Die Behörden des Landes Berlin stehen dieser Tatsache offensichtlich weitgehend hilflos gegenüber. Schuld daran ist nach unserer Ansicht die Unflexibilität und die fehlende Durchsetzungsfähigkeit der Behörden. Die Durchsetzung von Ordnungsmaßnahmen dauert zu lange, und oft sind zu viele Institutionen beteiligt. Herr Goetze, es ist meistens nicht nur ein Stadtrat, sondern es sind meistens mehrere daran beteiligt.
Dieses Durchsetzungsproblem führt in vielen Fällen zur stillschweigenden Duldung. Dabei sind Sofortmaßnahmen zur Gefahrenabwehr dringend erforderlich. Die Kontrollen sind zu verstärken; mögliche Ablagerungsflächen sind zu beobachten, insbesondere nach Vorliegen der Bauanzeigen von Betreibern. Konkret könnten dabei z. B. die Umweltstreifen hilfreich sein. Vielleicht kann man auch eine andere Institution einbeziehen. Aber es muss eine ausreichende personelle Ausstattung vorhanden sein, und diese muss auch auf Dauer in den LuVs installiert sein. Zwei Mitarbeiter – wie sie in einzelnen Bezirken bereits eingesetzt wurden – sind einfach zu wenig. Die Bezirke fordern, dass man mindestens vier Mitarbeiter im Außendienst, aber auch mindestens einen Mitarbeiter im Innendienst mit diesem Problem befassen muss, damit man endlich wirksam etwas verändern kann. Dass die personelle Ausstattung zu gering ist, wurde auch in dem bereits erwähnten Bericht der Senatsverwaltung deutlich, der über die illegalen Deponien und die Task Force Bauabfallüberwachung im Januar 2000 Aussagen gemacht hat. Diese Task Force wurde im Juni 1998 eingesetzt. In diesem Bericht kam zum Ausdruck, dass wegen der hohen Belastung vieles nicht verhindert werden könne. Es sind zwar Erfolge vorhanden, aber es gibt noch viel zu tun. Und diese Task Force konnte auch nicht dazu beitragen, dass die Ablagerungen in Weißensee stattgefunden haben und dass der Brand im Oktober 1999 verhindert werden konnte.
Es ist also zu diskutieren, welche Kosten dem Land Berlin, aber auch dem Steuerzahler entstehen, insbesondere auch die Folgekosten. Allein der Feuerwehreinsatz in Weißensee hat 1,5 Millionen DM gekostet. Die Frage der Belastung des Haushalts durch diese Folgekosten ist ganz wichtig. Hier muss im Vorfeld gehandelt werden. Personal kostet zwar Geld, aber auf Dauer kann es sparen helfen. Aus unserer Sicht sind höhere Bußgelder zur Abschreckung notwendig. Eine andere Möglichkeit ist auch – was bereits erwähnt wurde – die Hinterlegung von Kautionen bei den Bauanzeigen oder -genehmigungen. Eine Absicherung vor Folgeschäden ist in jedem Fall zu schaffen. Es besteht dringender Handlungsbedarf. Ob dafür das im Antrag vorgeschlagene Kataster das geeignete Mittel zur Gefahrenabwehr ist, ist noch fraglich; denn eigentlich geht es um Gefahrenbeseitigung. Das Problem ist auf Dauer zu lösen und nicht in einem Kataster fortzuschreiben. Eine halbjährliche Berichterstattung an das Abgeordnetenhaus erscheint allerdings unproblematisch, da die Bezirke sowieso verpflichtet sind, halbjährlich an den Senat zu berichten. – Lassen Sie uns also kurzfristig im Fachausschuss einen Beschluss fassen, der für die Zukunft illegale Ablagerungen verhindern hilft und außerdem auch einen Betrag für die Umwelt und für den Haushalt leistet. – Danke schön! [Beifall bei der PDS]
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Sinnfälligkeit des vorliegenden Antrags ist nicht einfach mit Ja oder Nein zu beantworten. Auf den ersten Blick gibt es einzelne Punkte, die nicht zustimmungsfähig sind. Auf Grund der Erfolge des Umweltsenators und der Umweltkripo scheint sogar der gesamte Antrag überflüssig zu sein. Erstens: Immerhin sind ein Fünftel der Berliner illegalen Ablagerungen in den letzten zwölf Monaten beseitigt worden. Das ist ein erster wichtiger Erfolg. interjection: [Wieland (Grüne): Ein ganzes Fünftel! Da sind wir aber stolz!]
Ja, Herr Wieland, ich finde schon, dass innerhalb von 12 Monaten ein Fünftel ein erwähnenswerter Erfolg ist. Das ist sehr wohl so. [Beifall bei der SPD]
Zweitens ist mittlerweile die Sensibilität der Umweltkripo und vieler – leider nicht aller – zuständigen Mitarbeiter in den Bezirken und beim Senat so weit gestiegen, dass sie eben nicht mehr einfach die Augen vor der kriminellen Energie der Müllmafia verschließen. Und das war der Fall, da gibt es überhaupt gar keine Frage. [Wieland (Grüne): Da sind wir stolz! Die Berliner Verwaltung macht mal die Augen auf, das ist toll!]
