In der Antwort auf meine Kleine Anfrage zum Programm „Integrationsbegleitung“ - Drucksache 5/8253 - führt der Minister für Arbeit, Soziales, Frauen und Familie aus, dass bis zum Ende der Programmlaufzeit 8 000 Langzeitarbeitslose betreut werden sollen. Die Zielsetzung besteht darin, am Ende des Förderzeitraums mindestens 1 200 Langzeitarbeitslose wenigstens zwölf Monate sozialversicherungspflichtig zu beschäftigen.
Ich frage die Landesregierung: Weshalb strebt sie trotz der intensiven Betreuung der Langzeitarbeitslosen lediglich eine Integrationsquote von 15 % an?
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kollegin Schier, weil wir die Erfahrung gemacht haben, dass es extrem schwierig ist, vor allem Langzeitarbeitslose in Beschäftigungsverhältnisse zu bringen. Es geht nicht darum, sie zwölf Monate zu beschäftigen - zum Beispiel bei einer Beschäftigungsgesellschaft -, sondern sie tatsächlich in das Erwerbsleben zu integrieren.
Nachhaltig definieren wir in diesem Projekt: mindestens sieben Monate. Jedoch sollte ein Arbeitsvertrag über zwölf Monate vorliegen. Diesbezüglich hatten wir zum Beispiel bei „Aktiv für Arbeit“ - Sie können sich sicherlich daran erinnern - eine Quote von 10 % vorgegeben, die vielfach erreicht wurde. 15 % ist nun etwas mehr. Diese Zielsetzung entstand in der Diskussion über das gesamte Projekt mit den Jobcentern, bei der es darum ging, wie wir ihnen helfen können. Ich habe vorhin bereits darauf hingewiesen, dass wir etwas mehr Geld zur Verfügung haben, weil andere Projekte nicht so gut laufen. Es wurde gesagt: Wenn ihr uns bei der Integration von Menschen, um die man sich besonders kümmern muss, unterstützt, würde uns das sehr helfen. Aus diesem Grund helfen wir den Landkreisen, denen wir in zwei Antragsabschnitten erlaubten, dass Integrationsbegleiter angefordert und unterstützt werden können. Viele Jobcenter haben inzwischen zwei, einige auch schon vier Integrationsbegleiter. Ich habe mir das vor Ort angeschaut. Es läuft in unterschiedlicher Qualität, aber meistens sehr gut und sehr erfolgreich.
Wenn dort „mindestens 15 %“ steht, kann man davon ausgehen, dass das Jobcenter selbst ein Interesse daran hat, 20 oder 25 % der Langzeitarbeitslosen in Arbeit zu bringen, was natürlich auch für das Jobcenter ein Erfolg bei der Integrationsquote wäre.
Meines Erachtens sind Jobcenter generell dazu angehalten, mehr als diese 15 % zu erreichen. Diese Zahl sollte jedoch die Jobcenter nicht davon abschrecken, das Programm in Anspruch zu nehmen; denn erlangen sie die 15 % nicht, wäre der Förderzweck nicht erreicht, und das hätte dann für die Jobcenter natürlich negative Folgen.
Herr Minister, ich habe von Anfang an gesagt, dass ich dieses Programm gut finde, weil es genau der richtige Schritt ist, langzeitarbeitslose Menschen in Arbeit zu bringen. Es gab auch viel Kritik dergestalt, dass gesagt wurde: Wir finanzieren nun die Arbeit der Jobcenter. Die 15 % sind sicherlich eine schöne Zahl, aber es ist mir zu wenig. Schließlich habe ich auf Besuchen bei Integrationsbegleitern gesehen, welch enorme Arbeit sie leisten.
Was hat das Ministerium vor, um diesbezüglich noch viel intensiver in dieses Programm zu investieren? - Abgesehen davon sollte es nicht immer nur ums Geld gehen, sondern vielleicht auch um Qualifizierung bzw. um Qualifizierung von Weiterbildungsgesellschaften. Mir liegt sehr daran, dieses Programm weiterzuentwickeln. Haben Sie also konkrete Vorstellungen?
Sie haben es bereits gesagt: Eigentlich ist es schon so, dass wir damit jetzt auch ein Stück weit die Aufgabe der Jobcenter fördern. Es ist begrüßenswert, dass wir an dieser Stelle den Europäischen Sozialfonds haben. Mit Landesmitteln würden wir es nicht bewerkstelligen können, das sage ich ganz ehrlich.
Ich glaube, dass die Jobcenter gut beraten sind, ihre besten Mitarbeiter dorthin zu schicken, weil sie mit diesen Mitarbeitern eine Klientel möglicherweise dauerhaft in Arbeit bringen, die ihnen sonst permanent - zumindest bei den Kosten der Unterkunft, aber auch bei anderen Leistungen - auf der Tasche liegen würde.
