Protokoll der Sitzung vom 18.01.2001

Es antwortet der Senator für Wirtschaft, Herr Branoner, bitte sehr!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Müller! Zu Ihrer ersten Frage, die sich mit der größeren Unabhän

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Sen Branoner

gigkeit der IBB als Landesstrukturbank auseinandersetzt: Das haben wir seit längerem und aktuell auch in diesem Hause diskutiert im Zusammenhang mit dem IBB-Gesetz und mit dem Gesetz über die Erweiterung und Novellierung dieses Gesetzes, der Erweiterung der Aufgaben der IBB zur Landesstrukturbank. Das Thema war zudem auch Gegenstand verschiedener Erörterungen in den Gremien der Landesbank, zuletzt im Aufsichtsrat und im Investitionsbankausschuss des Aufsichtsrats der Landesbank, der zu dieser Frage eine Arbeitsgruppe eingesetzt und beauftragt hat, eine Reihe von Fragen zu klären und denkbare Modelle zu prüfen.

Es gibt verschiedene Interessen und Interessenten an diesen Diskussionen, zunächst das Interesse an Wettbewerbsneutralität dieser Institution, die nicht nur öffentliche Berliner Programme, sondern auch Programme des Bundes und, in Kooperation mit den Instituten des Bundes, der Deutschen Ausgleichsbank und der Kreditanstalt für Wiederaufbau solche Programme und Programme der EU umzusetzen hat.

Ein weiteres Interesse hat das Land Berlin selbst an einer leistungsfähigen Landesstrukturbank. Es geht hier vor allem um Bündelung spezifischer Programme, um dem Antragsteller, dem antragstellenden Unternehmer und Existenzgründer ein quasi maßgeschneidertes Paket zu liefern.

Es gibt das Interesse der Landesbank, nämlich die jetzige Zweckrücklage in der Größenordnung von rund 2,5 Milliarden DM, die dort als haftendes Eigenkapital genutzt wird, auch weiterhin zu nutzen, weil sonst – wenn das nicht mehr zur Verfügung stünde – die Eigenkapitalausstattung nicht ausreichte und insofern auch das Rating der Landesbank unmittelbar davon beeinflusst würde. Und es ist eine Reihe von bankenrechtlichen und bankenaufsichtsrechtlichen sowie steuerlichen Aspekten zu bedenken, die man nicht einfach, sondern in einem engen Dialog mit zu beteiligenden Institutionen wird prüfen können, um dann den Gremien, sowohl dem Aufsichtsrat als auch den jeweiligen Vorständen und damit letztlich dem Land Berlin und dem Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen, ein Modell zu überantworten, welches man dann verfolgen kann.

Schließlich kommt hinzu, dass das schwebende Verfahren vor der EU-Kommission nicht außer Acht gelassen werden darf, wo es um die Angemessenheit der Vergütung der Nutzung von Rücklagen geht, also das so genannte Gewährträgerprinzip und hier die Vergütung der Nutzung der IBB-Zweckrücklage durch die Landesbank. Auch dieses darf aus dem Auge nicht verloren werden.

Das Ergebnis ist insofern offen. Es gibt keine Modelle, die favorisiert werden, sondern ich gehe davon aus, dass wir in der Lage sind, innerhalb der nächsten drei Monate eine Antwort zu finden.

Zu Ihrer zweiten Frage: Die im Zwischenbericht der Expertenkommission Staatsaufgabenkritik geäußerte Einschätzung der Qualität der Tätigkeit der Investitionsbank Berlin bei der Durchführung der Wirtschaftsförderungsprogramme und zugleich auch die Frage der Qualifikation der Mitarbeiter, die dort aufgeworfen wurde, teilt der Senat nicht. Zur Durchführung der Aufgaben der IBB hat es zudem eine Reihe von Übernahmen von Mitarbeitern aus dem Berliner Senat gegeben, von freien und qualifizierten Mitarbeitern der betroffenen Senatsverwaltungen.

[Zuruf des Abg. Wolf (PDS)]

Teilweise wurden neue Mitarbeiter eingestellt, teilweise Mitarbeiter fortgebildet. Ein genereller Qualifikationsmangel kann überhaupt nicht festgestellt werden.