Drittens, Herr Wieland: Im Januar dieses Jahres hat der zuständige Senator einen umfassenden Bericht zu diesem Thema erstellt, der zurzeit fortgeschrieben wird.
Die Bezirke sind hierbei in die Berichtspflicht integriert. Das ist besonders wichtig, weil die Bezirke ein Hauptmaß an Zuständigkeit haben. Und wir hoffen, dass bei dem nächsten Bericht auch die säumigen Bezirke Weißensee, Wilmersdorf und Treptow ihrer Berichtspflicht nachkommen.
Neben diesen doch unleugbaren Erfolgen hat der Bericht vom Januar aber auch die unhaltbare Situation im Land Berlin aufgezeigt. Und auch hier nochmals unserern herzlichen Dank, Herr Senator Strieder. Wenn alle Berichte des Senats so klar und ungeschönt wären wie dieser, könnte das Haus ein ganzes Stück weiter sein in der Erledigung der zentralen Aufgaben. Die SPD-Fraktion jedenfalls unterstützt diese Offenheit, auch wenn sie momentan andere wichtige Gespräche zu führen haben, Herr Senator. [Gelächter bei den Grünen]
Diese Unterstützung, Herr Senator, haben Sie von der SPD-Fraktion. [Beifall der Abgn. Rabbach (CDU) und Goetze (CDU)]
Diesen Bericht empfehle ich allen Mitgliedern des Hauses. Denn hier wird schonungslos offengelegt, dass in fast allen Bezirken Berlins gemischte Bauabfälle und Bauschutt lagern. Wir haben mehrere quasi illegale Deponien mit über 10 000, ja bis zu 30 000 Kubikmetern illegal abgelagertem Bauschutt. Ich weiß nicht, ob Sie sich diese Mengen vorstellen können; das sind 500 bis 1 500 große Lkw-Ladungen pro illegaler Deponie. Von diesen Ablagerungen können starke Belastungen für die Böden und das Grundwasser ausgehen. Das sind Belastungen, die nicht hinzunehmen sind.
Das sind nicht einfach Kleinkriminelle, das sind organisierte Kriminelle mit einer hohen kriminellen Energie, die sich für zwei Jahre eine Kurzgenehmigung zur Verwertung holen, in Wirklichkeit aber den Abfall ungesichert ablagern und dann in den profitablen Konkurs gehen.
Wir müssen die Kontrollen und den Druck auf diese mafiösen Strukturen erhöhen. Machen Sie das zu Ihrer persönlichen Sache, Herr Senator Strieder!
Aber wirklich in den Griff bekommen können wir – das haben Sie, Herr Goetze, nicht ausreichend hier dargestellt – diese Strukturen nur, wenn wir die Rahmenbedingungen verändern. Da reicht die Mehrkontrolle der Bezirke eben leider nicht aus. Wir brauchen erstens eine Änderung der Bauordnung.
Eine Abnahme dürfte es eben erst dann geben, wenn die Entsorgung durch einen Entsorgungsfachbetrieb gesichert ist und nicht vorher. Zweitens, das Land dürfte keine Flächen mehr verkaufen oder verpachten an unzertifizierte Entsorgungsunternehmen. [Beifall bei der SPD]
Wir geben momentan immer noch derartigen Unternehmen Flächen, obwohl wir wissen, was dabei herauskommt.
z. B. eine Bankgarantie. Ich freue mich, dass meine Fraktion geschlossen dahinter steht, denn das ist wichtig. Pro Quadratmeter Lagerungsfläche müssten 5 000 bis 10 000 DM Bankbürgschaft hinterlegt werden. Das wäre ein Wettbewerbsvorteil für die gesetzestreuen Unternehmen.
Ich komme zu meinem Schlusssatz. – Vor dem Hintergrund dieser Fakten wird der Umweltausschuss diesen Antrag gemeinsam mit dem neuen Bericht sehr intensiv beraten. Ein Wegschauen wird es mit den Umweltpolitikern der großen Koalition jedenfalls nicht geben.
Der Ältestenrat empfiehlt die Überweisung in den Ausschuss für Stadtentwicklung und Umweltschutz. Wer dieser Überweisungsempfehlung folgen möchte, den bitte ich um das Handzeichen! – Gibt es Gegenstimmen? – Dann ist dieses überwiesen.
