Protokoll der Sitzung vom 10.11.2010

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Nonnemacher. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Fraktion der SPD fort. Der Abgeordnete Bischoff hat das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Nonnemacher, der vorgelegte Antrag ist schon interessant und auch bemerkenswert. Er geht übrigens auch auf ein Thema ein, das für uns als SPD-Fraktion wichtig ist. Ich sage das aber auch für die Fraktion der CDU; wir haben 10 Jahre lang dieses Land gemeinsam regiert, nicht nur regiert, sondern auch modernisiert.

(Beifall des Abgeordneten Senftleben [CDU])

Das sage ich auch für die neue Koalition mit der Linkspartei. Ich will es einmal ganz einfach fassen: Die Verwaltungsmodernisierung im Land Brandenburg ist ein fortlaufender Prozess, und zwar seit 1990. Ich setze einmal voraus, dass allen Abgeordneten klar ist, dass dieser fortlaufende Prozess niemals - ich sage das mit fester Überzeugung - enden wird. Es wird immer Bewegung und Veränderung geben.

(Beifall des Abgeordneten Richter [SPD])

Stillstand wäre an der Stelle Rückschritt. Das ist meine grundsätzliche Übereinstimmung mit dem Ansinnen Ihres Antrags. Im Einzelnen allerdings muss man genauer hinschauen. Wenn man erwartet, dass hier ein umfassendes Konzept vorgelegt wird, ist man am Ende, wenn man sich das durchgelesen hat, relativ enttäuscht. Ich will einen Punkt herausgreifen. Bei fünf Minuten Redezeit und zu später Stunde kann man auch nur ein oder zwei Punkte herausnehmen.

(Pekte [CDU]: Späte Stunde!)

- Herr Petke, es ist schön, dass Sie heute überhaupt noch hier sind. Normalerweise sind Sie um zwei schon weg.

(Beifall SPD)

Ich will meine Redezeit jetzt nicht damit verplempern. Ich will auf den Punkt zurückkommen. Frau Kollegin Nonnemacher, das werfe ich Ihnen überhaupt nicht vor, ich glaube, dass Sie das aus tiefer Überzeugung sagen, und da sind wir uns wirklich einig, Ihr Kollege Fraktionsvorsitzender, Herr Vogel, hat das mehrfach hier am Podium gesagt und wird das auch zu Recht wiederholen: Wir haben im Landtag Brandenburg gemeinsam mit der CDU-Fraktion in der 3. und auch in der 4. Legislaturperiode ohne einen Regierungsanstoß, wir selbst, aus der Koalition heraus, beantragt und übrigens auch ziemlich einstimmig beschlossen, keine Verbeamtungen, außer im hoheitlich streng abgegrenzten Bereich, vorzunehmen. Wir kümmern uns übrigens auch darum, dass das eingehalten wird.

Es gibt einen Punkt, über den wir alle miteinander Bescheid wissen. Wir hätten bei der Verbeamtung von Lehrerinnen und Lehrern Mitte der 90er Jahre durchaus anders handeln können. Das Ergebnis der Debatte sehen wir jetzt an den zunehmenden Pensionslasten, die uns im Landeshaushalt wertvolles Landesgeld kosten und unsere Handlungsspielräume in Zukunft deutlich einschränken werden. Darin besteht Einigkeit. Ich bin sehr überrascht, dass Sie gerade das Beispiel der Lehrerinnen und Lehrer hier vom Pult aus mit breiter Brust vor dem Hintergrund, dass Brandenburg wieder Lehrerinnen und Lehrer verbeamtet, vertreten. Ja, das stimmt. Glauben Sie mir, mir als Finanzpolitiker tut das überhaupt nicht gut. Aber wir haben in der Großen Koalition vor zwei Jahren ein Pensionsvorsorgegesetz auf den Weg gebracht und beschlossen, sodass bei jeder neuen Verbeamtung in Brandenburg in dem Monat, in dem die Kolleginnen und Kollegen verbeamtet werden, auch eine komplette Vollkostenvorsorge gemacht wird. Unter der Maßgabe, dass der Föderalismus zu einer sehr aberwitzigen Situation führt und einzelne Bundesländer Verbeamtungen anbieten, Bayern, Baden-Württemberg etc., zum Teil sogar mit besserer Entlohnung, und wir letztlich um die wenigen klugen Köpfe ringen müssen, eben auch mit guten Bedingungen bei der Bezahlung, bei der Versorgung, haben wir gesagt, wir müssen uns dem Arbeitsmarkt beugen.

