Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen von der CDU, dass die Linke die politische Ausrichtung der Bundeswehr nicht unterstützt, dürfte Ihnen völlig klar sein. Dass die Linke auch zu den
Auslandseinsätzen der Bundeswehr und der damit verbundenen außenpolitischen Instrumentalisierung der Soldatinnen und Soldaten eine andere Auffassung hat, dürfte Ihnen auch nicht entgangen sein. Gleichwohl haben die Soldatinnen und Soldaten und diese Standortkommunen unsere Unterstützung, wenn es darum geht, Perspektiven für die Zukunft zu entwickeln. Ihr Antrag leistet dazu keinen Beitrag, deshalb lehnen wir ihn ab.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Domres. - Es geht weiter mit dem Beitrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Der Abgeordnete Jungclaus hat das Wort.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Als Reaktion auf die von zu Guttenberg angekündigte Reform der Bundeswehr bringen sich zurzeit im gesamten Bundesgebiet Bürgermeisterinnen und Bürgermeister, Ministerpräsidentinnen und Ministerpräsidenten und, wie am vorliegenden Antrag zu sehen, auch Landtagsabgeordnete in Stellung, um für den Erhalt „ihres“ Bundeswehrstandortes zu kämpfen. In Sachsen hat die CDU übrigens einen sehr ähnlich lautenden Antrag in den Landtag eingebracht. Sie tun dies ungeachtet dessen, dass die Bundeswehr vor einer der grundlegendsten Strukturreformen in ihrer Geschichte steht. Nach den Plänen des Verteidigungsministers soll sie von einer Wehrpflichtarmee mit 250 000 Soldaten auf eine Freiwilligenarmee mit 185 000 Mann reduziert werden, und das ist auch gut so.
Wir Bündnisgrüne stehen ganz klar zur Abschaffung der Wehrpflicht und damit auch zu den damit verbundenen Folgen. Auf Bundesebene - daran möchte ich die Kolleginnen und Kollegen von der CDU an dieser Stelle erinnern - gibt es einen breiten Konsens für die Aussetzung der Wehrpflicht, der auch von den Unionsparteien getragen wird. Es müsste allen in diesem Hause auch klar sein, dass auf Landes- und kommunaler Ebene mit den Konsequenzen einer solchen Entscheidung umgegangen werden muss. Einerseits Reformen und damit auch Reduzierungen zu beschließen, dann vor Ort aber für den jeweiligen Erhalt zu kämpfen, das, liebe Abgeordnete der CDU, ist das Sankt-Florians-Prinzip und wird der Bedeutung des Themas absolut nicht gerecht.
Die Frage, wie viele und welche Standorte mit welcher Truppenstärke zu erhalten sind, muss zunächst anhand sicherheitsund verteidigungspolitischer Kriterien beantwortet werden. Deswegen ist es falsch, einen Antrag pauschal für den Erhalt der Bundeswehrstandorte in Brandenburg zu stellen.
Sicherlich ist der Verweis auf den Zivilschutz und die wirtschaftliche Bedeutung der Bundeswehr für die betroffenen Regionen mehr als berechtigt. Es wurde gestern auch bereits in der Aktuellen Stunde zu Recht mehrfach die große Bedeutung der Bundeswehr bei der Bewältigung der Brandenburger Hochwasserkatastrophen hervorgehoben. Allerdings ist die Schließung eines Standortes für jede Region, ob nun im Norden oder im Süden, ob in den alten oder in den neuen Bundesländern
Kollege Petke hat einige aufgezählt -, immer ein immens wirtschaftliches Problem. Dennoch muss man ganz klar sagen: Zum Auftrag der Bundeswehr gehört eindeutig nicht die Sicherung von Wirtschaftsstandorten. Sie ist ebenfalls kein Instrument der Regionalentwicklung.
Ein konstruktiver Umgang mit der anstehenden Reform wäre, zu versuchen, mit den sozialen und wirtschaftlichen Folgen des Umbaus möglichst gut umzugehen. Hier drängen sich vor allen Dingen drei Bereiche auf, bei denen es sich anzusetzen lohnt.
