Protokoll der Sitzung vom 12.10.2000

2. Warum hat sich Berlin der Deklaration bis jetzt noch nicht angeschlossen, obwohl dadurch die Kontinuität der Behindertenpolitik des Senats seit 1991 deutlich gemacht werden könnte?

Vielen Dank! Wenn der Senator Böger die auch noch beantworten müsste, käme er ins Guinnessbuch. Aber ich glaube, das macht jetzt die Frau Senatorin Schöttler.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Abgeordnete Sarantis-Aridas! Vielleicht möchte der Kollege Böger die Frage doch beantworten, damit er ins Guinnessbuch der Rekorde kommt; wenn nicht, werde ich die Frage im Namen des Senats wie folgt beantworten: Der Senat misst der Deklaration von Barcelona, die bisher von 297 europäischen Städten aus 12 Ländern, aber nur von drei deutschen Kommunen unterschrieben worden ist, einen hohen Stellenwert bei. Die Erklärung von Barcelona hat zum Ziel, das Recht der Menschen mit Behinderungen auf Gleichbehandlung als Bürgerinnen und Bürger in einer pluralistischen Gesellschaft zu verankern und ihre Teilnahme am Leben in der Gemeinschaft zu verbessern. Gleichzeitig wird die Verpflichtung der Kommunen betont, im Rahmen ihrer Befugnisse diese Ziele zu realisieren. Der Senat von Berlin ist zwar der Meinung, dass die behindertenpolitische Entwicklung Berlins vor allem durch die Leitlinien zum Ausbau Berlins als behindertengerechte Stadt und durch das Gesetz zum Artikel 11 der Verfassung von Berlin über die Herstellung gleichwertiger Lebensbedingungen von Menschen mit und ohne Behinderungen bereits über die meisten Ziele der Deklaration hinausweist, hält es aber durchaus für wünschenswert, wenn Berlin als Hauptstadt der Bundesrepublik Deutschland europaweit ein behindertenpolitisches Signal gibt und der Deklaration von Barcelona beitritt.

Zu Ihrer Frage 2: Der Senat hat bereits dem Landesbeirat für Behinderte die Deklaration von Barcelona zur Beratung vorgelegt. Der Landesbeirat für Behinderte hat in seiner Sitzung im Juli den einstimmigen Beschluss gefasst, den Senat über den Regierenden Bürgermeister von Berlin zu bitten, dieser Deklaration beizutreten. Ein entsprechendes Schreiben des Vorsitzenden des Landesbeirats an den Regierenden Bürgermeister von Ende Juli, das zugleich einen Gesprächswunsch des Landesbeirats und des neuen Landesbeauftragten für Behinderte mit dem Regierenden Bürgermeister enthielt, auch über die Deklaration, wurde Mitte August mit einem Gesprächsangebot beantwortet.

Aus terminlichen Gründen ist das Gespräch bisher noch nicht zustande gekommen. Es wird aber in Kürze stattfinden. Wir gehen in der Sache davon aus, dass dem Beitritt Berlins zur Deklaration von Barcelona nichts im Wege steht.

Vielen Dank, Frau Senatorin Schöttler. – Gibt es Nachfragen zu der Beantwortung? – Es gibt keine Nachfragen.

Dann kommen wir zur Frage 7; die Abgeordnete Schaub fragt nach

SEZ auf dem Trockenen?

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich frage den Senat:

1. Warum hat die Senatsverwaltung für Finanzen die Vorlage der Senatsverwaltung für Jugend, Familie, Schule und Sport über die dringendsten Sanierungsarbeiten im SEZ bisher nicht mitgezeichnet, obwohl der Hauptausschuss sie dazu mehrfach – zuletzt am 4. Oktober 2000 – dringlich aufgefordert hat?

2. Ist dem Senat bewusst, dass er mit dem monatelangen Verzögern der Finanzentscheidung über die dringlichsten Sanierungsmaßnahmen den deutlichen Rückgang der Besucherzahlen mit zu verantworten hat und so eine Schließung des SEZ billigend in Kauf nimmt?

Vielen Dank! – Es antwortet Finanzsenator Kurth.

Vielleicht ist dies auch eine Frage für Herrn Böger. Ich beantworte sie zu 1 und 2 zusammen: Es trifft nicht zu, dass der Hauptausschuss die Senatsverwaltung für Finanzen aufgefordert hat, die Vorlage der Senatsverwaltung für Schule, Jugend und Sport über die dringendsten Sanierungsarbeiten mitzuzeichnen. Vielmehr erwarten der Hauptausschuss und auch die Senatsverwaltung für Finanzen von den Berliner Bäder-Betrieben ein schlüssiges Finanzierungskonzept für die Sanierung des SEZ.

Dieses Konzept ist dem Hauptausschuss zur Beratung des Einzelplans 10 in der 2. Lesung am 8. November 2000 zugesagt worden. Dementsprechend hat die Senatsverwaltung für Schule, Jugend und Sport den Vorstand der Bäderbetriebe mit Schreiben vom 29. September aufgefordert, fundierte, nachvollziehbare und realistische Aussagen zum Sanierungskonzept des SEZ vorzulegen. Eine Antwort der Bäderbetriebe auf dieses Schreiben steht nach meiner Kenntnis aus.

