Protokoll der Sitzung vom 31.08.2011

Das Land Brandenburg hat bei der Umsetzung der BolognaReform im Bundesvergleich immer in den vorderen Rängen mitgespielt. Die Umsetzung an den Hochschulen ist faktisch abgeschlossen. Mit dem letzten Maßnahmenpaket des Jahres 2009 und der darauffolgenden Novellierung des Hochschul

gesetzes wurden zusätzlich wichtige Forderungen der Studierenden und auch der Hochschulen bei der Ausgestaltung des Bologna-Prozesses aufgenommen. Kürzlich lag mit der BolognaBilanz eine umfassende Bestandsaufnahme vor.

Ich kann Ihnen aus Sicht einer ehemaligen Hochschulpräsidentin sagen, dass die Bologna-Reform - auch wenn natürlich über Einzelheiten immer zu diskutieren ist - an den Hochschulen angekommen und dort auch angenommen worden ist. Wir wissen aus Umfragen, aber auch aus dem Feedback der Absolventen, dass die Abschlüsse Bachelor und Master bei künftigen Arbeitgebern durchaus akzeptiert sind.

In dieser Phase finde ich es ausgesprochen unglücklich, einen überkommenen Abschluss wie das Diplom wiederzubeleben. Die in der Anfrage angesprochene Entscheidung des Akkreditierungsrates finde ich deshalb folgerichtig.

Frau Ministerin, es gibt keinen Nachfragebedarf mehr. - Wir kommen zur Frage 675 (Bereitstellung von EU-Fördermitteln für den Bau einer Straßenbahn zwischen Frankfurt [Oder] und Slubice). Diese Frage wird vom Abgeordneten Jungclaus von der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN gestellt.

Am 18. Juli wurde in Frankfurt (Oder) die von beiden Städten in Auftrag gegebene Projektstudie für den öffentlichen Personennahverkehr der Doppelstadt Frankfurt-Slubice vorgestellt. Die Gutachter empfehlen den Bau und Betrieb einer Straßenbahnlinie zwischen Frankfurt und Slubice und stellen deren Wirtschaftlichkeit fest. Voraussetzung hierfür ist allerdings eine Förderung, die im Wesentlichen aus EU-INTERREG-Mitteln stammen müsste. In lokalen Medien wird der Wirtschaftsminister des Landes dahin gehend zitiert, dass diese Fördermittel in dieser Förderperiode noch zur Verfügung stehen. Gerade dies ist aber unklar, denn offensichtlich gibt es einen Stopp für weitere Anträge in diesem Förderprogramm. Hiervon wäre auch das Straßenbahnprojekt betroffen.

Daher frage ich die Landesregierung: Welche Möglichkeit sieht sie, eine Förderung des Projekts einer Straßenbahn zwischen Frankfurt (Oder) und Slubice noch in dieser EU-Förderperiode zu ermöglichen?

Herr Minister Christoffers, Sie haben Gelegenheit zu antworten.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Jungclaus, vielleicht ein wenig zur Historie: Ich habe damals sehr bedauert, dass es die Stadt Frankfurt (Oder) in einer Bürgerbefragung 2009 abgelehnt hat, bereits zu diesem Zeitpunkt eine Straßenbahnlinie zu konzipieren. Ich war sehr froh, dass sich diese Position in der Stadt gewandelt hat und bei einer

erneuten Entscheidung ein positives Votum dazu abgegeben worden ist, eine dauerhafte Verkehrsverbindung innerhalb der Doppelstadt zu errichten.

Politik lebt auch von Symbolik. Ich glaube, eine derartige Verkehrsverbindung würde die grenzüberschreitende Kooperation zwischen Brandenburg und Polen sehr deutlich machen. Deswegen haben wir im Ministerium diesem Projekt von Anfang an einen sehr hohen Stellenwert eingeräumt. Seit 2009 sind allerdings eineinhalb Jahre vergangen. Wir haben im Operationellen Programm Brandenburg - Polen insgesamt rund 124 Millionen Euro. Diese 124 Millionen Euro unterteilen sich in mehrere Prioritäten. In der Priorität 1 - das sind die Infrastrukturverbindungen - gibt es einen Antragsstopp. Wenn der Antrag 2009 eingereicht worden wäre, hätten wir auch Mittel gehabt, um im Begleitausschuss die Entscheidung herbeizuführen, dass noch in dieser Strukturfondsperiode eine Finanzierung aus dieser Priorität 1 möglich erscheint.

