Protokoll der Sitzung vom 25.02.2010

Nur mit dem Landesplanungsrecht ist es möglich, der Inanspruchnahme von Natur und Landschaft durch die Braunkohle Fesseln anzulegen. Genau dies ist der Ansatz des Gesetzentwurfs. Natürlich wissen wir, dass sich die landesrechtlichen Grundlagen geändert haben und am Gesetzentwurf deswegen noch etwas gefeilt werden muss. Ein Argument gegen die Überweisung an die Ausschüsse ist das nicht; denn genau zu dieser Verbesserung dienen die Ausschussberatungen.

Was unseres Erachtens aber überhaupt nicht geht, ist der von den Koalitionsfraktionen eingebrachte alleinige Verweis auf die Notwendigkeit, das Bundesbergrecht zu reformieren. Hierzu schreibt die Klinger Runde an uns Abgeordnete:

„Der von den Fraktionen der SPD und DIE LINKE eingebrachte Entschließungsantrag ändert leider nichts an Ihrem politischen Willen des ,Weiter so‘. Damit verschieben Sie Ihre demokratische Verantwortung für Brandenburg und dessen Bürger auf die Bundesebene. Sie nehmen weitere Zwangsmaßnahmen gegen Menschen und Natur in Kauf.“

Aus dem Antrag der Fraktionen DIE LINKE und der SPD ist für uns in keiner Weise erkennbar, wie schnell und auf welchem Weg eine Änderung des Bundesbergrechts erfolgen soll. Erwarten Sie eine Bundesratsinitiative der Landesregierung? Was genau möchten Sie erreichen? Sollen zwar die Tagebaufelder erschlossen werden, die Dörfer und Naturschutzgebiete aber ausgenommen bleiben? Wenn das die gemeinsame Position der Koalition ist, warum schreiben Sie es dann nicht hinein? Es sei auch die Frage erlaubt, wer Vattenfall das Recht auf den Erwerb dieser Bergrechte eingeräumt hat und wie die Landesregierung diesen Erwerb flankiert hat. Aber so oder so: Zeit läuft.

Eine Änderung des Bundesbergrechts wird angesichts der bereits laufenden Genehmigungsverfahren zu spät kommen. Helfen kann allein eine Änderung des Landesplanungsrechts. Unsere Hoffnung und die Hoffnung der Bevölkerung vor Ort ist, dass Sie sich auf diesen Weg einlassen.

Hierzu wendet sich heute die Klinger Runde, das Netzwerk für den Erhalt der Niederlausitzer Heimat - sie demonstrieren ge

rade vor dem Landtag -, mit einem offenen Brief an Sie, in dem sie bei Ihnen um die Zustimmung zu unserem Gesetzentwurf wirbt. Ich zitiere hieraus in Auszügen:

„Wir wissen aber auch, dass oft mit ideologischen Argumenten eine demokratische Auseinandersetzung erschwert wird. Ja, jeder Einzelne von Ihnen steht vor einer ideologischen Entscheidung; der Entscheidung, sich von der Ideologie des ,Weiter so‘ zu verabschieden. Mit einer Abkehr von dieser Ideologie versöhnen Sie Brandenburg, von der Lausitz über Beeskow bis in das Oderbruch. Sie eröffnen nachhaltige Perspektiven und geben Brandenburg den Freiraum und die rechtliche Sicherheit für eine Entwicklung, die kommenden Generationen die gleichen Lebensbedingungen und keine Altlasten hinterlässt.“

(Beifall der Abgeordneten von Halem [GRÜNE/B90])

Weiter heißt es:

„So manch Brandenburger Weg erweist sich heute, nach 20 Jahren als Irrweg und muss jetzt von Ihnen aufgearbeitet werden. In 20 Jahren wären mit der Fortführung der derzeitigen Energiepolitik unter anderem die Bürger der Gemeinde Kerkwitz schon ihrer Heimat beraubt.“

Der Brief endet wie folgt:

„Mit diesem offenen Brief appellieren wir an Ihre Verantwortung als Abgeordnete aus Brandenburg, einen Leuchtturm zu machen, der weltweit zeigt, dass Wohlstand für alle dauerhaft und ohne die Risiken und ohne die Nebenwirkungen möglich ist. Seien Sie mutig und entscheiden sich in Ihrem Gewissenskonflikt für diesen Weg.“

Vor dem Landtag hat Frau Kerstin Kaiser am 10. Juli 2008 zu Beginn der letzten Debatte Folgendes gesagt:

„Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Fraktion hat die Volksinitiative ,Keine neuen Tagebaue‘ stets unterstützt. Dies werden wir auch heute wieder tun. Die Koalition dagegen wird sie ablehnen. Damit ist dann hier im Parlament etwas klargestellt. Aber, verehrte Kolleginnen und Kollegen, all die dahinter stehenden Fragen bleiben bestehen.“

So Kerstin Kaiser am 10. Juli 2008 vor diesem Landtag.

