bei fast alle eine größere Fläche als unser größter Landkreis Uckermark aufweisen werden. Die Zahl der kreisfreien Städte sinkt von 6 auf 2, nämlich Rostock und die Landeshauptstadt Schwerin. Auch wenn diese Einschnitte schmerzlich sind und die Größe der Landkreise erheblich ist, so bleibt doch die richtige Erkenntnis, dass bei sinkenden Einwohnerzahlen und sinkenden Einnahmen knappes Geld nicht zur Aufrechterhaltung ineffizienter Verwaltungen ausgegeben werden kann.
Auch wir in Brandenburg müssen uns forciert mit diesem Problem auseinandersetzen. Wir brauchen ebenso wie die Polizeistrukturreform auch eine Verwaltungsstrukturreform 2020.
Die Evaluierung der Gemeindegebietsreform von 2003 muss erheblich forciert werden. Mit einer halbherzigen und konzeptlosen Förderung von freiwilligen Zusammenschlüssen wird es nicht getan sein, meine Damen und Herren. Dass die Koalition einer flächendeckenden Kreisgebietsreform eine Absage erteilt hat, wird sich als schwerer Fehler erweisen.
Auch diese Reform wird viel Begleitung und viel Vermittlung erfordern. Je früher wir damit anfangen, desto besser.
Zu den schwachen Kreisen, von denen nur noch einer einen ausgeglichenen Haushalt aufweist, während mehrere mit nicht genehmigungsfähigen Haushaltssicherungskonzepten kämpfen, kommen die massiven Probleme der kreisfreien Städte. Deren strukturelle Defizite sind aus eigener Kraft überhaupt nicht mehr ausgleichbar, da schon zur Erfüllung pflichtiger Aufgaben auf Kredite zurückgegriffen werden muss. Freiwillige Aufgaben, auf die verzichtet werden könnte, sind kaum noch vorhanden und wenn, bedeutet der Verzicht eine weitere Schwächung der Attraktivität des Standortes. In Anbetracht der Finanzlage wird kommunale Selbstverwaltung zur Chimäre. Zur Stärkung der kommunalen Finanzkraft fordern wir nach wir vor, den ungerechtfertigten Vorwegabzug von 50 Millionen Euro im FAG zu streichen.
Auch andere Projekte im innenpolitischen Bereich kommen nur schleppend voran. Die im Koalitionsvertrag versprochene Einführung einer Kenntnispflicht für uniformierte Polizeibeamtinnen und -beamte im Einsatz wurde zwar durch einen CDU-Antrag forciert, die 1. Lesung des Siebenten Gesetzes zur Änderung des Brandenburgischen Polizeigesetzes fand bereits am 01.07.2010 statt. Die notwendige Befassung im Innenausschuss und die lange geplante Anhörung zum Thema wurden aber von den Koalitionsfraktionen doch arg auf die lange Bank geschoben. Erst die Polizeistrukturreform durch den Landtag schiffen, bevor wir uns weiteren Ärger aufladen, lautete die Devise.
Gleiches gilt für die Herabsetzung des Wahlalters auf 16 für Kommunalwahlen. Die Kollegen der FDP-Fraktion haben das Gesetz zur Änderung der Verfassung und des Brandenburgischen Kommunalwahlgesetzes bereits im August in den Landtag ein
gebracht. Auch hier zeichnet sich jetzt schleppend nach mehrmaliger Nachfrage die Weiterbehandlung ab. Die Anhörung ist für den 31. März vorgesehen.
Zur Stärkung der demokratischen Mitwirkungs- und Gestaltungsrechte der Bürgerinnen und Bürger, auch dies ein Anliegen des Koalitionsvertrages, hat inzwischen meine Fraktion die Initiative ergriffen und Gesetzentwürfe zur Verfassungsänderung und zur Änderung des Volksabstimmungsgesetzes intern allen Fraktionen zur Stellungnahme vorgelegt. Wir sind sehr an einem konstruktiven und einvernehmlichen Diskussionsprozess interessiert, um zur Stärkung der direkten Demokratie einen breiten Konsens aller demokratischen Parteien erzielen zu können.
Besondere Aktivitäten zur Verwaltungsmodernisierung oder zur durchdachten Funktionalreform sind mir bei dieser Regierung nicht aufgefallen. Das gerade im parlamentarischen Verfahren befindliche Ordnungsbehördengesetz ist ja mehr ein abschreckendes Beispiel für punktuelles Krisenmanagement als für sinnvolle Funktionsbetrachtungen. Fortschritte bei der Klärung und Förderung der wirtschaftlichen Aktivitäten von Kommunen sind nicht zu verzeichnen. Auch die Modernisierung des Beamtenrechts lässt auf sich warten. Das bis zum Ende 2010 in Aussicht gestellte Katastrophenschutzkonzept dürfte wohl bis Anfang nächsten Jahres mit Ach und Krach vorliegen. Die Erwartung der Kommunen, dass sich das Land für die vom Bund übernommene Verpflichtung angemessen finanziell engagiert, dürfte wohl enttäuscht werden.
