Protokoll der Sitzung vom 22.03.2012

Vielleicht kommen wir ja da zu ganz neuen politischen Erkenntnissen, warum man für einen Hometrainer Braunkohlenstrom benötigt.

(Beifall des Abgeordneten Lipsdorf [FDP])

Herr Henschke, Sie haben jetzt Gelegenheit, das zu erklären.

Herr Kollege Bretz, das amüsiert mich. Erstens offenbaren Sie, dass Sie solch ein Gerät nicht kennen.

(Heiterkeit - Zuruf des Abgeordneten Bretz [CDU])

- Okay.

Zweitens will ich durchaus gerne eine rhetorische Schwäche von mir einräumen. Ich habe die Anführungszeichen bei Braunkohlenstrom nicht deutlich genug mitgesprochen.

(Bretz [CDU]: Was gilt denn jetzt? - Görke [DIE LINKE]: Dein Fahrrad fehlt!)

Ich lade Sie mal zu mir nach Hause ein.

(Heiterkeit - Frau Alter [SPD]: Dann kann er treten!)

- Ja, das ist eine gute Idee. Hier wurde gerade gesagt, Sie dürfen dann treten und ich gucke fern.

(Heiterkeit)

Zwei Dinge möchte ich nennen, bevor hier die rote Lampe leuchtet. Wir sollten wirklich schauen, warum wir nicht zu diesem kommunalen Zusammenschluss kommen. Der eine Weg, den wir gehen könnten, ist: Wir vertrauen auf den Prozess. Ich bin auch immer sehr dafür, dass die Dinge von unten wachsen. Nichtsdestotrotz - glaube ich - besteht aber ein Hemmnis darin, dass sie von unten wachsen können, nämlich in der Erwartungshaltung, mit der wir nicht nur auf diesem Feld konfrontiert sind, nämlich dass man, wenn kommunale Zusammenschlüsse von der Landesebene angeregt werden, erwartet, dass das Land die entsprechende Führung und Koordinierung übernimmt, und sehr schnell dabei ist, das dann mit Kosten- und Personalfragen zu verbinden. Das ist in dem Fall der Ansprechpartner bzw. der Betrieb oder die Unterhaltung einer solchen Arbeitsgruppentätigkeit. Ich glaube, das ist eine Frage, die wir zunehmend nicht nur für dieses Thema bearbeiten müssen, weil nicht alles, was wir gemeinsam machen wollen, vom Land geführt und koordiniert werden sollte.

Das Zweite, was ich sagen möchte - damit will ich enden -: In meiner Region ist dies eindeutig geregelt, aber mit dem zunehmenden Radverkehr verbindet sich die Frage, wie die Einbindung in das Verkehrskonzept erfolgt und den wachsenden Anforderungen an Verkehrssicherheit gerecht wird. Ich sage das nicht nur, weil mir der Präsident der Landesverkehrswacht im Nacken sitzt, sondern auch, weil mit der Entwicklung moderner Fahrräder, der Elektrofahrräder, zusätzliche Probleme auf uns zukommen werden, mit denen wir uns auseinandersetzen müssen. Dass eine direkte Verbindung zum Wegenetz zu suchen ist, mag man verstehen, nichtsdestotrotz: Ich kann mich gut daran erinnern, dass ich in einer Gegend Radfahren gelernt habe, in der es ohne ausgebaute Radwege ging. Dort hieß das Elektrofahrrad übrigens nicht Elektrofahrrad, sondern Fahrrad mit Hilfsmotor bzw. umgangssprachlich

(Zurufe aus allen Fraktionen: Hühnerschreck!)

Hühnerschreck. - Ich sehe, Sie erinnern sich. In diese Zeit wollen wir nicht zurück, aber vielleicht sollten wir trotzdem beachten, dass bei der Wegegestaltung nicht alle Blütenträume bis in den Exzess getrieben werden. - Ich danke Ihnen.

(Beifall DIE LINKE)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Henschke. - Wir setzen die Debatte mit dem Beitrag der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN fort. Der Abgeordnete Jungclaus hat das Wort.

Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Liebe fahrradfahrenden Gäste! Sehr geehrter Herr Henschke, ich freute mich, als der Abgeordnete Bretz die Nachfrage stellte. Leider leuchtete uns die Antwort nicht so recht ein. Insofern würde ich mich freuen, wenn Sie Ihr kohlebetriebenes Ergometer beim nächsten Mal mitbrächten; dann können wir uns anschauen, wie es funktioniert.