Weiterhin hat sie gesagt:

„Wir hängen unsere Fähnchen auch nicht nach dem Wind.“

(Beifall des Abgeordneten Görke [DIE LINKE])

Liebe Fraktion DIE LINKE, umfallen kann nur, wer vorher aufrecht gestanden ist. Ich bescheinige Ihnen, dass Sie während unserer gemeinsamen Volksinitiative und dem Volksbegehren aufrecht gegen Vattenfall und die Braunkohle gestanden sind. Ich hoffe daher, bei der Abstimmung heute keinen lauten „Bums“ zu hören. Stimmen Sie für die Überweisung des Gesetzentwurfs der Volksinitiative an die Fachausschüsse. Dies gilt auch für alle anderen Kollegen, die 2008 den Beschluss des Hauptausschusses, ohne funktionierende CO2-Abscheidung keine neuen Tagebaue zuzulassen, noch mittrugen. Auch Sie soll

ten der Überweisung zustimmen. Sollten Sie dies aus Koalitionsräson heute ablehnen, geben wir anschließend allen die Gelegenheit, ihr Abstimmungsverhalten namentlich zu dokumentieren. - Vielen Dank.

(Beifall GRÜNE/B90 - Görke [DIE LINKE]: Kein Pro- blem!)

Wir setzen mit dem Beitrag der SPD-Fraktion fort. Es spricht die Abgeordnete Hackenschmidt.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Kolleginnen und Kollegen der letzten Legislaturperiode wissen, dass ich mich freue, wenn wir im Landtag über das Thema Energie diskutieren. Besonders bei den Grünen zeigen sich sehr schön die „blinden Flecke“ in der Argumentation. Sie wollen aus der Braunkohle aussteigen und die erneuerbaren Energien an deren Stelle setzen. Aber wenn es darum geht, die erneuerbaren Energie an die Stelle der Braunkohle zu setzen und Flächen für Windkraft- und Solaranlagen auszuweisen und diese neu zu erschließen, dann mauern Sie bei den entsprechenden Vorgängen und sind nicht an Ihre Aussage, die Sie zur Braunkohle treffen, gebunden.

Verraten Sie mir einmal, wie wir ehemalige Militärflächen für erneuerbare Energien gewinnen wollen, können und, so denke ich, auch müssen, wenn diese größtenteils bereits mit einem naturschutzfachlichen Status versehen sind. Verraten Sie mir einmal, wie wir in den Städten für mehr Solar auf den Dächern argumentieren wollen, wenn Sie sich gegen einen Netzausbau sperren. Solange wir diese Fragen in diesem Haus nicht hinreichend geklärt haben, brauchen wir die Braunkohle als Brückentechnologie; das haben wir immer gesagt.

Voraussetzung dabei ist, dass die Versorgungssicherheit und stabile Energiepreise gewährleistet sind. Diese Dinge haben für uns eine große Bedeutung, und für diese stehen wir den Bürgerinnen und Bürgern Rede und Antwort.

In den kommenden Monaten werden wir uns über die Fortschreibung der Energiestrategie unterhalten. Wir werden dabei klären müssen, wie wir tatsächlich darauf Einfluss nehmen können - das haben Sie richtig zitiert - , dass neue Braunkohlekraftwerke nur dann entstehen, wenn CCS funktioniert. Dabei stehen wir und der Ministerpräsident im Wort. Ich denke, das wird auch nicht vergessen. Wir werden uns darüber unterhalten müssen, wie wir Nutzungskonflikte zwischen den verschiedenen Energiequellen über und unter der Erde regeln.

Überwiegend - Sie haben es richtig herausgelesen - handelt es sich hierbei um Bundesrecht. Wir werden also den Blick nach Berlin richten, und zwar nicht, um irgendeine Verantwortung wegzuschieben. Vielmehr gibt es eine geteilte, eindeutig und klar geregelte Verantwortung. Wir werden unsere Vorstellungen entsprechend einbringen.

Ein Thema wird von uns in dem vorgelegten Antrag beschrieben und ist inhaltlich auch im Koalitionsvertrag nachzulesen. Wir brauchen im Bereich des Bergrechts - zusätzlich soziale und ökologische Kriterien. Das ist also keine Erfindung Ihres

Antrags, sondern steht im Koalitionsvertrag. Bei der Frage, ob ein Tagebau erschlossen wird oder nicht, darf nicht nur die Machbarkeit ein Kriterium sein, sondern es müssen auch unsere Klimaschutzziele berücksichtigt werden.

