Protokoll der Sitzung vom 21.01.2010

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Das Verhältnis zwischen Deutschland und Polen ist unverändert

historisch belastet - Frau Kaiser hat darauf hingewiesen -, nicht nur durch Krieg und Vertreibung, Umsiedlung und Neuansiedlungen links und rechts der Oder, um nur einige Beispiele zu nennen. Dies zeigt die aktuelle Diskussion über Frau Steinbach. Ich möchte dennoch davor warnen, hier eine jahrhundertelange historische Feindschaft zwischen Deutschen und Polen an die Wand zu malen. Die hat es nicht gegeben, und die gibt es auch nicht. Ganz im Gegenteil! Die polnischen Revolutionäre waren 1848 ganz entscheidend dafür, dass auch in Deutschland ein Demokratisierungsprozess eingetreten ist. Sie waren damals in der Paulskirchenversammlung von wirklich historischer Bedeutung.

Ich möchte auch an die Rede des ehemaligen polnischen Außenministers Bartoszewski in der Nikolaikirche erinnern, in der er deutlich gemacht hat, welche Rolle - das wurde auch schon von Frau Teuteberg und von Ihnen, Herr Woidke, angesprochen die Gründung von Solidarno´s´c als Beitrag zur deutschen Einheit und letztendlich auch zur Verwirklichung einer europäischen Einheit gespielt hat. Ich denke, wir können den Polen nicht dankbar genug sein.

(Beifall GRÜNE/B90 sowie vereinzelt SPD und DIE LIN- KE)

Vor diesem Hintergrund begrüße ich die Oderpartnerschaft ausdrücklich. Ich möchte auf das doch sehr beachtliche Interview unseres Ministerpräsidenten in der „Märkischen Oderzeitung“ hinweisen mit dem Titel „Wachsende Basis für ein echtes Wir“. Es ist richtig, wir müssen Visionen entwickeln. Aber ich möchte auch dazu anregen, Realismus zu wahren. Ja, Herr Ministerpräsident, Central Europe, die Verbindung zwischen Niederösterreich, Wien, Slowakei und Tschechien, können wir wirklich als Vorbild für unsere gemeinsame Region nehmen. Aber wenn dann - Frau Richstein hat es zitiert - die Region Paris/ Brüssel plötzlich als Vorbild genannt wird, eine der einwohnerstärksten Regionen Europas, Industrieregion ohne Ende, dann muss ich fragen: Kann es nicht auch eine Nummer kleiner sein?

Wenn man zu hohe Ansprüche an sich selber stellt und mit zu hohen Ansprüchen in solche Verhandlungen geht, dann ist ein Scheitern solcher Treffen vorprogrammiert.

Ich finde das jetzt nicht ausgesprochen schlimm. Ich finde es auch nicht schlimm, wenn dargestellt wird, es habe sehr viele Partikularinteressen gegeben, die das Herausarbeiten gemeinsamer Interessen scheinbar dominiert haben. Selbstverständlich gehört zu einer Partnerschaft auch, dass Partikularinteressen benannt werden und auf den Tisch kommen und man erst dann versucht, aus diesen Partikularinteressen ein gemeinsames Interessengebäude zu entwickeln.

Zur Verkehrsinfrastruktur: Ich finde es richtig, dass der Schienenverkehr ausgebaut werden soll. Natürlich müssen die Züge schneller werden. Aber ich muss auch deutlich sagen, dass aktuell kein Problem einer Überlastung der Strecken im Schienengüterverkehr besteht. Der Schienengüterverkehr ist rückläufig, auch der grenzüberschreitende. Wir erleben in Polen, dass der Straßenverkehr in einem unglaublichen Ausmaß zugenommen hat und gleichzeitig der Schienenverkehr rückläufig war. Zwischen 1997 und 2007 ist der Anteil des Güterverkehrs auf der Schiene in Polen von 51 % auf 26 % zurückgegangen. Wir müssen nicht nur über harte Infrastruktur reden, sondern

auch über die Frachtsätze der Deutschen Bahn, die dazu führen, dass es für polnische Spediteure weitaus billiger ist, auf der anderen Seite der Grenze, auf der anderen Seite der Oder die Güterzüge zu entladen, auf Lastwagen umzuladen und dann mit den Lastwagen durch Deutschland zu fahren.

