Protokoll der Sitzung vom 18.05.2011

Vielen Dank. - Das Wort erhält die Abgeordnete Muhß, die Gelegenheit hat, die Frage 574 (Anschlusszwang im Abfallrecht) zu formulieren.

Frau Muhß (SPD)

Das Brandenburgische Abfall- und Bodenschutzgesetz schreibt in § 8 vor, dass die Entsorgungssatzungen der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger Anschlusszwang vorzuschreiben haben. Ausnahmen sind nur zulässig, wenn auf den betroffenen Grundstücken keine Abfälle anfallen können.

Ich frage die Landesregierung: Besteht ein rechtlicher Handlungsspielraum dahin gehend, dass Entsorgungssatzungen Ausnahmen vom Anschlusszwang für den Fall vorsehen können, dass die Grundstücksnutzer infolge von Abfalltrennung und Abfallvermeidung - gegebenenfalls in Verbindung mit seltener Nutzung des Grundstücks - nachweislich keinen Restabfall produzieren?

Ministerin Tack antwortet.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Muhß, in jeder Legislaturperiode wird einmal diese Frage gestellt; darauf gibt es jetzt auch die bekannte Antwort. Sie lautet folgendermaßen:

Öffentlich-rechtliche Entsorgungsträger haben die Verpflichtung, in ihren Satzungen den Anschluss- und Benutzungszwang an die Abfallentsorgungseinrichtungen vorzusehen; das ist im Brandenburgischen Abfall- und Bodenschutzgesetz geregelt. Diese Verpflichtung korrespondiert mit Bundesrecht - das verwundert Sie sicherlich nicht -, insbesondere mit dem Kreislaufwirtschafts- und Abfallgesetz.

Der Handlungsspielraum für Ausnahmen vom Anschluss- und Benutzungszwang ist in § 8 Abs. 1 Satz 3 unseres Brandenburgischen Abfall- und Bodenschutzgesetzes abschließend beschrieben. Ausnahmen sind nur möglich, wenn überlassungspflichtige Abfälle, insbesondere solche aus privaten Haushalten, nicht anfallen können.

Was genutzte Grundstücke angeht, so haben wir immer wieder darüber diskutiert und selbst Fälle, die es eigentlich nicht geben kann, rauf- und runterdekliniert. Genutzte Grundstücke, auf denen keine Restabfälle anfallen, sind uns nicht bekannt und im Übrigen kaum vorstellbar. Ich will deutlich sagen: Soweit behauptet wird, es fielen keine Restabfälle an, handelt es sich üblicherweise um eine unzulässige Entsorgung außerhalb des Grundstücks, zum Beispiel um die illegale Entsorgung in Abfallbehälter auf öffentlichen Grundstücken. Diese Behälter stehen fast überall.

Insofern vermag ich keine Notwendigkeit für die Nutzung eines Handlungsspielraums oder für die Erweiterung um Ausnahmetatbestände zu erkennen. Es gibt diese Fälle nicht. Ich weiß, wovon ich rede.

Vielen Dank. - Damit sind wir bei Frage 575 (Verbleib des Leistungssportprojektes der Bundespolizei in Cottbus), gestellt vom Abgeordneten Maresch. Bitte sehr, Herr Maresch.

Den Medien war zu entnehmen, dass der neue Bundesinnenminister in Bälde eine Standortentscheidung zum Leistungssportprojekt der Bundespolizei für die Sommersportarten, das derzeit noch in Cottbus beheimatet ist, fällen will. Mit Schreiben vom 9. März 2011 hat die Stadt Cottbus den neuen Bundesinnenminister über die weiteren baulichen und sachlichen Fortschritte am Standort Cottbus informiert, die Wichtigkeit des Projektes für die Stadt Cottbus betont und jegliche Unterstützung der Stadt Cottbus zugesagt. Seitens der Landesregierung wurde hier im Landtag versichert, sich für den Erhalt des Leistungssportprojektes in Cottbus einsetzen und diesen Standort und damit die Region unterstützen zu wollen.

Ich frage die Landesregierung: Welche Erkenntnisse hat sie hinsichtlich der Zukunft des Leistungssportprojektes in Cottbus?

Frau Ministerin Münch, welche Erkenntnisse haben Sie?

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Maresch, das im Oktober 1999 begonnene Leistungssportprojekt der Bundespolizei in Cottbus wurde in Anlehnung an das für den Wintersport konzipierte Bad Endorfer Modell am Standort Cottbus entwickelt. Anwendung findet es auf die Spitzensportförderung der Bundespolizei für ausgewählte Sommersportarten. Es besteht seit fast zwölf Jahren.

