Protokoll der Sitzung vom 01.03.2001

[Doering (PDS): Darum geht es jetzt gar nicht!]

Der Senat von Berlin hat intensiv mit der Bundesregierung über Zuschüsse für die Berliner Polizei und insbesondere für die hauptstadtbedingten Sicherheitsaufgaben verhandelt und hat hierfür die jährliche Zahlung von 75 Millionen DM ausgehandelt.

Als einzige Frage ist noch zu klären, ob das bereits für das Jahr 2000 gilt oder erst für das Jahr 2001. Jedenfalls werden diese 75 Millionen DM kommen, und Sie können gewiss sein, dass unser Innensenator – da kenne ich ihn sehr gut – in Zukunft intensiv mit der Bundesregierung darum verhandeln wird, dass dieser Etat von 75 Millionen DM, sofern das von der Berliner Polizei nachgewiesen werden kann – und da bin ich mir sicher –, aufgestockt werden muss. Aber das geht nicht mit einem Pauschalantrag, wie Sie ihn im Innenausschuss vorgestellt haben, und es geht auch nicht mit einer Dreizeilenauflistung von drei oder vier Punkten, die Sie uns jetzt in einem Änderungsantrag vorgelegt haben, sondern das geht nur mit einer fachlich fundierten Auflistung des Polizeipräsidenten in Zusammenarbeit mit dem Innensenator und in intensiver Verhandlung mit dem zuständigen Bundesinnenminister. Das wird auch geschehen. Dazu brauchen wir nicht die Hilfe der PDS-Fraktion, sondern das kann die Koalition durchaus eigenständig tun. Wir werden deshalb beide Anträge ablehnen.

[Beifall bei der CDU]

Frau Werner hat das Wort – bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Letztendlich geht es in diesem Fall auch um einen merkwürdigen Umgang mit Geld. Der Antrag der PDS-Fraktion verlangt ja nichts weiter als eine Selbstverständlichkeit. Wir freuen uns immer alle, wenn es Geld vom Bund gibt, auch wenn der Hintergrund der Zahlung manchmal etwas kurios ist. Wir freuen uns deshalb auch über die jährlichen 75 Millionen DM für die Polizei, die der Senat dem Bund als Gegenleistung für das Schweigen von Herrn Diepgen und das laute Ja von Herrn Böger zur Steuerreform entlockt hat. Der Zweck dieser 75 Millionen DM war eindeutig definiert. Er lautet: „hauptstadtbedingte Zusatzaufgaben der inneren Sicherheit“ – die Betonung liegt auf Zusatzaufgaben. Damit sollen also diejenigen Ausgaben der Polizei abgegolten werden, die Berlin in seiner Funktion als Hauptstadt zusätzlich tätigen muss.

Der Antrag der PDS-Fraktion verlangt nun nichts weiter als das, was die Opposition bereits in den Haushaltsberatungen erwartet und beantragt hat, nämlich eine genaue Darstellung dessen, für welche Zwecke eigentlich das zusätzliche Geld ausgegeben werden soll. Diese Selbstverständlichkeit hat der Senat verweigert. Wir kennen die genaue Verwendung des Geldes bis heute nicht.

Vorab wurden 50 Millionen DM für Personalkosten abgezogen, weitere 13 Millionen DM werden für pauschale Minderausgaben etatisiert, sodass der eigentliche Zweck, die Definition der Zusatzaufgaben, nie deutlich wurde. Mit Haushaltsklarheit hat das überhaupt nichts zu tun. Tatsächlich stopfen Sie nämlich mit diesem Geld des Bundes das Haushaltsloch des Innensenators. Wir sagen: Das ist unzulässig.

[Beifall bei den Grünen und der PDS]

Dieser Auffassung ist offensichtlich auch der Bundesrechnungshof. Vor wenigen Tagen hat er den bisherigen Hauptstadtkulturvertrag, der ähnlich gestaltet war wie der jetzige Entwurf über die innere Sicherheit, scharf kritisiert. Der Bundesrechnungshof will, dass die Verwendung der zweckgebundenen Mittel durch das Land Berlin als allgemeine Haushaltshilfe ausgeschlossen wird. Er hält ein Verfahren, bei dem nicht erkennbar ist, wie die Zweckbestimmung generell abzugrenzen ist, für grundgesetzwidrig. In Artikel 104 a Grundgesetz ist die Trennung der Aufgaben und Ausgaben nach Bund und Ländern genau geregelt. Der Bundesrechnungshof will genau das, was wir bereits in den Haushaltsberatungen beantragt haben. Bei der Leistung zusätzlicher Bundesmittel an Berlin im Rahmen der Hauptstadtfunktion verlangt er die Spezifizierung der Aufgaben, die konkrete Abgrenzung der zusätzlichen Aufgaben aus der Hauptstadtfunktion und verneint damit die Zulässigkeit von Pauschalabgeltungen, wie sie hier wieder geplant sind. Wir denken,

