Protokoll der Sitzung vom 14.06.2019

Kurzum, der Zehn-Punkte-Plan alleine kann uns nicht reichen. So habe ich es von allen wahrgenommen; da sind wir uns - ich hoffe, das gilt auch für den Minister - alle einig.

Zweitens: Brandenburg ist nicht wesentlich besser vorbereitet, weil wir jetzt viel Kraft darauf verwendet haben, über die kurz fristigen Dinge, die Symptome zu reden. Wir müssen mehr Kraft darauf verwenden, über die Ursachen zu reden, Kraft da rauf verwenden, zu erreichen, dass die Wälder überhaupt nicht

mehr brennen können. Auch wir sind natürlich den Feuerwehr männern und -frauen dankbar, deswegen haben sie es gerade mitten in der Klimakrise, in Extremsituationen verdient, dass wir einen entsprechenden Rahmen schaffen.

Das kann ich angesichts der Kürze der Redezeit nur schlag lichtartig machen. Wir haben uns jetzt daran gewöhnt - Herr Senftleben hat es gesagt -, dass wir im Sommer überall Wald brandgefahrenstufe 5 haben. Das müssen wir nicht. Wir haben uns daran gewöhnt, dass ein Drittel aller Waldbrände in Deutschland in Brandenburg stattfindet. Das müssen wir nicht, denn ein Teil der Ursachen ist hausgemacht. Daran können wir auch etwas ändern:

Erstens. 70 % unserer Bäume sind Kiefern - ein toller Baum, aber extrem anfällig. Immer noch ist die Förderpolitik des Lan des so gestrickt, dass nicht genug Waldumbau vorangetrieben wird. Jedes Jahr bleibt die Hälfte des Geldes für Fördermaß nahmen für Waldumbau bei Finanzminister Görke. Da müssen wir ran.

Zweitens. Wir haben in diesem Land Hunderttausende von Re hen herangezüchtet, für die alle nachwachsenden Pflanzen Le ckerbissen sind. Wir haben es mit der bisherigen Jagdpolitik nicht geschafft, dessen Herr zu werden. Jedes Jahr werden es mehr Rehe.

Drittens. Im Land gibt es immer noch eine Stimmung gegen den Wolf, obwohl er in Bezug auf Waldbrände ein wichtiger Verbündeter ist. Er ist bei der Jagd und beim Waldumbau ein wichtiger Verbündeter. Ohne eine andere Jagdpolitik und ohne Akzeptanz des Wolfs sieht die Lage nämlich so aus: Vom Wald umbau, den wir schaffen müssen - 12 000 Hektar pro Jahr -, schaffen wir gerade 3 000, also ein knappes Drittel.

Viertens. Wir haben in den Wäldern wegen Stickstoff aus der Landwirtschaft und aus dem Verkehr viel zu viele Gräser. Da mit sind die Voraussetzungen für Bodenfeuer und Lauffeuer in Extremsituationen gegeben. Gegen Waldbrände helfen also Elektroautos und eine andere Landwirtschaft; das muss man so zusammenfassen.

Fünftens. Wir haben immer noch Entwässerungsgräben im ganzen Land, wodurch Wasser abgeführt, anstatt gehalten wird. Wir müssen also an die Entwässerung ran.

Sechstens und letztens. Wir haben eine verheerende Klimabi lanz. Die Ziele, die sich diese Landesregierung gesetzt hat, ha ben wir bei Weitem verfehlt - Stichwort Tagebau, Stichwort Verkehr. Wir wollen einen CO2-Ausstoß von maximal 24 Milli onen Tonnen im Jahr erreichen und sind momentan noch bei 50 Millionen Tonnen. Das sollen wir in zehn Jahren schaffen? Liebe Kolleginnen und Kollegen, das wäre der beste Wald brandschutz. Der beste Waldbrandschutz ist Klimaschutz. Und da müssen wir langfristig ran. - Herzlichen Dank.