Dabei - das habe ich an dieser Stelle mehrfach gesagt - ist es für mich wichtig, zu erkennen, ob die Lebensräume der Rotbauchunke, des Schwarzstorchs und anderer wichtiger Tiere, die ich für ein ökologisch ausgeglichenes System für wichtig halte, gegen die Anforderungen des Lebensraumes des Menschen abzuwägen sind. Wie sieht in diesem Zusammenhang die Prioritätensetzung aus? Ich denke, darüber sind wir uns jetzt einig, und darüber waren wir uns auch in der Großen Koalition einig. Ich denke, das ist wichtig!

An dieser Stelle wird auch der Zielkonflikt in Europa deutlich: Klimaschutz, erneuerbare Energien. Brandenburg scheint nicht so schlecht zu sein; wir haben den „Leitstern“ bekommen - das haben auch Sie mitbekommen. Aber wir tragen auch mit einem Anteil von 25 % der Landesfläche zu dem größten Teil im Bereich Naturschutz bei FFH und Natura 2000 bei. Wer ist nun mehr wert, der Schwarzstorch, die Fledermaus oder wer auch immer? Ich will, dass wir es bei dieser Frage auf einen Rahmen beschränken, dies miteinander abzuwägen. Dabei kann der Mensch nicht als Letzter in der Reihe stehen. Dafür werde ich mich einsetzen.

(Beifall der Abgeordneten Mächtig [DIE LINKE])

- Danke, Frau Mächtig, jetzt sind wir schon zwei.

(Heiterkeit bei der Fraktion DIE LINKE)

Zu Ihrer Kritik, wir würden Lobbyismus für Vattenfall betreiben: Ich denke - Herr Vogel, das wissen Sie wie alle anderen auch, die sich mit diesem Thema beschäftigt haben -, Tagebauaufschluss braucht Vorlauf. Dabei, so denke ich, sind wir in der Pflicht, die Versorgungssicherheit in den Vordergrund zu stellen. Ich bin bei den Debatten über erneuerbare Energien auf Ihre Ansätze gespannt, wenn es um die aufgezeigten Konflikte geht. - Danke.

(Beifall SPD)

Der Abgeordnete Bretz spricht für die CDU-Fraktion.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Vogel, ich bin Ihnen sehr dankbar, dass Sie diesen Gesetzentwurf heute eingebracht haben, nicht wegen des Inhalts - hierbei haben wir auch eine stringente Auffassung - sondern um zu sehen, wie sich die Kollegen, die sich örtlich neben Ihnen befinden, zu diesem Antrag verhalten.

(Zuruf von der Fraktion DIE LINKE)

Meine sehr verehrten Damen und Herren! Erstens: Ich möchte zu Beginn daran erinnern, wie Sie sich im Landtagswahlkampf zu dem Thema Braunkohleausstieg positioniert haben, wie Sie auf und ab durch die Lande gezogen sind und den Menschen versprochen haben, mit Ihnen gebe es den Ausstieg aus der

Braunkohle, mit Ihnen werde es keine weiteren Tagebaue in Brandenburg mehr geben, und wie Sie es auf Ihrem Landesparteitag als Erfolg gefeiert haben, dass die Ausstiegsszenarien sogar vorverlegt worden sind.

(Zuruf des Abgeordneten Görke [DIE LINKE])

Deshalb sind wir gespannt, zu sehen, wie Sie sich heute zu diesem Antrag verhalten.

Ein zweiter Punkt - es ist heute schon angesprochen worden -: Wir müssen in Ihrer Koalition zur Kenntnis nehmen, dass es gerade in der Linkspartei sehr deutliche Befürworter des Ausstiegs aus der Braunkohle gibt, allen voran der Landesvorsitzende Nord, die Bundestagsabgeordnete Enkelmann und der Bundestagsabgeordnete Nesˇkovi´c. Wir haben auf der anderen Seite das, was Sie als Fraktion vertreten.

(Zuruf des Abgeordneten Görke [DIE LINKE])

Deshalb muss ich Ihnen deutlich sagen: Sie sind in Ihrer politischen Position umgefallen, das müssen wir zur Kenntnis nehmen und bedauern es zutiefst,

(Lachen bei der Fraktion DIE LINKE)

weil Sie mit den Ängsten und Hoffnungen von Menschen politisch spielen.

(Beifall CDU)

Punkt 3: Uns liegt heute ein weitreichender Gesetzentwurf der Fraktion der Grünen vor.