Aus diesem Grund freue ich mich, wenn ich das Beispiel in der Uckermark sehe. Dort wurde eine separate Abteilung im Landratsamt geschaffen, die sich nur darum kümmert, dass alles etwas freundlicher - unter anderem gibt es eine Kinderabteilung ist. Insofern kann man davon ausgehen, dass dort ein intensives Fallmanagement stattfindet.
Meines Erachtens sollte man es so belassen, wie es derzeit ist. Ich habe den Jobcentern auch angeboten: Wenn ihr meint, es sollten zwei oder drei Mitarbeiter mehr dafür bereitstehen, dann meldet euch. - Als wir das erneut nachfragten, haben sie gesagt: Nein, das ist schon in Ordnung so, das ist die Personenzahl, mit der wir arbeiten können, mehr würden wir vorerst nicht vertragen. - Das Programm ist auch endlich, das wissen sie auch. Insofern wollen sie nicht von sich aus eine Sache aufbauschen, die nachher wie ein Kartenhaus in sich zusammenfällt.
Vielen Dank. - Die erste Fragestunde im neuen Plenarsaal ist vorbei. Technisch hat sie im Wesentlichen recht gut funktioniert. Aus diesem Grund kann ich Sie beruhigt bis 13 Uhr in die Mittagspause entlassen.
Ferner liegt Ihnen ein Entschließungsantrag der Fraktion der SPD und der Fraktion DIE LINKE in der Drucksache 5/8420 vor.
Ich informiere Sie darüber, dass der Vorsitzende des Hauptausschusses mitgeteilt hat, dass die Abgeordneten Frau Schier, Herr Prof. Dr. Schierack, Frau Schulz-Höpfner und Herr Senftleben am 06.12.2013, also nach der 1. Lesung des Gesetzentwurfs, ihr Miteinreichen des Gesetzentwurfes zurückgezogen haben.
Bevor ich die Aussprache eröffne, begrüße ich recht herzlich Schülerinnen und Schüler des Niedersorbischen Gymnasiums Cottbus. Seien Sie herzlich willkommen bei dem genau für Sie relevanten Tagesordnungspunkt!
Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der SPD-Fraktion. Herr Abgeordneter Schippel, Sie haben das Wort.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Ein herzliches „Dobry ´z˘e´n!“ den Vertretern des wendischen Volkes, vor allem Herrn Harald Konzack. Ich glaube, dass die Geschichte eines Volkes auch von Symbolen lebt bzw. in dieser Geschichte Ereignisse und Daten herausragen. Wenn der Landtag Brandenburg heute nach langer Diskussion das Gesetz zur Änderung von Rechtsvorschriften über die Rechte der Sorben/Wenden im Land Brandenburg beschließt, dann ist dies auch in gewisser Weise symbolisch in diesem neuen Landtag. Der Präsident des Bundestages hat es gestern auf den Punkt gebracht: Brandenburg hat seit tausend Jahren den ersten eigenen Landtag. - Insofern, denke ich, ist es wirklich ein herausragendes Ereignis.
Es soll auch ausdrücken, dass uns die Angelegenheiten unserer wendischen/sorbischen Minderheit am Herzen liegen - nicht nur, weil es Verfassungsauftrag ist oder europäische Rechte oder Anliegen zu erfüllen sind, sondern weil es zu uns, zu Brandenburg gehört, dass wir unserer einzigen nationalen Minderheit
den Schutz und die Entfaltungsmöglichkeiten garantieren; denn sie haben sie nicht nur verdient, sondern aus unserer eigenen Geschichte heraus stehen ihnen dieser Schutz und diese Entfaltungsmöglichkeiten zu.
Die Wenden - ich wähle diesen Begriff, weil ich Spreewälder bin - haben in der Zeit von 1933 bis 1990 Repressionen unterschiedlicher Art erfahren. Bis 1945 waren es die Versuche, Kultur, Herkunft und Sprache dieses Volkes umzudeuten und einzudeutschen - bis hin zur geplanten Auslöschung. Es ist eben keine Spreewaldtracht, die wir heute so oft zu bewundern haben, es ist eine wendische Tracht. Spreewaldtracht - dieser Begriff wurde genau in dieser Phase geprägt, um das Eindeutschen und Auslöschen mancher Dinge zu bewerkstelligen.
Von 1945 bis 1990 gab es einen Raubbau an dem angestammten Siedlungsgebiet in der Lausitz, ohne dass dafür die notwendigen materiellen und menschlichen Kompensationen geschaffen wurden. Ganze Dorfgemeinschaften wurden durch den Bergbau auseinandergerissen, und wenn manche darüber klagen, dann sollte man sich heute Kausche und Horno ansehen. Dort hat sich etwas in dem sogenannten Umsiedlungsverfahren geändert, und ich denke, das ist auch gut so.