(Beifall B90/GRÜNE)

Vielen Dank. - Das Wort erhält der fraktionslose Abgeordnete Vida.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Abgeordnete! Dass der Name unseres Bundeslandes mit „Brand“ beginnt, ist in diesen Tagen wie ein Vorzeichen: Das trockenste Klima Deutschlands, die sandigen und trockenen Böden sowie die großflächigen feuergefährlichen Kiefermonokulturen sorgen Jahr für Jahr für Waldbrände. Kein anderes Bundesland ist so davon betroffen wie unseres.

Um die Jahrtausendwende hat Brandenburg - das wurde heute auch mehrfach gesagt - „Fire Watch“ eingeführt. Automatische Kameras auf Türmen erkennen Waldbrände in Sekunden und informieren die Feuerwehr, sodass schnell reagiert werden kann. Das ist eine sehr gute Sache, denn dadurch werden Wald brände im Keim erstickt. Dadurch sind die Waldbrände - das ist anzuerkennen - auch deutlich zurückgegangen, und andere Länder wollen das übernehmen.

Doch leider hat dieser Erfolg in der Frühwarnung die Landes regierung meines Erachtens selbstzufrieden werden lassen. Denn den Brand schnell zu entdecken allein reicht nicht. Er muss auch schnell gelöscht werden. Hierzu braucht es entspre chendes Personal, verbunden mit entsprechender Ausrüstung. Doch von der Landesregierung sehen wir keine ausreichenden Aktionen, die Feuerwehr in diesem Bereich angemessen zu stärken. Ein Drittel der Wälder ist munitionsbelastet, und die Feuerwehr hat mit ihrer normalen Ausrüstung aufgrund der Ex plosionsgefahr kaum Möglichkeiten, dort Brände zu löschen, zumindest nicht in der gebotenen Geschwindigkeit.

2015 wurden bereits Löschpanzer für die munitionsbelasteten Gebiete vorgeschlagen. 2016 hat die Landesregierung das ab gelehnt. Auch die großen Brände des Jahres 2018 haben nicht das - auch hinsichtlich der Akutheit - erforderliche Umdenken bewirkt.

(Zuruf von Minister Schröter)

Ich zitiere nun aus meiner Kleinen Anfrage „Waldbrände in Brandenburg“ von Ende 2018, also von vor knapp einem hal ben Jahr. Die Antwort kam Anfang des Jahres. Eine Frage lau tete: Wie soll sich die Zahl der Berufs- sowie hauptamtlichen Kräfte bis 2025 entwickeln? Die Antwort der Landesregierung hierauf: Dazu liegen der Landesregierung keine Daten vor. - Das war die Erkenntnis.

Weiter:

„Die Landesregierung sieht derzeit keinen Bedarf zur Be schaffung von Löschflugzeugen. […] Die derzeit vorhan denen Möglichkeiten zum Einsatz von Löschhubschrau bern sind ausreichend.“

(Zuruf von Minister Schröter)

Darauf wird verwiesen, und die Zwischenrufe des Innenminis ters machen ja auch deutlich, dass er in der Vergangenheit im Notfall immer Hubschrauber von der Bundeswehr zur Verfü gung gestellt bekam.

Nun zweifle ich - und ich denke, auch die Vorredner - nicht am guten Willen der Bundeswehr; darum geht es überhaupt nicht. Aber Sie müssen zur Kenntnis nehmen - auch Sie, Herr Innen

minister -, dass im Jahr 2018 von 140 Transporthubschraubern der Bundeswehr im Schnitt ganze 34 einsatzfähig waren - 34 von 140 in Deutschland! Zudem sind nicht alle Piloten in der Zusammenarbeit mit der Feuerwehr trainiert. Deswegen sollte die Amtshilfe durch Bundeswehr und Bundespolizei nicht die einzige Luftunterstützung von Brandenburgs Feuerwehren sein.

