kein adäquates Gremium, das die Strategien des Landes mit den lokalen und regionalen Strategien auf diese Weise verknüpft und vernetzt.

In Richtung DVU nur ein Hinweis: Wenn wir heute den Fachkräftemangel beklagen, ist es dumm, zu behaupten: Wenn man Ausländer hinaus täte, hätten mehr deutsche Arbeitskräfte Arbeitsplätze zur Verfügung.

(Beifall bei der SPD und der Fraktion DIE LINKE)

Meine Damen und Herren, auf Basis der positiven Entwicklung können und werden wir uns den Herausforderungen stellen, dem demografischen Wandel ebenso wie der Finanz- und Wirtschaftskrise und eben auch dem weiteren Abbau der Langzeitarbeitslosigkeit. Wir wissen, wir müssen den Arbeitsmarkt fester machen, also stärker in die Köpfe und in das Bildungssystem investieren, und wir brauchen eine bessere Anpassungsfähigkeit des Arbeitsmarktes an die jeweiligen neuen Herausforderungen. Alle Redner haben gesagt, dass das immer flexibel behandelt werden muss.

Wir behalten auch - auch da sind wir uns alle einig - den Niedriglohnsektor und die Notwendigkeit von - das sage ich als SPD-Politikerin - Mindestlöhnen im Blick. Ich gehe davon aus, dass auch in der nächsten Legislaturperiode dieses Ziel verfolgt wird.

Herr Görke - dies zum Abschluss -: 85 % unserer Menschen fühlen sich in Brandenburg wohl, wollen hier bleiben und sind mit dem Leben in Brandenburg zufrieden. Deshalb sage ich: Es gibt keinen Grund, den Kopf in den Sand zu stecken. Es gibt auch keinen Grund, die Erfolge, die man hat, schlechtzureden. Wir brauchen keine Verunsicherung von Menschen, sondern sollten Mut machen und die Chancen für den Einzelnen und für die Gesellschaft erkennen. Das ist für Politik angesagt - dafür bekommen wir jeden Monat unsere Gehälter -, und dafür sollten wir die Menschen motivieren. - Vielen Dank.

(Beifall bei SPD und CDU sowie des Abgeordneten Gör- ke [DIE LINKE])

Vielen Dank, Frau Ministerin Ziegler.

Ich darf damit Tagesordnungspunkt 7 schließen. Die Aussprache ist beendet und die Antwort der Landesregierung...

(Zuruf des Abgeordneten Görke [DIE LINKE])

- Anderthalb Minuten haben Sie noch? Wollen Sie sprechen? Herr Kollege Görke, Sie haben das Wort.

Die anderthalb Minuten müssen genutzt werden, um einiges klarzustellen.

Frau Kollegin Dr. Schröder, wir fordern eine bedarfsdeckende sanktionsfreie Mindestsicherung im Wahlprogramm, die sich in einem ersten Sofortschritt an der Initiative „Soziale Demokratie“ orientiert, die gefordert hat, 435 Euro als Sofort-Grund

sicherung einzuführen. Und wir haben gesagt, dass am Ende der Legislatur ein Satz von 500 Euro als Grundsicherungsbetrag - natürlich unter Beachtung des Lohnabstandsgebots zu sozialversicherungspflichtiger Arbeit - festgeschrieben werden muss. Dazu ist dann natürlich auch die Einführung des gesetzlichen Mindestlohns erforderlich.

Frau Dr. Schröder, als Sie noch die Arbeitsmarktpolitik der PDS gemacht haben - mein Kollege Erlebach hat es gerade noch einmal herausgesucht -,

(Frau Dr. Schröder [SPD]: Da waren Sie noch gar nicht hier!)

hieß es: Mehr Druck auf Arbeitslose lehnen wir ab. - Der Unterschied zwischen uns ist wohl: Wir sind uns bei der Bewertung auch einer bedarfsdeckenden sanktionsfreien Mindestsicherung treu geblieben.

In diesem Sinne: Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Frau Dr. Schröder [SPD]: Das war ja nun nicht so doll!)

Jetzt darf ich Tagesordnungspunkt 7 schließen. Die Große Anfrage 48 und die Antwort der Landesregierung sind damit zur Kenntnis genommen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 8 auf:

Bericht über die derzeitige Lage und Einsatzbereitschaft der Kräfte des Katastrophenschutzes sowie über die geplante Verwendung der Feuerschutzsteuer (gemäß Nr. 1 des Beschlusses des Landtages vom 13.05.2009 - Drs. 4/7404-B)

Bericht der Landesregierung

Drucksache 4/7708

Bevor Minister Schönbohm dazu ausführt, ist es mir eine besondere Freude, Ihre Exzellenz die Botschafterin des Königreiches Schweden, Frau Ruth Jacoby, im Plenarsaal zu begrüßen.

(Allgemeiner Beifall)

Frau Jacoby war heute im Europaausschuss unseres Hauses zu Gast und hat über die seit einem Tag bestehende Ratspräsidentschaft, die Schweden gerade von der Tschechischen Republik übernommen hat, informiert.

Sie vertreten ein wunderschönes Land, in das ich sehr gern reise. Herzlich willkommen bei uns!

(Allgemeiner Beifall)

Herr Schönbohm hat das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Es geht um die derzeitige Lage und Einsatzbereitschaft der Kräfte