Protokoll der Sitzung vom 25.02.2010

Mein Fazit: Wenn über 97 % der Einnahmen des Landes durch andere bestimmt werden, heißt das - wenn wir seriös miteinander diskutieren -, dass wir den Landeshaushalt allein über die Ausgabebremse regulieren können.

Frau Dr. Ludwig, ich bin überrascht. Wenn die Ausgabebremse - über die wir ehrlich miteinander reden; das hat die gestrige Haushaltsdebatte gezeigt - dazu führt, dass die Nettokreditaufnahme im Jahr 2020 null beträgt, dann hätte ich gestern, als der Landeshaushalt 2010 in 1. Lesung beraten wurde - das ist normalerweise die Sternstunde der Opposition bzw. der Oppositionsführung, Frau Prof. Dr. Wanka, aber von Sternstunde waren wir gestern weiß Gott ganz weit entfernt -,

(Beifall SPD)

einen Vorschlag erwartet, wie das erreicht werden kann.

Wenn die schwarz-gelbe Bundesregierung Steuern senkt und uns allein im Jahr 2010 55 Millionen Euro weniger im Landeshaushalt beschert, von der schwarzen und gelben Oppositionsfraktion im Landtag aber nicht ein einziger Vorschlag unterbreitet wird, wie wir dies über die Ausgabenbremse kompensieren könnten, dann finde ich, ist es schon ein starkes Stück, wie Sie hier in die Debatte eingestiegen sind.

Zur Schuldenbremse. Es gibt keinen Zweifel...

(Zuruf des Abgeordneten Bretz [CDU])

- Herr Bretz, Sie haben heute so viel geredet. Von Ihnen brauchen wir jetzt wirklich keine Kommentare mehr zu hören. Treten Sie ans Mikrofon und geben Sie Ihre Meinung zu Protokoll, dann verlängert sich meine Redezeit. Ansonsten schweigen Sie besser. Das, was wir heute von Ihnen gehört haben, war nicht besonders.

Meine Damen und Herren! Die Schuldenbremse 2020 ist ein Ziel, zu dem wir, die SPD-Fraktion, stehen. Brandenburg hat

ihr im Bundesrat zugestimmt. Sie steht im Grundgesetz, damit gilt sie für den Bund und die Länder. Den Eindruck zu erwecken, wir müssten sie in die Verfassung übernehmen, sonst gälte sie für uns nicht, ist falsch.

Ich denke, Sie sollten noch einmal in die mittelfristige Finanzplanung schauen. Frau Prof. Dr. Wanka, Sie haben gestern Zahlen genannt und vieles kritisiert. Sie sprachen die gloabale Minderausgabe an usw. Nebenbei gesagt: Das war unter RotSchwarz zehn Jahre lang auch so, und in etlichen Jahren ist das nicht eingehalten worden. Unsere Schuldenbremse soll nicht 2020 wirken, sondern nach dem Vorschlag von Finanzminister Dr. Markov schon 2014. Im Jahr 2014 soll die Nettokreditaufnahme null betragen. Das ist das Ziel der rot-roten Koalition, und dabei wird es bleiben. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Bischoff. - Ich erteile der Fraktion der FDP das Wort. Die Abgeordnete Vogdt wird die Aussprache fortsetzen.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die FDPFraktion begrüßt den Antrag der CDU, noch in diesem Jahr einen Gesetzentwurf zur Umsetzung der neuen Schuldenbegrenzungsregel des Grundgesetzes in das Brandenburger Landesrecht vorzulegen.

Gerade der vorgelegte Haushaltsentwurf sowie der Finanzplan zeigen doch mehr als deutlich, dass wir ohne strengere Regeln von der Verschuldung nicht wegkommen. Der hohe Schuldenberg nimmt künftigen Generationen alle Gestaltungspielräume. Wir dürfen unseren Kindern diese Zukunftslasten von erheblichem Umfang nicht aufbürden. Wir müssen dafür sorgen, dass die Schulden ab- und nicht aufgebaut werden. Was hat die Jugend davon, wenn ihnen die Bildung mit neuen Schulden finanziert wird und die Schuldenberge ihnen später die Chance auf einen Arbeitsplatz nehmen? So sieht eine zukunftsfähige Politik ganz gewiss nicht aus.

Laut rot-rotem Koalitionsvertrag sollen Haushaltskonsolidierung und Schuldenabbau bleibende Erfolge Ihrer Regierung werden. Was wird daraus? Sie machen immer mehr neue Schulden. Das Zeugnis für Ihre geplante Finanz- und Haushaltspolitik wird vernichtend ausfallen. Von Konsolidierung ist das Land weit entfernt.

(Bischoff [SPD]: Das beurteilen Sie schon nach vier Mo- naten?)

- Das hätte ich schon früher sagen können.