Bei allem Respekt, Frau Abgeordnete Gossmann-Reetz: Ja, wir sind keine Feuerwehrleute. Aber ich kann einen Unterschied machen zwischen der Löschung des Gebäudes Notre-Dame aus der Luft, wo es darum geht, ein jahrhundertealtes Bauwerk zu erhalten, und der Verhinderung eines Flächenbrandes auf dem Boden,

(Zuruf der Abgeordneten Gossmann-Reetz [SPD])

auf dem ich natürlich Wasser ausbringen kann. Insofern ist dort schon ein gewisser architektonischer Unterschied gegeben - das eine ist ein Gebäude, das andere nicht. Ich glaube, da kön nen wir sehr gut differenzieren.

Wenn hier nicht gegengesteuert wird, ist es nur eine Frage der Zeit, bis ein Brand auch eine größere Siedlung erreicht. Fich tenwalde mit über 2 800 Einwohnern stand letztes Jahr kurz vor der Evakuierung. Tiefenbrunnen, Klausdorf und Frohns dorf wurden evakuiert und hatten sozusagen Glück, mit dem Schrecken davonzukommen. Aber auf dieses Glück sollten wir uns nicht verlassen, sondern wir sollten uns vorbereiten. Wenn etwas Schlimmeres passiert, wird man wieder die Frage stel len, wer bei der Ausstattung „auf dem Schlauch stand“.

Ich kann von dieser Stelle aus nur appellieren, die Forderung der Feuerwehr nach besserer Ausstattung und mehr Unterstüt zung aus der Luft nicht einfach abzutun und nicht zu erklären, was sie wollen soll, sondern genau zuzuhören, welcher Bedarf formuliert wird. Sie sollten sich mit den Feuerwehrexperten und den Nachbarbundesländern zusammensetzen, um heraus zufinden, wie bestehende Schwachstellen am besten zu behe ben sind. Die Erfahrungen aus dem Jahr 2018 sollten uns hel fen, für dieses und nächstes Jahr noch vorausschauender zu handeln. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

Vielen Dank, Herr Kollege. - Bevor ich das Wort dem nächsten Redner erteile, möchte ich wieder Besucher begrüßen, und zwar die Bürgermeisterin der Stadt Forst und ihre Mitarbeite rinnen und Mitarbeiter der Stadtverwaltung sowie eine Besu chergruppe aus dem Landkreis Barnim. Ihnen allen ein herzli ches Willkommen! Schön, dass Sie da sind.

(Allgemeiner Beifall)

Wir setzen die Aussprache fort. Das Wort erhält der fraktions lose Abgeordnete Königer.

Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren Abge ordnetenkollegen! Liebe Besucher! Zunächst richtet sich mein Dank an all jene Feuerwehrkameraden, die in tage- und nächte langen Einsätzen daran mitgewirkt haben, die Großfeuer unter Kontrolle zu bekommen. Letztes Jahr war es Potsdam-Mittel mark, mein eigener Landkreis, dieses Jahr ist es Teltow-Fläming.

Wenn man die Frage beantworten will, ob Brandenburg gut auf die Waldbrände vorbereitet ist und ob die Landesregierung ihre Sache gut oder schlecht gemacht hat, muss man das auf drei Ebenen tun.

Die erste Ebene betrifft den Wald selbst: Ist unser Wald gut auf Waldbrände vorbereitet? Nein, das ist er nicht. Aber das kön nen wir ja nun nicht der Landesregierung anlasten. Das beste Mittel gegen ausufernde, in großem Maße Wälder vernichten de Brände ist der Waldumbau zu einem Mischwald mit hoher Resilienz. Dieser Umbau geht leider nicht so schnell, wie das viele wünschen und wie es auch erforderlich wäre. Was mein Vorredner Herr Raschke gerade gesagt hat - gegen Waldbrände hälfen Elektroautos -, hat mich zum Schmunzeln veranlasst. Ich möchte mir nicht vorstellen, was man macht, wenn bei ei nem Feuerwehrauto, dessen Wasserpumpen eine Leistung von 54 kW haben, nach zehn Minuten die Batterien leer sind.