Die außergewöhnlich lange andauernde Projektphase war wiederholt Anlass für Anfragen der Stadt Cottbus und meines Ministeriums an den Bund zum Stand der Verstetigung des Projektes und zur Überführung in eine dauerhafte Einrichtung für die Spitzensportförderung - was wir uns wünschen.

Der Landesregierung ist bekannt, dass das Bundesministerium des Innern bei der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben einen Erkundungsauftrag für eine mögliche Standortverlagerung des Bundespolizeisportprojektes ausgelöst hat. Das hat natürlich für große Verunsicherung gesorgt. Sobald die Ergebnisse dieses Erkundungsauftrages vorliegen, will das Bundesinnenministerium auf diese Angelegenheit zurückkommen. Aufgrund der Erfahrungen der letzten Jahre ist nicht einzuschätzen, ob diese Standortentscheidung zum Leistungssportprojekt der Bundespolizei durch das Bundesinnenministerium tatsächlich zeitnah getroffen wird. Insoweit gibt es derzeit keine neuen Erkenntnisse.

Die Landesregierung vertritt weiterhin die Position, das Leistungssportprojekt der Bundespolizei am Standort Cottbus zu

erhalten. Auch vor dem Hintergrund der in Cottbus bereits getätigten Investitionen, die die Trainingssituation und die Unterkunftsmöglichkeiten der Sportlerinnen und Sportler erheblich verbessert haben, sehen wir keinen Grund für die Verlagerung an einen anderen Standort.

Auf der Grundlage einer sehr engen Abstimmung mit der Stadt Cottbus unterstütze ich ausdrücklich die Argumentation des Oberbürgermeisters im Schreiben an den Bundesinnenminister vom 6. März dieses Jahres. Herr Szymanski stellt richtig dar, dass in Abwägung der anderen beiden in der Diskussion befindlichen Standorte - Potsdam und Kienbaum - am Standort Cottbus der geringste investive Aufwand für die Komplettierung der Standortbedingungen zu erwarten ist. Außer den Schulungs- und Verwaltungsgebäuden sind alle anderen infrastrukturellen Voraussetzungen erfüllt, da in der Vergangenheit mehr als 40 Millionen Euro investiert worden sind, davon jeweils rund 15 Millionen Euro durch das Land und den Bund. - Danke.

Vielen Dank. - Wir sind damit bei Frage 576 (Biber-Manage- ment in Brandenburg), gestellt von der Abgeordneten Blechinger. Bitte, Frau Blechinger.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Auf dem Bauerntag des Kreisbauernverbandes Märkisch-Oderland machte die Ministerin für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz deutlich, dass die Landesregierung das bayerische Biber-Management-Modell dahin gehend überprüfen werde, ob und wie man dieses auch für Brandenburg übernehmen könne. Das bayerische Biber-Management-Modell basiert auf vier Säulen und ermöglicht unter anderem den Abschuss von Bibern, wenn dies aus Sicherheitsgründen oder zur Abwehr von extremen wirtschaftlichen Schäden im Einzelfall notwendig sein sollte.

Ich frage die Landesregierung: Welche einzelnen Regelungen des bayerischen Biber-Management-Modells beabsichtigt sie für das Bibermanagement im Land Brandenburg zu übernehmen?

Das sagt uns Ministerin Tack.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr verehrte Frau Blechinger, ich bin durchaus überrascht, dass Sie die Frage stellen, denn sie gleicht im Wesentlichen derjenigen, die ich im April schon beantwortet habe. Sie waren bei der Tagung der Arbeitsgruppe „Wassermanagement Oderbruch“ in Seelow am 6. Mai anwesend. Dort ist darüber ausführlich gesprochen worden. Der Kreisbauerntag hatte schon am 1. April stattgefunden. Wir haben also schon mehrmals dazu kommuniziert.

All das, was Sie in Ihrer Frage ansprechen, kann schon mit den jetzigen Regelungen zum Artenschutz im Land Brandenburg in Verantwortung des Landkreises realisiert werden. Dies geschieht auch schon durch präventive Maßnahmen wie Schulung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Wir haben inzwischen - entsprechend den Regionalabteilungen im Landesamt

für Umwelt, Gesundheit und Verbraucherschutz - vier Kollegen festgelegt, die sich explizit mit dem Biber-Management in den Territorien befassen. All das kann schon gemacht werden.