Vielen Dank! – Gibt es eine Nachfrage? – Frau Schaub hat jetzt das Wort, bitte!

Ich muss meine Nachfrage an den Senat richten. Die beiden Senatoren müssten sich verständigen. Bekannt ist im Hauptausschuss – das habe ich dort gehört –, dass es eine Vorlage gibt, die in der Senatsverwaltung für Schule, Jugend und Sport den Geschäftsgang durchlaufen hat und in Ihrer Senatsverwaltung, Herr Kurth, hängengeblieben ist. Ich möchte wissen, wie es weitergehen soll. Es ist unerträglich, dass das SEZ sterben soll, weil sich zwei Senatsverwaltungen die Bälle hin und her werfen. Wie wird weiter mit dem SEZ hinsichtlich der dringlichsten Sanierungsmaßnahmen verfahren?

Die Frage ist verstanden. Herr Senator antwortet!

Herr Präsident! Frau Abgeordnete! Diese Frage habe ich beantwortet. Ein Konzept zur Finanzierung der Sanierungsmaßnahmen des SEZ soll dem Hauptausschuss zur 2. Lesung des Einzelplans 10 am 8. November

(A) (C)

(B) (D)

Sen Kurth

vorgelegt werden. Hierzu gibt es einen Schriftwechsel der Senatsverwaltung für Schule, Jugend und Sport an die Bäderbetriebe. Dieses Schreiben ist von den Bäderbetrieben noch nicht beantwortet.

Eine weitere Nachfrage haben Sie noch!

Vielen Dank! Die nächste Frage richte an Herrn Senator Böger. Angesichts der aktuellen Personalmaßnahmen, die in den Bäderbetrieben erforderlich geworden sind, erlaube ich mir die Nachfrage, ob angesichts dieser Lage damit zu rechnen ist, dass dieses Finanzierungskonzept tatsächlich Anfang November entscheidungsreif vorliegt.

Herr Senator Böger! Wollen Sie die Frage beantworten? Einer aus dem Saal müsste es tun.

Herr Präsident! Ich tue dies in der übergeordneten Funktion als Bürgermeister, weil der Senator für Finanzen bereits schaut. Es liegt in der Natur der Sache, dass manche Fragen der Finanzsenator beantwortet und der Fachsenator nuanciert noch etwas anders antwortet. Ich hätte als erste Antwort auf Ihre Frage gesagt, dass wir das SEZ erhalten wollen. Das wäre die erste Antwort. Wir wollen es wirklich erhalten.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der PDS]

Zu überlegen ist anschließend die Finanzierung. Das ist eine wichtige Frage. Hier bin ich mit dem Finanzsenator einig. Ermöglicht wird dies auf zwei Wegen. Es liegt in der Hand des Hauptausschusses und kann entweder über die normale I-Planung oder die Bäderanstalt geschehen. In beiden Fällen brauchen wir ein Konzept, das verdeutlicht, dass sich die vorgenommenen Investitionen auch rechnen. Es müssen natürlich auch Einnahmen gewonnen werden, die die Ausgaben für Zins und Tilgung zumindest näherungsweise erbringen. Darin liegt der eigentliche Kernpunkt. Das ist nicht einfach.

Auf der anderen Seite darf man nicht – ob einem privaten, einem staatlichen oder halbstaatlichen Investor – solche finanziellen Auflagen stellen, die gar nicht zu erbringen sind. Damit würde man in Wahrheit nur das Projekt vernichten. Das ist zu berücksichtigen.

Hinsichtlich der konkreten, die Bäderanstalt betreffenden Frage ist der Brief, den der Kollege Kurth bereits erwähnt hat, zunächst zu beantworten. Eine solche Vorlage muss entwickelt werden. Wir stehen unter sehr hohem Zeitdruck. Ich finde – das habe ich in der Politik schon immer gefunden –, dass man durchaus zugeben kann, eine bestimmte Sache nicht mehr zu wollen. Man bekommt Kritik dafür und muss eben dazu stehen. Es entspricht nicht meinem politischen Verfahren, rechts zu blinken und links abzubiegen und zu sagen: „Wir wollen dies, aber wir lassen es heimlich sterben.“ Das möchte ich Ihnen deutlich sagen! Es wird entweder auf die eine oder die andere Art geschehen.

[Beifall bei der SPD – Vereinzelter Beifall bei der PDS]

Wir haben deutlich gesagt, dass wir die Erhaltung des SEZ wollen!

Die letzte Frage hat Herr Abgeordneter Volk!

Herr Präsident! Meine Frage richtet sich an den Finanzsenator. Es ist natürlich so, dass dieser Brief, wie wir den Zeitungen entnehmen können, nicht von den Vorständen beantwortet werden kann, weil sie vermutlich schon in die Wüste geschickt worden sind. Es gilt immer das Prinzip: „Ohne Moos nix los.“ Glauben Sie, dass die Bäderbetriebe dringend in Zukunft einen Geschäftsbesorgungsvertrag brauchen, um überhaupt Planungssicherheit zu haben, die sie im Augenblick nicht haben? Wenn ja, wann werden sie einen solchen Vertrag unterstützen?