In der Vergangenheit wurde dennoch Kritik laut. Wir haben einen Beirat eingesetzt, indem insbesondere Unternehmensvertreter und Vertreter von Förderinstitutionen, aber auch der Wissenschaft solche Frage gemeinsam erörtern. Diese Kritik ist zudem zum Anlass genommen worden, umfangreiche interne Umstrukturierungsmaßnahmen und die Einführung eines EDVgestützten Controllingsystems durchzuführen. Dieses neue Controllingsystem wird im Frühjahr dieses Jahres den Betrieb auf

nehmen. Insofern wird auch dort mit der Kritik sehr sorgsam umgegangen werden. Ich glaube, dass die Investitionsbank Berlin auch in Form der Landesstrukturbank auch in der Zukunft eine wichtige Funktion in dem neutralen Fördergeschäft wahrnehmen wird.

Die erste Zusatzfrage kommt vom Fragesteller!

Herr Senator! Sie haben schon eine Einschätzung gegeben, wie Sie die Umstrukturierungspläne bewerten in Bezug auf das Haftungskapital der LBB. Wie beurteilen Sie Pläne, eventuell auch der IBB aus ihrem Haftungskapital eine Milliarde DM im Rahmen der Vermögensaktivierung abzuziehen?

Herr Senator, bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter! Dieses Geld kann man nicht mehrfach verteilen. Die 2,5 Milliarden DM Zweckrücklage der IBB sind zugleich auch haftendes Eigenkapital der LBB. Die LBB verzinst dieses Kapital. Nähme man das Kapital von der IBB weg, nähme man es auch von der LBB weg, wenn man es für eine entsprechende Vermögensaktivierung des Landes Berlin einzöge. Wir haben im Investitionsbankausschuss, in dieser Arbeitsgruppe verabredet, dass auch diese Frage geklärt wird. Ich habe darauf hingewiesen, es sind zunächst auch rechtliche und steuerrechtliche Fragen zu klären: Wo ist dieses Kapital angesammelt worden, in welcher Zeit? Wie ist es zu verwenden? Was sagt das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen dazu, wenn entsprechende Zweckrücklagen, die aus Bankengeschäft entstanden sind, verwendet werden? Was macht die IBB beispielsweise an eigenen und Sonderprogrammen, die der Zukunftsfonds der Investitionsbank mit 150 Millionen DM beispielsweise oder 100 Millionen DM besonderes Förderprogramm für die Wohnungsbauförderung, Eigentumsprogramm oder 100-Millionen-DM-Programm, das gegenwärtig zwischen uns diskutiert wird im Bereich der Wirtschaftsförderung und Technologieförderung, wo sich zugleich wiederum auch haushaltsentlastende Maßnahmen daraus ergeben? – Das alles sind Fragen, die zu klären sind, bevor ich auf eine Frage Antwort geben kann: Was passiert eigentlich, wenn es herausgenommen wird? – Wenn es nicht herausgenommen wird, brauchen wir diese Frage nicht zu diskutieren. Die anderen Fragen sind so diffizil, dass man sie nicht einfach über den Tisch rufen kann.

Wünschen Sie eine weitere Zusatzfrage, Herr Müller? – Nein! Dann hat die nächste Zusatzfrage der Abgeordnete Gaebler. – Bitte sehr!

Herr Senator! Ich muss nachhaken wegen dieser einen Milliarde DM. Wenn es Teil der Vermögensveräußerungspläne ist, diese eine Milliarde DM aus der IBB herauszunehmen, hat das Auswirkungen. Wenn Sie starke Zweifel andeuten, ob das möglich ist, sagen Sie vielleicht etwas dazu: Gibt es einen Senatsbeschluss oder Senatspläne, dieses Kapital zu entziehen, bzw. wäre es sonst erforderlich, das an anderer Stelle zu erwirtschaften?

Herr Senator, bitte!

Herr Kollege Gaebler! Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Einen entsprechenden Senatsbeschluss gibt es nicht.