Mit dem neuen Gesetz wollen wir einen Beitrag dazu leisten, dass Verlorenes eine Chance hat, wieder zu entstehen, bzw. Gebliebenes erhalten und geschützt wird. Dies betrifft insbesondere die Sprache und die Kultur.
Als sich neun Abgeordnete aller Parteien - außer den Grünen bereiterklärt haben, den Gesetzentwurf des Rates als den ihren einzubringen, habe ich bereits darauf hingewiesen, dass es an diesem Entwurf Veränderungen geben wird. Auch wenn der Rat für sorbische/wendische Angelegenheiten als Initiator und Entwurfsverfasser nicht hundertprozentig zufrieden ist, so glaube ich doch, dass wir nunmehr eines der besten Minderheitengesetze in der Bundesrepublik haben.
Lassen Sie mich nur beispielhaft folgende Punkte nennen: die Benennung eines Beauftragten der Landesregierung für sorbische/wendische Angelegenheiten im Range eines Staatssekretärs - und ich glaube, darunter wird es nicht mehr zurückgehen -; die große Chance anhand festgelegter Kriterien, dass die Domowina als einziger und offizieller Spitzenverband anerkannt werden kann, und, damit verbunden, ein Verbandsklagerecht; das Antragsrecht des Rates bei kontinuierlichem Vorhandensein von Sprache oder Kultur zur Aufnahme in das wendische Siedlungsgebiet und die Sicherheit der Kommunen, bei der Aufnahme damit verbundene Kriterien nicht sofort und umfassend umsetzen zu müssen, sondern nach und nach, und wenn, dann unter Kostenbeteiligung des Landes. Das war übrigens nichts Neues. Wir haben es noch mal hineingeschrieben. In Brandenburg gilt das Konnexitätsprinzip. Insofern ist manche Diskussion, die dort im Vorfeld stattfand, nicht nur irritierend, sondern sie wurde auch sehr bewusst geschürt.
Meine Damen und Herren! Manches, was nicht sofort umzusetzen ist, wird sich in unserem Entschließungsantrag wiederfinden, zum Beispiel die Regelung, bei der Umstellung von Software bei Sprach- und Schreibprogrammen die niedersorbische Schreibweise sicherzustellen.
Als ältester Abgeordneter der ehemals neun Unterzeichner hatte ich den Versuch unternommen, die Gemeinsamkeit der Un
terzeichner bis zur Verabschiedung des Gesetzes beizubehalten. Aber leider - Sie haben es gehört - haben die Kollegen der CDU ihre Unterschrift zurückgezogen. Ausschlaggebend dafür war, dass auch der Rat den Antrag auf Aufnahme in das Siedlungsgebiet stellen kann und die Landesregierung nach entsprechender Prüfung eine Aufnahme gegen die Mehrheit einer Gemeinde beschließen kann. Minderheitenschutz ist aber nun mal Verfassungsauftrag und damit Landesaufgabe, und diese kann nicht durch eine - wie auch immer geartete oder zustande gekommene - deutsche Mehrheit in den Vertretungen ausgehebelt werden.
Das hat mit kommunaler Selbstverwaltung nichts zu tun. Ein markantes und leider schlechtes Beispiel dafür ist für mich die sogenannte Spreewaldstadt Lübben. Wer Sprache, Kultur und Emotionen eines Volkes kommerziell nutzt und vermarktet, ansonsten damit aber nichts zu tun haben will, wird auf die Dauer beliebig
und sollte sich schämen, den Zusatz „Spreewald“ zu beanspruchen, denn der Spreewald ist die angestammte Heimat - unter anderem.
Aber genau auf diese Problematik, denke ich, zielt das Zurückziehen der Unterschriften. Ich glaube, es geht mehr um Kommunalwahlkampf, und das wider besseres Wissen, denn es ist unser gemeinsamer Verfassungsauftrag und es gibt europäische Anforderungen zum Schutz unserer Minderheiten, die wir einzuhalten haben.
Dann ist alles andere Polemik und Stimmenfang in den kommunalen Verwaltungen oder Vertretungen, in denen es logischerweise eine deutsche Mehrheit gibt. Statt über die Verfassungslage zu informieren, statt die unbegründeten und bewusst geschürten finanziellen Ängste aufzuklären, zieht man sich auf solche Positionen zurück. Wenn Sie sich so gern als Lausitzer bezeichnen und das Image dieser Region nutzen wollen, dann machen Sie das anständig und richtig.
Zur Lausitz gehören nun einmal - und dankenswerterweise die Sorben und Wenden. Zur Lausitz gehört die Zweisprachigkeit. Zur Lausitz gehören die Kultur und die Geschichte dieses Volkes. Und dieses Volk in der Lausitz hat dazu beigetragen, dass wir innerhalb der Region Deutschland einzigartig sind.