Frau Ministerin, eine Frage: Kernpunkt des vorliegenden An trags sind Projekte und Maßnahmen, um Rückkehrer und Zu zügler dafür zu gewinnen, nach Brandenburg zu kommen. Schätzen Sie es so ein, dass im Haushalt genug Finanzmittel vorhanden sind, oder müsste da ein Nachtragshaushalt kom men?
Ein Nachtragshaushalt wird nach den Regeln der Landeshaus haltsordnung dann fällig, wenn ein Betrag einer bestimmten Größenordnung erreicht wird, der von dem beschlossenen Haushalt abweicht. Ich glaube nicht, dass wir oder Sie über ei ne Förderung oder eine Summe in dieser Größenordnung nach denken. Ich denke, vieles kann aus laufenden Mitteln erbracht werden.
Rückkehrer benötigen dieselben Bedingungen wie alle anderen auch: gute Arbeit, gute Löhne, gute Arbeitsbedingungen - ge nau die Dinge, über die ich gerade gesprochen habe.
Meine Damen und Herren, einen fünften Schwerpunkt kann und will ich nicht vergessen - das ist der Abbau der Langzeitar beitslosigkeit. Das war auch schon Thema in der Diskussion. 42 % der Arbeitslosen in Brandenburg - insgesamt etwa 40 000 Personen - suchen schon ein Jahr oder länger einen Job. Ja, zum Glück nimmt auch die Zahl der Langzeitarbeitslosen ab - aber eben deutlich langsamer als die Zahl derer, die schnell wieder eine Beschäftigung finden. Wichtig ist es, sie umfas send zu fördern. Meiner Ansicht nach hat das in der Vergan genheit auch auf bundespolitischer Ebene zu wenig eine Rolle gespielt. Gefordert wurde viel, gefördert wenig. Wir versuchen das im Land Brandenburg anders und besser zu machen. Wir ergänzen damit auch Programme auf Bundesebene. Ich will Ih nen das Bundesprogramm „Soziale Teilhabe“ nicht vorenthal ten; aber es schafft nur bis zu 20 000 Plätze bundesweit - ich habe Ihnen gerade die Zahlen im Land Brandenburg genannt. Von diesen bis zu 20 000 Plätzen sind auch erst 8 600 besetzt. Das heißt, da klafft eine riesengroße Lücke. Das ist also ein Schritt in die richtige Richtung, aber er ist überaus ungenü gend. Was wir vielmehr brauchen, sind tatsächlich stabile Rah menbedingungen für öffentlich geförderte Beschäftigung; da für braucht es gesetzliche Lösungen auf Bundesebene.
Die Länder konnten sich mit dieser Forderung im Rahmen der SGB-II-Reform im vergangenen Jahr leider nicht durchsetzen, obwohl unter den Bundesländern große Übereinstimmung be stand. Wir werden aber an diesem Thema dranbleiben und die Möglichkeiten, die wir haben - zum Beispiel über den ESF - weiterhin nutzen; Frau Muhß hat schon die Integrationsbeglei ter angesprochen.
Meine Damen und Herren, um es zusammenzufassen: Wir ste hen vor großen Herausforderungen. Es gibt viele Felder, auf denen wir tätig sein müssen und wollen. Das kann aber nur ge lingen, wenn alle Akteure auf dem Arbeitsmarkt zusammen wirken. Das tun sie unter anderem im von mir schon benannten Bündnis für Gute Arbeit. Wir werden im Herbst dieses Jahres zu einer Zwischenbilanz in diesem Bündnis zusammenkom men. Ich denke, dass wir dann auch weiterhin gemeinsam dar an arbeiten können, dass sich die Arbeitsmarktzahlen weiter so gut entwickeln wie in der Vergangenheit. - Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Vielen Dank. - Das Wort erhält ein weiteres Mal die Landesre gierung. Herr Minister Gerber, bitte. Anschließend erhält der Abgeordnete Stohn noch einmal für die SPD-Fraktion das Wort.
Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Auch ich als Wirtschaftsminister freue mich natürlich über die gute Ent wicklung am Arbeitsmarkt. Zur allgemeinen Situation ist be reits viel gesagt worden. Ich will mich daher auf das Thema Fachkräfte beschränken. Für viele unserer Unternehmerinnen und Unternehmer ist Fachkräftesicherung mittlerweile das Thema Nr. 1. Das zeigen die Konjunkturumfragen der Kam mern, und das erlebe ich - Sie wahrscheinlich auch - bei Be triebsbesuchen immer wieder. In Kyritz hat kürzlich ein Unter nehmer zu mir gesagt: Wir haben gar keine Zeit, uns mit wich tigen Zukunftsprojekten wie der Digitalisierung zu beschäfti gen, denn wir sind vollauf damit ausgelastet, Fachkräfte zu finden und unseren Betrieb mit seinen Aufträgen am Laufen zu halten. - Das ist natürlich ein Punkt, wo es problematisch wird.
Dennoch, die Fachkräftesicherung ist in erster Linie ureigene Aufgabe der Unternehmen. Das ist den Firmen auch klar, doch immer weniger Unternehmen in unserem Land bilden aus. Das ist nicht klug, wie ich finde, denn wer heute nicht ausbildet, der steht morgen mit leeren Händen da.
Ich will an dieser Stelle aber auch eine Lanze für unsere Unter nehmerinnen und Unternehmer brechen, denn diejenigen, die ausbilden, sind hoch engagiert und scheuen keine Mühe.
In Premnitz habe ich einen Handwerker getroffen, der mit sei nen Auszubildenden an Ausbildungscamps teilnimmt und seine Azubis jährlich zu einem Strandurlaub einlädt, um die Ge meinschaft zu stärken.
Sie können mir glauben: Das wirkt da in Premnitz. Mir ist wichtig, dass diese Beispiele bekannt werden und Schule ma chen. Die Landesregierung unterstützt Ausbildungsbetriebe auf vielfache Weise - sei es über die berufliche Bildung, die schon angesprochene Ausbildungsoffensive oder über die Förderung der Verbundausbildung.
Meine Damen und Herren, junge Leute überlegen sich heute sehr genau, wo sie anheuern, denn sie können es sich, insbe sondere wenn sie gut qualifiziert sind, mittlerweile aussuchen. Wer als Unternehmer anständig bezahlt, ist natürlich eindeutig im Vorteil. Aber nicht nur auf die Bezahlung kommt es an. Auch familienfreundliche Arbeitszeiten, betriebliche Mitbe stimmung und ein respektvoller Umgang miteinander sind Standortfaktoren für unsere Wirtschaft.
Übrigens: Gute Arbeitsbedingungen finden wir nicht zuletzt in der Industrie unseres Landes. Eine starke Industrie ist wichtig für unser Land und für unseren Sozialstaat.
Zur Fachkräftesicherung gehört auch die Fachkräfteentwick lung. Weiterbildung und Qualifizierung müssen mehr denn je im Mittelpunkt stehen. Das gilt nicht zuletzt vor dem Hinter grund der Digitalisierung. Kein Unternehmen kann heute auf Kompetenz in diesem Bereich verzichten. Wir haben gerade erst wieder erlebt, welchen Schaden weltweite Hackerangriffe anrichten können. Wissen, meine Damen und Herren, schützt zumindest ein Stück weit. Deshalb freut es mich, dass wir in Brandenburg voraussichtlich ein vom Bund gefördertes Kom petenzzentrum Mittelstand 4.0 erhalten werden. Wir als Lan desregierung haben diese Initiative mit vorangetrieben. Dieses Kompetenzzentrum wird sich insbesondere an Beschäftigte richten und sie durch Weiterbildungen digital fit machen. Aber auch wenn Maschinen immer intelligenter werden, den besten Mann und die beste Frau werden sie nicht ersetzen können. Gute Leute bleiben das A und O für unsere Wirtschaft. - Herzli chen Dank.
