Protokoll der Sitzung vom 25.02.2010

Es wundert mich sehr wohl, dass gerade vonseiten der Linken, die, solange sie nicht in der Regierung waren, immer Transparenz und Offenheit in jedem Bereich, an jeder Stelle, bei jeder Kleinigkeit gefordert haben.

(Görke [DIE LINKE]: Damit können Sie sich stunden- lang im Präsidium beschäftigen, wenn Sie möchten!)

- Herr Görke, mit Transparenzforderungen haben Sie ja Recht. Jetzt haben Sie die Möglichkeit, das auch umzusetzen. Aber machen Sie es? Nein.

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE)

Ich verstehe es ja: Das ist eben die Koalitionsräson, ohne Wenn und Aber. Sich jedoch die ureigensten Dinge eines Parlamentariers aus der Hand nehmen zu lassen und zu sagen: Die Verwaltung weiß es besser als wir, die Verwaltung baut uns da schon etwas hin, und was dahin kommt, werden wir ja sehen!, finde ich wirklich sehr erstaunlich. Vor allem finde ich es erstaunlich, wie damit umgegangen wird, wie und wann Landtagsbeschlüsse eingehalten werden.

Insofern sage ich noch einmal ganz deutlich: Es ist zwingend notwendig, eine solche Baukommission einzurichten. Wir sehen es ja: Die erste Anfrage ist im Wirtschaftsausschuss für den 3. März, glaube ich, gestellt worden. Ich weiß gar nicht, ob der Finanzminister auch zugegen sein und Informationen liefern wird.

(Zuruf von der Regierungsbank)

Auf jeden Fall wird darüber gesprochen, ob und wie der Mittelstand eingebunden wird.

(Zuruf DIE LINKE)

Es werden sich auch andere Ausschüsse Fragen dazu stellen. Ich denke, dass ein zentraler Informationsaustausch gerade über diese Baukommission dringend und zwingend notwendig ist, weswegen ich noch einmal ausdrücklich dafür plädiere.

(Beifall CDU)

Frau Abgeordnete, während Ihres Schlusssatzes gab es eine Frage. Möchten Sie sie beantworten?

Bitte.

Aber nicht wieder eine Grundgesetzfrage, Herr Görke.

(Heiterkeit bei CDU und SPD)

Nein, keine Grundgesetzfrage. Aber schön, dass Sie jetzt öfter lesen und dann erst schreiben. Liebe Kollegin, ich möchte Sie fragen - weil Sie die Transparenz so in den Mittelpunkt stellen -: Meinen Sie nicht auch, dass es besser wäre, in einer öffentlichen Ausschusssitzung - sicherlich im Wirtschaftsausschuss genau diese Fragen zu diskutieren anstatt in einer Baukommission, die hinter verschlossenen Türen tagt?

Herr Görke, das ist ja davon unbenommen. Bloß wissen wir beide, dass man sich in Beratungen im Rahmen einer Ausschusssitzung - gerade, was die die Transparenz betrifft - nicht mit solchen Detailfragen beschäftigt, sondern dass man sich abschließend ein Urteil darüber bildet. Eine Baukommission soll hingegen begleiten und prüfen, was derjenige, der dort baut, umsetzt. Wenn es dann zu Problemen oder Diskussionsbedarf kommen sollte, können wir darauf herzlich gern eingehen; das ist gar kein Thema. - Vielen Dank.

(Beifall CDU und GRÜNE/B90)

Vielen Dank, Frau Dr. Ludwig. - Damit ist der Redebedarf zu diesem Tagesordnungspunkt erschöpft. Wir kommen demzufolge zur Abstimmung. Es liegt Ihnen der Antrag in der Drucksache 5/439, eingebracht durch die CDU-Fraktion, Baukommission für das Potsdamer Stadtschloss, vor. Ich bitte Sie um Ihr Handzeichen, so Sie diesem Antrag folgen. - Wer ist dagegen? - Enthaltungen? - Damit ist der Antrag bei einer deutlichen Mehrheit der Neinstimmen abgelehnt worden.

Meine Damen und Herren Abgeordnete, ich rufe noch einmal den Tagesordnungspunkt 11 zurück. Die Zählkommission hat ermittelt, dass es ein anderes Abstimmungsergebnis gibt. Es gibt demzufolge ein geändertes Ergebnis. Es sind bei einer Nachzählung anstelle der 29 Jastimmen nur 28 Jastimmen zum Antrag der CDU-Fraktion in der Drucksache 5/438, unmittelbare Wahl der Landräte, gezählt worden.