Wir haben hier im Parlament schon ausführlich darüber debattiert. Die Kette dessen, was in Verantwortung des Landkreises entschieden werden kann, berücksichtigt Aspekte der bayerischen Ausnahmeverordnung, zum Beispiel Zugriffsmöglichkeiten für den Fang bis hin zur Tötung, wenn es denn für richtig und notwendig erachtet wird. Ich glaube, diese Verantwortung nimmt der Landrat des Kreises Märkisch-Oderland schon sehr gut wahr.

Wir werden im Ergebnis einer Verabredung in der Arbeitsgruppensitzung am 6. Mai mit den Kollegen aus den anderen Regionalabteilungen das Thema Biber weiter behandeln, als Prozess begleiten und Erfahrungen darüber austauschen. Dabei sind uns die Erfahrungen aus Bayern sehr wichtig, aber im Wesentlichen sollten unsere schon bestehenden Möglichkeiten einbezogen werden.

Vielen Dank. Es gibt Nachfragen. Frau Blechinger, bitte.

Gerade weil ich in der Arbeitsgruppensitzung am 6. Mai anwesend war, stelle ich diese Frage; denn dort ist deutlich geworden, dass die Auffassung des Beauftragten für Biber-Management, Präventionsmaßnahmen seien ausreichend, nicht mit den Erfahrungen der dort anwesenden Landwirte übereinstimmt. Demnach ist die Erlangung einer Einzelfallgenehmigung viel zu aufwendig, und es sollte eine Pauschalgenehmigung erteilt werden. Deshalb stelle ich Ihnen die Frage: Ist beabsichtigt, den Biber-Beauftragten im Kreis unter bestimmten Bedingungen Pauschalgenehmigungen für den Abschuss zu erteilen, sodass nicht in jedem Fall eine Einzelgenehmigung eingeholt werden muss?

Ich gebe Ihnen insoweit Recht, als auch ich die Erfahrung gemacht habe, dass die Bauern mit der Regelung nicht in jedem Fall einverstanden sind. Das kann man von beiden Seiten her erklären. Eine Pauschalgenehmigung wird es aus unserer jetzigen Sicht nicht geben. Notwendig ist immer eine Einzelfallprüfung, wie es bisher schon der Fall ist. Wir werden weitere Erfahrungen sammeln und uns weiter verständigen, aber eine Pauschalgenehmigung wird es nicht geben. Sie alle wissen übrigens, dass der Biber ein streng geschütztes Tier ist.

Vielen Dank. - Herr Büttner stellt die Frage 577 (Mehr als 10 000 offene Stellen im Monat April in Brandenburg). Bitte sehr, Herr Büttner.

Herr Präsident! Meinde Damen und Herren! Die aktuelle Statistik der Regionaldirektion Berlin-Brandenburg der Bundesagentur für Arbeit weist für den April 2011 für das Land Brandenburg einen Zugang von 5 510 neuen Arbeitsstellen am ers

ten Arbeitsmarkt aus. Dies entspricht einem Anstieg von 11,3 % gegenüber dem Vormonat bzw. 8,6 % gegenüber dem Vorjahresmonat. Der Gesamtbestand an als offen gemeldeten sozialversicherungspflichtigen Arbeitsstellen wurde im gesamten Land Brandenburg mit 10 315 angegeben.

Ich frage daher die Landesregierung: Welche Erkenntnisse liegen ihr über die Art der offenen Stellen bzw. die Gründe für die Nichtbesetzung vor?

Minister Baaske antwortet.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Schönen guten Tag! Ich freue mich - wie sicherlich wir alle -, dass derzeit ein großes Angebot an Stellen in den Büchern steht. Allerdings muss es uns schon ein bisschen umtreiben, wenn wir sehen, dass 35 % dieser Stellen befristet und 20 % Teilzeitstellen sind. Das heißt: Es wird wenig Drive von Menschen, die jetzt in Beschäftigung sind, auf diese Stellen geben. Bei denen, die keine Arbeit haben, also arbeitslos sind, mag das anders sein. Wenn man aber weiß, dass zwei Drittel der bei uns im Lande Teilzeitbeschäftigten unfreiwillig in dieser Form der Beschäftigung tätig sind, wird, wie gesagt, der Hang, sich auf eine solche freie Stelle aus einer anderen - festen - Stelle zu bewerben, nicht so groß sein.