Lassen Sie mich noch ein Problem ansprechen, auf das ich Sie bitte, besonderes Augenmerk zu legen: Das ist die Entwicklung gemeinsamer Strategien für die Biomassenutzung. Ich nenne ein Beispiel: In Stettin ist geplant, ein bisheriges Kohlekraftwerk in ein Biomassekraftwerk mit einer Leistung von 80 Megawatt umzubauen. 600 000 Tonnen Holz sollen dort verarbeitet werden. Wir haben in Eberswalde ein Biomassekraftwerk, in dem 160 000 Tonnen trockenes Holz pro Jahr verbraucht werden. Wir kommen langsam in die Situation, dass die Wälder übernutzt werden und die Bereitstellung von Biomasse in der Region nicht mehr ausreicht. Ich denke, dass es hier wirklich erforderlich ist, zu einem abgestimmten Verfahren zu kommen, um das nicht zuzulassen. Zum Beispiel auch die Holzpelletfabrik in Schwedt ist darauf angewiesen, dass Holz aus Polen zugeliefert wird. Wir sind dabei, Strukturen aufzubauen, die dazu führen, dass ganze Industriebereiche, die wir aufbauen, auch wieder wegbrechen.

Ein besonderes Problem stellen auch noch die Biogasanlagen dar, bei denen wir auf folgende Situation zusteuern: Auf deutscher Seite entstehen Biogasanlagen. Die Biomasse wird aus Polen geholt. Bei uns gilt das EEG. Hier wird verstromt, hier erfolgt die Wertschöpfung. Die Gärschlämme werden wieder nach Polen zurückgebracht und dort aufgebracht. - Ich bitte, auch diesem Problem in der Regierungsarbeit Augenmerk zu widmen, und darum, dass wir hier zu einer abgestimmten Position zwischen Deutschland und Polen kommen. - Herzlichen Dank.

(Beifall GRÜNE/B90 und vereinzelt SPD sowie DIE LINKE)

Minister Christoffers spricht für die Landesregierung.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich bedanke mich zunächst dafür, dass dieses Thema heute auf die Agenda gesetzt worden ist. Ich sehe mich aufgrund der Debatte Gott sei Dank auch in der Situation, dass ich mein Manuskript beiseite legen kann; damit fühle ich mich auch am wohlsten. Ich möchte versuchen, auf die Beiträge einzugehen, die vor dem Parlament gehalten worden sind.

Meine Damen und Herren, Deutschland hat gegenüber Polen eine Sonderverantwortung; darauf ist hingewiesen worden. Ich glaube, wir alle sind uns dieser Verantwortung bewusst. Was war es denn, was wir mit der Oderpartnerschaft erlebt haben? Es war ein Wirtschaftsgespräch, aus dem eine politische Gesprächsplattform geworden ist. Wir stehen jetzt vor der Aufgabe, aus dieser politischen Gesprächs- und Informationsplattform gesellschaftliche Normalität werden zu lassen, das heißt, sie tatsächlich mit Leben zu erfüllen, und das ist eigentlich der viel schwierigere Prozess. Insofern ist es nicht das Problem, dass ein Gipfeltreffen der Oderpartnerschaft nicht die Ergeb

nisse gebracht hat, die wir uns alle erhofft haben, sondern die Frage, vor der wir jetzt tatsächlich stehen, ist: Wie schaffen wir es, in dem Bewusstsein unterschiedlicher Verwaltungsstrukturen und unterschiedlicher Interessenlagen eine grenzüberschreitende Kooperation nicht nur auf dem Wirtschaftsgebiet hinzubekommen, sondern in dieser Oderpartnerschaft auch zivilgesellschaftliche Elemente zu entwickeln?

Meine Damen und Herren, Europa als gemeinsames Europa hat nur dann eine Chance, wenn die Regionen sich entwickeln und eben nicht nur Brüssel. Insofern stehen wir eigentlich mit dieser Arbeit, die in der Oder-Partnerschaft geleistet wird, vor der Frage der Umsetzung der Europäischen Verfassung. Denn nur dann, wenn sie in den Regionen gelebt wird, hat sie eine Chance. Wir haben nun einmal eine sehr, sehr lange gemeinsame Grenze mit Polen, Gott sei Dank, sage ich an dieser Stelle, und wir haben die Verantwortung, genau diese Aufgabe wahrzunehmen und zu lösen.

Meine Damen und Herren, die Landesregierung hat sich vorher mit den polnischen Partnern verständigt. Die Zahl der Regionen wurde schon genannt, es sind acht. Ganz nebenbei darf ich bemerken, dass die Woiwodschaften, mit denen wir Partnerbeziehungen haben, ca. 25 % der Wirtschaftskraft der gesamten polnischen Seite repräsentieren. Wir haben also auch von dieser Seite her sehr gute Voraussetzungen, die Kooperationsbeziehungen zu intensivieren.