Das Ergebnis 28 Jastimmen, 40 Neinstimmen und keine Enthaltung wird jetzt zu Protokoll gegeben. Ich schließe die Korrektur des Tagesordnungspunktes 11.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 13 auf:

Einführung eines zusätzlichen Stipendiensystems für Medizinstudenten

Antrag der Fraktion der CDU

Drucksache 5/440

Die antragstellende CDU-Fraktion eröffnet die Aussprache. Herr Prof. Dr. Schierack, Sie erhalten das Wort.

Sehr geehrte Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Zahlen und Fakten über die Gesundheitsversorgung in Brandenburg sprechen eine eindeutige Sprache. Der drohende Ärztemangel besonders in den ländlichen Bereichen ist bekannt. Ich hatte es in der letzten Debatte schon angekündigt und besprochen, weswegen ich es hier nicht noch einmal neu auflegen muss. Ich meine, der Analyse ist genug getan. Es gibt auch heute keine neue Datenlage. Es fehlt einzig und allein die Handlung.

Die Vielzahl der kleinen Maßnahmen, die die Akteure im Gesundheitswesen in den letzten Jahren bis 2009 durchgeführt haben, zeigt jetzt kleine Erfolge, wenn man den Statistiken aus dem Jahr 2009 glauben kann. Ich gehe davon aus, dass diese erfolgreiche Strategie fortgesetzt werden kann. Es zeigt sich auch, dass das Problem gelöst werden kann, wenn wir es alle gemeinsam angehen. Es lohnt sich, meine Damen und Herren, viele verschiedene Ansätze zu verfolgen, damit alle Möglichkeiten ausgeschöpft werden können.

Weil viele Bundesländer sowie Institutionen und Verbände das erkannt haben, gibt es auch viele Aktionen von anderen Institutionen und Bundesländern. Nur von der Brandenburger Landesregierung höre ich wenig. Ich höre öffentlich immer nur, dass das die anderen regeln müssen und nicht die Landesregierung selbst. Das tun sie sowieso schon. Im Januar 2010 haben die KBV, die Deutsche Krankenhausgesellschaft und der Spitzenverband der Krankenkassen eine neue Vereinbarung zur Förderung der allgemeinmedizinischen Ausbildung beschlossen. Dabei geht es um einen ganzen Batzen Geld. Die Förderung für einen Allgemeinmediziner, der sich in einer Weiterbildung befindet, beträgt jetzt 3 500 Euro. Das ist eine ganze Menge Geld, das einzig und allein die Kassenärztliche Vereinigung und die Krankenkassen im System bezahlen. Weitere Zuschläge können gegeben werden, wenn diese Ärzte in unterversorgte Gebiete gehen. Außerdem haben die Akteure im Gesundheitswesen Koordinierungsstellen für die Weiterbildung in der Allgemeinmedizin eingerichtet, die die Verbindung zwischen dem stationären und dem ambulanten Bereich herstellen.

Auch die Bundesländer Sachsen und Sachsen-Anhalt haben sich durchgerungen - Sachsen bereits 2008, Sachsen-Anhalt im Doppelhaushalt 2010/2011 -, ein Stipendiensystem zu etablieren, das darauf gerichtet ist, junge Ärzte in die unterversorgten Regionen zu bringen. Das zeigt, dass auch das Land Brandenburg handeln muss, wenn es keine Ärzte verlieren will; denn die anderen Standorte sind attraktiver geworden.

Nachdem unser Antrag zur Medizinerausbildung als Staatsvertrag mit Berlin in der letzten Debatte abgelehnt worden ist, möchten wir heute versuchen, als weiteren Baustein im Kampf gegen den Ärztemangel hier in Brandenburg ein zusätzliches Stipendiensystem zu etablieren. Wir möchten die Landesregierung also beauftragen, ein Projekt zu initiieren, bei dem die Medizinstudenten während des Studiums, wenn sie einen Teil ihres Praktikums in Brandenburg absolvieren, aber auch nach dem Studium, wenn sie in unterversorgten Gebieten arbeiten, ein Zusatzstipendium bekommen. Dazu ist eine Arbeitsgruppe mit Vertretern der Landesregierung, mit den Akteuren des Ge

sundheitswesens und mit den betreffenden Kommunen zu bilden. Diese kann dann die Höhe des Stipendiums ebenso wie die vertragliche Vereinbarung über die Verpflichtung der Studenten nach Abschluss des Studiums festlegen.