Allerdings finde ich, dass die lokalen Akteure jetzt eine sehr positive Entscheidung getroffen haben, die Verkehrsverbindung zu Beginn mit einer Buslinie auszugestalten und in Ruhe die Vorbereitungen dafür zu treffen, dass wir in der neuen Förderperiode ab 2013 die Voraussetzungen sowohl planungsrechtlich als auch genehmigungsrechtlich und auch finanzieller Art schaffen können, diese Straßenbahnlinie bei Bedarf dann auch tatsächlich zu bauen.

Das Gutachten, das Sie erwähnten, ist mir bekannt. Ich kann nur wiederholen, dass ich diesem Projekt aus politischen Gründen als ein Symbol der grenzüberschreitenden Kooperation eine hohe Priorität einräume. - Vielen Dank.

Vielen Dank, Herr Minister Christoffers. - Wir setzen mit der Frage 676 (Gewährung von Zuwendungen zur Förderung der Verbesserung des Landschaftswasserhaushaltes), eingereicht vom Abgeordneten Folgart, gestellt vom Abgeordneten Baer von der SPD-Fraktion, fort. Herr Abgeordneter Baer, Sie haben das Wort.

Ich stelle die Frage in Vertretung des Abgeordneten Folgart.

Die Niederschläge in den vergangenen Wochen, aber auch der teils nicht zufriedenstellende Unterhaltungszustand der Gewässer, inklusive der wasserbaulichen Anlagen, haben in Brandenburg zu überschwemmten Flächen und nassen Kellern geführt. In Reaktion auf ähnliche Verhältnisse im vergangenen Jahr hat das MUGV am 23.03.2011 die Richtlinie über die Gewährung von Zuwendungen zur Förderung der Verbesserung des Landschaftswasserhaushaltes verabschiedet, mit deren Umsetzung es gelingen soll, die Situation zu verbessern.

Der Abgeordnete Folgart fragt die Landesregierung: Wie viele Anträge sind angesichts des kurzen Zeitraumes zwischen Verabschiedung der Richtlinie und dem ersten Antragsannahmestopp am 01.07.2011 eingegangen und bewilligt worden?

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Baer. Frau Ministerin Tack wird antworten.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Baer, viel Wasser ist im Land unterwegs, und deswegen sind die Nachfragen berechtigt. Wir fördern seit 2002 - das weiß Herr Folgart auch - Maßnahmen zur Verbesserung des Landschaftswasserhaushalts. Die Richtlinie war abgelaufen, und deswegen gibt es eine neue, die seit diesem Jahr gültig ist; Sie hatten es benannt.

Um Missverständnissen vorzubeugen, möchte ich darauf hinweisen, dass Zweck der Förderrichtlinie die Verbesserung des Wasserrückhaltes in der Fläche ist. Nicht förderungswürdig das wird jedoch manchmal mit der Förderrichtlinie in Verbindung gebracht - ist die Erleichterung des Abführens von Niederschlagswasser. Das fällt nicht unter die Förderrichtlinie. Nach der Richtlinie erfolgt auch kein Antrags- oder Annahmestopp. Das ist ein Missverständnis vor Ort, denke ich. Vielmehr ist in der Richtlinie ein Stichtag für das Einreichen der Anträge festgelegt, und es können - das ist optional - weitere Termine genannt werden. Dies erfolgt, damit im Zuge des Umgangs mit den Fördermitteln - es beteiligen sich immerhin EU, Bund und Land - eine sorgfältige Projektauswahl vorgenommen werden kann und wirklich nur die Projekte gefördert werden, die den Zweck der Richtlinie qualitativ am besten erfüllen.

Die Festlegung von Stichtagen orientiert sich darüber hinaus logischerweise auch an den im Haushaltsjahr noch zur Verfügung stehenden Mitteln. Neben dem 30.06. - das war ein Stichtag in diesem Jahr - ist aktuell der 31.08., also das heutige Datum, als weiterer Stichtag zur Einreichung von Anträgen festgelegt. Zum ersten Stichtag, zum 30.06.2011, wurden 33 Anträge eingereicht, davon sind 12 Anträge so weit gediehen, dass sie bewilligt werden können. Die übrigen 21 Anträge sind nach erfolgter Sichtung noch nicht bewilligungsreif, es müssen noch Nachbesserungen erledigt werden. Die bewilligungsreifen Anträge werden bei der Bewilligungsbehörde, dem Landesamt für Ländliche Entwicklung, Landwirtschaft und Flurneuordnung, bearbeitet und beschieden. Bis zum 29.08. sind für den Stichtag 31.08. weitere 40 Anträge eingegangen. Vielen Dank.

Vielen Dank, Frau Ministerin. - Wir sind damit am Ende der Fragestunde angelangt.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 2 und rufe Tagesordnungspunkt 3 auf:

Gesetz zur Sicherung von Sozial-, Umwelt- und Wettbewerbsbelangen bei der Vergabe öffentlicher Aufträge (Brandenburgisches Vergabegesetz)

Gesetzentwurf der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN

Drucksache 5/2733

2. Lesung

in Verbindung damit:

Brandenburgisches Gesetz über Mindestanforderungen für die Vergabe von öffentlichen Aufträgen (Branden- burgisches Vergabegesetz - BbgVergG)

Gesetzentwurf der Landesregierung

Drucksache 5/3030

2. Lesung

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Wirtschaft

Drucksache 5/3837

Des Weiteren liegt Ihnen der Entschließungsantrag der Fraktion der SPD und der Fraktion DIE LINKE in der Drucksache 5/3918 vor.

Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der CDU-Fraktion. Der Abgeordnete Homeyer hat das Wort.

Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Normalerweise gilt das deutsche Sprichwort „Was lange währt, wird endlich gut.“ Aber in diesem Falle kann ich sagen: Wenn man sich die Entstehungsgeschichte des Gesetzes anschaut, stellt man fest, dass das nicht zutrifft. Was lange währt, wird eben nicht gut. Was lange währt, wird in diesem Fall schlecht, meine Damen und Herren.

(Beifall CDU und FDP)

Ich möchte kurz in Erinnerung rufen, was Minister Christoffers am 17. Februar 2010 in einer Pressemitteilung gesagt hat, nämlich dass der Landtag im Mai/Anfang Juni über den Gesetzentwurf entscheiden soll; er empfehle, dass die kommunalen Spitzenverbände auf die Städte und Gemeinden zugehen und diese sich dem Vergabegesetz anschließen. Als er „Mai/Anfang Juni“ sagte, sprach er vom Jahr 2010 und nicht vom Jahr 2011, und das zeigt, dass seine damalige optimistische Herangehensweise an dieses Gesetz völlig unrealistisch war. Es war eine völlige Fehleinschätzung seinerseits bezüglich dessen, was Sie sowohl in der SPD als auch bei den Linken mit einem Vergabegesetz eigentlich beabsichtigten, nämlich nicht, es den Unternehmen und Kommunen in Brandenburg einfacher zu machen, sondern das, was Sie inzwischen schon bei vielen Gesetzentwürfen durchgesetzt haben: einen parteipolitischen und ideologischen Gesetzentwurf vorzulegen, um letztendlich Ihr Wahlprogramm und Ihre Koalitionsvereinbarung abzuarbeiten.

(Beifall CDU und vereinzelt FDP)

Der Gesetzentwurf, den wir heute vorliegen haben, meine Damen und Herren, ist nicht nur rechtlich bedenklich, er ist auch unpraktikabel und - verzeihen Sie es mir - reinste Klientelpolitik.

(Schippel [SPD]: Für wen denn?)

Denn nur für eine verschwindend geringe Anzahl von Betroffenen wird er Wirkung entfalten. Ich will es Ihnen beweisen. Ich habe mir die Mühe gemacht und zum zweiten Mal - ich tat es zur 1. Lesung schon - einen Blick in das Vergabeportal des Landes Brandenburg geworfen. Da ergibt sich folgendes Bild: 777 durch die öffentliche Hand zu vergebende Aufträge. Wenn ich das Gesetz, das Sie zur Anwendung bringen wollen, nehme und schaue, auf wen es zutrifft, stelle ich fest, dass lediglich acht Aufträge davon überhaupt betroffen sein werden.

(Görke [DIE LINKE]: Deswegen macht ihr so ein Theater oder was?)

Wenn ich einen Tariflohn zugrunde lege,...

- Sie haben ja heute schon einige Fehleinschätzungen hinter sich, ich komme gleich dazu, es Ihnen zu erklären.

(Beifall CDU)

Für eine verschwindend geringe Anzahl machen Sie ein Gesetz, belasten die Ausschüsse und das Parlament damit, diskutieren es dauerte anderthalb Jahre, bis das Gesetz nun heute endlich vorliegt -, Ihren Minister haben Sie schon dreimal desavouiert, er ist schon gar nicht mehr bei sich selbst und weiß nicht, warum er hier heute reden soll.

(Widerspruch bei der Fraktion DIE LINKE)

Ich frage mich sowieso, warum der Wirtschaftsminister hier heute redet, normalerweise müsste Herr Ness heute reden.

(Heiterkeit und Beifall CDU)