Antrag der Fraktion der Grünen über Gestaltung des Mauerpfads (4) – Denkmalschutz für den Wachturm zwischen Bundesrat und Stresemannstraße
Hierzu gibt es einen Änderungsantrag der Fraktionen der CDU und der SPD, Drucksache 14/781-1. Wortmeldungen liegen vor. Frau Ströver, Sie haben das Wort!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es wäre klasse, Herr Rogall und die große Koalition, wenn Sie auch zu diesem Tagesordnungspunkt wirklich Geschlossenheit gemeinsam mit der Opposition und noch besser mit und zu unserem inhaltlichen Antrag zeigen würden. Es ist leider immer noch so, dass wir uns mit den letzten verbleibenden Resten der Grenzanlagen der DDR beschäftigen müssen. Und ich halte es ehrlich gesagt für einen relativ bedauerlichen Zustand, dass es uns bis heute nicht geglückt ist, die wenigen noch verbleibenden Reste vollständig unter Denkmalschutz zu stellen. interjection: [Unruhe – Glocke des Präsidenten]
Ich denke, das wäre eigentlich das Gebot der Stunde gewesen: Wir stellen den Denkmalschutz her für die verbleibenden Mauerreste und für die verbleibenden Wachtürme. Dann müssten wir uns nicht ständig wieder über Einzelfragen hier im Parlament auseinandersetzen.
Sie werden sich vielleicht fragen, um welchen Wachturm es sich handelt, und ich wette, die Hälfte von Ihnen weiß nicht, um welches Objekt es sich handelt, obwohl es ein Objekt ist, das nur 50 Meter von uns hier entfernt steht auf einem bisher noch nicht entwickelten Gelände. Und es ist tatsächlich so, dass dieser Wachturm nur deswegen noch steht, weil er im Verborgenen stand, weil er noch von Grün umwuchert war und weil sich deswegen niemand um ihn gekümmert und für ihn interessiert hat außer einer Person, und das ist der Eigentümer des Wachturms, Erich Stanke. Nun hat sich seit anderthalb Jahren dort eine Entwicklung vollzogen, dass Investoren gesucht werden und in dem Gelände eine Erschließungsstraße zum Bundesrat gebaut werden soll. Schon damals, im April 1999, standen wir vor Ort am Potsdamer Platz, um zu verhindern, dass dort die Mauerstücke abgerissen würden. Es ist uns nicht geglückt. Schon damals konnten wir bedauerlicherweise die große Koalition nicht überzeugen, dass es wichtig ist, die ganz wenigen unmittelbar in der Stadtmitte noch vorhandenen Mauerreste in Gänze zu sichern. Ein kleines Stück steht noch, und was eben auch noch steht ist der dahintergesetzte Wachturm. Nun ist die Situation entwickelter, jetzt soll diese Erschließungsstraße gebaut werden. Es ist so, dass damals der damalige Bausenator Klemann übrigens unserer Auffassung gefolgt ist und den Wachturm nicht angerührt hat.
Wir sind darüber sehr froh. Umso trauriger ist es, dass nun heute der SPD-Senator Strieder wieder sich an den Wachturm heranmacht und diesen Wachturm abreißen will.
Dabei muss man sich die Argumente, die in den letzten Wochen von Herrn Strieder gekommen sind, um diesen Abriss zu legitimieren, einmal ganz genau vor Augen führen. Das erste Argument war, städtebaulich sei der Wachturm der städtebaulichen Planung für das Oktogon des Leipziger Platzes im Wege. Ich kann Ihnen sagen: Es stimmt nicht, weil das Oktogon überhaupt nicht betroffen ist. Die unmittelbare Bebauung des Leipziger Platzes spielt keine Rolle. Das zweite Argument, das Herr Strieder gebracht hat, war, die Erschließungsstraße sei betroffen, sie sei so breit, dass der Wachturm im Wege stehe. Auch das ist ein Argument, das nicht zieht. Der Wachturm steht überhaupt nicht auf der Straße. Er steht auf dem Gehweg, und er steht so auf dem Gehweg, dass rechts und links der gesetzlich vorgeschriebene Platz ist, um zum Beispiel mit Kinderwagen oder mit einem Rollstuhl daran vorbei zu fahren. Also auch dieses Argument zieht nicht. Das dritte Argument war die Investorenbebauung auf der Fläche, wo der Wachturm steht. Dort würde eine Tiefgarage gebaut, und der Wachturm stünde der Ausfahrt der Tiefgarage im Wege. Ich habe die Bebauungsunterlagen des Investors mitgebracht; die Firma Walter-Bau hat uns die Unterlagen zur Verfügung gestellt. Dort sehen Sie, die Ausfahrt ist neben dem Wachturm. Auch hier kein Argument für den Abriss dieses Wachturms.
Offensichtlich stören Herrn Strieder oder die Bauverwaltung allein ästhetische Gesichtspunkte und sonst nichts. Ästhetik steht hier gegen den Erhalt eines Dokuments der baulichen Trennung Berlins. Hier ist staatsbürgerliche Pflicht gefragt und kein Herumlavieren, und ich bitte Sie, meine Damen und Herren von der großen Koalition: Lassen Sie nicht mit Ihrem Antrag alle Möglichkeiten offen und erst recht keine
Disneylandlösung, etwa die Umsetzung dieses Turms vor unser Abgeordnetenhaus. Stimmen Sie dem Denkmalschutz und stimmen Sie dem Erhalt dieses Wachturms zu!