Die zweite Ebene betrifft das Wetter: Ist die Landesregierung dafür verantwortlich, dass es in den letzten Jahren im Verhält nis wenig geregnet hat? Nein, das ist sie nicht. Bei Wetterphä nomenen und auch Extremen können viele Faktoren eine Rolle spielen, aber das können wir der SPD schlecht anlasten.

Es bleibt die dritte Ebene, sie betrifft das Brandmanagement: Hat die Landesregierung die richtigen Maßnahmen ergriffen, um die Waldbrände zu bekämpfen? Nein, das hat sie nicht. Die Beispiele wurden ja schon genannt. Auch wenn die SPD schon sehr lange in Brandenburg regiert, hat es bisher keine ihrer Re gierungen zustande gebracht,

(Zuruf von der Regierungsbank)

Löschflugzeuge oder Löschhubschrauber anzuschaffen oder wenigstens die vertraglich notwendigen Bedingungen herzu stellen, um sich bei Großschadenslagen leihweise aus Europa Hilfe zu holen. Auch unser Nachbar Polen ist davon betroffen, dass es in unserem östlichen Grenzgebiet in großem Ausmaß Waldbrände gibt.

Bei so großen Waldflächen wie in Brandenburg sind Lösch flugzeuge oder aber Helikopter, die die Brände aus der Luft bekämpfen, einfach unerlässlich. Es wurde ja auch schon ge sagt, dass Löschflugzeuge hier nicht die Möglichkeit haben, Wasser aus Seen zu tanken. Löschhubschrauber sind ohnedies besser geeignet, weil sie punktgenauer, auch gerade auf muniti onsbelasteten Flächen das Feuer bekämpfen können.

Sehr geehrter Herr Ministerpräsident, ich möchte Ihnen ein Zi tat des großen Naturforschers Alexander von Humboldt mit auf den Weg geben: Habt Ehrfurcht vor dem Baum, er ist ein einzi ges großes Wunder, und euren Vorfahren war er heilig. Die Feindschaft gegen den Baum ist ein Zeichen von Minderwer tigkeit eines Volkes und von niederer Gesinnung des Einzel nen. - Sie, Herr Ministerpräsident, scheinen keine Ehrfurcht vor den Bäumen und dem Wald zu haben.

(Zuruf von Ministerpräsident Dr. Woidke)

Sonst hätten Sie die vorbeugende Waldbrandbekämpfung nicht so schleifen lassen, und Sie hätten nach den Waldbränden im letzten Jahr Maßnahmen ergriffen. - Vielen Dank.

Vielen Dank. - Wir setzen die Aussprache fort. Zu uns spricht Minister Schröter für die Landesregierung.

Verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Herr Senftleben, ja, Menschen waren in Sorge - jetzt vor Kurzem in Jüterbog -, aber sie waren zu keiner Minute in Gefahr.

(Beifall SPD)

Das waren sie nicht, weil unsere Einsatzkräfte ganz hervorra gend gearbeitet haben. Sie waren es nicht, weil wir hervorra gend unterstützt worden sind. Ich möchte die Gelegenheit wahrnehmen, allen, die uns geholfen haben, diesen Brand ganz schnell unter Kontrolle zu bekommen, danke zu sagen - auch im Namen der Landessregierung. Ich denke, ich spreche da ebenso im Namen aller Brandenburgerinnen und Brandenbur ger.

(Allgemeiner Beifall)

Herr Senftleben, auch in der Opposition muss man sich bemü hen, die Realität nicht zu verzerren. Es gab keine Katastrophe in diesem Land; weder im vergangenen noch in diesem Jahr. Es gab Großschadenslagen. Was ich in Teilen katastrophal fand, waren einige Redebeiträge hier, in denen wirklich viel Falsches vorgetragen wurde,

(Bischoff [SPD]: So ist es!)

aber ich hoffe, meine Redezeit reicht aus, um das zu korrigieren.