dass die Bundesregierung diesen aktuellen Hinweis des Bundesrechnungshofs nicht wird ignorieren können. Das Land Berlin wird gut daran tun, genau und konkret die Zwecke zu benennen, für die die Mittel ausgegeben werden sollen. Deshalb empfehlen wir Ihnen, das zu tun, was wir tun werden: dem Antrag der PDS-Fraktion zustimmen.

Wir begrüßen den Abschluss eines Vertrages, das sollten wir dann aber auch in den Text schreiben. Deshalb möchte ich darauf aufmerksam machen, dass der erste Satz des Antrags unvollständig ist. [Over (PDS): Ja! Ja!]

Dort gehört hinter das Wort „eines“ noch das Wort „Vertrages“.

[Beifall bei den Grünen und der PDS]

Danke schön, Frau Kollegin Werner! – Das Wort hat nunmehr der Kollege Lorenz von der Fraktion der SPD!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren, die wenigen, die hier sind! Ich will keine sublime Diskussion führen.

[Krüger (PDS): Das ist schade!]

Ja, das ist schade, weil ich insbesondere nicht genau weiß, Herr Krüger, was Sie unter „sublim“ verstehen. Wenn Sie darunter verstehen, Verfassungsfragen zu stellen, dann können wir gern darüber sprechen. Es ist eine Verfassungsfrage, ob die Exekutive die Judikative oder aber die 1. Gewalt, das Parlament, etwas dazu zu sagen hat. Diese Fragen finde ich nicht sublim, sondern sehr grundlegend, sozusagen elementar. Insofern habe ich Ihre Ausführungen nicht verstanden, aber Sie werden mir bestimmt erklären, was „sublim“ heißt, zumindest nach Ihrem Verständnis. Ich verstehe darunter offensichtlich etwas anderes.

Was Frau Werner zu dem Antrag gesagt hat, war sehr intelligent, hatte aber mit dem Antrag nichts zu tun. Wie Mittel dann zweckentfremdet gebraucht werden, das ist nicht Gegenstand dieses Antrags. Ich bitte deshalb darum, dass ein inhaltlich entsprechender Antrag gestellt wird über die zweckmäßige Verwendung von Mitteln, die der Bund uns für die Wahrnehmung bestimmter Aufgaben übertragen hat. Wenn Sie solch einen Antrag einbringen, werde ich Ihre Rede würdigen und sagen: vielleicht haben Sie Recht. – Das eben war eine sublime Bemerkung. Gut, aber das versteht meistens keiner, wenn es zu sehr sublim wird.

[Frau Seelig (PDS): Sie sollen ja auch nicht so viele Fremdwörter gebrauchen!]

Ja eben, man soll nicht soviel Fremdwörter verwenden, das ist wirklich wahr. Ich bin gar nicht so lukrativ mit meinem Fremdwortgebrauch.

Der Antrag selbst beschreibt etwas, was man eine Aufforderung an die Exekutive nennen könnte. Sie soll in einer bestimmten Art und Weise mit einem anderen verhandeln – und zwar um Geld, das der andere geben soll. Das soll nach bestimmten Kriterien erfolgen und die bestimmt in diesen Verhandlungen das Berliner Parlament unter Führung der PDS. Wenn Sie das wirklich ernsthaft meinen, sind Sie weit ab von der Realität; das meine ich gar nicht sublim. Ich glaube auch, dass der Bund sehr wohl verlangt, dass jemand, der Geld von ihm haben will, auch die Rechtfertigungen solcher Zahlungen darlegt. Dafür bedarf es nicht eines Antrags mit drei oder vier Punkten der PDS. Das ist ein Schaufensterantrag. Der ist ganz niedlich, aber dann sollte man auch nichts weiter sagen als dass wir ihn als Niedlichkeit und Petitesse entgegennehmen, uns herzlich bedanken, den Senator für Inneres bitten, doch einmal einen Blick darauf zu werfen und bei seinen nächsten Verhandlungen mit zu verwenden. Damit ist die Sache dann auch erledigt. Mit dem Antrag hat das nichts zu tun und der sollte auch abgelehnt werden.