Vielen Dank. - Bevor der Abgeordnete Stohn ans Rednerpult tritt, möchte ich Gäste auf der Besuchertribüne begrüßen: Schüler und Schülerinnen des beruflichen Gymnasiums Fal kenberg/Elster und weitere Gäste. Herzlich willkommen! Schön, dass Sie hier sind.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen! Liebe Schülerinnen und Schüler! „Mach Mutti glücklich. Komm zurück.“ So heißt die clevere Postkartenkam pagne von fünf Städten aus der Prignitz und dem Ruppiner Land. Die ältere Dame mit keckem Halsschmuck und Locken wicklern reißt vor Freude die Arme in die Höhe: Komm nach Hause, Kind! Job, Wohnung, Freunde, Familie - alles da, fehlst nur noch du, meint sie!
Es geht bei dem Antrag, Rückwanderung bzw. Rückkehrinitia tiven zu fördern und zu unterstützen, nicht allein um Muttis Glück, sondern auch darum, Fachkräfte für unser Land Bran denburg zu begeistern.
Wir wollen solche Initiativen unterstützen, die Rückkehrern und Zuzugswilligen den Weg bereiten. Es geht also um das Glück von ehemaligen Brandenburgerinnen und Brandenbur gern, die unsere Heimat verlassen haben, weil die Ausbil dungs- und Arbeitsmarktsituation damals nicht rosig war oder weil einfach die Ferne lockte.
Als ich Anfang der 2000er das Abitur abgelegt habe, verließen gefühlte 75 % meines Jahrgangs die Region, um anderswo eine wirtschaftliche Perspektive zu finden. Das hat sich heute grundlegend geändert; Sie haben es gehört. Schon heute haben es viele Unternehmen schwer, Arbeits- und Ausbildungsstellen zu besetzen. Den Blick also auf ehemalige Brandenburgerin nen und Brandenburger zu lenken erscheint vielversprechend, denn schon seit 2012 ändert sich die Zahl der Menschen, die nach Ostdeutschland zurückkommen. Sie liegt deutlich über der Zahl derjenigen, die Ostdeutschland verlassen. Nach Un tersuchungen des Leibniz-Instituts für Länderkunde wollen drei von vier Abgewanderten zurückkehren. 43 % haben schon konkrete Pläne. Ich merke es auch in meiner Generation: eine Ärztin, die zurückkommt, ein Lehrer oder jemand, der den el terlichen Betrieb übernehmen will.
Brandenburg hat gute Argumente für eine Rückkehr. Für viele steht an erster Stelle die Verbundenheit zu Heimat und Familie. Familienfreundliche Kommunen, eine gute Arbeitsmarktsitua tion, Karrierechancen und auch die Nähe zu Berlin sind Stand ortfaktoren. Für einige ist es der Wunsch nach dem eigenen Haus, andere wollen den weiten Raum für ihre Ideen nutzen, wieder andere lieben den Reichtum an Natur und die einzigar tige Landschaft.
Aber es gibt bei Rückkehrern und Zuzugswilligen auch Fragen und Bedenken: Finde ich zuhause einen Job? Wie weit haben es die Kinder zu ihrer Schule? Wird mein Partner auch Arbeit finden? Finde ich leicht eine Wohnung? - Für die Suche nach dem Arbeitsplatz bietet das Fachkräfteportal Brandenburg über 3 000 Jobs und Stellenangebote, Anlaufstellen für Neubran denburger und Rückkehrer sowie viele Ratgeber. Wir wollen dieses Portal evaluieren und untersuchen, ob es wirklich effizi ent ist. Vorstellbar wäre, dass nicht nur Arbeitgeber ihre Ange bote, sondern auch Arbeitnehmer ihre Profile kostenfrei dort einstellen können.