Meine Damen und Herren, wenn Sie sich den Antrag anschauen, sehen Sie, dass er einige Modalitäten offenlässt. Das ist der Tatsache geschuldet, dass wir für alle Ideen offen sind. Ich würde Sie hierbei gerne alle mitnehmen. Deswegen meine ich, dass das Projekt, wenn wir es gemeinsam qualifizieren und es wieder in den Landtag eingebracht wird, dann durchaus mit der Mehrheit des Landtages beschlossen werden könnte.

Es wäre gut, wenn man mithilfe dieses Stipendiensystems - das ist der Sinn des ganzen - junge Leute, Abiturienten in den unterversorgten Gebieten frühzeitig dafür gewinnen könnte, ein Medizinstudium aufzunehmen. Dann hätte man den ganzheitlichen Ansatz, sie zunächst beim Abitur, später beim Studium und dann bei der Berufsausübung wieder zurück in die Heimatregion, in die unterversorgten Gebiete zu lotsen. Das hätte auch den Charme, dass schon frühzeitig eine Kontaktpflege zwischen den dort ansässigen Ärzten und den stationären Einrichtungen bestünde. Zum anderen könnte man frühzeitig geeignete Kandidaten ansprechen. Damit könnte vor allen Dingen begabten Schülern aus einkommensschwachen Familien mit einem Stipendium ein Studium ermöglicht werden, was sonst vielleicht nicht möglich wäre.

Wenn Studenten ein Zusatzstipendium erhielten, bräuchten sie nicht nebenbei zu jobben und könnten sich auf das Studium konzentrieren und es frühzeitig, in der Regelzeit beenden. Als Gegenleistung für dieses Zusatzstipendium verpflichten sich die Studenten - das ist der Sinn des Antrags - für eine bestimmte Zeit, die noch näher definiert werden muss, als Arzt in der ländlichen Region tätig zu sein. Langfristiges Ziel soll es natürlich sein, dass der junge Kollege, wenn er in der ländlichen Region arbeitet, dort auch sesshaft wird, nachdem er Land und Leute kennengelernt hat.

Dieses Modell funktioniert in anderen Bundesländern. Es gibt verschiedene Modellrechnungen. Über die Gesamtkosten kann man sicherlich noch nicht diskutieren. Es handelt sich lediglich um einen Vorschlag. Wenn man mit etwa 50 Medizinstudenten rechnet, kommt man etwa auf 500 000 bis 1 Million Euro. Das funktioniert aber nur, wenn die Landesregierung sich nicht nur als Moderator versteht, sondern sich konsequent und konkret finanziell beteiligt. Die brandenburgische Landesregierung kann sich nicht immer nur auf die Ärzte und die Kassen verlassen, wenn Lücken ins ärztliche System gerissen worden sind; denn die Daseinsvorsorge für diese ländlichen Regionen ist eine Staatsaufgabe.

Nur wenn sich alle daran beteiligen, die Akteure im Gesundheitswesen, die Landesregierung und die Kommunen, kann der Betrag, den ich gerade genannt habe, noch geteilt werden. Für die Landesregierung ist letztendlich der geteilte Betrag, den ich gerade genannt habe, relevant. Deshalb würde ich mich freuen, wenn wir heute zu einer guten Diskussion kämen und Sie diesem Antrag zustimmten. Ich denke, das ist im Sinne der Bürgerinnen und Bürger in den unterversorgten Gebieten.

Wenn Sie vorhaben, den Antrag heute abzulehnen, dann bitte ich Sie, wenigstens darüber nachzudenken, wie Sie das Problem lösen wollen, und den Antrag in den Ausschuss zu über

weisen. Ich glaube, das Problem kann man nicht dauerhaft ignorieren. Die Landesregierung muss handeln. Deshalb bitte ich um einen breiten Dialog. - Herzlichen Dank.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Herr Prof. Dr. Schierack. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der SPD-Fraktion fort. Frau Lehmann, bitte.

Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Kollegen! Sehr verehrte Gäste! In der letzten Landtagssitzung haben wir gemeinsam mit Ihnen über den Staatsvertrag diskutiert. Heute diskutieren wir über das Stipendium für die Medizinstudenten. Grundsätzlich finden wir gut, dass es Überlegungen und Gedanken dazu gibt - und dass diese hier eingebracht werden - wie wir die Ärztesituation in Brandenburg besser in den Griff bekommen können. Das ist gar nicht die Frage. Wir finden es auch gut, dass wir darüber gemeinsam diskutieren und uns in diesem Hause mehrheitlich eine Meinung bilden.

Aber wir finden es nicht gut, Herr Dr. Schierack, dass Sie, wenn wir uns eine Meinung bilden - zum Staatsvertrag haben wir das bei der letzten Landtagssitzung getan -, dann landauf, landab suggerieren, das Land habe kein Interesse an dem Thema und ignoriere die ärztliche Situation im Land Brandenburg. Das stimmt ganz einfach nicht. Das ist nicht koscher. Ich meine auch, dass Sie damit Ihre eigene Fraktion bekritteln. Ihre Vorgängerin, die gesundheitspolitische Sprecherin Frau Schier, könnte sehr gut bestätigen, wie oft wir uns im Fachausschuss und im Facharbeitskreis mit diesem Thema auseinandergesetzt haben und wie oft wir auch vonseiten der Landesregierung genau zu diesen Fragen umfassend informiert worden sind.

Ich habe mich in meinem Statement heute auf das konzentriert, was wir schon alles machen. Ich meine, die Aussage, die Landesregierung müsse jetzt endlich etwas machen, kann man so nicht stehenlassen. Klar ist doch - ich denke, da sind wir uns einig -: Zuständig für die Sicherstellung der ambulanten ärztlichen Versorgung ist die Kassenärztliche Vereinigung.

Frau Abgeordnete Lehmann, Herr Bretz hat noch eine Frage an Sie. Lassen Sie die zu?

Liebe Frau Kollegin Lehmann, Sie sagten gerade in einem Zusammenhang, Ihnen sei etwas nicht koscher. Könnten Sie mir bitte erklären, was Sie damit genau meinten?

Man könnte auch sagen, das ist nicht redlich.

Der Sicherstellungsantrag richtet sich an die Kassenärztliche Vereinigung. Da könnte man im Grunde genommen schon einen Punkt setzen. Die Maßstäbe zur Feststellung von Überund Unterversorgung in der vertragsärztlichen Versorgung sind in der Richtlinie zur Bedarfsplanung definiert. Darin wird geregelt, wo wir eine Unterversorgung und wo wir eine Überversorgung haben. Die Aussage, wenn man nach dieser Richtlinie geht, Herr Prof. Schierack, ist: Der rechnerische Versorgungsgrad - das ist ja das Paradoxe - in den Landkreisen ist in allen Facharztgruppen derzeit noch zufriedenstellend. Die regionale Verteilung der Ärzte ist jedoch unterschiedlich. Das ist unser Problem, über das wir sprechen.

Was ist vonseiten der Landesregierung in den letzten Jahren auf den Weg gebracht worden? Zum einen haben wir Ulla Schmidt. Ich nenne ganz bewusst diesen Namen, weil diese Ministerin nun wirklich sehr stark in der Kritik stand. Mit ihrer Gesundheitsreform hat sie dafür gesorgt - das wurde von der Landesregierung intensiv unterstützt -, dass der ambulanten medizinischen Versorgung in Brandenburg seit dem 01.01.2009 mehr Geld zur Verfügung steht. Es gibt ein neues Vergütungssystem, das die Honorierung der Ärztinnen und Ärzte gerechter regelt, vor allen Dingen für die ostdeutschen Ärzte. Seit diesem Jahr gibt es über den einheitlichen Bewertungsmaßstab eine steuernde Wirkung auf das Niederlassungsverhalten der Ärzte. Das heißt, es gibt Zuschläge für unterversorgte Gebiete und Abschläge für überversorgte Gebiete. Wenn es Ihnen gelingt, dass uns Herr Rösler mit seiner Gesundheitsreform diese Finanzierung für Brandenburg auch weiterhin gewährleistet, dann haben wir schon eine ganze Menge geschafft, finde ich. Ich verweise auch auf den Sicherstellungszuschuss der KV und die Umsatzgarantie der Krankenkassen. Das alles sind keine kleinen Maßnahmen, wie Sie gesagt haben. Ich finde, das sind schon gewaltige Maßnahmen.