Nächste Zusatzfrage, Abgeordneter Liebich von der Fraktion der PDS – Bitte sehr!

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Herr Wirtschaftssenator, Sie haben jetzt deutlich gemacht, dass Sie die Kritik von Prof. Rupert Scholz bzw. seiner Kommission an der IBB nicht teilen, die auch von anderen geäußert wurde. Sind Sie auch der Ansicht, dass die entsprechend unterbreiteten Vorschläge von Seiten des Senats ignoriert werden, oder sind Sie bereit, sie zu prüfen und möglicherweise Ihre eigenen Entscheidungen die IBB betreffend noch einmal zu hinterfragen?

Herr Senator, bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Liebich! Der Senat prüft solche Vorschläge immer. Die Kommission ist letztlich von der Politik eingesetzt worden, um bei bestimmten Fragen auch einmal gegenzubürsten und zugleich auch den Anspruch zu haben, dass solche Vorschläge geprüft werden. Die generelle Kritik – ich habe das ausgeführt, ich will es nicht wiederholen – teile ich nicht. Eine spezifizierte Kritik, wo es um die Frage von Kundenorientierung – Neudeutsch: customer care – geht über das Controlling und die Auswertung, also nicht nur eine Evaluierung nach bestimmtem Zeitraum von zwei oder drei Jahren, sondern eine, wenn Sie so wollen, bewilligungsbegleitende Kontrolle solcher Förderprogramme, die nicht nur Berliner, sondern auch Bundes- und EU-Programme sind, die halte ich für richtig. Da habe ich aber eben auch etwas gesagt. Es wird ein entsprechendes Controllingsystem eingeführt. Es ist erarbeitet, mit uns abgestimmt und wird jetzt im Februar eingeführt. Eine Reihe weiterer Qualifizierungsmaßnahmen ist von der IBB eingeleitet worden. Ich bitte, nicht zu vergessen: Die spezifischen Aufgaben der Landesstrukturbank haben wir der IBB durch entsprechende Gesetzesänderung im letzten Jahr gegeben.

Der Senat und die Politik diskutieren zwar seit drei Jahren darüber, die IBB zu einer Landesstrukturbank zu machen, aber dadurch, dass die Politik es diskutiert, wird die IBB es noch nicht umsetzen. Sie hat zwischenzeitlich die gesetzlichen Grundlagen, und sie setzt diese Dinge um. Diese – vor mir vielleicht etwas pauschal gegebenen – Prüfungen und Ergebnisse der sogenannten Scholz-Kommission werden wir sowohl der Kommission als auch der Öffentlichkeit als Antwort übermitteln.

Die letzte Zusatzfrage hat Frau Paus von der Fraktion der Grünen. – Bitte sehr!

Vielen Dank, Herr Präsident! – Herr Branoner, ich gehe nicht noch einmal auf die Frage nach den Kosten ein, aber mir hat es die Schuhe ausgezogen, als ich erfahren musste, dass erst jetzt ein Controlling eingeführt wird, das diesen Namen verdient.

Es ist noch nicht solange her – Sie haben darauf hingewiesen es war im letzten Herbst –, dass der Senat beziehungsweise die Koalitionsfraktionen nach langer Diskussion für die Landesstrukturbank der IBB die Struktur gewählt haben, die jetzt existiert, nämlich dass die IBB nach wie vor nur Abteilung der Landesbank Berlin ist und nach wie vor innerhalb der Bankgesellschaft als Berliner Landesstrukturbank operiert. Wir haben dies damals massiv kritisiert. Sie haben alle Kritik in den Wind geschlagen. Woher kommen plötzlich neue Erkenntnisse, die Sie veranlassen, den Diskussionsprozess noch einmal zu beginnen?