Wir hatten als Landesregierung mit den polnischen Partnern eine Reihe von Punkten abgestimmt. Es gab auch eine Diskussion darüber, ob die Oderpartnerschaft nicht institutionalisiert, also ob im Prinzip auch die Möglichkeit eines europäischen Verbunds für territoriale Zusammenarbeit, die uns die EU ja eröffnet hat, genutzt werden sollte.

Die polnische Seite ist zu der Schlussfolgerung gekommen, die uns übermittelt worden ist, dass sie gegenwärtig eine Neuorganisation dieser Institution in dieser Form erst einmal nicht wolle. Deshalb habe ich mit großem Interesse zur Kenntnis genommen, dass ein Teil der polnischen Delegation genau diese Debatte während der Oder-Konferenz wieder begonnen hat. Ich bin darüber sehr froh; denn ich glaube, irgendwann, ob es die Oderpartnerschaft oder eine gleichgelagerte Institution ist, werden wir uns entscheiden müssen, die Zusammenarbeit mit den Woiwodschaften weiter zu institutionalisieren. Ich finde, dass hier ein europäischer Verbund für territoriale Zusammenarbeit das einzige und gute Instrument ist, das dafür zur Verfügung steht. Insofern sind wir auch dabei, intensiv zu prüfen, ob wir dieses Instrument wieder in die politische Debatte einführen können. Das würde aber natürlich eine völlige Umorganisation auch der Oderpartnerschaft bedeuten. Sie wäre dann nicht mehr die Informations- und Gesprächsplattform, sondern sie wäre das Gremium, mit dem wir gemeinsam versuchen, uns nicht nur abzustimmen, sondern die Interessenlagen dann auch umzusetzen.

Meine Damen und Herren, es ist viel von Herausforderungen gesprochen worden, vor denen wir stehen, und ich würde gern noch zwei Punkte hinzufügen. Die Europäische Union hat eine Baltik-Strategie verabschiedet. Diese Baltik-Strategie bedeutet die gemeinsame Entwicklung des gesamten Ostseeraums. Wir liegen in den Entwicklungsachsen Berlin-Wittenberge-Hamburg sowie Berlin-Schwedt-Szczecin. Die Entwicklung unserer Regionen im Raum Schwedt-Wittenberge kann plötzlich vor

einem völlig anderen Hintergrund passieren, weil im Rahmen der Hinterlandstrategie die gemeinsame Ostseestrategie der Europäischen Union unmittelbare Wirkung auf uns entfaltet. Das heißt, alles das, was wir geplant haben, was wir umsetzen wollen, die Entwicklungsziele in diesen Bereichen, können wir in einen europäischen Kontext kleiden, und das werden wir auch gemeinsam versuchen. Das ist auch ein Ansatzpunkt - um das deutlich zu sagen - in der Oderpartnerschaft gegenüber Europa gemeinsam aufzutreten und gemeinsame Interessenlagen in der Entwicklung der Ostseeraumstrategie deutlich zu machen.

Meine Damen und Herren, 2014 beginnt eine neue Förderperiode. Im Gesprächskreis der Oderpartnerschaft haben wir angeboten, dass sich alle beteiligten Seiten auf 2014 vorbereiten. Das heißt, dass wir versuchen, gemeinsam darüber zu reden, welche Interessenlagen wir mit welchen Förderinhalten in Brüssel dokumentieren können, und gemeinsam aufzutreten, um dies tatsächlich realisieren zu können.

Insofern, meine Damen und Herren, gibt es viele Möglichkeiten, es gibt das Interesse. Wenn es uns jetzt noch gelingt, die unterschiedlichen Verwaltungsstrukturen, die unterschiedlichen Mentalitäten, zum Teil auch die unterschiedlichen politischen Erwartungen an diese Zusammenarbeit gegenseitig zu akzeptieren, dann bin ich der Auffassung, dass wir mit der Oderpartnerschaft einen guten Weg eingeschlagen haben. Dann sollten wir uns auch nicht davon irritieren lassen, dass die eine oder andere Veranstaltung möglicherweise nicht alle Ergebnisse bringt, die wir uns vorgestellt hatten.

Was das angesprochene Papier betrifft, so ist vereinbart worden, es der gemeinsamen Regierungskommission zu übergeben. Das ist erfolgt. Zwei Woiwodschaften haben während der Beratung eigene Papiere zu Fragen der infrastrukturellen Entwicklung vorgelegt. Auch diese sind der Regierungskommission überstellt worden. Die gemeinsame Regierungskommission der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen wird aus den drei Papieren Positionen ableiten und dann auch gemeinsam zur Entscheidung vorlegen. Das wird das nächste Gipfeltreffen zeigen.