Gerade in der jetzigen Wirtschaftslage wäre ein Haushalt idealerweise ohne Neuverschuldung oder - realistisch betrachtet wenigstens mit deutlich geringerer Nettokreditaufnahme ein wichtiges Signal. Es würde Vertrauen in die Staatsfinanzen schaffen. Sie machen das Gegenteil mit dem Ergebnis: Zunehmende Zinsverpflichtungen bewirken langfristig eine Einschränkung der haushaltspolitischen Handlungsfähigkeit des Landes.

Die Zinsausgaben liegen in diesem Jahr bei 750 Millionen Euro und steigen bis 2013 auf 930 Millionen Euro. Wir haben es gerade schon gehört: Wir sind dann mit den globalen Minderausgaben zusammen bei 1,5 Milliarden Euro - Geld, das für andere, sinnvolle, zukunftsträchtige Investitionen fehlt.

(Bischoff [SPD]: Sie haben es uns ja weggenommen!)

- Das glauben Sie doch selber nicht.

Auch wenn die neue Verschuldungsregel erst im Jahr 2020 vollständig greift, müsste eine verantwortungsvolle Politik rechtzeitig vorsorgen. Angesichts der Lage des Landeshaushalts frage ich Sie daher: Wie wollen Sie die Verschuldung innerhalb eines kurzen Zeitraums auf Null zurückfahren, wenn Sie nicht heute schon damit beginnen? Der Schuldenberg und die strukturellen Probleme des Haushalts unterstreichen die Notwendigkeit der schnellen Umsetzung einer Schuldenbremse in Brandenburg, die auf Dauer dann die Haushaltssituation des Landes verbessern wird.

Im Interesse der Brandenburger fordere ich Sie auf: Lassen Sie die Dinge nicht einfach laufen! Denken Sie an die Zukunft unserer Kinder! Legen Sie eine Schuldenbegrenzungsregel vor, damit das Land nicht letztlich beim Schuldenberater landet! Danke schön.

(Bischoff [SPD]: Weiter so!)

- Gerne.

(Beifall FDP und CDU)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Vogdt. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Fraktion DIE LINKE fort. Abgeordneter Görke, bitte.

Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Frau Dr. Ludwig, es ist sicherlich legitim, dieses Thema jetzt auf die Tagesordnung dieses Parlaments zu setzen. Früher hieß es: Richtiger Antrag - das haben wir oft gehört als Opposition -, nur zum falschen Zeitpunkt. - Ihr Antrag kommt zum falschen Zeitpunkt und ist auch ein falscher Antrag. Das fällt auf den ersten Blick auf, und das enttäuscht mich bei Ihnen, die Sie sonst so gründlich arbeiten. Ich weiß auch nicht, wer Ihnen einen solchen Antrag erstellt hat. Die Begründung zeugt von einer für die Mitglieder eines Verfassungsorgans höchst peinlichen Unkenntnis des Grundgesetzes. So führen Sie als Beleg für Ihre Forderung einer Schuldenbegrenzungsregel folgenden Satz an:

„Der geänderte Artikel 109 des Grundgesetzes verpflichtet Bund und Länder, ihre Haushalte grundsätzlich ohne Einnahmen aus Krediten auszugleichen.“

Sie wissen ganz genau, dass diese Aussage nicht korrekt ist. Sie ist falsch. Dem Bund ist einerseits eine strukturelle Neuverschuldungsgrenze von 0,35 % des BIP zugestanden worden. Andererseits haben auch die Länder weiterhin eine konjunkturelle Verschuldungsmöglichkeit, so heißt es - ich zitiere aus dem entsprechenden Artikel des Grundgesetzes -:

„Bund und Länder können Regelungen zur im Auf- und Abschwung symmetrischen Berücksichtigung der Auswirkungen einer von der Normallage abweichenden konjunkturellen Entwicklung sowie eine Ausnahmeregelung für Naturkatastrophen oder außergewöhnliche Notsituationen, die sich der Kontrolle des Staates entziehen und die staatliche Finanzlage erheblich beeinträchtigen, vorsehen. Für die Ausnahmeregelung ist eine entsprechende Tilgungsregel vorzusehen.“

Aus der Begründung des Antrags ist also ersichtlich, dass Sie als CDU das Grundgesetz nicht richtig gelesen haben - wie vielleicht auch die Klageschrift unserer Fraktion zur Schuldenbremse. Aber darüber kann ich vielleicht einmal in der Pause mit Ihnen ins Gespräch kommen.

Es bleibt also bei Ihrer Aufforderung. Sie empfehlen der Landesregierung, de facto ein totales Schuldenverbot im Landesrecht einzuführen. Das entspricht nun wirklich nicht der im Grundgesetz fixierten Finanzverfassung. Ansonsten ist hier noch einiges klarzustellen.

Ich komme nun zu Ihrem Beschluss selbst. Sie fordern, dass der Landtag die Landesregierung auffordern soll, einen Gesetzentwurf mit dem Haushalt 2011 vorzulegen, der die neuen Schuldenbegrenzungsregeln des Grundgesetzes in Landesrecht umsetzt.

