Nein. - Auf der gemeindlichen Ebene sollten die Entscheidun gen auch getroffen werden. Die Aufgabenträger müssen an hand der örtlichen Verhältnisse in eigener Zuständigkeit ent scheiden, welche Konsequenzen sie aus den Entscheidungen des Verfassungsgerichts ziehen. Dies alles haben wir hier mehrfach erörtert, und es ist Ihnen, Frau Kollegen Schülzke, zuletzt auch in der Antwort auf Ihre Kleine Anfrage 2653 von der Landesregierung erläutert worden.
Aber natürlich kann das Land die Gemeinden und Verbände unterstützen. Das tun wir auch; das wissen Sie. In den Doppel haushalt 2017/2018 wurde auf Initiative der Koalitionsfraktio nen ein Unterstützungspaket im Umfang von 250 Millionen Euro aufgenommen. Darin enthalten ist ein Kreditvolumen von 200 Millionen Euro zur Unterstützung der Aufgabenträger bei der Erstattung von Beiträgen. Wir fördern auch Investitions maßnahmen und erstatten zusätzliche Verwaltungskosten. In diesen Tagen wird die entsprechende Förderrichtlinie des MIK im Amtsblatt veröffentlicht und kann damit zum 30. Juni 2017 in Kraft treten.
Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Mit dem vorliegenden Antrag soll der Landtag auch feststellen, dass alle Schadenser satzforderungen aus den Klagen auf Staatshaftung von den Ver bänden anzuerkennen sind. Einen gleichlautenden Antrag hat BVB/FREIE WÄHLER bereits am 18. Januar 2017 eingebracht. Wir haben darüber diskutiert; ich verweise auf das Protokoll.
Nochmals: Sowohl der von der Landesregierung beauftragte Gutachter als auch der Parlamentarische Beratungsdienst ge hen davon aus, dass derartige Ansprüche nicht bestehen. Rich tig, inzwischen liegt ein Urteil des Landgerichts Frankfurt (Oder) vor. Die Richter dort sahen die Staatshaftung als gege ben. Jetzt erwarten alle Beteiligten einen langen Weg durch die Instanzen. Schließlich geht es um viele hundert Millionen Eu ro. Das weiß auch die antragstellende Gruppe.
Es ist nicht wirklich seriös, zu einem Zeitpunkt, wo gerade über das Vorliegen der Staatshaftung ein Rechtsstreit geführt wird, zu verlangen, dass der Landtag die Staatshaftung bestäti gen möge. Wir werden daher ablehnen. - Herzlichen Dank.
Vielen Dank. - Bevor ich den nächsten Redner aufrufe, begrü ße ich auf der Gästetribüne Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter
des Amtes Brieskow-Finkenheerd sowie Gäste aus Beeskow und Umgebung. Herzlich willkommen im Landtag Branden burg!
Herr Präsident! Herr Abgeordneter Kurth, Sie haben hier den Eindruck erweckt, es ginge bei diesem Antrag darum, dass alle Beiträge der letzten 27 Jahre zurückgezahlt werden sollen, und ausgeführt, dass dies zu erheblichen Gebührenerhebungen führte. Ich bitte Sie der Redlichkeit halber richtigzustellen bzw. ich stelle das jetzt richtig, dass Ziffer 1 unseres Antrags besagt, dass die aufgrund der Rechtsprechung des Bundesverfassungs gerichts vom 12. November 2015 als rechtswidrig erwiesenen Anträge eine Rückzahlung erfahren sollen. Das ist erheblich weniger, als wenn Sie das auf alle Beiträge der letzten 27 Jahre beziehen. Das ist ein gravierender Unterschied.
Zweitens: Ja, es ist richtig, dass über die Staatshaftung ein Rechtsstreit geführt wird. Aber schauen Sie, diese Erklärungen höre ich seit Jahren. Wir haben im Jahr 2014, als wir in den Landtag eingezogen sind, gefordert, dass die Beitragserhebung gestoppt wird. Da wurde gesagt, das könne man als Land über haupt nicht tun, und darauf verwiesen, was dann alles entste hen würde. - Das Bundesverfassungsgericht urteilte, dass das, was hierzulande geschieht, rechtswidrig bzw. grob verfas sungswidrig ist. Dann wurde gesagt: Wir können den Verbän den noch nicht sofort zur Rückzahlung raten, weil es noch streitbefangen ist und geprüft werden muss. - In einem Gutach ten wurde festgestellt, dass die Rückzahlung möglich ist. - Dann haben wir Staatshaftung empfohlen, woraufhin gesagt wurde: Das können wir nicht prüfen. - Es kam das erste Ge richtsurteil, mittlerweile sind es fünf, die besagen: Es geht. - Auf diesem Weg von 2014 bis heute, wo Sie immer mit den gleichen Argumenten eine Rückzahlung verzögern oder brem sen, stellt sich der von uns vertretene juristische Weg als der rechtmäßige heraus. Auf diesem Weg sind immer neue An walts- und Gerichtskosten entstanden, und immer hieß es: Das konnten wir nicht wissen.