Dann gibt es eine zeitliche Verzögerung, ja, aber es gibt den festen gemeinsamen Willen, das, was vereinbart ist, umzusetzen. Insofern gehe ich davon aus, dass diese zeitliche Verzögerung der Zusammenarbeit nicht abträglich ist. Wir müssen einfach akzeptieren, dass bestimmte Abläufe dort anders funktionieren als auf deutscher Seite. Das ist vielleicht manchmal ein bisschen schwierig, ist aber halt so. Nur dann, wenn man bereit ist, diese unterschiedlichen politischen Kulturen nachzuvollziehen und weiterzuentwickeln, kann man auch Zeitschienen aufstellen, wie sich die Oderpartnerschaft weiterentwickeln kann.

Meine Damen und Herren, der Antrag der Koalitionsfraktionen beinhaltet eine Reihe von Punkten, die im Rahmen der weiteren Entwicklung der Oderpartnerschaft auch bei uns als Schwerpunkte definiert sind. Insofern kann ich diesen Antrag nur begrüßen und bitte Sie alle um Ihre Zustimmung. - Vielen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD sowie GRÜNE/B90)

Das Wort erhält noch einmal die CDU-Fraktion. Die Abgeordnete Richstein spricht.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe in meinem ersten Redebeitrag noch nichts zu dem Entschließungsantrag gesagt, der von den Regierungsfraktionen gestellt wurde. Ich möchte Ihnen aber unser Abstimmungsverhalten erklären.

Wenn Sie sich den Antrag anschauen, stellen Sie fest, er enthält sehr viele allgemeine Floskeln. Es ist die Frage, ob wir uns immer wieder bestätigen müssen, was wir sowieso alle schon wissen, oder ob wir nicht wieder besser in die Zukunft schauen und neu definieren sollten, wohin wir eigentlich wollen.

Im zweiten Teil ist neben den allgemeinen Floskeln ein schönes buntes Potpourri, mit dem Sie zu erreichen meinen, dass auch andere Fraktionen dem Antrag zustimmen. Insbesondere sollen ÖPNV und SPNV ausgebaut werden, damit die Grünenfraktion zustimmt. Tourismus muss mehr in den Fokus gerückt werden, damit auch die FDP zustimmt. Und nur mit dem Weglassen des Wortes „Mindestlohn“ meinen Sie, dass die CDU zustimmen wird. Das werden wir nicht.

(Frau Kaiser [DIE LINKE]: Das haben wir gar nicht er- wartet!)

Insofern: Ihr Antrag ist nicht gut genug, dass wir zustimmen, enthält aber durchaus gute Dinge. Um zu zeigen, dass wir nicht dagegen sind, lehnen wir nicht ab, sondern wir enthalten uns.

(Görke [DIE LINKE]: Och, wie gütig!)

- Herr Görke, in der Schule sagen Sie als Lehrer doch Ihren Schülern immer, dass auch andere reden dürfen, dass man sie ausreden lassen soll und dass man nicht dazwischenquatscht. Es wäre schön, wenn Sie selbst dieses Verhalten auch im Plenum übernehmen würden.

Wir werden diesen Antrag ablehnen, hoffen aber dennoch auf eine weitere konstruktive Diskussion innerhalb der Ausschüsse und hoffentlich auch hier im Plenum des Landtags. - Vielen Dank.

(Beifall CDU)

Die Abgeordnete Hackenschmidt spricht noch einmal für die SPD-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Richstein, ich habe gleich zu Beginn meiner Ausführungen eine Frage: Wieso soll allein die FDP für den Tourismus zuständig sein? Das verwirrt mich etwas.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Ihre Zuweisung bestimmter politischer Themenfelder kann ich so nicht nachvollziehen. Deshalb will ich deutlich sagen: Von uns sind in den letzten Jahren schon einige Themenfelder beackert worden. Ich komme anhand einiger Beispiele darauf zurück.

Fast auf den Tag genau vor zwei Jahren haben wir - ebenfalls in einer Aktuellen Stunde - über die Oderpartnerschaft debattiert. Damals sagte mein geschätzter Kollege Klaus Bochow sinngemäß: Vor dem Hintergrund der historischen Belastungen müssen wir zu unseren polnischen Nachbarn Brücken bauen, nicht nur Brücken aus Stein, sondern vor allem solche, die die Menschen einander näherbringen.

