Das Bildungsministerium formuliert in der Antwort auf eine Kleine Anfrage vom letzten Jahr und jetzt auch noch einmal in dem Bericht:
„Ein hochbegabtes Kind kann selbstverständlich auch in einer Regelklasse durch guten, individualisierten Unterricht gefördert werden.... Die Landesregierung hat stets betont, dass die LuBK nur eine von verschiedenen Möglichkeiten darstellen, um hochbegabte Schülerinnen und Schüler zu fördern, und Begabtenförderung auch in anderen Formen erfolgen kann.“
Ich möchte an dieser Stelle deutlich sagen, dass ich genau weiß, dass mit dem Instrument LuBK hervorragende Dinge umgesetzt werden - für die Kinder an den Schulen, die das Glück haben, davon zu profitieren. Ich kann deshalb sehr gut nachvollziehen, dass sich all diejenigen, die davon profitieren, gegen eine Streichung sträuben. Selbstverständlich, unsere Kinder haben alle nur eine Bildungslaufbahn, und selbstverständlich wollen alle Eltern erreichen, dass ihre Kinder die besten Chancen haben, die sie irgend kriegen können. Selbstverständlich, wenn sie die Chance haben, in eine Leistungs- und Begabungsklasse zu kommen - selbstverständlich nehmen sie die wahr. Aber wir geben ziemlich viel Geld hier für ein Instrument aus, das ziemlich ungerecht ist.
Für uns ist es eine Frage der politischen Verantwortung, Begabungsförderung gerecht zu verteilen und die sechsjährige Grundschule zu erhalten. Deshalb legen wir den Fokus auf eine bessere Befähigung der Lehrkräfte in Grund- und weiterführenden Schulen, um den unterschiedlichen Begabungen Rechnung zu tragen. Schule inklusiv zu gestalten heißt diejenigen mitzunehmen, die ihr Leben mit Behinderung meistern müssen, und auch alle besser zu fördern, die hochbegabt sind.
Die Linke hat die LuBK immer abgelehnt - früher. Jetzt ist es aus meiner Sicht ein kleinmütiges Manöver, sich vor der Entscheidung über die Zukunft zu drücken und eine externe Evaluation durchzuführen. Seit wann haben wir Geld für externe Evaluationen, und wie wollen wir die Bildungserfolge messen? Wir haben keine Vergleichsgruppe. Und was machen wir mit den Ergebnissen, die wir von den Leistungs- und Profilklassen erhalten? Aus meiner Sicht ist das ein Einknicken vor dem zu erwartenden Aufschrei der engagierten Eltern. Und wir zementieren damit weiterhin die Ungerechtigkeiten des Bildungswesens.
Als Fazit auch aus den Reden meiner Vorredner: Lassen Sie uns im Bildungsausschuss noch einmal darüber reden, insbesondere darüber, wie denn eine solche Evaluation angegangen werden kann und was wir mit dem Geld sinnvoll tun können.
Meine Damen und Herren, wir haben hiermit das Ende der Rednerliste erreicht und den Bericht der Landesregierung zur Kenntnis genommen.
Potenziale zur Fachkräftesicherung in Brandenburg nutzen (gemäß Beschluss des Landtages vom 01.07.2010 - Drs. 5/1480-B)
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Endlich mal wieder ein Bericht! Diesmal einer zur Fachkräftesicherung in Brandenburg. Brandenburg ist gut aufgestellt, was das Thema Fachkräftesicherung angeht. Sie wissen, ich habe 2004 die erste Fachkräftestudie in Auftrag gegeben. 2005 haben wir dann die Ergebnisse im Land verkündet und prognostiziert: Im Jahre 2010 wird es in diesem Lande 100 000 Fehlstellen geben. - Das Jahr 2010 ist vorbei, und wir können konstatieren, dass diese Zahl stimmte. Wir waren in den letzten Jahren - von 2005 bis 2010 - in der Tat nicht in der Lage, 13 % bis 18 % - das schwankte in den Jahren - der freien Fachkräftestellen zu besetzen. Das heißt: 100 000 haben wir ungefähr erreicht - vielleicht
waren wir fünf darüber, vielleicht fünf darunter -, aber auf jeden Fall hat die Berechnung gestimmt.