Ich bitte Sie: Überdenken Sie Ihre Position in diesem Punkt. Dieses Argument höre ich seit 2014, und seitdem häufen sich Gerichtskosten in mittlerweile zweistelliger Millionenhöhe an, die dann in die Gebühren einfließen und genau die Gebühren erhöhung mit sich bringen, die Sie ja nicht wollen - wir auch nicht.
Herr Vizepräsident! Herr Vida, Sie sind ja ein Mann, der gerne Akten studiert; das schätze ich an Ihnen. Vielleicht lesen Sie meine Rede im Protokoll noch einmal nach; dann wird Ihnen auffallen, dass ich nicht behauptet habe, dass es in Ihrem An trag um 27 Jahre Rückerstattung geht, sondern meine Einlas
sung zum Thema war, dass wir diese vollständige Gerechtig keit nur unter größten Schwierigkeiten oder eben auch gar nicht erreichen können, weil wir seit 27 Jahren das Kommunal abgabenrecht haben, das auch immer wieder Schwankungen unterlegen hat.
(Schulze [BVB/FREIE WÄHLER Gruppe]: Es gibt Leu te, die suchen Ausreden, und es gibt Leute, die suchen Wege!)
Herr Vida, Sie haben es auch heute wieder nicht versäumt, den Minister des Innern und für Kommunales dafür zu kritisieren, dass er seinerseits Kritik an einem Urteil geäußert hat. Sie wer den doch wohl jetzt nicht unterschwellig Kritik am Urteil des OVG Berlin-Brandenburg vom 05.12.2001 sowie vom 03.12.2003, wo es um die Pflicht zur Einbeziehung altange schlossener Grundstücke ging, oder aber am Urteil des Landes verfassungsgerichts Brandenburg, was uns dazu angehalten hat, geäußert haben wollen. Wir wissen heute, dass das Bun desverfassungsgericht anders geurteilt hat. Aber sich hier hin zustellen und zu behaupten, dass Sie das schon damals gewusst hätten - das können Sie, glaube ich, selber nicht ernst neh men. - Herzlichen Dank.
(Beifall SPD sowie vereinzelt DIE LINKE - Schulze [BVB/FREIE WÄHLER Gruppe]: Das war schon 2009 im Innenausschuss Thema!)
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Der vorliegende Antrag der FREIEN WÄHLER weist auf den un geklärten Umstand hin, dass wir anderthalb Jahre nach der Ent scheidung des höchsten deutschen Gerichtes, des Bundesver fassungsgerichts, zu dieser Frage noch immer keinen Cent an Hilfen ausgezahlt haben.
Es gab ja eine lange Entwicklung des Innenministers, begin nend mit dem Infragestellen des Urteils des Verfassungsge richts - darauf haben Sie dankenswerterweise hingewiesen, Herr Kurth - über die alleinige Verantwortlichmachung der kommunalen Ebene und schließlich dem Druck - glaube ich, ich war im Hinterzimmer nicht dabei - der Koalitionsfraktio nen, insbesondere der Linken. Dies hat zu einer Veränderung der Regierungspolitik geführt. Das alles hat aber viel Zeit in Anspruch genommen und ist letzten Endes leider auch nur ein kleiner Schritt gewesen, sodass wir tatsächlich weit davon ent fernt sind, in dieser Frage Rechtsfrieden in Brandenburg zu ha ben.
Von der Opposition insgesamt, von den einzelnen Oppositions fraktionen, aber auch von Teilen der Regierungskoalition ka men weitergehende Vorschläge, was diese Hilfen betrifft, und
ich möchte noch einmal daran erinnern: Wir von der CDU blei ben auf dem Standpunkt, dass wir diese Hilfen deutlich größer hätten fassen können. Das finanzielle Risiko war und ist bei dem Zinssatz überschaubar; aber die Regierung hat aus - für uns jedenfalls - nicht nachvollziehbaren Gründen von dieser Chance, ein deutliches Mehr an Rechtsfrieden herzustellen, keinen Gebrauch gemacht.