Herr Abgeordneter Bischoff, lassen Sie eine Frage des Abgeordneten Senftleben zu?

Aber sehr gerne, Herr Kollege Senftleben.

Herzlichen Dank. Weil Sie gerade den Bereich Bildung und Lehrer angesprochen haben, nur eine kurze Frage mit der Bitte um eine kurze Antwort. Kennen Sie unseren gemeinsamen Beschluss der Großen Koalition im Landtag von Brandenburg,

(Görke [DIE LINKE]: Der alten Koalition!)

womit wir gemeinsam die weitere Verbeamtung im Lehrerbereich ausdrücklich abgelehnt und trotzdem die Ministerien, in dem Fall das Bildungsministerium, an der Praxis festgehalten und damit gegen den Landtagsbeschluss verstoßen haben?

Herr Abgeordneter, klären Sie das!

Herr Kollege, ich kenne den Beschluss, Ihre Schlussfolgerung teile ich nicht.

Ich setze meinen Redebeitrag fort und will darauf eingehen. Die Verbeamtungen im Bereich der Lehrerinnen und Lehrer, die wirklich nur eine Notreaktion sind, um überhaupt Fachkräfte in Regionen wie die Uckermark und die Lausitz zu bekommen, machen wir in Brandenburg gekoppelt mit einer Vollkostenvorsorge. Übrigens: Wenn das angestellte Lehrerinnen und Lehrer wären, würden wir die Sozial- und Lohnnebenkosten auch aus dem laufenden Haushalt bezahlen müssen. Insofern ist es an der Stelle ein Nullsummenspiel.

(Burkardt [CDU]: Aber Herr Bischoff!)

Das müssen Sie sich aber heute in einer fairen, sympathischen Angelegenheit zumindest anhören: Ihre Frau Kollegin Spitzenkandidatin in Berlin hat vor wenigen Tagen in ihrer Antrittsrede eine Menge Sachen erzählt. Eine Sache, aber wirklich nur eine, hat es inhaltlich richtig in die mediale Welt hinein geschafft. Sie sagte, sie würde als Regierende Bürgermeisterin von Berlin für Verbeamtungen von Lehrerinnen und Lehrern sorgen,

(Frau Melior und Frau Stark [SPD]: So ist sie!)

und zwar aus dem zu Recht geschlussfolgerten Punkt heraus, weil sonst Berlin früher oder später im Wettbewerb um die klügsten Köpfe dieser Republik den Kürzeren ziehen wird.

Herr Abgeordneter Bischoff, lassen Sie auch noch eine Frage des Abgeordneten Vogel zu?

Herr Kollege Vogel, natürlich, sehr gern.

Herzlichen Dank, Herr Bischoff. Ist Ihnen bekannt, dass es eine Absprache der SPD-Länder gibt, keine Lehrerverbeamtungen durchzuführen, und dass die Aussage von Frau Künast vielleicht einfach aus der Not geboren ist,

(Oh! bei der SPD)

dass Berlin durch die Konkurrenz des umliegenden Landes Brandenburg Schwierigkeiten hat,

(Oh! bei der SPD)

seine Lehrerinnen und Lehrer zu gewinnen, weil es in einer ernsthaften Konkurrenz mit dem Land Brandenburg steht?

Sehr verehrter Kollege Vogel, zu Ihrer zweiten Frage muss ich ganz klar sagen: Frau Künast hat die richtige Schlussfolgerung gezogen. Sie hat das gemacht, was sie machen muss; das ist auch gar keine verkehrte Entscheidung.

Die erste Frage war, ob es eine SPD-Entscheidung gibt. Das ist mir nicht bekannt; es würde mich auch ziemlich wundern. Aber das zeigt die Stilblüten, die der Föderalismus gelegentlich treibt.