Diese Aussage gilt unvermindert fort, auch wenn der europäische Integrationsprozess inzwischen fortgeschritten ist und durch den Vertrag von Lissabon - Gott sei Dank! - weiter fortgeschrieben wird. Menschliche Brücken schaffen Vertrauen und gegenseitiges Verständnis. Sie werden umso wichtiger, je mehr sich geplante vertragliche Vereinbarungen in den Wirren der deutsch-polnischen Bürokratie und den unklaren Zuständigkeiten verfangen und in der Folge nicht oder nur sehr zögerlich realisiert werden. Das ist eigentlich unser Problem: Die Strukturen des Partners auf der anderen Seite sind nicht kompatibel. Es gibt Befindlichkeiten bis nach Warschau. Ich akzeptiere das. Wir müssen das auch akzeptieren, denn wir sprechen von Partnerschaft. Wir können dem Partner nicht diktieren, was er zu tun und zu lassen hat.

„Deutsch-polnischer Gipfel ohne Ergebnisse“ war am 14. Januar in der „Märkischen Oderzeitung“ zum Spitzentreffen der an der Oderpartnerschaft Beteiligten zu lesen. Dabei waren die Bundesländer Brandenburg, Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und Sachsen sowie die entsprechenden vier westpolnischen Woiwodschaften Lebuser Land, Westpommern, Großpolen und Niederschlesien. Tatsächlich konnten sich die Beteiligten trotz mehrmonatiger Vorbereitung nicht auf eine gemeinsame Erklärung zum Ausbau der Verkehrswege einigen. Ich bin fest davon überzeugt: noch nicht. Immerhin wurde ein erneutes Treffen dazu für Oktober vereinbart.

Ich finde es gut, dass wir die Verbindung nach Gorzów schaffen. Kollege Dr. Woidke hat schon das große Verkehrsproblem im Zusammenhang mit der Europameisterschaft im Fußball angesprochen. Die Mitglieder des Wirtschaftsausschusses waren in Warschau und haben auf der obersten Ebene Gespräche geführt. Auch die dortigen Vertreter wissen nicht, wie sie es bis 2012 hinbekommen sollen, die Verkehrsinfrastruktur so auszubauen, wie es notwendig wäre. Wir wurden mit Nachdruck gebeten: Gebt uns eure Erfahrungen mit der Weltmeisterschaft weiter! Wie können wir unsere Infrastruktur ausbauen? Wir brauchen zum Beispiel Autobahnen. - Als wir ihnen sagten, dass wir 20 Jahre für eine Autobahn brauchen, wurde uns entgegnet: Diese Zeit haben wir nicht. Aber wir brauchen Know-how, das fehlt uns. Wir müssen schauen, dass wir es halbwegs hinbekommen.

Die Partner auf der polnischen Seite sind interessiert. Aber das Gespräch fand halt in Warschau statt, nicht im Rahmen der Oderpartnerschaft. Dennoch spürt man in allen Gesprächen, dass sie Interesse haben, Partner zu sein - aber gleichberechtigte Partner, ob im Rahmen der Oderpartnerschaft oder im Zusammenwirken der Nationalstaaten.

Ein weiteres Beispiel: Ich bin froh, im Jahr 1999 für den Landkreis Elbe-Elster in Bydgoszcz eine Partnerschaft mit dem dortigen polnischen Landkreis - beide Landkreise gehören nicht zur Region der Oderpartnerschaft - geschlossen zu haben. Aus diesem Anlass habe ich damals gesagt: Es wird nur gelingen, die Partnerschaft positiv zu besetzen, wenn Menschen sie gestalten und wir nicht nur irgendwelche Dinge aufschreiben, die

wir dann in einen Schrank stellen, auf welcher Seite auch immer, und hoffen, es werde sich schon richten. Menschen müssen die Partnerschaft leben. Ich sage es bewusst so deutlich: In der Oderpartnerschaft sind Sie alle als Botschafter für Brandenburg gefragt.

(Beifall SPD und DIE LINKE)

Es gibt Beispiele auf allen Ebenen und allen Politikfeldern, wenn es darum geht, die Beziehung mit unseren Nachbarn zu beschreiben. Wenn Menschen oder Medien behaupten, es ginge alles nicht schnell genug, dann entgegne ich: Wie lange hat denn die Aussöhnung mit Frankreich und anderen Ländern bzw. Regionen, die im Krieg Feinde waren, gedauert? Einige haben eine Erwartungshaltung, die ich nicht verstehen kann.