Der Abgeordnete Vida hat eben beschrieben, was in der Zeit passiert ist, in der die Regierung nicht so richtig wusste, was sie machen soll, in der sie sich erst abstimmen musste, wie al les auf den Weg gebracht werden soll. Da gibt es Anwälte, da gibt es Betroffene, die klagen, da gibt es Gerichte, die mal in die eine, mal in die andere Richtung entscheiden. Er zitiert na türlich - das würde jeder von uns so machen - die Entscheidun gen von Gerichten, die seiner rechtlichen Position entsprechen.
Kollege Kurth, ich möchte uns alle davor warnen, uns darauf festzulegen, was irgendwann mal vom Bundesverfassungsge richt, vom Bundesgerichtshof oder von einem Oberverwal tungsgericht in bestimmten Fragen endgültig entschieden wird. Ich persönlich habe in dieser Frage keine Illusionen mehr. Es ist richtig, was Sie gesagt haben: Am OVG Berlin-Branden burg ist das alles bestätigt worden, in Karlsruhe ist es gekippt worden. Gleichwohl darf uns das nicht dazu verleiten, jetzt Pingpong zu spielen. Wir haben eine ganz schwierige Situation im Land; die Betroffenen befinden sich in einer ganz schwieri gen Situation. Ich kann für die CDU-Fraktion sagen: Was ein zelne Verbände machen, ist wirklich nicht akzeptabel. Auch wir wünschten uns, dass die Verbände in ihrer Kommunikation mit den Betroffenen ein deutlich höheres Maß an sozialer Intel ligenz an den Tag legten, als das gelegentlich der Fall ist. Man darf ja nicht vergessen: Da geht es für die Menschen um große Summen, und viele der Betroffenen sind in einem Alter, in dem sie eben nicht mehr sagen können: Wir können ja noch 5, 10 oder 15 Jahre versuchen, unser Recht vor den Gerichten unse res Landes durchzusetzen. - Das ist schlichtweg nicht akzepta bel.
Wir haben Zweifel daran, dass der vorliegende Antrag tatsäch lich einen Beitrag leistet, dass er finanziell leistbar ist, dass er überhaupt, wenn man ihn umsetzen würde - er hat ja gewisse Formulierungsschwächen -, die Sache dann auch endgültig ab räumt - das ist ja das Ziel, das uns in der Rede hier in Aussicht gestellt wurde.
- So habe ich es jedenfalls aufgenommen. - Deswegen darf ich mich für die CDU-Fraktion bei den FREIEN WÄHLERN be danken, dass ihr das in dieser Form auf die Tagesordnung ge setzt habt. Im letzten Plenum waren wir es, jetzt sind es die FREIEN WÄHLER. Dadurch muss sich die Regierung nicht nur im Innenausschuss, sondern auch hier im Plenum erklären. Vor dem Hintergrund der geschilderten Punkte werden wir uns zu diesem Antrag aber enthalten. Ich befürchte, dass uns dieses Thema noch in diesem Jahr, möglicherweise bis 2019 und dar über hinaus beschäftigen wird, weil niemand von uns abschlie ßend sagen kann, wie die Gerichte in dieser Frage endgültig entscheiden werden. - Danke schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Vida, ich gebe Ihnen in einem Punkt Recht: Die Entscheidung des Bundesver fassungsgerichts muss umgesetzt werden. Nicht bestandskräf tige Herstellungsbeiträge sind zurückzuzahlen, und die Verbän de, die das nicht tun, verstoßen gegen geltendes Recht.
Das ist völlig richtig. Aber mit Ihrem neuen Vorstoß zur Prob lematik der Altanschließer schlagen Sie eine radikale Lösung vor, mit der Sie den Grundsatz der kommunalen Selbstverwal tung völlig ausblenden. Das Land soll mit einer entsprechen den Anweisung an die Verbände zur Rückzahlung der geleiste ten Herstellungsbeiträge an alle Alt- und Neuanschließer dafür sorgen, dass Gerechtigkeit hergestellt wird. Welcher Hinter grund dabei zu berücksichtigen ist, hat Daniel Kurth hier aus geführt. Die BVB-Abgeordneten sind sich der Konsequenzen eines solchen Herangehens sehr wohl bewusst, denn im zwei ten Punkt fordern sie ein Konzept zur Finanzierung der Kos tenübernahme durch das Land zugunsten der Zweckverbände. Wir reden dabei über viel Geld; denn mindestens 600 Millio nen Euro - das war eine Schätzung des Landeswasserverbands tages - sind für eine vollständige Rückzahlung zu erwarten. Das ist alles andere als ein Pappenstiel.