Aber zurück zu Ihrem Antrag: Sie haben hier noch mehrere Punkte aufgeführt, die Konsens sind, dass man das Pensionseintrittsalter der Beamtinnen und Beamten zu einem bestimmten Zeitpunkt an das normale Renteneintrittsalter mit entsprechenden Abschichtungen für besonders hart betroffene Berufsgruppen, ich nenne einmal Polizisten im Wach- und Wechseldienst, anpassen muss. Ansonsten ist es ein Stück weit ein Sammelsurium an Aufgabenstellungen. Ich sage klar: Lassen Sie uns gemeinsam darüber reden. Das ist ein fortlaufender Prozess. Die Koalition hat und wird diesen Prozess aktiv begleiten. Das werden wir auch in der Haushaltsdebatte deutlich machen. Stichworte sind nicht nur die Polizeistrukturreform, die Reform der Finanzämter, der Forst, im Schul- und Bildungsbereich. Ich denke, wir sind uns darüber einig, dass es an der Stelle keines besonderen Anschubs einer Oppositionsfraktion, auch wenn er gut gemeint ist, bedarf. - Vielen Dank erst einmal, und ich freue mich auf die weitere Diskussion.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Bischoff. - Wir setzen die Aussprache mit der Fraktion der CDU fort, für die der Abgeordnete Petke sprechen wird.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des öffentlichen Dienstes leisten eine unverzichtbare Arbeit für das friedliche Zusammenleben in unserem Gemeinsinn.

Ich hätte von der antragstellenden Fraktion der Grünen doch erwartet, dass, wenn es um den öffentlichen Dienst geht, einmal auf die Aufgabenerfüllung des öffentlichen Dienstes abgestellt wird. Der öffentliche Dienst wird in dem vorliegenden Antrag auf den alleinigen Kostenfaktor reduziert: Es geht um Schulden, es geht um zu erwartende Schulden, es geht um Personalausgaben.

Wenn man sich die Debatten hier im Landtag in Erinnerung ruft, wird klar, dass die Grünen immer dann, wenn es um die Themen vorschulische Bildung, Allgemeinbildung, Hochschulbildung oder innere Sicherheit und viele andere Punkte geht, nicht müde werden, zu sagen, wie wichtig es sei, zum Beispiel im Bereich der Erziehung und Bildung vernünftig ausgebildete und vernünftig bezahlte Frauen und Männer in den Schulen, in den Kitas, an den Hochschulen zu haben. Schaut man allerdings in Ihren Antrag, findet man die alleinige Reduzierung auf die Personalausgaben. Wir finden, dass diese Reduzierung unangemessen ist. Es reicht eben nicht, 15 Punkte aufzuschreiben und zu sagen, das sei nun ein Konzept. Es reicht nicht, zu sagen, wenn man diese 15 Punkte aufgreifen und umsetzen würde übrigens sind es im Wesentlichen 15 willkürlich herausgegriffene Punkte -, dann würde man die Finanzsituation des Landes Brandenburg in den Griff bekommen.

Meine sehr verehrten Damen und Herren, alle Länderhaushalte eint, dass die Personalausgaben jeweils den größten Einzelposten darstellen. Es liegt auch in der Struktur der Bundesrepublik Deutschland, dass der Bund uns Aufgaben überträgt und dass diese Auftragenübertragung, beispielsweise im Bildungsbereich - eine der Kernaufgaben der Landesverwaltung -, aber auch bei der inneren Sicherheit Personal kostet.

Ich darf einmal in Erinnerung rufen: Was wären wir denn ohne eine funktionierende Justiz? Wir wären kein Rechtsstaat, wir wären kein Staat, wo sich die Menschen darauf verlassen können, dass sie bei Streitigkeiten oder anderen Dingen Recht gesprochen bekommen.

(Vereinzelt Beifall CDU)

Eine Justiz ohne Frauen und Männer ist schlicht undenkbar. Das Gleiche betrifft den Bildungsbereich, und das Gleiche betrifft natürlich insbesondere auch den Bereich der inneren Sicherheit. Der öffentliche Dienst garantiert ein sicheres und friedliches Zusammenleben in Brandenburg. Ich will auch einmal auf Folgendes hinweisen: Wenn wir Staaten in Europa und darüber hinaus anschauen, die nicht über einen öffentlichen Dienst verfügen, dann sagen uns die Vertreter der Wirtschaft immer - und dies ist ein richtiges Argument dafür, dass der öffentliche Dienst in Brandenburg ein Fundament für wirtschaft

liche Entwicklung und wirtschaftliches Wachstum ist -, dass ein funktionierender, vor allem auch ein korruptionsfreier öffentlicher Dienst die Voraussetzung dafür ist. Auf all das nehmen Sie in Ihrem Antrag leider keine Rücksicht. Das ist etwas, was eine wirkliche Schwachstelle des Antrags darstellt.