Als Erstes ist der Bund gefragt, unter sicherheits- und verteidigungspolitischen Aspekten ein umfassendes Konzept vorzulegen, bei dem alle regionalen Interessen gleichberechtigt berücksichtigt werden.
Zweitens muss sich der Bund, aber auch die Landespolitik, schnellstmöglich Gedanken darüber machen, wie die Lücke geschlossen wird, die der Rückgang der Zivildienstleistenden hinterlassen wird; denn auch der Zivildienst wird mit der geplanten Reform abgeschafft, und die Folgen hiervon werden mit Sicherheit mindestens genauso groß sein.
Drittens gilt es, vor Ort möglichst frühzeitig schlüssige und zukunftsfähige Konzepte zur Nachnutzung der Liegenschaften und Umstrukturierung derjenigen Regionen zu entwickeln, die von den Schließungen betroffen sein werden. Das wird in erster Linie auf kommunaler Ebene geschehen, aber auch die Landespolitik muss hier unterstützend wirken. Wir erwarten von der Landesregierung, dass sie hier schnellstmöglich entsprechende Vorschläge unterbreitet; der Abgeordnete Domres sprach bereits einiges an.
Ich fasse zusammen: Wir halten nichts davon, die Reform der Bundeswehr grundsätzlich zwar zu befürworten, aber nur unter der Bedingung, selbst nicht von den Kürzungen betroffen zu sein. Lieber Kollege Petke, verwechseln Sie bitte nicht das Bekenntnis zur Bundeswehr mit einem Bekenntnis zu Ihrem Antrag; wir werden ihn aus den genannten Gründen ablehnen. Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Abgeordneter Jungclaus. - Wir setzen die Debatte mit dem Beitrag der Landesregierung fort. Minister Dr. Woidke hat das Wort.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich möchte mich eingangs ausdrücklich bei allen Soldatinnen und Soldaten der Bundeswehr, die in Brandenburg, in Deutschland, aber auch in Auslandseinsätzen einen schweren und gleichwohl wichtigen Dienst für unser Land tun, bedanken.
Warum ist die Bundeswehr für uns in Brandenburg eigentlich so wichtig? Warum ist sie ein, wie die CDU es nennt, leis
tungsfähiges Instrument oder auch verlässlicher Partner, wie wir es schon oft in diesem Hohen Haus gehört haben? Doch auch und vor allem, weil wir hier sehr oft sehen und erleben konnten, welchen Dienst die Streitkräfte für die Bürgerinnen und Bürger in unserem Land leisten. Die Hochwasser an der Oder 1997 und an der Elbe 2002 und 2006 sowie die Einsätze im Jahr 2010, die ich nicht alle aufzählen möchte, sind noch in frischer Erinnerung und wohl die eindrücklichsten Beispiele. Die Unterstützung beim Katastrophenschutz ist einer der wichtigsten Gründe, aus denen sich die Landesregierung für den notwendigen Erhalt der Bundeswehrstandorte im Land einsetzt.
In Ihrem Antrag, liebe Kollegen von der Unionfraktion, kommt mir das ein wenig zu kurz. Sie verweisen in Ihrer Begründung auf den Bericht des Arbeitsstabes „Umbau der Bundeswehr“ vom 7. Februar dieses Jahres. In diesem Bericht geht es in erster Linie darum, das Bundesverteidigungsministerium selbst organisatorisch neu zu ordnen, und nur mittelbar um die Neuordnung der Streitkräfte in ihrer Gesamtheit. Als Brandenburger Landtag sollten wir aber gerade die Neuausrichtung der Bundeswehr und die Auswirkungen speziell auf unser Land im Blick haben. An dieser Stelle suche ich vergeblich nach einem zweiten Punkt im Antrag der CDU-Fraktion, nämlich nach einem Punkt, der genauso wesentlich für unser Land ist wie die Struktur der Bundeswehrstandorte.
Mit dem Wehrrechtsänderungsgesetz 2011 will die Bundesregierung die Wehrpflicht in Deutschland zum 1. Juli aussetzen und einen freiwilligen Wehrdienst einführen. Dabei müssen wir immer mit bedenken: Wenn die Wehrpflicht fällt, fällt auch die zum Wehrersatzdienst und die alternative Möglichkeit, sich für den Zivil- und Katastrophenschutz zu verpflichten. Auch das werden wir hier in Brandenburg sehr stark zu spüren bekommen, besonders bei den Helfern des THW und den Rettungsdiensten.