Herr Senator, bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Paus, ich kann nichts zu Ihren Schuhen sagen. Der Senat würde sich nie erlauben, zu kommentieren, wann Sie Ihre Schuhe ausziehen. – Sie müssen das aber auch gar nicht, denn das vorhandene Controllingsystem entspricht nicht nur bankenüblichen Gepflogenheiten und Standards, sondern darüber hinaus ist es nach den Programmanforderungen, die wir zwischenzeitlich der IBB übergeben haben, überarbeitet worden. Dabei ist – und das macht Sinn –

nicht nur nach den Anforderungen der öffentlichen Hand – Controlling nach Prüfung des Rechnungshofs, um zu vereinfachten Strukturen zu kommen – abgeglichen worden, sondern auch danach, was der Markt und die Unternehmen benötigen. Es hat keinen Zweck, ein IBB-, Senats- oder Landesbankcontrolling zu haben. Die Förderbanken und die Unternehmen wollen ihr Controlling haben, und jeder fordert von demjenigen, der einen Antrag stellt, immer unterschiedlich aufbereitete Unterlagen. Es war eine der wesentlichen Aufgaben des letzten halben Jahres, dies zu vereinfachen. Die IBB hat das bewerkstelligt.

Zum 2. Teil der Frage: Die veränderte Situation der Landesbanken, des Landesbankenprivilegs, des Gewährträgerprinzips auf der EU-Ebene – Stichwort WestLB, aber auch folgende – führt dazu, dass man sich überlegt, ob stärker als in der Vergangenheit zwischen „Wettbewerbsgeschäft“, „wettbewerbsnahem Geschäft“ und reinen öffentlich-rechtlichen Fördergeschäften zu trennen ist – mit den damit verbundenen Dingen wie beispielsweise Steuerbefreiung. Das führte dazu, dass man neue Modelle in die Diskussion hineingebracht hat. Es ist gut, dies zeitnah zu diskutieren und keine Vorgaben zu geben, was als Ergebnis herauszukommen hat. Wir werden sehen – der Prozess wird in der notwendigen Offenheit geführt werden –, was dabei herauskommt.

Wir kommen zur nächsten Anfrage des Abgeordneten Schneider von der PDS-Fraktion über

Einheitliches Tarif- und Besoldungsrecht für das Land Berlin in weite Ferne gerückt?

Danke, Herr Präsident! – Ich frage den Senat:

1. Ist dem Senat bekannt, dass sich das Land Berlin vertraglich verpflichtet hat, bis spätestens zum 1. Januar 2001 ein einheitliches Tarif- und Besoldungsrecht für Berlin zu schaffen?

2. Wann und wie wird der Senat die in der Gesamtvereinbarung zur Verwaltungsreform und Beschäftigungssicherung eingegangene Verpflichtung einlösen?

Zur Beantwortung hat Senator Werthebach das Wort!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter! Die Verwaltungsreform- und Beschäftigungssicherungsvereinbarung 2000 vom 30. August 1999 enthält folgende Verabredung:

Die Vertragsparteien stimmen darin überein, dass spätestens zum 1. Januar 2001 für das Land Berlin die derzeitigen unterschiedlichen tarifrechtlichen und beamtenrechtlichen Grenzen aufgelöst sein sollten und ein einheitliches Recht auf der Grundlage der Regelungen im Rechtskreis West gelten sollte. Der Senat von Berlin strebt im Rahmen der bestehenden Verpflichtungen und der rechtlichen Möglichkeiten die erforderliche Anpassung an.

Das ist ein wörtliches Zitat. Entsprechend dieser Bestrebensklausel hat sich der Senat auf der für eine Angleichung maßgeblichen Bundesebene verhalten, aber keine Unterstützung gefunden.

Zu Ihrer 2. Frage: In diesem Zusammenhang ist daran zu erinnern, dass für die monatlichen Vergütungen bei den Arbeitnehmern nach dem Einkommensangleichungsgesetz seit 1996 kein Unterschied in den Tarifgebieten mehr besteht. Das war eine Sonderleistung, die das Land Berlin dankenswerterweise seinen Beschäftigten hat zugute kommen lassen.

Für die Beamten im Rechtskreis Ost hat der zuständige Bundesgesetzgeber nunmehr ab 1. Januar 2001 einen Anteilssatz von 88,5 Prozent, ab 1. Januar 2002 von 90 Prozent der im Rechtskreis West zustehenden monatlichen Bezüge festgelegt.

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