Die Antragsteller begründen ihren Antrag mit Ansprüchen nach dem Staatshaftungsgesetz, das durch Übernahme des DDRGesetzes in Brandenburg nach wie vor gültig ist. Das einzige weitere Bundesland mit dieser Rechtslage ist bekanntermaßen Thüringen. Alle anderen ostdeutschen Länder haben das Ge setz inzwischen aufgehoben. Da es sich hierbei zweifellos um eine schwierige rechtliche Materie handelt, ist es das Normals te der Welt, dass die Landesregierung keine Schnellschüsse ab gibt, sondern eine gründliche rechtliche Prüfung vornimmt. Dafür ist der angedachte Musterprozess zweifellos eine geeig nete Möglichkeit.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, folgte man dem Vorschlag der FREIEN WÄHLER, würde das Land eine folgenreiche Grundsatzentscheidung treffen, gestützt auf die Gerichtsent scheidung eines Einzelrichters - Sie haben gesagt, es gibt eine weitere; die kennen wir noch nicht. Dabei handelt es sich nach unserer Kenntnis ursprünglich um ein Versäumnisurteil, wofür es sicher verschiedene Gründe gibt. Inzwischen hat der Richter nach Einspruch des Beklagten in der Sache entschieden.
Aus diesem Hintergrund eine Allgemeingültigkeit für alle An sprüche im gesamten Land abzuleiten und als Haushaltsgesetz geber die Landesregierung bzw. das Innenministerium aufzu fordern, die Zweckverbände zur Anerkennung solcher Ansprü che anzuweisen, ist waghalsig. Und Sie gehen ja auch davon aus, dass ein solches Vorgehen konnexitätspflichtig und damit durch alle Steuerzahler im Land zu begleichen wäre. Wie ge sagt: Wir reden in jedem Falle von mehreren Hundert Millio nen Euro - Sie haben hier eine halbe Milliarde genannt, bezo gen auf die Staatshaftungsansprüche. Die von den Verbänden
vereinnahmten Mittel spielen in Ihrem Antrag dagegen keine Rolle. Ein solches Vorgehen dürfte damit eher in den Bereich der Untreue im Umgang mit öffentlichen Mitteln fallen.
Und, Herr Vida, ich habe heute im Pressespiegel gelesen, dass Sie die Verschwendung von Steuergeld im Zusammenhang mit Druckluftflaschen für den Sauerstoff hier kritisieren. Es ist richtig, auf solche Möglichkeiten hinzuweisen. Aber diese Sorgfalt wünschte ich mir auch im Zusammenhang mit dieser Problematik.
Meine Damen und Herren! Wir haben das weitere Vorgehen durch Beschluss des Landtages abgesteckt: Ende Juni treten die Richtlinien für das im Dezember beschlossene Hilfspro gramm endlich in Kraft. Herr Petke, ich widerspreche Ihnen da gar nicht: Es hätte eigentlich viel eher sein müssen. Damit er halten alle Verbände gleichermaßen Zugriff auf das Darlehens programm; das schafft ein Stück Gerechtigkeit, ermöglicht es den Zweckverbänden, selbstständig über diese Forderungen zu entscheiden, und wahrt außerdem den Grundsatz der kommu nalen Selbstverwaltung. Ich gehe davon aus, dass das gesamte Hilfsprogramm dann zügig umgesetzt werden kann. Wir wis sen, dass viele Verbände eine Entscheidung über das weitere Vorgehen getroffen haben und aufgrund ihrer konkreten Sicht und der differenzierten Bedingungen die Rückzahlung von Beiträgen aus nicht bestandskräftigen Bescheiden vornehmen - allerdings auch mit der Folge gesplitteter Gebühren. Es gibt eine Reihe von Verbänden, die auch auf die bestandskräftig er hobenen Bescheide zurückerstatten. Auch sie können auf ein Darlehensprogramm bei der ILB zugreifen. Bezüglich der er hobenen Ansprüche auf Staatshaftung soll der geplante Mus terprozess für Klarheit sorgen.
Es bleibt also noch einiges zu tun, bis die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts umgesetzt ist, aber wir nehmen das sehr ernst und werden das weiter mit viel Verantwortungsbe wusstsein begleiten. - Danke.
Sehr geehrter Herr Präsident! Herr Scharfenberg, Sie sagten, wir dürften keinen Schnellschuss machen. Ich erinnere daran, dass anderthalb Jahre vergangen sind, seit das Bundesverfas sungsgericht entschieden hat - ich finde nicht, dass das ein Schnellschuss ist. Und ich möchte eines richtigstellen: Sie sprachen davon, wir könnten hier nicht eingreifen, da noch ein Musterprozess komme. Es ist ein Musterprozess zwischen Ver band und Land vorgesehen. Hier geht es in erster Linie selbst verständlich darum, eine Rückerstattung an die Bürger zu er möglichen. Der Musterprozess, der zwischen dem Königs