Im vorliegenden Bericht zum Radverkehr wird es an verschiedenen Stellen erwähnt: Radfahren hat viele Vorteile, einige haben wir schon gehört, Radfahren ist umweltfreundlich und leistet somit einen direkten Beitrag zur Verbesserung der Um

welt und Lebensqualität sowie zum Klimaschutz, Radfahren ist preiswert, die Mobilitätskosten für Radfahrer sind äußerst gering und günstiger als die Förderung jedes anderen Verkehrsmittels, und Radfahren ist gesund, weil es - jedenfalls in den meisten Fällen - für körperliche Bewegung sorgt.

Das Fahrrad ist aber auch ein Wirtschaftsfaktor, insbesondere für das heimische Tourismusgewerbe, denn Radtourismus ist in Deutschland „in“ und sorgt für Milliardenumsätze, an denen auch Brandenburg partizipiert. Nicht zuletzt macht Radfahren Spaß und ist für viele Wege zudem das schnellste Verkehrsmittel. Wir sprechen aus persönlicher Erfahrung. Im Gegensatz zu den anderen Fraktionen haben wir uns keinen Dienstwagen angeschafft, sondern ein Dienstfahrrad, und insofern können wir von den Vorzügen direkt berichten.

Trotz der genannten Vorteile ist das Potenzial des Radverkehrs in Brandenburg mit einem Anteil von 13 % bei weitem nicht ausgeschöpft. Das zeigt die Fahrradnutzung in Ländern wie Niederlande oder Dänemark. Aber es gibt auch Vorreiter in Deutschland. An Erlangen, Freiburg oder Münster kommen Brandenburger Städte bei weitem nicht heran. Für die Nichtnutzung des Potenzials gibt es verschiedene Gründe. Der Wichtigste: Das Fahrrad wird von Politik und Verwaltung unterschätzt. Dabei steht es im Bericht schwarz auf weiß: Der Anteil des Fahrradverkehrs am Gesamtverkehrsaufkommen übertrifft den Anteil des ÖPNVs. Jedoch wird der Radverkehr nicht angemessen gefördert und unterstützt. Andere Verkehrsträger genießen bei politischen Entscheidungen nach wie vor Vorrang.

Laut dem ersten Fahrradbericht der Landesregierung wurden in 15 Jahren für straßenbegleitende Radwege an Bundes- und Landesstraßen, inklusive aller Fördermittel, 167 Millionen Euro ausgegeben, was ca. 11 Millionen Euro pro Jahr entspricht. Im Vergleich zu Straßeninvestitionen ist das eine lächerlich geringe Größe.

Nach wie vor muss die große Mehrheit den Radverkehr als gleichberechtigten Verkehrsträger erst einmal entdecken. Erste Schritte sind mit dem ersten und dem jetzigen Bericht als Folge unserer damaligen parlamentarischen Initiative von vor über anderthalb Jahren erfolgt. Aber auch für den Radverkehr gilt: Ohne Moos nix los. - Die Finanzierung ist und bleibt das zentrale Thema. Dies ist auch der Schwerpunkt des vorliegenden Berichts. So sehen wir die Aussage, dass für Instandhaltungsmaßnahmen an Landesstraßen nur noch 1 Million Euro zur Verfügung stünden, äußerst kritisch, verdeutlicht diese Größenordnung doch die Nischenposition des Radverkehrs. Fördergesetze sind weitestgehend auf das Auto und den ÖPNV ausgerichtet.

Auch Kommunen begründen das langsame Tempo des Ausbaus der Fahrradinfrastruktur mit ihrer desolaten Haushaltslage. Diese Position im Abseits muss überwunden werden. Dabei können bereits Kleinigkeiten den Radverkehr stark unterstützen. Vernünftige, wettergeschützte und diebstahlsichere Abstellmöglichkeiten sind eher die Ausnahme als die Regel. Selbst an neu gebauten Bahnhöfen mangelt es daran. Flächen für Radverkehrsanlagen werden häufig nicht zur Verfügung gestellt, wenn es Konflikte mit dem Autoverkehr gibt. Auch spielt der Winterdienst für den Radverkehr oftmals eine nachrangige Rolle.

