Protokoll der Sitzung vom 15.11.2012

(Beifall CDU und GRÜNE/B90 - Holzschuher [SPD]: Da können wir ja von der CDU nichts lernen!)

Was ist denn das für ein Verständnis, dem Volk gegenüberzutreten? Herr Holzschuher, was ist das für ein Verständnis? - Gerade die Linkspartei, die immer bis zum Letzten die Basisdemokratie hochhält, ist es heute, die in opportuner Unglaublichkeit die Regeln der Basisdemokratie verletzt. Die Wähler werden Ihnen das nicht entschuldigen. Wir unterstützen die Volksinitiative und danken den jungen Menschen für dieses Engagement. - Herzlichen Dank.

(Beifall CDU)

Frau Abgeordnete Melior setzt für die SPD-Fraktion fort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Was Basisdemokratie angeht, können wir von der CDU sicher noch viel lernen, ich warne aber davor.

Vor drei Wochen fanden im Wissenschaftsausschuss die Anhörungen der Vertreter der Volksinitiative „Hochschulen erhalten“ statt. Ich konnte leider aufgrund einer Grippe nicht persönlich anwesend sein. Aber auch mir, Herr Schierack, ist die sportliche Höchstleistung nicht entgangen, die sich in dem Staffellauf, 130 km von der Lausitz nach Potsdam, manifestierte. Alle Achtung auch von meiner Seite.

Jeder kann deutlich sehen: An Engagement, Kreativität und Unterstützung mangelt es der Volksinitiative nicht. Am 6. August 2012 wurden dem Landtagspräsidenten 42 000 Unterschriften, gesammelt durch die Volksinitiative, überreicht.

Damit wurde das notwendige Quorum von 20 000 Unterschriften weit übertroffen. Auch an dieser Stelle möchte ich ausdrücklich meinen größten Respekt zollen. Das Ergebnis ist gut für die Demokratie, aber auch für die Hochschullandschaft im Süden Brandenburgs. Wahrscheinlich wurde in der Lausitz noch nie so viel über die Bedeutung der eigenen Hochschulen gesprochen wie in diesem Sommer.

(Beifall SPD, GRÜNE/B90 sowie der Abgeordneten Wöl- lert [DIE LINKE])

Meine Damen und Herren, im Bericht der Expertenkommission unter Leitung von Prof. Emmermann finden sich klare Bewertungen zur BTU Cottbus, auf die sowohl die Regierung als auch wir im Landtag reagieren müssen. In aller Kürze möchte ich dennoch auf die Argumente der Volksinitiative eingehen. Dabei werden Sie merken - vor allem die Gäste aus der Lausitz -, dass wir gar nicht so weit auseinanderliegen, sondern dass lediglich die Schlussfolgerungen, die wir daraus ziehen, andere sind.

Zunächst ging es um den Erhalt der Studien- und Lehrkapazitäten in der Lausitz. Durch die Neugründung - nicht durch die Fusion - der Technischen Universität wird genau dies gewähr

leistet. Sie verankert die Hochschule nachhaltig in der Region. Der demografische Wandel geht auch an der Lausitz nicht vorbei. Deshalb wird es in Zukunft besonders darauf ankommen, junge Menschen auch aus Berlin, anderen neuen und alten Bundesländern sowie dem Ausland zu gewinnen. An der BTU Cottbus konnten in diesem Sommer so viele ausländische Erstsemester begrüßt werden wie noch nie. Diesen Trend müssen wir fortsetzen.

Des Weiteren forderte die Volksinitiative auch eine grundlegende Überarbeitung der Hochschulfinanzierung in Brandenburg. Sie haben Recht: Brandenburg ist kein reiches Land. Daran werden auch die Hochschulverträge, die wir gemeinsam auf den Weg bringen, nichts ändern. Dennoch findet - das will ich ausdrücklich betonen - die Einführung von langjährigen Hochschulverträgen, die mehr finanzielle Planungssicherheit auch für den Mittelbau gewährleisten, meine ausdrückliche Unterstützung.

Im Übrigen ist die Lausitz Vorreiter für das gesamte Land Brandenburg. Mit 6,6 Millionen Euro gibt es auch zusätzliches Geld für den Umbauprozess und für neue Studiengänge. Die Forderung nach einem Gesamtkonzept für unsere Hochschullandschaft wird mit der Erstellung und Diskussion des ButtlerGutachtens und der parallelen Vorlage der Hochschulentwicklungsplanung bereits erfüllt. Diese wird Anfang 2013 vorliegen. Das heißt jedoch nicht, dass wir bis dahin die Hände in den Schoß legen dürfen. Im Gegenteil. Wir dürfen keine Zeit verlieren.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich zum Schluss zur Hauptforderung der Volksinitiative kommen: Erhalt der BTU Cottbus und der Hochschule Lausitz als eigenständige Einrichtungen. An diesem Punkt gehen unsere Meinungen auseinander. Um die Hochschulregion Lausitz auch für die nächsten 20 Jahre zukunftsfest zu machen, braucht es den neuen Ansatz. Auch wenn dieser Umbauprozess in den ersten Jahren vieler Anstrengungen bedarf, bin ich überzeugt, dass dies langfristig notwendig ist und gelingen wird. Deshalb wird die SPD-Fraktion die Volksinitiative ablehnen. - Ich danke für die Aufmerksamkeit.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Der Abgeordnete Lipsdorf erhält nun für die FDP-Fraktion das Wort.

Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Gäste! Volksinitiativen sind legitime und wirksame Mittel in der parlamentarischen Demokratie. 33 000 gültige Unterschriften zeugen genau von dem Engagement, das wir als Landtagsabgeordnete immer wünschen.

Derlei Initiativen sollen zur sachlichen Diskussion anregen und auch ein wenig aufregen. Es hat jedoch wenig mit Demokratie zu tun, wenn man daraus ableitet, dass Volksinitiativen per se anzunehmen sind; denn es bleibt zu hinterfragen, wer wann warum und wo welche Meinung vehement vertritt, an welcher Stelle er die Unterschrift leistet und ob dies im Nachgang einer sachlichen und fachlichen Prüfung standhält bzw. eine Mehr

heit nicht nur im Parlament, sondern auch bei den Menschen erringen wird.

Meine Damen und Herren, an vielen englischsprachigen Universitäten - ich habe es diese Woche schon einmal erwähnt wird die Geschichte der Vasa als herausragendes Beispiel dafür gelehrt, wie man ein Innovations- und Projektmanagement versenkt. Sie erinnern sich, König Gustav II. Adolf von Schweden ließ ab 1625 die Vasa - ein hochmodernes Kriegsschiff - bauen. Der König wollte zwei Kanonendecks auf dem Schiff - so, wie der Feind es auch haben wollte -, aber der Kiel war nicht dafür ausgelegt, weshalb die Fahrt der Vasa nur 20 Minuten dauerte.

In Brandenburg hat das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kultur im Verbund mit der rot-roten Regierungskoalition in diesem Jahr die eigene Vasa versenkt und somit die Schweden getoppt.

(Beifall FDP)

Mangelhafte Kommunikation mit den zu gewinnenden Akteuren, aber auch die öffentliche Darstellung führten zu Verwirrung, Verärgerung und Unverständnis. Statt über Inhalte zu diskutieren und die angesprochene Vision zu konkretisieren, wurden in der Folge lediglich Mauern statt Brücken gebaut.

Wieso kam es überhaupt zu dieser Entscheidung? Wieso wurde ein vom Hochschulgesamtgutachten losgelöstes Lausitz-Gutachten in Auftrag gegeben? - Dies hatte Gründe, was bei einigen Verantwortlichen vor Ort eine Alarmglocke hätte läuten lassen müssen. Warum wurden bereits ausgehandelte Zielvereinbarungen von den Hochschulen nicht umgesetzt, obwohl seit 2002 inhaltliche Mahnungen auf dem Tisch lagen? - Beide Hochschulen und auch ein von der CDU geführtes Ministerium hätten schon längst handeln können und müssen.

(Beifall der Abgeordneten Frau Große [DIE LINKE] und Frau Melior [SPD])

Die Volksinitiative zeigt, dass eine rechtzeitige Einbeziehung der Menschen vor Ort - nicht nur der Fachleute - von großer Bedeutung für einen Findungsprozess ist. Es ist zu begrüßen, dass nun endlich - nach fast einem Jahr - im wissenschaftlichen Beirat für die Hochschulregion Lausitz inhaltlich und fachlich an einem erfolgreichen Gesamtkonzept gearbeitet wird. Die Ergebnisse müssen in die weiteren Hochschulentwicklungsplanungen einfließen.

Die Profilierung und Weiterentwicklung des Hochschulstandortes Lausitz ist unser Ziel und das der Volksinitiative. Doch leider geben Sie nicht hinreichend Antworten auf Fragen, die Sie selbst stellen. Wie werden Defizite beseitigt? Wie kann man Qualität steigern? - Diese Fragen muss man unvoreingenommen stellen und auch unvoreingenommen beantworten.

Auch die Frage nach der Finanzierung muss ehrlich beantwortet werden. Wir werden uns diesen Haushalt - so, wie er demnächst verabschiedet wird - nicht mehr leisten können. Wir werden deutlich fragen müssen: Woher nehmen wir das Geld für die Hochschulbildung? - Diese Frage wurde nicht hinreichend beantwortet.

Hochschulen müssen sich künftig noch stärker im nationalen und internationalen Vergleich behaupten: Sind wir dafür wirk

lich gewappnet? - Wir sagen: Nein. Die grundlegende Idee einer Region, in der Wissenschaft und Wirtschaft eng miteinander verwoben sind - bei starker Forschungsleistung sowie internationalen Kräften -, lenkt den Fokus internationaler Aufmerksamkeit auf das Zentrum Europas, also auf die Lausitz. Das ist auch das Ziel, das verwirklicht werden soll. Es gibt eine Chance, die zur Stärke entwickelt werden kann.