Worüber werden wir in Brandenburg reden? Wir haben gerade gehört - diesen Punkt fand ich doch recht beachtlich -, dass es schwierig ist, in der Fläche des Landes gut ausgebildete junge Menschen zu finden. Es bereitet natürlich Sorge, dass im Bereich der Polizei in diesem Jahr gerade einmal 100 Jugendliche die Ausbildung zum Polizisten antreten können - nur 100 im fünftgrößten Flächenland mit immerhin über 2,5 Millionen Einwohnern.

Wir müssen in Brandenburg über die Zukunft des öffentlichen Dienstes reden. Wir müssen nach der Föderalismusreform auch darüber reden und konkret sagen, wie wir unser eigenes Dienstrecht, unser Landesbeamtenrecht, unser Personalvertretungsrecht und viele andere Fragen mit einer eigenen Brandenburger Regelung, mit einer eigenen Brandenburger Note versehen. Hier geht es um Motivation, hier geht es um den erhöhten Krankenstand bei der Polizei, aber vielleicht auch in anderen Bereichen. Es geht auch darum, wie wir junge Menschen dafür begeistern können, eine Ausbildung, eine Karriere im öffentlichen Dienst zu beginnen.

All das findet natürlich in einer Konkurrenzsituation, im Wettbewerb mit anderen Ländern statt - das ist zu Recht angesprochen worden -, die zum Teil über eine bessere finanzielle Ausstattung verfügen, als das in Brandenburg derzeit der Fall ist und möglicherweise auch in Zukunft der Fall sein wird. Deswegen sagen wir: Das Land braucht einen qualifizierten, handlungsfähigen und effizienten öffentlichen Dienst. Er ist wichtig für alle Kernbereiche unseres Landes und für alle Zukunftsthemen unseres Landes. Aber der vorliegende Antrag von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN beantwortet eben nicht die Frage, wie wir das schaffen. Sie ziehen nur einen Teilbereich heraus. Das hat in der Vergangenheit insbesondere der Finanz- und Innenminister Speer getan, der mit seinen Äußerungen den öffentlichen Dienst in der Öffentlichkeit allein als Kostenfaktor dargestellt und ihn darauf reduziert hat. Das ist nicht unser Weg. Wir wollen diese Debatte führen, wir wollen sie aber ganzheitlich führen, und wir wollen sie vor allen Dingen so führen, dass die Menschen wissen: Sie können sich auf den öffentlichen Dienst in Brandenburg verlassen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Petke. - Wir setzen die Aussprache mit dem Beitrag der Fraktion DIE LINKE fort, für die der Abgeordnete Ludwig spricht.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Herr Bischoff hat völlig richtig darauf hingewiesen, dass Verwaltungsmodernisierung für alle Landesregierungen ein Thema war; es ist ein Dauerthema. Insofern ist dieser Antrag bestenfalls als Frage zu verstehen, wie sich diese Landesregierung diesem Dauerthema stellt. Sie tut es; sie hat verschiedens

te Vorhaben zur Modernisierung der Landesverwaltung in Arbeit. Einiges können Sie dazu exemplarisch schon im Koalitionsvertrag für diese Legislaturperiode nachlesen. Auch konnten wir in der letzten Sitzung des Landtages über den aktuellen Bericht zum Gesetz über die Ziele und Vorgaben zur Modernisierung der Landesverwaltung debattieren.

Die Koalition hat zusätzlich eine Arbeitsgruppe eingesetzt, die sich um Vorhaben der Verwaltungsmodernisierung für die Landesverwaltung kümmern soll. Auch wenn die Ergebnisse, die die vorhergehenden Landesregierungen - so auch diese - erreicht haben, noch nicht in allen Bereichen begeistern können, so sind wir doch auf dem Weg. Das heißt auch, dass wir einige Positionen der Antragsteller und Antragstellerinnen durchaus vertreten, die Sie ja seit Jahren vertreten, gerade in diesem Haus. Gleichwohl ist es den Linken nicht möglich, einem derartig geballten Forderungskatalog zuzustimmen. Dieser „Gemischtwarenladen“ zeugt nicht unbedingt von systematischer Arbeit. Da ist ein wenig mehr Fleiß notwendig, sehr geehrte Antragstellerinnen und Antragsteller.