Sorgen macht mir auch, dass auf Platz 1 dieser großen Liste die „sonstigen wirtschaftlichen Dienstleistungen“ stehen. Sprich: Es sind im Wesentlichen Stellen in der Arbeitnehmerüberlassung, also in der Leiharbeit. Da wir wissen, dass es schon in den letzten Monaten und Jahren den Drive gab, zunehmend Stellen nur im Rahmen von Leiharbeit oder Arbeitnehmerüberlassung zu besetzen, ist das auch ein Punkt, der uns mit Sorge umtreiben muss. Wir wissen, dass das nicht die Zukunft sein kann.

Ich will deutlich sagen: Ich habe nichts gegen Leiharbeit, ich habe nichts gegen Arbeitnehmerüberlassung. Aber wenn diese Beschäftigungsformen am Ende nur noch dazu dienen, Lohndumping und Lohndrückerei zu betreiben, ist es nicht das, was wir wollen. Es gibt inzwischen auch bei uns im Land Betriebe, die 80 % ihrer Beschäftigten in Leiharbeit haben. Das kann es nicht sein. Das war nicht die Intention, die wir 2002, 2003 bei der Novelle des Arbeitnehmerüberlassungsgesetzes hatten.

Sie fragen nach den Gründen für die Nichtbesetzung. Die sind sehr vielfältig. Ein Drittel können Sie erst einmal abziehen. Das sind Stellen, von denen die Arbeitgeber von vornherein gesagt haben: Die wollen wir jetzt nicht besetzt haben. Wir wollen zunächst einmal anmelden, dass wir später den Bedarf haben.

Wichtig ist vielleicht die Information, dass die Vakanzzeit tatsächlich angestiegen ist; das ist die Zeit ab dem Freiwerden einer Stelle über das Anmelden dieser offenen Stelle bis zu deren Besetzung. Im vergangenen Jahr waren das noch 44 Tage, jetzt sind wir schon bei 50 Tagen. Das ist ein eindeutiges Indiz - einerseits für einen wirtschaftlichen Impuls, den wir hier erleben, andererseits für die Problematik, dass schlicht und ergreifend nicht genügend Fachkräfte da sind.

Insbesondere fehlen Elektromechaniker, Ingenieure und Elektrotechniker, aber auch Techniker in anderen Bereichen. Es fehlen ebenfalls Menschen, die in Gesundheitsdiensten und in Pflegeberufen arbeiten. Wir müssen ferner konstatieren, dass es dort ein großes „Missmatch“ gibt. Das merkt man ganz besonders bei den Ingenieuren. Wir haben auf der einen Seite 200 freie Ingenieurstellen, aber auf der anderen Seite 900 arbeitslos gemeldete Ingenieure. Wir beobachten ein ähnliches „Missmatch“ bei den sozialpflegerischen Berufen: 500 freie Stellen in der Sozialpflege - darunter sind auch Gesundheitsberufe -, aber 4 700 ausgebildete oder nicht ausgebildete arbeitslose Menschen, die an sich in diesen Jobs arbeiten könnten.

Man muss überlegen, was im Einzelnen der Grund dafür ist, warum diese Stelle nicht besetzt werden kann. Es kann durchaus sein, dass eine alleinerziehende Mutter ihr Kind nicht unterbringen kann. Es ist auch möglich, dass Kinder nicht betreut werden können, wenn von den Eltern Schichtarbeit gefordert wird. Es kann sein, dass die Stelle in einer Region frei ist, in der gerade keine Arbeitnehmer sind. Da passt offensichtlich das eine nicht zum anderen. Man kann dazu nur deutlich sagen: Da werden nur Qualifizierung, Weiterbildung und Fortbildung helfen. Alles andere wird da nicht ziehen.

Fakt ist jedenfalls - das kann man schon aus den Zahlen, die Sie in Ihrer Frage genannt haben, konstatieren: Der künftige Fachkräftebedarf wird mit Sicherheit nicht zu decken sein, wenn die Jobs immer nur in Leiharbeit, in befristeten oder in Teilzeitbeschäftigungsverhältnissen angeboten werden. Richtige Fachkräfte wollen richtige Arbeitsplätze. Und die müssen von den Arbeitgebern angeboten werden. - Danke schön.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Vielen Dank. - Meine Damen und Herren! Wir haben unseren Zeitplan eh schon überzogen und müssen noch einen weiteren Tagesordnungspunkt behandeln. Ich schließe daher die Fragestunde und damit Tagesordnungspunkt 2.

Ich rufe Tagesordnungspunkt 3 auf:

Gesetz zum Verwaltungsabkommen zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Land Brandenburg über die Wahrnehmung bestimmter Aufgaben nach dem Energiewirtschaftsgesetz

Gesetzentwurf der Landesregierung

Drucksache 5/2782