Protokoll der Sitzung vom 18.05.2000

Ich darf noch etwas zur Teilzeit sagen, weil es in der Öffentlichkeit auch schief angenommen wurde, dass es Lehrkräfte gibt, die ein Angebot zur Erhöhung haben und es nicht wahrnehmen. Selbstverständlich ist Teilzeittätigkeit etwas, was wir auch immer selbst gefordert haben, und an sich eine vernünftige arbeitsmarktpolitische Regelung. Das möchte ich nicht zum Vorwurf machen. Ich kann sehr gut verstehen, wenn sich jemand im Schuljahr auf die halbe Stelle eingestellt hat, dass er nicht auf den Plutz volle Stelle arbeiten will. Dessen ungeachtet bin ich froh, dass immerhin rund 120 gesagt haben: Ja, wir machen dies sofort! – Es ist schon vor drei Tagen vollzogen worden.

Die nächste und letzte Zusatzfrage zu diesem Thema stellt Frau Abgeordnete Freundl von der Fraktion der PDS. – Bitte sehr!

Herr Böger! Stimmen Sie mir zu, dass die Anwendung des Altersteilzeitgesetzes in Berlin für angestellte Lehrerinnen und Lehrer mehrere positive Potentiale miteinander verbindet? – Nämlich, dass jüngere Lehrer eingestellt werden könnten, also ein Lehrer, eine Lehrerin für zwei Altersteilzeitfälle, dass 20 % der Lohnkosten pro Altersteilzeitfall die Bundesanstalt für Arbeit zahlen würde, dass laut BAT die Altersgruppenstruktur eine wesentlich geringere Ausstattung der Stelle brächte, also noch einmal eine Kostendämpfung, und dass es deshalb möglich wäre, fast kostenneutral Lehrer einzustellen und damit die Gesamtstundenzahl gleich bliebe. Sie haben auf ein Problem aufmerksam gemacht, das ich in dem Zusammenhang nicht verstehe.

Herr Senator – bitte!

Frau Abgeordnete! Ich stimme Ihnen in der Grundtendenz Ihrer Aussage zu. Das betrifft – Sie haben das in Ihrer Frage

gesagt – angestellte Lehrer. Wir haben 1 678 Angestellte, die in dem Alter sind. Ich stimme Ihnen sofort zu: Wenn es uns gelingt, die Bundesanstalt zu diesem Zuschuss zu bringen, ist dies eine vernünftige Maßnahme.

[Frau Freundl (PDS): Die ist gesetzlich verpflichtet!]

Ich werde das noch einmal aufgreifen, um das auch tatsächlich an die gedachte Klientel heranzutragen.

Wir kommen nun zur nächsten Mündlichen Anfrage des Abgeordneten Brauer von der Fraktion der PDS über

Existenzgefährdung des Museums „Kindheit und Jugend“ der Stiftung Stadtmuseum Berlin

Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich frage den Senat:

1. Ist dem Senat bekannt, dass die Weiterexistenz des Museums „Kindheit und Jugend“ der Stiftung Stadtmuseum in der Wallstraße 32 – Berlin-Mitte –, das landläufig unter dem Begriff „Schulmuseum“ bekannt ist, auf Grund einer förmlichen Kündigung durch das Bezirksamt Mitte zum 14. Juli 2000 gefährdet ist?

2. Was gedenkt der Senat zu unternehmen, um den Fortbestand dieser Einrichtung gemäß der Errichtungsatzung über die Stiftung Stadtmuseum und der Verordnung über die Satzung der Stiftung zu sichern?

Zur Beantwortung hat Herr Senator Stölzl das Wort. – Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Brauer! Ich beantworte Ihre Fragen wie folgt:

Zu 1: Ja, dieser Sachverhalt ist dem Senat bekannt. Der Eigenbedarf für das Schulgebäude Wallstraße 32 ist vom Bezirksamt Mitte für das Schuljahr 2000/2001 geltend gemacht worden.

Zu 2: Bei einer Räumung dieser Ausstellungsflächen in der Wallstraße 32 zum 15. Juli 2000 wäre es erforderlich, die Sammlungen des Museum „Kindheit und Jugend“ in einem Depot unterzubringen, da derzeit keine Mittel, weder für Umzug noch zur Anmietung von Ersatzflächen bzw. deren Herrichtung, was wichtiger ist, verfügbar sind. Wir meinen aber, dass es grundsätzlich Angelegenheit der Stiftung Stadtmuseum Berlin ist, sich eigenverantwortlich um geeignete Ausstellungsflächen für dieses Museum, genauer gesagt, für diese bildungsgeschichtliche Abteilung zu bemühen. Wir sind aber im Zusammenwirken mit der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und mit dem Bezirksamt Mitte bemüht, bei der Suche nach alternativen Standorten Hilfe zu leisten. Dabei soll vor allem der Um- und Ausbau vorhandener, derzeit noch nicht für Museumszwecke nutzbarer Flächen des Stadtmuseums durch die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung geprüft werden. So weit, so gut!