Bei so viel Abarbeitungsstau wird einem angst und bange, wenn man bedenkt, dass sich die Koalition bis Ende nächsten Jahres ein Megathema auf die Agenda gesetzt hat: die Evaluierung der Kommunalverfassung von 2007. Allein die umstrittenen Regelungen bezüglich der Fraktionsgrößen, die Direktwahl der Landräte, die Formen direkter Demokratie auf kommunaler Ebene und die Bestimmungen zur wirtschaftlichen Betätigung der Kommunen dürften für reichlich Zündstoff sorgen.
Gefreut habe ich mich über die Zusammenführung der Aufsicht über den Datenschutz im öffentlichen und nichtöffentlichen Bereich, auch wenn eine Ausgestaltung als oberste Landesbehörde nicht erwirkt werden konnte. Eine personelle Verstärkung des Datenschutzes entsprechend dem stark erweiterten Aufgabenprofil mahnen wir an.
Erfreulich war ferner - Frau Stark hat darauf hingewiesen -, dass erste Ansätze zur Lockerung der Residenzpflicht für Asylbewerber und geduldete Ausländer in Angriff genommen wurden. Ärgerlich bleibt die sehr unterschiedliche Handhabung der Vorschriften durch die einzelnen Ausländerbehörden der Kreise.
Ich fasse zusammen: Insgesamt mangelt es dieser Regierung auch im innenpolitischen Bereich an Schwung und Gestaltungskraft. Die Protagonisten sind mit sich selbst und ihren Affären beschäftigt. Besonders die Sozialdemokraten sind aus dem Tritt und ringen mühsam um Fassung. Dass DIE LINKE, das rote Bollwerk gegen Personalabbau, im Innenausschuss die ungeliebte Polizeistrukturrefom über die Runden retten muss und sich in Nibelungentreue übt, während die Krise in der SPD die Lust auf den innerparteilichen Diskurs fördert, ist fast ein Treppenwitz. Von Erneuerung ist auch nichts zu spüren. Trotz manch hoffnungsvoller Idee im Koalitionsvertrag versanden
die rot-roten Ideen in den Mühen der Ebenen. Und außerdem ist man ja mit der Polizeistrukturreform beschäftigt.
Während für die CDU-Fraktion der Abgeordnete Petke ans Rednerpult tritt, begrüße ich unsere Gäste vom Technologieund Berufsbildungszentrum Potsdam und wünsche ihnen einen spannenden Nachmittag im Landtag Brandenburg.
(Herr Petke spricht mit heiserer Stimme. „Oooh“ bei der SPD - Jürgens [DIE LINKE]: Dass ich das noch erleben darf, dass Sie sprachlos sind!)
- Danke, Herr Präsident. Trotz meiner Angeschlagenheit kann ich Ihnen die Kritik natürlich nicht ersparen. Ich möchte bei der Haushaltsdebatte mit der Polizeireform beginnen. Das gehört sich so, denn es ist das größte und das am tiefsten eingreifende Projekt von Rot-Rot im Bereich der Innenpolitik. Frau Kollegin Nonnemacher hat schon auf bestimmte Punkte hingewiesen.
Wir haben es mit dem zweiten Innenminister zu tun. Herr Speer war damals gestartet, alles neu, alles anders zu machen und den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Innenministerium sowie den Frauen und Männern in der Polizei mal zu zeigen, „wie es richtig geht“. Da hieß es am Anfang, ein Drittel weniger effizient sei die Polizei in Brandenburg. Woher er diese Erkenntnis genommen hat, wird wohl bis in alle Ewigkeit sein Geheimnis bleiben. Da dachte man im Ministerium, mit Herrn Speer und drei Mitarbeitern könnte man alles anders, alles besser machen. Heute redet niemand mehr vom interaktiven Funkstreifenwagen. Wo sind denn diese Autos geblieben? Frau Kollegin Stark, ich freue mich natürlich wie Sie, wenn wir in einem Flächenland mit einer Größe von fast 30 000 m2 und 2,6 Millionen Einwohnern 15 neue Autos haben, in denen sich ein Schreibtisch befindet.
Wenn das der große Durchbruch der rot-roten Sicherheitspolitik ist, dann sehen Sie uns doch bitte nach, dass wir nicht mitjubeln können.