Das vorhandene Fahrrad wird daher von vielen Menschen gerade im Alltagsverkehr kaum genutzt. Mitnahmeregelungen im ÖPNV sind oft mangelhaft, und auch die Tarif- und Beförde

rungsbedingungen der Verkehrsunternehmen müssen fahrradfreundlicher werden. Vorreiter sind hier unsere Nachbarländer Thüringen und Sachsen-Anhalt, wo mit diesen Maßnahmen viele neue Kunden für den ÖPNV gewonnen werden konnten. Davon profitiert dann auch die Fahrrad- und Tourismusbranche. Thüringen gibt dafür jährlich übrigens nur 180 000 Euro aus; das sollte auch in Brandenburg möglich sein.

Ich möchte noch auf den Mauerradweg eingehen. Ich bin dem Kollegen Tomczak dankbar, dass er es angesprochen hat. Wie er schon ausführte, ist es ein Trauerspiel: Erst war nicht genug Geld vorhanden. Dann hat Berlin Geld gegeben. Dann hat Geld für die Planung gefehlt. Blankenfelde hat die Planung finanziert. Jetzt liegt es angeblich an der Deutschen Bahn. Ich kann nur hoffen, dass die Landesregierung es noch schafft, über ihren eigenen Schatten zu springen und den Mauerradweg zu planen und zu unterstützen, bevor mit dem Bau der Dresdner Bahn das Tor zugeschlagen ist.

Alles in allem kann man sagen: Wir müssen den Radverkehr endlich aus seiner Rolle des Stiefkindes der Verkehrsplanung befreien. Der vorliegende Bericht ist dazu ein nützlicher Schritt. Es darf aber nicht der letzte sein. - Vielen Dank.

(Beifall GRÜNE/B90)

Vielen Dank, Herr Abgeordneter Jungclaus. - Wir sind beim Beitrag der Landesregierung. Herr Minister Vogelsänger, Sie haben noch einmal das Wort.

Ich bedanke mich für die Unterstützung. Es gab eine Frage zu den beiden Dienstfahrrädern. Sie sind morgen und in der nächsten Woche schon ausgebucht. Es gibt also durchaus mehr Bedarf. Ansonsten denke ich, ist der Bericht eine gute Unterstützung für unsere weitere Arbeit. - Herzlichen Dank.

Herzlichen Dank, Herr Minister. - Wir sind damit am Ende der Aussprache. Der Bericht der Landesregierung ist damit zur Kenntnis genommen.

Ich schließe Tagesordnungspunkt 4 und rufe Tagesordnungspunkt 5 auf:

Landwirtschaftliche Sozialversicherung - Interessen der Brandenburger Landwirtschaft frühzeitig vertreten

Antrag der Fraktion der CDU

Drucksache 5/3840

Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie

Drucksache 5/4922

Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der einbringenden Fraktion. Herr Abgeordneter Dombrowski, Sie haben das Wort.

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Im August letzten Jahres hat die CDU-Fraktion den Antrag „Landwirtschaftliche Sozialversicherung - Interessen der Brandenburger Landwirtschaft frühzeitig vertreten“ eingebracht. Dieser wurde an den Ausschuss für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie sowie mitberatend an den Landwirtschaftsausschuss überwiesen, was eine richtige Entscheidung war. Am 18. Januar 2012 fand eine Anhörung mit Vertretern verschiedener Institutionen, angefangen beim Johann Heinrich von Thünen-Institut über den Landesbauernverband bis zum Deutschen Bauernbund und vielen anderen, statt.

Auch der Bundesrat und der Bundestag haben sich - die Fachkollegen wissen es - intensiv mit der landwirtschaftlichen Sozialversicherung beschäftigt, nicht zuletzt auch deshalb, weil es sich um Bundesgesetzgebung handelt. Grundlage war ein Beschluss des Deutschen Bauernverbandes von Oktober 2010, in dem sich das Präsidium des Deutschen Bauernverbandes für einen Bundesträger in der landwirtschaftlichen Sozialversicherung ausgesprochen hat, unter der Voraussetzung, dass in den kommenden fünf Jahren weiterhin 200 Millionen Euro an Bundesmitteln zur Verfügung stehen.