Für das Jahr 2015 sagt die neue Studie, die wir im vergangenen Jahr vorgestellt haben, 276 000 Fehlstellen für Berlin und Brandenburg voraus - aber nur dann, wenn wir unsere Hausaufgaben nicht machen, wenn wir also das, was an Möglichkeiten in diesem Land und auch in Berlin besteht, nicht nutzen. Das wollen wir aber natürlich tun; wir wollen unsere Möglichkeiten, unsere Potenziale ausschöpfen. Das belegt dieser Bericht, wie ich meine, sehr eindrucksvoll.
Es gibt ja seit 2006 bei uns eine interministerielle Arbeitsgruppe und seit kurzem auch das Bündnis für Fachkräftesicherung. Dort sind alle Sozialpartner, alle Arbeitsämter, Schulen usw. dabei, die sich irgendwie einbringen können, damit wir an dieser Stelle besser werden. Ich glaube, das läuft in diesem Land auch wunderbar. Und zu den Beschlüssen, die die Bundesregierung gestern vorgelegt hat, kann ich nur sagen: Wird ja höchste Zeit! Das sind Dinge, die wir schon vor Jahren erkannt haben, nämlich, dass der Handlungsbedarf immens, riesig ist.
Wir haben den Abwanderungstrend so gut wie gestoppt. Auch das haben wir Ihnen mit Zahlen dargestellt. Im vergangenen Jahr waren es also schätzungsweise „nur noch“ 2 000 Menschen im Saldo, die das Land verlassen haben. Große Sorgen machen mir aber nach wie vor die etwa 10 000 jungen Menschen in der Alterskohorte zwischen 18 und 30 Jahren, die wir jedes Jahr im Saldo verlieren. 10 000 junge Menschen in der Alterskohorte zwischen 18 und 30 Jahren verlassen Brandenburg jedes Jahr. Es sind die Guten, die Fitten, zu 80 % mit einer guten schulischen Ausbildung, die meisten auch mit einer beruflichen Ausbildung, die da gehen. Das, denke ich, kann man nicht so hinnehmen.
Das hat auch etwas mit guter Arbeit zu tun; auch das haben wir hier noch einmal dargestellt. Man muss die Leute gut bezahlen, man muss die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gewährleisten. Nur dann werden sie hierbleiben und eben nicht nach den bayerischen oder württembergischen Verhältnissen Ausschau halten.
Nächster Punkt: die Übernahmequote in die Betriebe nach der Ausbildung. Auch dort besteht Aufholpotenzial. Derzeit beträgt der Anteil der Azubis, die nach der Ausbildung übernommen werden, 46 %. Im Bundesdurchschnitt sind es 59 % - hier sind noch einige Potenziale zu erschließen.
Der nächste Punkt ist die betriebliche Weiterbildung, um ältere Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer am Arbeitsplatz fit zu halten. Diese Quote liegt bei uns bei 7,7 %, europaweit bei 9,2 %. Damit können wir nicht zufrieden sein. Immer dann, wenn Unternehmer klagen, sie hätten nicht die fitten Leute, die sie suchen, kann man durchaus entgegnen: Dann bildet ihr selbst wahrscheinlich nicht so gut aus, dass ihr die Mitarbeiter bekommt, die ihr braucht. - Diese Einsicht gehört dazu.
Es gibt ein Potenzial, das ich nicht unterschlagen möchte, insbesondere deshalb nicht, weil ich auf den Besucherstühlen Menschen sehe, die zu der Gruppe gehören, die ich meine: Wir haben bei uns im Land immer noch 51 000 arbeitsfähige ältere Arbeitslose, auf die man nach wie vor zählen sollte und die in der brandenburgischen Wirtschaft durchaus gebraucht werden. Diese Menschen müssen vermutlich erst ausgebildet bzw. qua
lifiziert werden. Das ist nicht in einem Vierwochenkurs möglich, man braucht einen längeren Atem. Dennoch sollten wir vor der Nutzung dieses Potenzials nicht zurückschrecken.
Wichtig ist mir noch, auf den Anteil der Frauen an den Fachkräften hinzuweisen. Ich habe heute Morgen gelesen, dass Ursula von der Leyen eine neue Zahl genannt habe. Demnach sind in Deutschland 6 Millionen ausgebildete Frauen zu Hause und können - womöglich wegen der fehlenden Vereinbarkeit von Familie und Beruf - nicht arbeiten gehen. Diese hohe Zahl an ausgebildeten Frauen, die zu Hause sind, werden wir in Brandenburg nicht finden; das ist mir durchaus klar. Die Erwerbsneigung nicht nur der brandenburgischen Frauen, sondern der ostdeutschen Frauen insgesamt ist wesentlich höher als die der Frauen in Bayern und Baden-Württemberg. Dennoch können auch wir dieses Potenzial erschließen.