Im Bericht des Wehrbeauftragten steht außerdem, dass die bevorstehende Strukturreform neue Standortentscheidungen mit sich bringen wird. Die Landesregierung setzt sich mit Nachdruck für den Erhalt der hier im Land befindlichen militärischen Infrastruktur ein. Sie tut es jetzt schon, und sie wird es weiterhin tun. Die Innenministerkonferenz hat im vergangenen Herbst beschlossen, an den Bundesverteidigungsminister zu appellieren, die Landeskommandos und damit einen wichtigen Ansprechpartner für die Landesregierung zu erhalten. Ich bin sehr dankbar, dass es aus Berlin erste positive Signale in diese Richtung gibt.
Die IMK hat außerdem den zuständigen Arbeitskreis aufgefordert, bis zu ihrer Frühjahrssitzung die Auswirkungen der geplanten Bundeswehrreform auf den Bevölkerungsschutz - diese Hilfe ist grundgesetzlich verankert - zu untersuchen. Mein Haus ist daran aktiv beteiligt. Ich habe in den vergangenen Wochen Gespräche mit dem Stellvertreter des Generalinspekteurs der Bundeswehr sowie mit dem Befehlshaber im Wehrbereich 3 geführt. Zudem gibt es ständige Gespräche mit dem Landeskommando hier in Brandenburg.
Über die bekannten Eckpunkte der Strukturreform der Bundeswehr werden wir auf der Landrätekonferenz am 2. März und der Sitzung der AIMK am 10. März beraten. Ich werde kurzfristig, wenn die Strukturvorstellungen des Bundes bekannt gemacht werden - das soll Mitte dieses Jahres erfolgen -, die unteren Katastrophenschutzbehörden, also Landräte und Ober
bürgermeister, einladen, um mit ihnen über die Auswirkungen auf den Katastrophenschutz im Land zu beraten.
Meine Damen und Herren! Sie sehen also, das Thema ist präsent. Wir befassen uns intensiv damit und begleiten kritisch und sachlich die Entwicklungen, die sich im Bundesverteidigungsministerium vollziehen. Nach meinen Informationen sollen, wie gesagt, Mitte des Jahres Entscheidungen getroffen werden, und ich hoffe, dass es ein geordnetes Verfahren unter Einbeziehung der Länder gibt.
Wie gesagt, für uns ist die Bundeswehr neben einem wichtigen Arbeitgeber und Wirtschaftsfaktor in vielen Regionen unseres Landes vor allem ein verlässlicher Partner, wenn es um die Sicherheit und den Schutz der Menschen im Land Brandenburg geht. Die Landesregierung wird dafür eintreten, dass das so bleibt. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Vielen Dank, Herr Minister Dr. Woidke. - Zuletzt hat noch einmal die CDU-Fraktion das Wort. Herr Abgeordneter Petke, bitte.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Sehr geehrter Minister Dr. Woidke, ich darf mich für Ihren sachlichen Redebeitrag bedanken. Anlass für unseren Antrag waren tatsächlich zwei Äußerungen des Innenministers im Plenum, wo er vollkommen zu Recht gegenüber dem Bund kritisch angemerkt hat, dass die bevorstehende Reform der Bundeswehr auch uns im Land fordern wird - sowohl personell als auch materiell.
Wenn hier gesagt wird, dass alle fünf Jahre von einer großen Reform gesprochen wird, so mag das richtig sein, aber dieses Mal ist es tatsächlich so, dass mit der Aussetzung - und das ist de facto eine Abschaffung - der Wehrpflicht eine ganz tiefgreifende Veränderung für unsere Bundeswehr vollzogen wird. Dann lese ich in der „Märkischen Oderzeitung“ - ich glaube, es ist das letzte Gelöbnis von Wehrpflichtigen in Strausberg gewesen -, dass ein Stadtverordneter der Linksfraktion sagt: Wir wollen auch in Zukunft die Bundeswehr dauerhaft in Strausberg haben. - Ich glaube, dass die Mehrheit der Einwohner von Strausberg das genauso möchte. Ich bekomme mit, dass in vielen Landtagen Kolleginnen und Kollegen der Sozialdemokratischen Partei Anträgen mit einer ähnlichen Zielrichtung zustimmen.