Bisher finanzieren sich die Initiativen aus LEADER-Mitteln. Kommunen und Regionale Wachstumskerne schießen Mittel zu, Unternehmens- und Vereinsbeiträge sorgen für den Rest. Aus Gesprächen mit den Initiativen und Akteuren weiß ich: Vielfach besteht das Bedürfnis nach Planungssicherheit und Nachhaltigkeit bzw. der Wunsch, Projekte überjährig zu gestal ten. Deshalb fordern wir mit unserem Antrag eine entsprechen de Haushaltsermächtigung.
Wir nehmen für die Jahre 2017 und 2018 jeweils 200 000 Euro Landesmittel in die Hand, um diese Initiativen zu unterstützen. Denn es hat sich gezeigt: Es braucht Dienstleister für die vielen kleinen Schritte zurück in die Heimat. Und es braucht das Sig nal: Wir heißen euch willkommen - nicht nur als Fachkräfte, sondern als Menschen mit Familie, mit Heimatgefühl, oft auch mit alten Bindungen, die mit frischen Ideen in unser Land kommen, vielleicht ein Unternehmen gründen oder eine Unter nehmensnachfolge antreten wollen. Für die anderen Fragen rund um Wohnung, Schule, Kitaplatz braucht es Ansprechpart ner vor Ort. Genannt seien die Willkommens-Agentur Ucker mark, Comeback Elbe-Elster, Heimat Westlausitz oder die Ak teure mit der Mutti in der Prignitz und dem Ruppiner Land. Gerne dürfen weitere Initiativen hinzukommen. Jede von ihnen leistet einen großartigen Beitrag. Sie sind Ansprechpartner vor Ort, um bei diesen Fragen zu vermitteln, bilden ein Netzwerk mit den Unternehmen, der Verwaltung und der Wohnungsbau genossenschaft. Comeback Elbe-Elster bietet sogar einen Raum für die Existenzgründung. Wer noch nicht recht weiß, wie es mit dem Unternehmen vorangehen soll, kann sich un kompliziert in ein Gemeinschaftsbüro einmieten.
Diese Rückkehrerinitiativen erzählen Erfolgsgeschichten, zei gen, wie es möglich ist, zurückzukommen, nachdem man in die Welt hinausgegangen ist. Sie bieten ein Willkommensnetz werk, in dem es leichtfällt, Gleichgesinnte und Freunde zu fin den. Das wollen wir fördern und weiter ausbauen.
Sehr verehrte Damen und Herren von der CDU! Ihr Antrag geht in dieselbe Richtung, nur wollen Sie noch eine interminis terielle Arbeitsgruppe. Wir denken, es gilt, die Initiativen vor Ort zu unterstützen. Eine interministerielle Arbeitsgruppe hilft niemandem, den Weg zurück nach Brandenburg zu finden. Wir hoffen mit diesem Antrag einen Beitrag zur Fachkräftesiche rung in Brandenburg zu leisten - und auch wir wollen Muttis glücklich machen. - Herzlichen Dank.
Herr Stohn, danke für den Hinweis auf die Kurzintervention. Ich hoffe, Sie geben mir trotzdem noch eine Antwort auf meine Fragen, die ich Ihnen mit dieser Kurzintervention stellen möchte.
Sie haben ganz viel von den Rückkehrern gesprochen. Was ist aber mit den stillen Reserven auf dem Arbeitsmarkt? Was ist mit den Personen, die gerne arbeiten möchten, aber nicht ar beitslos gemeldet sind und trotzdem einen Arbeitsplatz su chen? Wie sehen denn da die Zukunftschancen vonseiten der SPD aus? Das wäre meine Frage gewesen; ich hoffe, dass Sie die jetzt noch beantworten und sich nicht drücken.
Da Sie die einzelnen Regionen in Brandenburg angesprochen haben: Wie ist Ihr Konzept für die Uckermark angesichts einer Arbeitslosenquote von 12,6 %? Was ist das Konzept der SPD? Was ist Ihr Konzept, um die dortige Arbeitslosenrate von 12,6 % wenigstens auf Brandenburger Niveau zu drücken?