Der Bericht zeigt auf, welche Hausaufgaben die Politik, aber insbesondere die Wirtschaft zu erledigen hat. Es ist vielleicht auch für die Verbände interessant zu lesen, was in den nächsten Monaten und Jahren getan werden sollte, um den Fachkräftebedarf zu sichern. - Schönen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Ja, nun liegt er vor, der Bericht „Potenziale zur Fachkräftesicherung in Brandenburg nutzen“. Ich weise nur darauf hin, dass unser Antrag zu der Thematik im März hämisch belächelt und als „überflüssig wie ein Kropf“ bezeichnet wurde.
Die Analyse, die in dem Bericht vorgenommen wird, ist richtig. Die Schlussfolgerungen, die Sie daraus ziehen, sind allerdings mangelhaft.
Sie geben einen Überblick über die Ausbildungssituation. Ich hätte mir gewünscht, dass die Ursachen für die mangelnde Ausbildungsfähigkeit unserer Schulabgänger ehrlicher dargelegt werden. Gerade kleine und mittlere Unternehmen haben nicht die Zeit, um mit den Schulabgängern Rechnen und Schreiben zu üben oder die entsprechenden Kenntnisse aufzufrischen.
Herr Minister, Sie sagten, auch die Wirtschaft habe Hausaufgaben zu erledigen. Ein Dachdecker hat mir erzählt, dass er seine neuen Lehrlinge immer nach dem Satz des Pythagoras frage. Sie glauben gar nicht, was die Schulabgänger darauf antworten.
Ein gutes, gegliedertes Schulsystem wäre ein erster richtiger Schritt. Wir brauchen keine Gleichmacherei, sondern ein Fordern von Begabten und ein Fördern von Schülern, denen das Lernen schwerfällt. Warum denken wir nicht über die Einführung eines Teilfacharbeiterabschlusses nach? Damit würden wir auch den weniger leistungsstarken Jugendlichen eine Chance geben; sie können handwerklich sehr begabt sein.
Schulabgänger müssen eine Berufsausbildung beginnen. Diejenigen, die keinen Schulabschluss haben, müssen ihn schnell nachholen. Das Bundesgesetz zur Berufseinstiegsbegleitung
wird weiterhin dazu beitragen. Wir dürfen es nicht zulassen, dass Schulabgänger irgendwo im Nichts verschwinden und nach ein paar Jahren als Altbewerber wieder auftauchen.
Herr Minister, Sie schreiben in Ihrem Bericht, dass 5 400 Menschen unter 25 Jahren nicht über einen formalen Berufsabschluss verfügen. Was werden Sie ändern? Eine Antwort auf diese Frage vermisse ich in dem Bericht. Es reicht nicht, dass das Thema Fachkräftesicherung in Brandenburg angekommen ist; es muss endlich etwas unternommen werden. Es reicht auch nicht, dass uns im Sozialausschuss ein Bericht über das arbeitsmarktpolitische Programm vorgelegt wird, in dem die Zahl der Maßnahmeteilnehmer angegeben, aber die Effizienz nicht ausgewiesen ist. Wir wollen wissen, wie nachhaltig die Programme sind, wie sie verbessert und - vor allen Dingen neu ausgerichtet werden können.
Liebe Kollegen, der Bericht zeigt die Brisanz dieser Thematik, aber sie ist nicht neu. Ich hätte nach Ihrer blumigen Rede, die Sie im März dieses Jahres zu unserem Antrag gehalten haben, erwartet, dass auch einige unserer Anregungen Berücksichtigung finden. Wir reden hier nicht von Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen der Landesregierung, wirklich nicht. Wir reden von Arbeitslosen und von unseren Unternehmern, die Arbeitsund Ausbildungsplätze schaffen und damit die Wettbewerbsfähigkeit unseres Landes stärken. - Vielen Dank.
Der Abgeordnete Baer spricht für die SPD-Fraktion. - Bevor er seinen Redebeitrag beginnt, begrüße ich unsere neuen Gäste. Sie kommen aus der Uckermark und dem Landkreis Oberhavel. Herzlich willkommen im Landtag Brandenburg!