Im übrigen glaube ich, man darf das Problem etwas entdramatisieren: Im Unterschied zur Stiftung, die derzeit schon einen erheblichen Flächenbedarf zu verzeichnen hat, werden zahlreiche Schulen im Bezirk Mitte nicht mehr benötigt und sind zum Teil sogar zum Kauf angeboten. Insofern scheint es mit realistisch, doch noch eine Kompromissregelung mit dem Bezirksamt Mitte zu erzielen, die den Interessen aller Seiten Rechnung trägt. Daher geht der Senat davon aus, dass es zu keiner Zwangsräumung und damit auch nicht zu einer Schließung des Museums „Kindheit und Jugend“ kommen wird.

Zusatzfrage des Fragestellers? – Bitte!

(A) (C)

(B) (D)

Herr Senator, vielen Dank für die Antwort! Ich habe trotzdem eine Nachfrage: Was gedenken Sie als Vorsitzender des Stiftungsrates zu unternehmen, um in den noch verbleibenden acht Wochen tatsächlich die Gefahr einer Versenkung der Sammlungen in das Depot zu verhindern?

Herr Senator!

Ich war mir mit der Senatsverwaltung für Schule ganz sicher, dass wir diese Sache nicht als Countdown erleben werden. Ich glaube in der Tat, dass die Schulverwaltung Möglichkeiten finden wird, ein Moratorium zu gewähren, und dass in dieser Zeit andere Standorte z. B. in Dahlem in den Blick genommen werden können. Ansonsten ist es in einer großen Museumslandschaft wie Berlin etwas, das auch hinzunehmen ist, dass man nämlich Zwischenlösungen macht und vielleicht auch Verlagerungen vornimmt. Museen sind eben manchmal auf Zeit geschlossen, wenn sie danach in besserer Gestalt wieder an die Öffentlichkeit treten sollen. Wer diese jetzige Lösung in der Wallstraße besucht hat, der muss sich wünschen, dass diese wahrscheinlich bedeutendste deutsche Sammlung zur Bildungs- und Schulgeschichte in Zukunft in doch sehr viel besseren Möglichkeiten präsentiert wird.

Das Wort zur nächsten Zusatzfrage hat Frau Abgeordnete Ströver – bitte sehr!

Herr Senator Stölzl! Man hört ja – und das klang auch in Ihrer Antwort ein bisschen durch –, dass sich offensichtlich die zuständige PDS-Stadträtin in Mitte mit ihrer Kündigung etwas verrannt hat. Man hört auch, dass die Mehrheit im Bezirksamt inzwischen etwas anders zu der Nutzung der Räume steht und das Schulmuseum doch vorerst in den Räumen belassen möchte. Können Sie Ihrerseits vielleicht auf dem formlosen Weg dazu beitragen, dass der Bürgermeister von Mitte der Stiftung Stadtmuseum schriftlich eine Zusage gibt, dass das Schulmuseum bis auf weiteres – d. h. bis eine echte, qualitative Verbesserung eintritt – in den Räumen verbleiben darf?

Herr Senator, bitte!

Frau Abgeordnete! Der formlose Weg ist in der Kultur manchmal der schnellste und beste.

[Niedergesäß (CDU): Überall!]

Ich bin ganz sicher, dass tatsächlich Raum ist – nachdem hier ja kein Verdrängungskampf stattfindet, sondern etwas, das man auch positiv sehen kann –, den Anstoß dieser Kündigung zum Anlaß zu nehmen, um die unvollkommene Unterbringung möglichst schnell in einen besseren Zustand zu überführen. Ich glaube, dass wir alsbald positiv davon berichten können.

Frau Abgeordnete Freundl!

[Wieland (Grüne): Wer hat denn nun gekündigt?]

Frau Abgeordnete Ströver ist nicht völlig richtig informiert. Es gab ein Ausweichangebot an das Museum für eine zu schließende Gesamtschule in Mitte. Das Problem war allerdings, wer für die notwendigen Sanierungsarbeiten aufkommt. Meine Frage lautet deshalb: Wenn schon eine Alternative am Standort Mitte aufgetan ist, gibt es dann nicht auch eine Möglichkeit, dass der Senat diese Sanierung finanziert, denn der Bezirk ist dazu nicht in der Lage?

[Wieland (Grüne): Also hat die PDS doch gekündigt!]

Herr Senator!

Die Stiftung Stadtmuseum hat seit langer Zeit einen Gedanken gehabt, der möglicherweise noch besser sein könnte als die jetzt angebotene Lösung: Wenn man überhaupt die Sanierung neuer Flächen in Betracht zieht, sollte man darüber nachdenken, ob das Museum in einen der besten historischen Standorte verlegt wird, nämlich in die Friedrichstraße 126, wo eines der ältesten in Berlin erhaltenen Schulgebäude – jedenfalls theoretisch – zur Verfügung steht.