Warum wurde eine Reform der landwirtschaftlichen Sozialversicherung überhaupt notwendig? Bereits in den Verhandlungen zum Modernisierungsgesetz der landwirtschaftlichen Sozialversicherung im Jahr 2007 wollte die Bundesregierung einen einheitlichen Sozialversicherungsträger für die Landwirtschaft einführen und die neuen regionalen Trägergesellschaften mit ihren Berufsgenossenschaften, den Krankenversicherungsträgern und der Alterskasse zusammenführen. Dieses Vorhaben stand unter dem Ziel, die Organisation der landwirtschaftlichen Sozialversicherung den tatsächlichen Rahmenbedingungen in der Landwirtschaft anzupassen. Bedenken hatten damals allerdings nicht nur die Berufsverbände, sondern auch die Länder, die den Vorschlag ablehnten. Der Kompromiss 2007 war dann die Einrichtung des Spitzenverbandes der landwirtschaftlichen Sozialversicherung.

Nach dem Beschluss des Deutschen Bauernverbandes hat die Bundesregierung im November 2011 dann den Gesetzentwurf zur Neuordnung der Organisation der landwirtschaftlichen Sozialversicherung vorgelegt. Die Gründe dafür sind - erstens -: Die Zahl der Versicherten ist aufgrund des anhaltenden Strukturwandels in der Landwirtschaft seit Jahren rückläufig. Zweitens: Die Organisation der landwirtschaftlichen Sozialversicherung hat dem Strukturwandel nicht Rechnung getragen. Drittens: Die vorrangig regionale Aufgabenverteilung verhinderte, dass die Träger ihre Aufgaben dauerhaft, effizient und wirtschaftlich erfüllen können. Viertens: Es gab regionale Beitragsunterschiede für gleich strukturierte Betriebe, was innerhalb der deutschen Landwirtschaft für Wettbewerbsverzerrung sorgte.

Die gesetzlichen Voraussetzungen für den Bundesträger liegen seit Anfang März vor. Das Gesetz zur Neuordnung innerhalb der landwirtschaftlichen Sozialversicherung tritt zum 01.01.2013 in Kraft, so viel ist klar. Die Organisation der landwirtschaft

lichen Sozialversicherung wird modernisiert, und durch den Zusammenschluss der 36 Träger und des Spitzenverbandes entsteht die neue Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau.

In das Gesetzgebungsverfahren ist zudem noch eine Reihe von Vorschlägen aus der Anhörung im Deutschen Bundestag eingeflossen, so zum Beispiel, dass die Anzahl der Mitglieder im Errichtungsausschuss nun 27 Mitglieder umfasst, wobei jeder Träger mit 3 Personen aus der Gruppe der Arbeitgeber, der Arbeitnehmer und der Selbstständigen ohne Arbeitnehmer vertreten ist.

Auch die versichertennahe Betreuung ist weiterhin gewährleistet, denn die bisherigen Hauptstandorte der regionalen Träger und des Trägers für den Gartenbau bleiben als Geschäftsstellen der künftigen Hauptverwaltung bestehen.

Meine Damen und Herren! Eine Forderung ist schlussendlich nur zum Teil erfüllt. Zwar unterstützt der Bund durch zusätzliche Mittel für die landwirtschaftliche Unfallversicherung in Höhe von 150 Millionen Euro in den Jahren 2012 bis 2014 die landwirtschaftliche Sozialversicherung auch weiterhin. Schon 2007 wurde das Modernisierungsgesetz beschlossen, die Bundesmittel ab 2010 auf 100 Millionen Euro jährlich abzusenken. Aber die Errichtung des Bundesträgers war nun einmal an die Bedingung geknüpft, die Unfallversicherung gerade in der Übergangsphase mit 200 Millionen Euro jährlich bis 2015 zu stützen.

Am Ende des Tages bleibt dies für uns als politische Forderung bestehen, so wie es der Landwirtschaftsausschuss in seiner mitberatenden Stellungnahme auch einstimmig beschlossen hat. Weil die Dinge so sind, wird sich die CDU in der Abstimmung über die vorliegenden abschließenden Beschlussempfehlungen des Ausschusses auch der Stimme enthalten. Die politische Forderung bleibt für uns bestehen, sie wird auch von vielen anderen getragen, das ist klar. Aber wir müssen uns natürlich den Realitäten fügen.