Protokoll der Sitzung vom 23.01.2013

Mit der „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ an ihrer Seite ist die geballte PR-Maschinerie gegen die Ökostromförderung angeschmissen worden. „EEG stoppen - sonst scheitert die Energiewende“, wettert zum Beispiel die „Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft“ auf einem ihrer Plakate. Leider erreicht sie mit diesen Thesen weite Teile der Bevölkerung. Sie gefährdet so die hohe Akzeptanz des EEG und setzt die Bürgerinnen und Bürger im wahrsten Sinne des Wortes unter Spannung.

Die Linke hat die Energiewende immer als gesellschaftliche Herausforderung verstanden. Für die Energieerzeugung der Zukunft sind nachhaltige und dezentrale Lösungen notwendig. Das EEG hat sich dabei aus unserer Sicht als ein wirkungsvolles Instrument zur Förderung von Strom aus erneuerbaren Energien erwiesen. Es ist in seiner Grundstruktur von einer großen Anzahl anderer Länder übernommen worden. Trotzdem hält auch die Linke den Zeitpunkt für gekommen, das EEG neu zu justieren; zu unseren Vorschlägen komme ich später.

Das von der FDP vorgeschlagene Quotenmodell, bei dem die Stromlieferanten verpflichtet werden, zu einem bestimmten Anteil Strom aus erneuerbaren Energien einzuspeisen, ist aber nicht die Lösung. Die derzeit diskutierten Probleme sind zu einem großen Teil außerhalb des EEG angesiedelt, beispielsweise im Bereich der Netzregulierung, des Strommarktdesigns, der Strompreisbildung und der Innovationsförderung. Des Weiteren würden mit der Einführung eines Quotenmodells das Investitionsrisiko und somit die letztlich vom Endkunden zu tragenden Förderkosten steigen.

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, wer die ökologische Energiewende vorantreiben will, muss sie sozial gestalten. Strom ist kein Luxusgut, Strom ist Grundrecht. Die Linke hat immer wieder Vorschläge unterbreitet, um eine bezahlbare ökologische Energieversorgung für jeden zu sichern. Unsere Forderung lautet deshalb nicht erst seit gestern: Die Kosten des Umbaus der Energieversorgung müssen fair verteilt werden.

(Beifall DIE LINKE)

Bezahlbare Strompreise müssen für alle gewährleistet werden. Wenn nicht endlich die soziale Dimension der Energiewende ins Zentrum des politischen Handelns rückt, besteht die Gefahr, dass sie scheitern wird. Ohne breite Akzeptanz in der Bevölkerung und bei der Wirtschaft wird der ökologische Umbau der Energieversorgung nur schwerlich gelingen. Auch diese Debatte macht das wieder mehr als deutlich.

Energie brauchen alle - Haushalte, Unternehmen, öffentliche Einrichtungen. Ohne Energie keine Heizung, kein Strom, keine

Mobilität. Energie gehört deshalb für die Linke zur öffentlichen Daseinsvorsorge. Eine Versorgung mit Strom ist zentral für ein menschenwürdiges Wohnen und die gesellschaftliche Teilhabe. Sie muss auch für einkommensschwache Haushalte gesichert sein. Das schaffen Sie nicht mit der Abschaffung des EEG, meine Damen und Herren von der FDP. Es zeigt sich, dass vor allem die Haushalte mit niedrigem Einkommen spürbar durch die aktuelle Preissteigerung belastet werden. Die Stromversorgung muss deshalb mehr denn je auch für Menschen mit wenig Einkommen dauerhaft gesichert sein.

(Beifall DIE LINKE)

Wer die ökologische Energiewende vorantreiben will, muss sie sozial gestalten. Deshalb hat die Linke ein Konzept vorgelegt. Die Linke ist für die Abschaffung der Stromsteuer. Damit könnte der Anstieg der EEG-Umlage kompensiert werden. Damit der Strom auch für einkommensschwache Haushalte bezahlbar bleibt, fordert die Linke die Einführung eines bundesweiten Sozialtarifs für Strom. Darüber hinaus müssen die bestehenden Transfersysteme, zum Beispiel die der Grundsicherung, angepasst werden. Der Besitz energiesparender Haushaltsgeräte darf nicht von der sozialen Lage abhängen. Deshalb fordert die Linke eine Abwrackprämie für Stromfresser.