Meine Damen und Herren, lassen Sie mich persönlich noch eines sagen: Mir wurde angekreidet, dass ich mich als Ausschussvorsitzender zum Antrag der SPD enthalten und dadurch die Volksinitiative nicht wirksam unterstützt habe. Ich habe bei dieser Volksinitiative aus inhaltlichen Gründen nicht unterschrieben; denn ich bin mit dem Text nicht einverstanden, weil es so nicht geht. Ich gehöre jedoch nicht zu den Freunden, die Sie erst auf die Palme jagen und dann heimlich verschwinden, und auch nicht zu den Freunden - da bin ich ehrlich -, die sich brüsten, als Erste unterschrieben zu haben, dann aber etwa 3 Millionen Euro aus dem Haushalt des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kultur herauslösen und diese für andere Zwecke nutzen wollen.

Insofern müssen Sie sich bitte die Freunde besser aussuchen. Kommen Sie das nächste Mal zuerst zu uns und erarbeiten Sie gemeinsam mit uns die Volksinitiative. Ich garantiere Ihnen: Die FDP steht - wenn sie etwas erarbeitet und unterschreibt bis zum Ende dafür. - Danke schön.

(Frau Melior [SPD]: Jawohl, das machen wir! - Beifall FDP)

Der Abgeordnete Jürgens setzt die Debatte für die Linksfraktion fort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Bevor ich zu der konkreten Volksinitiative komme, die uns heute vorliegt, lassen Sie mich eine grundsätzliche Bemerkung machen: Die Linke war, ist und bleibt eine Partei, die sich intensiv und massiv für mehr Mitbestimmung und mehr direktdemokratische Möglichkeiten im Land Brandenburg einsetzt.

(Beifall DIE LINKE)

Mit dieser rot-roten Koalition haben wir genau in diesem Bereich Verbesserungen erreicht. Wir haben die Fristen für Volksinitiativen verlängert, das Wahlalter auf 16 gesenkt und damit mehr Menschen die Möglichkeit gegeben, hier zu unterschreiben. Insofern haben wir in diesem Bereich viel für das Land geschafft. Auch weiterhin werden wir uns für noch bessere direktdemokratische Mitbestimmungsmöglichkeiten einsetzen.

In diesem Land gab es bisher 27 Volksinitiativen, die alle vom Wortlaut her leider vom Landtag abgelehnt wurden.

Viele Initiativen werden zum Teil übernommen, und es gab Forderungen, die durch den Landtag aufgegriffen worden sind. Der Wortlaut der Initiative ist immer abgelehnt worden, aber die Intention ist in vielen Punkten aufgegriffen worden. Das ist auch hier der Fall. Insofern ist es schmerzlich für die Linke,

dass wir in diesem Fall der Volksinitiative die Ablehnung erteilen müssen, gerade weil wir uns für mehr Mitbestimmung und mehr direkte Demokratie im Land einsetzen.

Herr Abgeordneter, gestatten Sie Zwischenfragen?

(Zurufe von der CDU: Ha, ha, ha! So war das!)

Aber lassen Sie mich für die Linke klarmachen, dass wir großen Respekt vor den Initiatoren der Volksinitiative haben, vor dem, was die Menschen in der Region mit den kreativen Aktionen, die Herr Prof. Schierack hier vorgetragen hat, geleistet haben. Lassen Sie mich sagen, dass wir ein deutliches Signal gesehen haben, wie sich die Menschen gerade auch mit dieser Volksinitiative für die Region Lausitz und für die Hochschulen engagiert und eingesetzt haben. Vier ihrer fünf Forderungen haben wir aufgegriffen:

Erstens fordern die Initiatoren eine Überarbeitung der Hochschulfinanzierung. Die Kollegin Melior ist schon darauf eingegangen. Das hat die Landesregierung, das hat die Koalition aufgegriffen. Wir arbeiten an Hochschulverträgen, an langfristigen Planungen.

Sie brauchen nicht an das Mikro 6 zu gehen, Herr Bretz. Ich werde auch dann keine Zwischenfrage zulassen.

(Lachen bei der CDU)

Wir arbeiten an den Hochschulverträgen, und es wird diese langfristige finanzielle Sicherheit für die Hochschulen im Land geben. Wir werden daher die Hochschulfinanzierung überarbeiten. Diese Forderung haben wir aufgegriffen, und sie wird erfüllt.

Die Initiatoren fordern zweitens ein Gesamtkonzept für die Hochschullandschaft, bevor eine Entscheidung zu einer einzelnen Hochschule getroffen wird. Hier ist das Ministerium zugegebenermaßen noch etwas in der Bringschuld. Aber es gibt die feste Vereinbarung, dass vor der Entscheidung über das Gesetz darüber werden wir nachher noch diskutieren - die Hochschulplanung für das gesamte Land vorliegen wird, sodass wir dann im Zusammenhang darüber diskutieren können. Auch diese Forderung haben wir also aufgegriffen.

Drittens fordert die Volksinitiative einen Erhalt der Studienkapazitäten. Auch hier gibt es die klare Zusicherung seitens der Landesregierung, dass diese Kapazitäten erhalten bleiben.