Herr Abgeordneter Görke, lassen Sie eine Frage des Abgeordneten Goetz zu?

Ja, gerne.

Herr Kollege Görke, ist Ihnen bekannt, dass die Sprache der Juristen gelegentlich von der Sprache im allgemeinen Verständnis abweicht und dass das Wort „grundsätzlich“ in einer Rechtsvorschrift wie dem Grundgesetz bedeutet, dass es auch Ausnahmen gibt, und dass, wenn diese Regelung so aufgegriffen wurde, von der CDU genau der Ausnahmetatbestand gemeint ist?

Das mag ja sein, aber in diesem Zusammenhang ist das in der Begründung ganz anders gemeint, und das können Sie auch so nachlesen. Hier steht „grundsätzlich“.

Ich möchte auf meinen Redebeitrag zurückkommen. Insofern, sehr geehrte Frau Kollegin Dr. Ludwig, sollten Sie wissen, dass als übergeordnete Regelung natürlich das Grundgesetz gilt und dies auch für Brandenburg verbindlich ist. Ich glaube, mein Kollege Bischoff hat es Ihnen vorhin auch schon gesagt. Schauen Sie bitte in den Artikel 134 des Grundgesetzes. Alles ist nachzulesen.

Insofern gibt es momentan, im Jahre 2010, keinen Umsetzungsbedarf, geschweige denn eine Umsetzungspflicht. Im Übrigen hat der Finanzminister gestern den Finanzplan des Landes Bran

denburg dargestellt. Darin sind, wenn Sie als Bundesregierung uns das Leben nicht allzu schwer machen, die strukturellen Voraussetzungen geschaffen, damit wir schon im Jahre 2014 die Anforderungen erfüllen und jährlich gar nicht erst bis zum Jahr 2020 mit dieser - wie sagten Sie, Frau Dr. Ludwig? - nicht gerade intellektuell guten Lösung einer Schuldenbremse arbeiten müssen.

Insgesamt ist festzustellen, dass Sie versucht haben, sich hier wieder einmal als Sparkommissar oder als Wächter aufzuführen. Bitte, sorgen Sie dafür, dass die öffentlichen Haushalte durch Ihre Politik nicht weiter stranguliert werden und die Einnahmesituation der öffentlichen Hand nicht so schlimm wird, wie wir es befürchten müssen: jetzt die 55 Millionen Euro, dann gibt es die nächste Etappe von 80 Millionen Euro Mindereinnahmen. Wenn die Vorschläge von FDP und CDU im Bund greifen, ist mit einer Annahme von 300 Millionen Euro zu rechnen - so die Erhebung aus dem Finanzministerium. Ich glaube, das ist eine schwere Hypothek, die wir hier zu tragen hätten. Bitte sorgen Sie dafür, dass sie nicht zum Tragen kommt!

In diesem Zusammenhang noch einmal ein Hinweis auf den Bundeshaushalt: Im Bundeshaushalt ist eine Nettokreditaufnahme von 85 Milliarden Euro bei einem Haushaltsvolumen von 327 Milliarden Euro vorgesehen. Vielleicht sollten Sie als Koalitionsfraktionen im Bundestag Ihre Regierung in gewisser Weise mit einem intellektuell gut formulierten Antrag auffordern, etwas mehr zu tun, um selbst die Festlegung der Schuldenbremse zu erreichen. - Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE und SPD - Zuruf von der CDU: In- tellektueller Tiefpunkt!)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Görke. - Wir setzen mit dem Beitrag der Fraktion GRÜNE/B90 fort. Bitte, Herr Abgeordneter Vogel.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe auch erst gedacht: Mein Gott, warum wird der Antrag nicht zusammen mit dem Haushalt behandelt? Müssen wir wirklich einen Tag später schon wieder darüber reden? Andererseits zeigt aber die öffentliche Wahrnehmung des gestrigen Tages, wie stark Personalien und Berichterstattungen über Ministerwechsel die Medien beherrschen und wie wenig Aufmerksamkeit dem wirklich zentralen Thema des Landes - wie sieht es aus mit dem Haushalt, wie sieht es aus mit der Verschuldungssituation dieses Landes? - gewidmet wird.

(Beifall SPD)

Angesichts dessen halte ich es für dringend erforderlich, diesen Antrag heute zu diskutieren, und ich bedanke mich ausdrücklich bei der CDU dafür, dass sie ihn eingebracht hat.

Es ist aus dem Beitrag von Herrn Bischoff am Ende doch noch deutlich geworden, dass die in der Verfassung verankerte Schuldenbremse auch die Zustimmung der SPD gefunden hat. Wie sollte es auch anders sein? Sie brauchte ja eine Zweidrittelmehrheit im Bundestag und im Bundesrat. Insofern ist davon

auszugehen, dass der Großteil der auch hier vertretenen Parteien im Bundestag zugestimmt hat.