Die CDU und die FDP dagegen haben bisher vornehmlich die Profite der Stromkonzerne und die einseitige Entlastung von energieintensiven Unternehmen im Auge. Die Befreiung zahlreicher großer Stromverbraucher von den Netzentgelten sorgt bei vielen Stromkunden für Unmut. Stromintensive Unternehmen, die mehr als 10 Gigawatt Strom im Jahr abnehmen, können sich seit dem 1. August 2011 auf Antrag von der Zahlung der Netzentgelte befreien lassen. Diese Rabatte belasten die privaten Verbraucher, aber auch die kleinen Unternehmen zusätzlich, weil diese nicht die Mindestabnahme erreichen. Gerichte äußern bereits Zweifel, ob die Befreiung von Netzentgelten rechtens ist. Das OVG Düsseldorf kippte im Dezember letzten Jahres sogar die rückwirkende Befreiung eines Großverbrauchers; in diesem Fall war es Vodafone.

Wie absurd diese Verordnung ist, zeigt sich daran, dass nicht nur produzierende Branchen wie die Metallverarbeitungs- und die Papierindustrie, sondern auch Golfplätze, Mastbetriebe und Handel Anträge bei der Bundesnetzagentur stellen. Diese Privilegierung großer Unternehmen bei Strompreisbestandteilen zulasten der privaten Haushalte, des Handwerks und des Mittelstandes, meine Damen und Herren von der FDP, muss aus Sicht der Linken unbedingt abgebaut werden.

(Beifall DIE LINKE und vereinzelt SPD)

Nur wenige notwendige Ausnahmen für besonders energieintensive Betriebe, die im internationalen Wettbewerb stehen, sind zu genehmigen. Die Kosten der Energiewende dürfen nicht länger einseitig bei privaten Haushalten und kleinen Unternehmen abgelagert werden. An der Finanzierung muss sich künftig auch die energieintensive Industrie beteiligen. Diese wird gegenwärtig bei Umlage und Abgabe vielfältig privilegiert. Große Unternehmen erzielen heute sogar noch leistungslos Extraprofite aus Instrumenten wie EEG, Ökosteuer oder Emissionshandel. Diese Lastverschiebung hat zur Folge, dass der Strompreis für andere Verbraucherinnen und Verbraucher momentan deutlich höher ist, als er sein müsste. Allein die Brandenburger Hotellerie und Gastronomie verzeichnet eine

Mehrbelastung von 25 Millionen Euro durch den Anstieg der EEG-Umlage - auch ein Ergebnis schwarz-gelber Energiepolitik, meine Damen und Herren!

Allein die Industrierabatte bei der EEG-Umlage führen zu einer Preissteigerung für alle anderen von fast 1 Cent pro Kilowattstunde. Würden die großen Stromverbraucher an den Energiewendekosten angemessen beteiligt, könnte der Strompreis sogar sinken.

Und was macht die schwarz-gelbe Bundesregierung? Sie setzt noch einen drauf. Für den von der Bundesregierung geförderten Ausbau der Offshore-Windparks im Meer und deren Anbindung haften künftig nicht mehr die beteiligten Firmen, sondern wer? Richtig, die Stromkunden.

Meine Damen und Herren von der FDP, der von Ihnen in der Begründung Ihres Antrags beschriebene „Weckruf an die Politik“ hat Ihren Bundeswirtschaftsminister bisher nicht erreicht. Auch hier gibt es wohl einen Lieferengpass.

Für die Linke ist Energiepolitik schon immer Wirtschafts- und Sozialpolitik zugleich. Nicht hier im Brandenburger Landtag muss der Weckruf erklingen, sondern im Bundeswirtschaftsministerium und im Bundeskanzleramt.

(Beifall DIE LINKE)

Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen, gegenwärtig stehen die Stromkosten im Mittelpunkt der öffentlichen Debatte. Doch die geplante Beschleunigung der energetischen Gebäudesanierung könnte eine neue Kostenwelle für Mieterinnen und Mieter sowie für selbstgenutztes Wohneigentum verursachen, sofern nicht rechtzeitig gegengesteuert wird. Um soziale Härten zu vermeiden, müssen die auf die Mieter umzulegenden Kosten für die Gebäudesanierung begrenzt werden. Die Auflage eines zusätzlichen KfW-Programms von 300 Millionen Euro kann nur ein erster Schritt sein. Insgesamt müssen die Mittel vonseiten des Bundes für die energetische Altbausanierung von nunmehr 1,8 Milliarden Euro pro Jahr wesentlich aufgestockt werden. Gleichzeitig muss gesichert werden, dass eine erhöhte Förderung auch beim Mieter ankommt. Und ganz nebenbei bemerkt, meine Damen und Herren von CDU und FDP: Dies wäre ein spürbares Konjunkturprogramm auch für das Brandenburger Handwerk.