Frau Kollegin Hackenschmidt, natürlich ist es Ihre Art von Bekenntnis, bei einem Neujahrsempfang der Bundeswehr einmal im Jahr, im Januar, zu Gast zu sein. Das ist Ihnen unbenommen, und das zeigt ja, dass Sie eine aktive Abgeordnete sind. Aber heute geht es darum, ein Bekenntnis des Landtags abzugeben. Es geht nicht darum, die Landesregierung aufzufordern oder sie zu kritisieren. Die Oppositionsfraktion CDU möchte erreichen, dass die erste Gewalt, die Volksvertretung, dem Bund das Signal gibt: Ja, wir stehen zur Bundeswehr und haben ein Interesse daran, dass die Standorte und die Dienstposten in Brandenburg erhalten bleiben.
Von Ihnen vernehme ich dann Worte wie „Schaufensterantrag“ und Argumente wie in anderen Ländern sei das auch so. Meine Damen und Herren! Der Wirtschaftsminister sagt, er kämpfe um jeden Arbeitsplatz. Das haben auch schon Wirtschaftsminister vor ihm gesagt. Hier geht es um 10 000 Dienstposten. Ich bin für Brandenburg gewählt. Es mag in Niedersachsen und in Bayern eine Diskussion geben, aber wir sind Brandenburger Landtagsabgeordnete und insofern die ersten Lobbyisten des Landes Brandenburg.
Ich habe den Eindruck, dass Sie, meine Damen und Herren von der Linksfraktion, unseren Antrag ablehnen, weil Sie - egal, was Sie hier vorn erzählen - ein tiefgreifendes Problem mit der Bundeswehr haben.
Sehr geehrter Herr Kollege Petke, erstens: Stimmen Sie mit mir überein, dass die Linke auf dem Boden des Grundgesetzes steht?
Zweitens: Ist Ihnen bekannt, dass es gegenwärtig im Land Brandenburg über 56 Standorte gibt, die von der Bundeswehr freigezogen worden sind? Es gibt enormen Bedarf für eine Nachnutzung. Ist Ihnen bekannt, dass die Rahmenbedingungen für eine Nachnutzung gegenwärtig so schlecht sind, dass wir einfach ein Bundeskonversionsprogramm brauchen, und können Sie nachvollziehen, dass wir schon jetzt darüber nachzudenken beginnen, was wir mit den freigezogenen Liegenschaften tun werden? Denn es ist völlig klar, dass Liegenschaften freigezogen werden. Insofern ist der Antrag aus unserer Sicht unsinnig, denn er bedeutet: Wasch mich, aber mach mich nicht nass.
Herr Kollege Domres, ich stimme zu Frage 1 nicht mit Ihnen überein. Wenn ein Mitglied einer Partei, deren Vorsitzende öffentlich den Weg zum Kommunismus sucht, zu einer Ideologie, die Millionen Menschen das Leben gekostet hat - was dann glücklicherweise in ihren eigenen Reihen zu einer Diskussion führte -, sagt, es stehe auf dem Boden des Grundgesetzes, dann ist das eine zumindest gewagte Aussage.
Ich möchte gar nicht Verfassungsschutzberichte zitieren - auch von SPD-Innenministern verantwortet -, sondern nur an die Aussagen Ihrer eigenen Parteivorsitzenden zum Weg zum Kommunismus erinnern.
- Kollege Holzschuher, Sie als SPD-Fraktionsvorsitzender sollten sich einmal mit dem Kommunismus und den Opfern, die die SPD gerade hier in Brandenburg in diesem Zusammenhang gebracht hat, beschäftigen.
Meine Damen und Herren, es geht darum, dass die Linke im Kern ein Problem mit der Bundeswehr hat, dass die Linke im Kern ein Problem mit den Einsätzen der Bundeswehr hat und Sie deswegen diesem Antrag nicht zustimmen.
(Frau Kaiser [DIE LINKE]: Mit der politischen Führung haben wir ein Problem. Das ist ein Unterschied, Herr Kol- lege!)