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Wir alle in diesem Raum sind uns wohl über eines einig: Der wirtschaftliche Erfolg unseres Landes steht und fällt mit den Fachkräften, die bei uns arbeiten. Wir brauchen sie in ausreichender Zahl und mit ausreichender Qualifikation. Am 1. Juli 2010 forderte der Landtag die Landesregierung auf, eine Ist-Analyse zu erstellen, das heißt, einen Bericht über die Wanderungsbewegungen nach und aus Brandenburg sowie über die Weiterbildungsbeteiligung der Erwerbsbevölkerung und der Unternehmen in Brandenburg vorzulegen. Ferner sollten die Gründe dafür untersucht werden, dass Betriebe es nicht schaffen, ihren Fachkräftebedarf aus eigener Anstrengung und Ausbildung heraus zu decken.
Der Bericht liegt nun vor. Das Fazit lautet - der Minister hat es gerade gesagt -: Brandenburg ist gut aufgestellt. Aktuelle Studien bestätigen das. Brandenburg liegt mit seiner Schwerpunktsetzung auf Fachkräftesicherung richtig. Der Bericht der Landesregierung zeigt drei Faktoren auf, die die Fachkräftesituation beeinflussen: die Verfügbarkeit von Arbeitskräften, die Ausbildungssituation und die Weiterbildungsbeteiligung.
Brandenburg verfügt über eine hohe Zahl gut qualifizierter Fachkräfte. Allerdings sind die brandenburgischen Arbeitneh
merinnen und Arbeitnehmer auch die mobilsten. Mehr als jeder vierte Erwerbstätige in Brandenburg - konkret: 28,4 % - fährt zu seiner Arbeit in ein anderes Bundesland. Das ist nicht unbedingt schlecht, aber wir brauchen die Fachkräfte auch in Brandenburg. Ich bin mir sicher: Mit entsprechender Entlohnung und guten Arbeitsbedingungen wären diese Fachkräfte durchaus bereit, in einem Unternehmen hier im Land zu arbeiten.
Die Qualität der Arbeits- und Lebensbedingungen im Land ist entscheidend dafür, ob wir Fachkräfte halten bzw. nach Brandenburg holen können. Darum erscheint mir die von der Bundesregierung geplante Absenkung der Lohngrenzen für ausländische Fachkräfte eher kontraproduktiv. Lohnniveau und „weiche Standortfaktoren“ wie Gesundheitsversorgung, Infrastruktur für Familien, schulische Bildungsangebote, Freizeit- und Kulturangebote werden für die Fachkräftegewinnung und -sicherung immer wichtiger. Fachkräftesicherung ist eine Gemeinschaftsaufgabe. Die „Gemeinsame Erklärung zur Stärkung der Sozialpartnerschaft im Land Brandenburg“ ist ein wesentlicher Beitrag dazu.
Der Minister hat heute im Rahmen der Fragestunde bereits dazu Stellung genommen. In meinen Reden zu diesem Thema habe auch ich immer wieder darauf hingewiesen, dass Fachkräftesicherung in die gemeinsame Verantwortung vieler Akteure im Land fällt. Mit der Gemeinsamen Erklärung machen Unternehmen, Gewerkschaften und der Arbeitsminister für die Landesregierung deutlich, dass sie sich ihrer Verantwortung bewusst sind und diese ernst nehmen.
Bilden, Halten, Gewinnen - das sind die Ziele, die die Landesregierung mit ihrem Konzept zur Fachkräftestrategie verfolgt. Bereits die im vergangenen Jahr in Auftrag gegebene Fachkräftestudie hat konkrete Handlungsempfehlungen gegeben, an denen sich die Landesregierung bei ihren Maßnahmen zur Fachkräftesicherung orientiert.
Fachkräftesicherung verläuft ressortübergreifend. Sie ist Bildungs-, Arbeits-, Sozial- und Wirtschaftspolitik. Ich möchte aber an dieser Stelle betonen: Fachkräftesicherung in Brandenburg ist zuallererst Aufgabe der Wirtschaft. Sie ist in der Verantwortung sowohl hinsichtlich der Zahlung fairer, auskömmlicher Löhne als auch bei der Gestaltung der konkreten Arbeitsbedingungen und der Aus- und Weiterbildungsangebote.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich bin mir sicher: Wenn Handwerk und Wirtschaft für sichere Arbeitsplätze mit fairen Löhnen sowie für gute Aus- und Weiterbildungsmaßnahmen sorgen, dann leisten sie weiterhin einen Beitrag zur Fachkräftesicherung. Unser Bündnis für Fachkräftesicherung im Land ist, so meine ich, ein geeignetes Mittel, die Anstrengungen der Landesregierung diesbezüglich zu unterstützen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.