(Beifall DIE LINKE)

Die nächste große Baustelle ist der Netzausbau. Nach den neuesten Berichten der Bundesregierung waren von 1 834 km neu zu errichtenden Trassen im Sommer 2012 lediglich 214 km fertiggestellt. 15 der 24 Vorhaben haben bereits einen Zeitverzug zwischen einem und fünf Jahren. Soll die Energiewende gelingen, muss das deutsche Stromnetz aus- und umgebaut werden.

Nachdem die Linke schon seit geraumer Zeit die Verstaatlichung der Netze gefordert hat, sind mittlerweile auch viele Experten aus Wirtschaft und Politik der Auffassung, dass Deutschland besser mit einem nationalen Netz fahren würde, wenn sich Teile oder sogar das gesamte Netz in staatlichem Besitz befänden. Die prominenteste Vertreterin dieser Forderung ist Verbraucherministerin Aigner von der CSU. Sie forderte in einem Brief an den Noch-Wirtschaftsminister Philipp

Rösler den Einstieg des Bundes bei den Netzbetreibern, sprich: eine Teilverstaatlichung der deutschen Stromnetze. Seine Reaktion darauf: „Der Markt wird es richten.“

Ich sage Ihnen voraus: Die Linke und Frau Aigner haben Recht. Eine bundesweite Umlage der Netzausbaukosten, wie wir sie schon lange fordern, könnte dazu beitragen, dass der Netzausbau schneller als bisher erfolgt. Die diesbezüglichen Anstrengungen der Landesregierung werden wir weiter unterstützen.

Nach wie vor fehlt vonseiten der Bundesregierung ein Masterplan. Nachdem die Landesregierungen in den vergangenen Jahren Energiekonzepte für ihre jeweiligen Länder entwickelt haben, wächst auch bei Frau Bundeskanzlerin Merkel die Einsicht, dass ein koordiniertes Vorgehen im Sinne einer nationalen Lösung notwendig ist, Herr Bretz. Da ist die Blockadehaltung im Bundesrat nicht hilfreich. Auch wir fordern die unverzügliche Erarbeitung eines mit den Bundesländern abgestimmten Konzepts zur Energiewende. Das ist dringend notwendig.

Wie ich bereits ausgeführt habe, sehen auch wir beim EEG Veränderungsbedarf. So müsste das EEG künftig mehr Anreize für die Marktintegration und die Systemintegration der schwankenden Energietechniken setzen. Speicherung und Systemintegration von erneuerbaren Energien gehören zu den zentralen Aufgaben und Themen, denen sich die Energiestrategie 2030 stellt. Innovationen zur Entwicklung von Speichertechnologien für erneuerbare Energien können so von staatlicher Seite initiiert und unterstützt werden. Ein Finanzierungskonzept für die Energiewende ist dabei von großer Bedeutung.

Eine Mär, die auch Herr Beyer wieder gebracht hat, ist, dass erneuerbare Energien die Verantwortung dafür tragen, dass der Strompreis steigt. Dazu gibt es ein Gutachten von Greenpeace. Ich empfehle Ihnen, es nachzulesen. Von daher kann ich mir diese Ausführungen sparen.

Eine wichtige Rolle in diesem Bereich müssen die Kommunen einnehmen. Mit dem REN-plus-Programm und dem „Brandenburg-Kredit Erneuerbare Energien“ beschreitet Brandenburg einen sehr guten Weg.

Für die Linke steht fest: Nur durch den Ausbau und die Verbesserung der Speicherfähigkeit erneuerbarer Energien, die Steigerung von Energieeffizienz und die Einsparung von Energie kann langfristig eine nachhaltige Energieversorgung gesichert werden. - Herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE und SPD)

Das Wort erhält die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN. Der Abgeordnete Jungclaus spricht.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Liebe Gäste! Zunächst einmal begrüße ich es, dass die FDPFraktion die Möglichkeit eröffnet, hier über das Thema Energiepreise zu debattieren. Was ich nicht begrüße, ist die Botschaft des dazugehörigen Antrags. Dieser ist bestenfalls ge

eignet, Vorurteile zu bedienen und vom eigentlichen Problem abzulenken. Dafür gibt es zwei wesentliche Gründe:

Der erste Grund ist die völlig unangebrachte Reduktion des Themas auf den Strombereich. Der Hauptteil unseres Energieverbrauchs liegt - mit ca. zwei Dritteln - im Wärmebereich; Strom macht nur etwas weniger als ein Drittel aus. Hinzu kommt das Thema Mobilität. Auch dies taucht in der bisherigen Diskussion wenig bis gar nicht auf. Wenn wir über Energie reden, müssen wir Wärme, Strom und Verkehr im Blick haben. Sie blenden dies aus. Das ist ja auch nicht wichtig, wenn man eigentlich nur das EEG abschaffen will.