Herr Senator!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter Volk! Meine Damen und Herren! Ich bin nicht der Meinung, dass die Berliner Bäder-Betriebe einen Geschäftsbesorgungsvertrag benötigen; ich wüsste nicht, wozu. Die Bäderbetriebe haben auf Grund einer Konzeption in den letzten Jahren das SEZ bekommen. Das Land Berlin hat auf die Privatisierung des SEZ, die schlussverhandelt war, verzichtet. Jetzt müssen die Bäderbetriebe vorlegen, dass die Sanierung und die Investitionen, die für das SEZ zu leisten sind, auch dergestalt realisiert werden können, dass aus der verbesserten Wirtschaftlichkeitssituation die Bedienung des Darlehens möglich ist. Das ist das, was wir von den Bäderbetrieben erwarten. Das ist das, was wir von derartigen Investitionsmaßnahmen überhaupt erwarten. Ich habe keine Veranlassung zu bezweifeln, dass ein Brief, den die Fachverwaltung an die ihr zugeordnete Anstalt geschickt hat, beantwortet wird, von wem auch immer.

Vielen Dank, Herr Senator Kurth! – Die letzte Nachfrage hat der Abgeordnete Liebich!

Herr Senator Kurth! Sie haben auf die Fragen meiner Kollegin Schaub zweimal sehr formal geantwortet. Stimmen Sie mir nicht zu, dass die im Hauptausschuss eindeutig gewünschte Entscheidung über die Zukunft des SEZ eine Entscheidung ist, die nicht allein durch die Fachverwaltung zu verantworten ist, sondern zu der es auch einer deutlichen Mitarbeit der Senatsverwaltung für Finanzen bedarf?

Herr Finanzsenator!

Herr Präsident! Herr Liebich! Ich stimme Ihnen ausdrücklich zu. Ich habe im Hauptausschuss – wie hier – verdeutlicht, welche Anforderung wir an das Konzept haben. Eine Sanierung des SEZ in einer Größenordnung von mehr als 30 Millionen DM muss dahin gehend unterlegt werden, dass die verbesserte Situation des SEZ nach der Sanierung auch die Bäderbetriebe in die Lage versetzt, innerhalb eines auskömmlichen Zeitraums – ich habe im Hauptausschuss dazu gesagt, dass 3 Jahre dabei völlig unzureichend sind; es wird ein anderer Zeitraum sein – das Darlehen zu verzinsen und zu tilgen. Dies ist keine überzogene Erwartungshaltung von uns. Sie liegt bislang nicht vor. Sobald sie vorliegt, kann die Entscheidung in diesem Sinn auch getroffen werden.

Vielen Dank, Herr Senator! Die Fragestunde ist damit beendet. Alle Mündlichen Anfragen, die heute nicht beantwortet werden konnten, werden gemäß § 51 Abs. 5 der Geschäftsordnung schriftlich beantwortet.

Ich rufe nun die

Spontane Fragestunde

auf. Auch hier kennen Sie die Regeln. Wir verfahren in der Reihenfolge der Stärke der Fraktionen. Die erste Frage hat die Fraktion der CDU – Herr Eichler.

Herr Präsident! Ich frage den Senat: Vor einigen Tagen war in verschiedenen Zeitungen eine großformatige Anzeige zu lesen, wonach eine städtische KrankenhausGmbH des Landes Berlin zeitnah einen Geschäftsführer sucht. Ist die Gründung dieser GmbH möglicherweise an mir vorbeigegangen, obwohl ich an allen Sitzungen des Parlaments und der entsprechenden Ausschüsse bislang teilgenommen habe?

Der Senat ist in der Pflicht. Frau Senatorin Schöttler!

(A) (C)

(B) (D)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Eichler! Ich glaube nicht, dass die Beschlussfassung im Parlament an Ihnen vorbeigegangen ist. Der Senat hat einen Beschluss gefasst und Ihnen einen Gesetzentwurf vorgelegt. Wir sind im Parlament noch in der Beratung, nachdem wir bereits eine Anhörung hatten, bei der sowohl die Krankenkassen als auch die Vertreter der Beschäftigten in den Krankenhäusern dieses Gesetz unterstützt haben.

Der Senat will – wie wir es in der Diskussion bereits wiederholt angekündigt haben – für diese GmbH – bei der ich davon ausgehe, dass sie im Parlament beschlossen wird – besonders fähige Leute für diese Aufgabe gewinnen. Wenn man die Besten der Bundesrepublik Deutschland für diese Leitungsaufgaben haben will, dann muss man rechtzeitig mit der Suche beginnen. So ist unsere Anzeige zu verstehen.

Vielen Dank, Frau Senatorin Schöttler! – Herr Eichler hat eine Nachfrage. Bitte sehr!