Die Frage, wer nun die Sanierung der angebotenen Schule in der Weinmeisterstraße finanzieren muss – ob das mit Mitteln aus dem Kulturhaushalt gedeckt werden muss oder ob zunächst der Bezirk dafür zuständig ist –, ist zunächst zu klären. Angesichts der weiten Verstreutheit der Sammlungen der Stiftung Stadtmuseum wäre es besser, danach zu trachten, die Sammlungen und auch die Schausammlungen doch mehr um das Märkische Museum, also um das Stammgebäude herum zu konzentrieren. Da böte sich das ehemalige Köllnische Gymnasium an, das zur Zeit noch von der Musikschule Mitte benützt wird. Ich glaube, alle Beteiligten tun gut daran, dies in Ruhe und langsam anzugehen und nicht durch eine dramatische Kündigung einen Zeitdruck zu erzeugen, der der Sache nicht förderlich ist.

Das Wort hat nun der Abgeordnete Berger zu seiner Mündlichen Anfrage über

Gefahren durch Feuerwerkdepots in Berlin

Ich frage den Senat:

1. Wie viele Feuerwerkkörperdepots befinden sich in Berlin, welches sind ihre Standorte, wie hoch ist ihre Kapazität – in Tonnen –, und wie weit sind jeweils die nächstgelegenen Wohnungen und/oder Gewerbebetriebe von diesen Depots entfernt?

2. Was wird der Senat in Konsequenz der Katastrophe von Enschede unternehmen, um eine Schließung oder Verlagerung der Feuerwerkdepots in wohnungsferne Gebiete durchzusetzen?

Das Wort zur Beantwortung hat Frau Senatorin Schöttler – bitte sehr!

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrter Herr Abgeordneter Berger! Lassen Sie mich zunächst sagen, dass mich dieser fürchterliche Unfall in Enschede sehr betroffen gemacht hat und ich den Opfern und ihren Angehörigen mein Mitgefühl aussprechen möchte.

Im Land Berlin werden insgesamt 24 Feuerwerkskörperdepots betrieben, davon können in vier Lägern insgesamt 222,5 Tonnen Feuerwerkskörper der Klasse 4 aufbewahrt werden. Hierbei handelt es sich um Feuerwerkskörper, die im Rahmen von gewerblichen Großfeuerwerken verwendet werden. Derartige Feuerwerkskörper wurden auch in Enschede gelagert. Die kürzliche Überprüfung hat ergeben, dass im Moment in diesen vier Großlägern lediglich 1,5 Tonnen lagern, aber sie haben sicherheitstechnische Vorkehrungen für 222,5 Tonnen. In zwei dieser vier Läger dürfen darüber hinaus rund 10 Tonnen Schwarzpulver für die Herstellung von pyrotechnischen Artikeln bzw. für die Verwendung durch Vorderladerschützen gelagert werden.

In den anderen 20 Berliner Lägern werden ausschließlich – zum Teil zeitlich befristet – Feuerwerkskörper der Klassen 1 und 2 bevorratet, die im Wesentlichen für die private Verwendung insbesondere im Rahmen des Silvesterfeuerwerks vorgesehen sind. Zusammengerechnet dürfen in allen 23 Lägern außer dem Polizeilager in Ruhleben 2 592 Tonnen Feuerwerkskörper der Klassen 1 und 2 aufbewahrt werden. Diese Läger, Herr Berger, sind jedoch auf Grund der Eigenschaften der Feuerwerkskörper nicht in der Lage, ein Großschadensereignis wie in Enschede herbeizuführen.

(A) (C)

(B) (D)

Frau Sen Schöttler

Die Abstände der Läger zu Wohn- und Gewerbebebauung reichen je nach Standort von unmittelbar angrenzend bis zu mehr als 1 000 Metern. Von den vier Lägern für Großfeuerwerkskörper haben drei einen Abstand von mehr als 1 000 Metern zur Wohnund Gewerbebauung. Ein Lager in Neukölln befindet sich in einem alten Bunker, liegt jedoch nur 50 Meter von der nächsten Bebauung entfernt. Voraussichtlich wird dieses Lager in absehbarer Zeit nicht mehr betrieben werden. Der Besitzer des Grundstückes, die OFD Berlin, beabsichtigt, den laufenden Pachtvertrag zu kündigen und das Gelände zu verkaufen. Das Polizeilager untersteht der Innenverwaltung und dient der Zwischenlagerung beschlagnahmter pyrotechnischer Gegenstände.

In Bezug auf Ihre zweite Frage frage ich Sie erst einmal, ob ich jetzt alle 24 Standorte einzeln nennen soll.