Zweitens. Reden wir vom Strompreis, sollten wir erst einmal klären, worüber wir diskutieren: Geht es um die Schwierigkeiten von Menschen mit geringem Einkommen oder von Kleinunternehmen, die Stromrechnung zu bezahlen? Oder reden wir von der Preisentwicklung an der Strombörse? Dort ist der Strompreis nämlich dank der erneuerbaren Energien in den letzten Jahren konsequent gesunken.

Kostentreiber sind die satten Gewinne, die die vier großen Energieversorger einstreichen. Und es sind die ausufernden Befreiungen der großen Betriebe von Netzentgelten und der EEG-Umlage. Nicht nur die im internationalen Wettbewerb stehenden industriellen Großverbraucher - wie ursprünglich geplant - werden von der Umlage befreit, sondern auch der Lausitzer Braunkohlebergbau, regionale Verkehrsbetriebe und die Großbäckerei in Ludwigsfelde. Auf Initiative der FDP im Bund hat sich die Zahl der befreiten Betriebe in den letzten Jahren auf inzwischen über 1 500 erhöht, nach Anmeldungen sogar auf über 2 000. Das hierdurch um ca. 4 Milliarden Euro erhöhte Umlagevolumen wird auf immer weniger Schultern verteilt - zulasten der Privathaushalte, aber auch zulasten der Kleinbäckerei, die an der von der EEG-Umlage befreiten Schrippe aus der Großbäckerei zugrunde geht.

(Beifall GRÜNE/B90)

Nicht das EEG ist schlecht, sondern das, was Sie im Bund in den letzten Jahren daraus gemacht - besser: nicht gemacht - haben, liebe Kollegen von CDU und FDP.

(Beifall GRÜNE/B90 - Vereinzelt Beifall SPD und DIE LINKE)

Neben der dringend erforderlichen gerechteren Verteilung der Energiekosten ist natürlich auch die Energieeinsparung geeignet, Kosten zu senken. Wir müssen Privathaushalten und Unternehmen Wege aufzeigen, Energie einzusparen und erneuerbare Energiequellen zu nutzen. Das wäre Ausdruck verantwortungsvoller Wirtschafts-, aber auch Sozialpolitik.

Sie aber streuen den Menschen Sand in die Augen, indem Sie zwar keine Gelegenheit auslassen, die 54 Milliarden Euro zu kritisieren, die das EEG bisher gekostet hat; die 177 Milliarden Euro für Steinkohle, die 65 Milliarden Euro für Braunkohle und die 187 Milliarden Euro für Atomstrom verschweigen Sie hingegen.

(Beifall GRÜNE/B90)

Des Weiteren blenden Sie bei Ihrer Schlechtrechnerei völlig aus, dass wir mit den Erneuerbaren in die Zukunft investieren,

wohingegen es sich bei fossilen Energieträgern und Kernkraft um endliche Energieträger handelt, deren Folgekosten uns noch lange belasten werden.

Eines ist klar: Die Energiepreise steigen seit Jahren stärker als die Inflationsrate. Der Anstieg der weltweiten Nachfrage wie auch der zunehmende technische Aufwand für die Öl- und Gasförderung sind Indizien dafür, dass sich fossile Energieträger in Zukunft weiter überproportional verteuern werden. Dieses Problem können wir langfristig nur mit den unendlich zur Verfügung stehenden erneuerbaren Energien lösen. Das EEG spielt hierbei eine wichtige Rolle. Es ist ein Erfolgsmodell, das schon in über 40 Ländern als Vorbild diente. Und es hat den Weg dafür bereitet, dass die Kosten für die Kilowattstunde aus erneuerbaren Energien seit Jahren stetig fallen.

Wir brauchen keine Renaissance der Kernkraft und auch keinen Ausbau der Kohleverstromung, sondern müssen uns im Rahmen der Weiterentwicklung des EEG verstärkt auch um Themen wie Wärme, Spitzenlastkraftwerke und Speichertechniken kümmern. Die Energie der Zukunft ist erneuerbar, sicher und bezahlbar. Die Gründe für die steigenden Preise liegen vor allem in fehlenden Weichenstellungen im Bund. Ich kann nur hoffen, dass dieser Spuk im Herbst dieses Jahres beendet sein wird. - Vielen Dank.

(Beifall GRÜNE/B90 - Vereinzelt Beifall SPD und DIE LINKE)

Jetzt erhält die Landesregierung das Wort. Minister Christoffers spricht.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bin ausgesprochen dankbar, dass sich der Landtag heute mit der Preisgestaltung beim Strom beschäftigt. Lassen Sie mich vorab drei Bemerkungen machen: