Protokoll der Sitzung vom 13.04.2011

Vielen Dank. - Damit sind wir bei der Frage 539 (Biber- management), die die Abgeordnete Lieske stellt.

Die Hochwasserereignisse der letzten Jahre und das Binnenhochwasser 2010/11 haben sowohl zu Vernässungsproblemen in Siedlungsräumen als auch auf landwirtschaftlichen Nutzflächen im Oderbruch geführt.

Zum Schutz der Hochwasserschutzanlagen und der wasserableitenden Gewässer wird unter anderem aus der Region zu Recht immer wieder ein wirksames Bibermanagement eingefordert. Ich glaube, das haben hier schon viele Vertreter von Fraktionen des Landtages direkt vor Ort gehört und sicherlich auch mit hierher in den Landtag getragen.

Als positives Beispiel gilt immer wieder das bayerische Modell, und es wird bei jeder sich bietenden Gelegenheit ins Gespräch gebracht. Beim Kreisbauerntag in Märkisch-Oderland am 1. April dieses Jahres wurde den Akteuren von Frau Ministerin Tack eine wohlwollende Prüfung der Problematik durch das zuständige Ministerium in Aussicht gestellt.

Ich frage die Landesregierung: Wann liegen in dieser Angelegenheit die ersten diskussionsfähigen Vorschläge vor?

Frau Ministerin Tack wird antworten.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Lieske, ich glaube, wir sind schon sehr gut aufgestellt, um das Bibermanagement auch im Landkreis Märkisch-Oderland leisten zu können. Ich will daran erinnern, dass mit dem Erlass vom November 2010 allen Landkreisen noch einmal erläutert wurde, dass sie als zuständige Behörde für den Vollzug des Artenschutzrechts alle Handlungsspielräume haben, um ein wirksames Bibermanagement betreiben zu können. Dieses reicht - was Sie wissen - von Präventionsmaßnahmen bis zu artenschutzrechtlichen Ausnahmen für den Fang und letztendlich auch für die Lösung des Problems durch Tötung von Bibern.

Beim Kreisbauernverbandstag habe ich noch einmal deutlich gemacht, dass es um die bayerische Ausnahmeverordnung geht, was das Bibermanagement betrifft, da ist nämlich die Zugriffsmöglichkeit für den Fang und die Tötung der Biber geregelt. Ich habe auch gesagt, dass wir weitere Elemente aus dem bayerischen Bibermanagement prüfen werden. Sie haben einfach mehr und längere Erfahrungen. Das wollen wir gerne tun. Dieses Management besteht aus weiteren Bausteinen, die den Zugriffsmaßnahmen vorgeschaltet sind. Wir haben in Märkisch-Oderland auch eine Bibermanagerin, die über das Land durch den Boden- und Deichverband finanziert wird. Es geht um die Beratung von Betroffenen, Prävention von Schäden usw., Förderung der baulichen Maßnahmen, wenn Schäden eingetreten sind. Wir sind uns im Hochwasserschutz alle einig: Der Biber hat auf den Deichen nichts zu suchen. Aber die Zuständigkeit für den Artenschutz liegt bei den Landkreisen. Ich finde, dass der Landrat gemeinsam mit seiner Kreisverwaltung Märkisch-Oderland diese Verantwortung sehr gut wahrnimmt.

Wir werden am 6. Mai - ich will nicht vergessen, das zu sagen in der Arbeitsgruppe Wassermanagement im Oderbruch das Hauptthema Bibermanagement auf der Tagesordnung haben. Für alle, die sich in dieser Arbeitsgruppe immer gern und zuverlässig engagieren, werden wir das Thema Bibermanagement am 6. Mai erneut zum Ideenaustausch aufrufen. Dann hat auch die Fachabteilung geprüft, ob weitere bayerische Regelungen in Brandenburg anwendbar sind.

Vielen Dank. - Der Abgeordnete Görke stellt die Frage 540 (Stand der Suche nach Bodenreformerben).

Im Januar hatte das Ministerium der Finanzen einen Bericht zu den vier Schwerpunkten der neuen Vorgehensweise bei der Suche nach bisher unbekannten Bodenreformerben gegeben. Zu diesen Schwerpunkten gehören die nochmalige Veröffentlichung zum Eigentümer- bzw. Erbenaufruf in den regionalen Zeitungen, das Schalten von Anzeigen im „Bundesanzeiger“, das angekündigte Pilotprojekt mit der Stadt Werder (Havel) und die Antragstellung zur Berichtigung der Grundbucheinträge. Eine Veröffentlichung von Listen mit konkreten Flächen im „Bundesanzeiger“ ist in Erwägung gezogen worden.

Ich frage die Landesregierung: Welche neuen Ergebnisse gibt es zum Stand der Suche nach bisher unbekannten Bodenreformerben?

Dazu hat Minister Markov das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Nachdem das Gericht geurteilt hat, dass das Land Brandenburg sich widerrechtlich Grundstücke zuschreiben lassen hat,...

(Aha! bei der CDU)

- Ja, das hat ja das Gericht festgestellt. Das ist Fakt.

... lagen zum 27.10.2010 2 796 Anträge auf Grundbuchberichtigung vor. Danach hat es eine neue Herangehensweise gegeben. In der seitdem vergangenen Frist von fünf Monaten sind 4 000 weitere Grundbuchberichtigungsanträge gestellt worden, sodass wir jetzt, Anfang April, bei etwa 6 700 liegen. Das Ziel, das wir verkündet hatten, alle Grundbuchberichtigungsanträge bis Ende Juni zu stellen, werden wir erfüllen. Es wird jetzt schwieriger, weil die Fallgruppen nicht mehr so groß sind. Aber wir werden es packen.

Ich möchte bei dieser Gelegenheit auch den Mitarbeitern der BBG, die für die Erstellung der Listen zuständig sind, von hier aus ein sehr herzliches Dankeschön sagen.

Sie haben nach den Bodenreformerben gefragt. Ich hatte schon berichtet, dass wir mit dem Pilotprojekt Werder (Havel) angefangen haben. Wir haben mittlerweile in der Gemeinde Kolkwitz, in der Gemeinde Löwenberger Land, der Stadt Bad Freienwalde, im Amt Altdöbern, im Amt Barnim, im Amt Lebus und in der Stadt Drebkau auch in den Amtsblättern veröffentlicht. Wir werden noch im April und Mai im Amtsblatt Lieberose, im Amtsblatt des Amtes Odervorland und der Gemeinde Groß Kreutz veröffentlichen.

Die Hotline beim BLB ist nach wie vor geschaltet, sodass sich jeder dorthin wenden kann. Das Team „Bodenreform“ existiert beim BLB weiterhin. Wir hatten die Aufrufe in Zeitungen geschaltet.

Sie hatten nach dem „Bundesanzeiger“ gefragt. Wir haben die Listen fast komplett erstellt; es sind über 6 000 Fälle. Wir haben uns kürzlich an die Beauftragte für den Datenschutz gewandt mit der Bitte um Prüfung, ob wir die Listen aus datenschutzrechtlicher Sicht im „Bundesanzeiger“ online stellen können. Da wir dies erst vor Kurzem angefragt haben, steht die Antwort noch aus. Wenn die Antwort positiv ausfällt, werden wir die Listen umgehend im Bundesanzeiger veröffentlichen. - Vielen Dank.

Vielen Dank. - Wir kommen zur Frage 541 (Verhältnis der Ab- iturquoten von Mädchen und Jungen), gestellt von der Abgeordneten Blechinger.

Im Programm der Landesregierung „Gute Lebensperspektiven - Faires Miteinander - neue Chancen“ wird ausgeführt, dass

48,1 % der Mädchen und 32,1 % der Jungen in Brandenburg das Abitur machen.

Ich frage die Landesregierung: Was wird sie unternehmen, um der offensichtlichen Benachteiligung der Jungen entgegenzuwirken?

Staatssekretär Jungkamp antwortet.

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordnete! Sehr geehrte Abgeordnete Blechinger, in der Tat betrug die Abiturquote im Schuljahr 2008/09 bei den Mädchen 48,1 % und bei den Jungen 32,1 %. Das bedeutet, dass fast jedes zweite Mädchen und fast jeder dritte Junge des entsprechenden Altersjahrgangs das Abitur bestanden haben. Damit liegen wir sowohl bei der Quote der Mädchen als auch bei der der Jungen deutlich über dem Bundesdurchschnitt. Er lag bei den Mädchen bei 36 % und bei den Jungen bei 28 %. Insgesamt lag die Abiturientenquote in Deutschland bei 32,7 % und im Land Brandenburg bei 39,7 %. Dennoch: Der Unterschied ist beträchtlich, die Abiturquote bei Mädchen und Jungen unterscheidet sich. Daraus eine „offensichtliche Benachteiligung“ der Jungen abzuleiten zeugte jedoch eher von einem statistischen Benachteiligungsverständnis. Eine Benachteiligung, wie man sie gemeinhin versteht, also eine bewusst herbeigeführte Benachteiligung einzelner Gruppen, gibt es im Bildungssystem natürlich nicht. Das haben Sie ja auch nicht unterstellt.

Sie fragten im Kern nach den Maßnahmen. Wir wollen die Abiturquote der Jungen weiter erhöhen; das ist richtig. Da dürfen wir nicht erst in der Sekundarstufe II ansetzen, sondern müssen dies schon früher tun. In Brandenburg ist es statistisch so: Wer die Zugangsberechtigung zur Sekundarstufe II erlangt hat, schafft mit einer sehr hohen Wahrscheinlichkeit auch das Abitur. Die Erfolgsquote in der Abiturprüfung liegt bei Jungen und Mädchen bei über 95 %; die Zahl der Abgänge aus der Sek II ist gering.

Daraus folgt zweierlei: Zum einen müssen wir denjenigen Jungen, die die Berechtigung zum Besuch der Oberstufe haben, Mut zusprechen, davon Gebrauch zu machen, indem wir immer wieder darauf hinweisen - das geschieht regelmäßig in den Schulen -, dass man mit Abitur mehr Chancen hat als ohne. Außerdem müssen wir materielle Barrieren auf dem Weg zum Abitur abbauen. Dafür haben wir das Schüler-BAföG eingeführt. Ich bin sicher, dass es tragen wird.

Zum anderen müssen wir die Quote der Jungen, die eine Zugangsberechtigung zur gymnasialen Oberstufe erlangen, erhöhen. Das ist der Kernpunkt. Wir alle wissen: Mädchen lernen in der Schule erfolgreicher als Jungen. Darüber gibt es viele Befunde und diesbezüglich deutliche Hinweise; die Datenlage ist eindeutig. Das ist in Brandenburg, in Deutschland und in der überwiegenden Zahl der OECD-Länder so. Den Jungen müssen also größere Lernerfolge ermöglicht werden. Das werden wir tun und dabei schwerpunktmäßig in der Sekundarstufe I ansetzen. Die IGLU- und die TIMS-Studie zeigen, dass die Unterschiede in der Grundschule noch nicht so gravierend sind. Wir müssen in den Jahren der Pubertät anfangen. In die

ser Zeit werden Selbstbilder konstruiert und Wertorientierungen entwickelt. Da geht es um entsprechende Verhaltensweisen seitens der Lehrerinnen und Lehrer und auch um Elternberatung.

Wir haben dem Landtag einen Bericht zur Jungenförderung vorgelegt. Die darin formulierten Handlungsfelder sind aktuell, wir arbeiten nach wie vor daran. Wir haben die Lehrerbildung sowie die Schul- und Unterrichtsentwicklung in den Blick genommen. Eine geschlechtergerechte Ausgestaltung des Unterrichts ist wichtig. Stichwort Leseförderung: Der eigentliche Unterschied zwischen Jungen und Mädchen in der kognitiven Entwicklung liegt nicht im Bereich Mathematik - da haben die Jungen indes einen signifikanten Vorsprung; bei den Naturwissenschaften ist es ziemlich identisch -, sondern in der Lesekompetenz. In allen OECD-Staaten liegen die Jungen darin signifikant hinter den Mädchen. Wir müssen die Jungen zum Lesen motivieren. Sie lesen lieber Sachtexte statt Literatur und sind bevorzugt im Internet unterwegs, statt ein Buch zur Hand zu nehmen. Jedoch gilt: Wer viel liest, hat nicht zwangsläufig alles verstanden, was im Unterricht über das Gelesene gesagt wurde. Wir haben Leseempfehlungen herausgegeben. Darin befinden sich auch Hinweise, was davon besonders für Jungen interessant ist. Wir haben Unterrichtshilfen für Lehrerinnen und Lehrer entwickelt, die im nächsten Schuljahr greifen.

Letzter Punkt: Schwerpunkte gab es im Bereich von Ganztagsschulen. Wir haben eine Veränderung vorgenommen und die Schulen verpflichtet, zusätzliche Lehrerwochenstunden zur gezielten Lernförderung zu nutzen. Die Schulaufsicht war auch ein Thema. Sie sucht speziell Schulen auf, deren Schülerinnen und Schüler keine zufriedenstellenden Leistungen bzw. Schulergebnisse zeigen, und berät sie entsprechend. Wenn es uns gelingt, hierin besser zu werden und größere Erfolge zu verzeichnen, dann profitieren auch und gerade die Jungen davon. Denn der Anteil der Jungen an den Schülern mit schwachen Ergebnissen bzw. ohne Abschluss ist ja fulminant hoch. Unsere Maßnahmen werden dazu führen, dass wir die an sich schon hohe Abiturquote bei den Jungen noch erhöhen können. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

Vielen Dank. - Mir ist von vier Abgeordneten Fragebedarf signalisiert worden. Frau Blechinger beginnt.

Sie haben die Benachteiligung von Jungen infrage gestellt. Es gibt Untersuchungen des Kriminologischen Instituts Niedersachsen, das einen erhöhten Medienkonsum als eine Ursache für Schulversagen bei Jungen sieht. Oder sehen Sie die Ursache in einem Mangel an intellektuellen Voraussetzungen der Jungen, da Sie die Benachteiligung deutlich infrage gestellt haben?

Ich stehe hier als Mann; die zweite Frage würde ich mit Nein beantworten.

(Allgemeine Heiterkeit)

Zur ersten Frage: Es gibt zahlreiche Ursachen; da brauchen wir uns nichts vorzumachen. Ich nenne nur bestimmte Verhaltensweisen von Jungen. Wenn sie zu Junglöwen heranwachsen und

laut brüllen, sind Lehrer nicht immer imstande, entsprechend damit umzugehen. Es gibt eine störungsspezifische Selektion im Schulsystem; das wissen wir. Die Computernutzung mag ein Problem sein; sie ist bei Jungen signifikant höher. Sprache und Lesen entscheiden wesentlich über den Schulerfolg. Die Schule kann eine Menge dazu beitragen, aber wichtig ist, dass in den Familien gelesen und miteinander gesprochen wird. Ich kann es nicht statistisch belegen, aber aus dem Bauch heraus würde ich sagen: Das mag wohl so sein.

(Frau Alter [SPD]: So ist es. Das war schon zu unserer Schulzeit nicht anders!)

Frau von Halem, Ihre Frage bitte.

Meine Frage wäre ähnlich lautend wie die von Frau Blechinger gewesen. Ich wollte nach den Ursachen der unterschiedlichen Abiturquote von Jungen und Mädchen fragen. Meine Frage ist beantwortet worden. Danke.

Vielen Dank. - Dann erteile ich Herrn Krause das Wort.

Herr Staatssekretär, ich bin froh über die Klarstellung, dass es nicht um eine „offensichtliche Benachteiligung“ geht. Ich fand den hergestellten Zusammenhang zwischen der niedrigen Abiturquote und dem Schulversagen von Jungen wenig zielführend. Wenn wir bei dem derzeitigen Platzangebot für Abiturientinnen und Abiturienten im Land Brandenburg bleiben und den Jungenanteil steigerten, würde sich dies negativ auf den Frauenanteil in der Ausbildung auswirken. Sind Sie mit mir einer Meinung, dass wir in Brandenburg generell den Anteil der jungen Menschen, die zum Abitur geführt werden, erhöhen sollten?

Wir sind dabei. Das ist der Weg, den wir gehen wollen. So steht es auch im Koalitionsvertrag. Die aktuelle Quote liegt bei 37 %.

Herr Jürgens, bitte.

Herr Staatssekretär, Sie haben sehr ausführlich und detailliert die Situation in der Schule beschrieben. Auf dem weiteren Bildungsweg vom Abitur in die Universitäten und Hochschulen bis zur Promotion nimmt der Anteil der Frauen stetig ab. Würden Sie mir zustimmen, dass auf dem weiteren Bildungsweg eher die Frauen benachteiligt sind?

Deutschlandweit - so sagt es die KMK - liegt der Anteil der weiblichen Studienabsolventen über dem der männlichen.

Doch wenn es um die wissenschaftliche Laufbahn geht, haben Männer einen Vorteil. Die Diskussion über zu wenige weibliche Vorstandsmitglieder in der Wirtschaft muss ich nicht kommentieren. Wir wissen, wo die Probleme liegen; daran müssen wir arbeiten.

Vielen Dank. - Wir sind damit bei der Frage 542 (Umweltver- träglichkeitsprüfung für 110-kV-Stromfreileitung von Schöne- walde nach Rietz).

Im Februar 2009 wurde das länderübergreifende Raumordnungsverfahren für die „110-kV-Freileitung von Schönewalde nach Rietz“ eröffnet. Während des Verfahrens machten nicht nur der Landkreis Teltow-Fläming, sondern auch die betroffenen Gemeinden erhebliche Bedenken gegen eine Freileitung geltend. Nachdem das Landesamt für Bergbau, Geologie und Rohstoffe trotz negativen Ergebnisses des Raumordnungsverfahrens kein Erfordernis für eine Umweltverträglichkeitsprüfung sah, gab der Landkreis Teltow-Fläming im August 2010 eine weitere Stellungnahme des Inhalts ab, dass eine Umweltverträglichkeitsprüfung als unverzichtbar erscheint. Eine Antwort auf diese Stellungnahme steht acht Monate später immer noch aus.