Kollege Schulze, wenn Sie auf meine Sprache anspielen, dann sind Sie doch mein bester Kronzeuge. Denken Sie an die Sit
zung des Innenausschusses in der letzten Woche zurück, als Sie gesagt haben: „Auf zwölf rotzigen Seiten ist das die letzte Altlast von Minister Speer.“ - Das sind Ihre Worte. Dann haben Sie fünf Minuten gebraucht, um uns zu erklären, dass Sie nicht dagegen stimmen, sondern allen Mut zusammennehmen und sich enthalten.
Wenn ich auf unsere morgige Tagesordnung schaue, stelle ich viele Abwesenheiten fest. Das betrifft auch den Kollegen Schulze und wird wohl seine Gründe haben. Morgen entscheiden wir über die Poizeireform.
(Holzschuher [SPD]: Den Mut hätte er, hier zu erschei- nen, wenn er morgen nicht ins Krankenhaus müsste!)
- Herr Kollege Holzschuher, was die Halbwertszeit Ihrer Aussagen bezüglich der Mitglieder Ihrer Fraktion betrifft, bin ich ganz vorsichtig. Heute so, und eine Woche später ganz anders.
(Beifall CDU, FDP sowie der Abgeordneten Nonnema- cher [GRÜNE/B90) - Holzschuher [SPD]: Sie ist exponentiell höher als Ihre!)
Sie haben im Ergebnis Verunsicherung gestiftet, im Land und selbst bei den eigenen Leuten. Wenn Sie Gelegenheit haben, mit Ihren Mitgliedern - nachdem Sie mit ihnen über Herrn Speer und den Ministerpräsidenten gesprochen haben - vielleicht einmal zu einem inhaltlichen Thema zu kommen, dann werden Sie feststellen, dass niemand in Kleinmachnow, Teltow, in der Uckermark, in Elbe-Elster und der Prignitz Ihre Reformansätze unterstützt.
Niemand ist der Meinung, dass Sie es schaffen werden, wenn Sie die Polizeiwachen geschlossen haben, wenn Sie 1 900 Stellen abgebaut haben, die Sicherheit in Brandenburg auf dem heutigen hohen Niveau zu gewährleisten. Niemand ist der Meinung, dass Sie die Prävention aufrechterhalten können. Alle sagen uns, auch die Kommunalpolitiker von SPD und Linke, die Polizeireform - so, wie sie Rot-Rot bzw. der damalige Minister Speer aufgesetzt hat - werde dazu führen, dass unser Land unsicherer wird. Das werden vor allem diejenigen zu spüren bekommen, die nicht das Geld haben, sich selbst zu schützen.
Auch bei den anderen Themen sieht es nicht großartig anders aus. Kommen wir zur Gemeindereform oder zur kommunalen Struktur. Nach einer Landesvorstandssitzung der SPD erfährt man ja so manches. Als die Zeiten noch ein bisschen ruhiger waren, ging der Ministerpräsident raus und sagte: Der Landesvorstand der SPD hat beschlossen, die Ämter abzuschaffen. Das war die Botschaft. Was ist seitdem passiert? Überhaupt nichts. Nicht im Innenausschuss, nicht im Landtag, nirgends. Der Ministerpräsident und Landesvorsitzende der SPD sagt öffentlich, die Ämter hätten sich überholt, und dann: Still ruht der See.
Das Gleiche betrifft die Zukunft unserer Landkreise, kreisfreien Städte und kreisangehörigen Kommunen.
Kollege Schippel, ich habe bemerkt, dass Sie, als von den Grünen eine Kreisgebietsreform eingefordert wurde, applaudiert haben. Sie waren aber auch der Einzige, der das tat. Sonst hatte in Ihrer Fraktion niemand den Mut, das Thema anzusprechen.
Wenn Sie in den FAG-Entwurf schauen, werden Sie feststellen, dass der dortige Versuch nicht einmal als halbherzig zu bezeichnen ist. Bei der kommunalen Struktur - eines der Kernthemen -: Fehlanzeige!
Das Gleiche gilt für die Funktionalreform. Dass es schwierig ist, will ich nicht bestreiten. Aber Herr Dr. Scharfenberg, Sie haben zehn Jahre versucht,
(Frau Mächtig [DIE LINKE]: Zehn Jahre hat es Ihr Mi- nister nicht auf die Reihe gekriegt, und jetzt kritisieren Sie, dass es die Koalition nicht in einem Jahr geschafft hat? Das ist eine Frechheit, Herr Petke!)
an der Stelle Druck zu machen. Nun haben wir schon 15 Monate Rot-Rot. Ich gebe zu, dass andere Themen nun wirklich im Vordergrund gestanden haben, an denen wir übrigens nicht beteiligt waren.