[Beifall bei der SPD]

Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die Ausschüsse empfehlen die Ablehnung.

Zuerst lasse ich jedoch über den Änderungsantrag der Fraktion der PDS mit der Drucksachennummer 14/504-1 abstimmen. Dabei ergibt dort die dritte Zeile, nämlich die Formulierung „Das Abgeordnetenhaus begrüßt den Abschluss eines.“, keinen Sinn und wird deshalb gestrichen. Wer diesem Antrag der Fraktion der PDS seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um sein Handzeichen! – Danke. Die Gegenprobe! – Letzteres war die Mehrheit. Enthaltungen?

[Zurufe von der PDS]

Ja, wir haben vorher ausgezählt. Ich kann es zum Trost sagen. Wir wären auf jeden Fall präpariert gewesen. – Enthaltungen sehe ich keine. Auch diejenigen, die den Plenarsaal betreten, die zählen immer von sofort an. – Damit ist der Änderungsantrag abgelehnt.

Wer nun dem Ursprungsantrag der Fraktion der PDS mit der Drucksachennummer 14/504 seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen! – Das sind schon viel weniger. Die Gegenprobe! – Das ist die Mehrheit. Enthaltungen? – Damit ist dieser Antrag bei Enthaltungen der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen und einigen Enthaltungen der Fraktion der PDS abgelehnt.

Ich rufe auf lfd. Nrn. 8 und 9, die bereits durch die Konsensliste erledigt sind.

Wir kommen zur

lfd. Nr. 10:

a) Drucksache 14/991:

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres, Sicherheit und Ordnung vom 29. Januar 2001 zum Antrag der Fraktion der PDS über Verwaltungsvorschriften für das neue Staatsbürgerschaftsrecht, Drucksache 14/82

b) Drucksache 14/992:

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres, Sicherheit und Ordnung vom 29. Januar 2001 zum Antrag der Fraktion der Grünen über bringt das Eis zum Schmelzen: Vorschriften zum Erwerb der deutschen Staatsangehörigkeit, Drucksache 14/113

c) Drucksache 14/993:

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres, Sicherheit und Ordnung vom 29. Januar 2001 zum Antrag der Fraktion der PDS über Bundesratsinitiative zur Änderung des Staatsangehörigkeitsgesetzes (StAG), Drucksache 14/460

Der Ältestenrat empfiehlt für die gemeinsame Beratung eine Redezeit von bis zu fünf Minuten, wozu ich keinen Widerspruch höre. Herr Berger, von der Fraktion der Grünen möchte das Wort ergreifen und hat es hiermit. Bitte schön, Herr Berger!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Es geht um das Thema Einbürgerung in Berlin und damit auch um das Staatsangehörigkeitsrecht in Deutschland insgesamt. Das neue Staatsangehörigkeitsrecht ist jetzt etwa zwei Jahre alt. Ich denke gerade in Berlin müssen wir Bilanz ziehen, wie es darum steht. Ich will nicht um den heißen Brei herum reden –: die Bilanz der Wirkung der Änderung des Staatsangehörigkeitsrechts fällt durchwachsen aus. Wir haben im letzten Jahr etwa 200 000 Einbürgerungsanträge in Deutschland gehabt. Das ist deutlich mehr, 25 Prozent mehr, als im Jahr zuvor, also eine Verbesserung. Aber eine Verbesserung ist kein Paradigmenwechsel in der Staatsangehörigkeitspolitik. Wir müssen uns Gedanken

machen, woran das liegt. Die Gründe liegen eindeutig auf der Hand: Die Verhinderung des Doppelpasses vor zwei Jahren hat viele Menschen davon abgehalten, deutsch zu werden.

Da wir gerade eine Diskussion über Schwarzgelder in der Politik haben, sage ich dazu: Ich finde es unsäglich und schlimm, dass es eine demagogische Kampagne in Hessen vor zwei Jahren gegeben hat, dass diese Kampagne mit ihren fremdenfeindlichen Tönen und Untertönen auch noch durch Schwarzgelder finanziert worden ist.

[Beifall bei den Grünen]

Wir fühlen uns trotz alldem bestärkt zu sagen, dass wir uns nicht damit abfinden, auf diese Weise der Doppelpass im Staatsangehörigkeitsrecht gestoppt worden ist. Wir haben über Jahrzehnte erkämpft, dass das völkische Blutsrecht abgeschafft worden ist und dass Kinder, die hier im Land geboren worden sind, wirklich deutsch werden können. Wir werden uns dafür einsetzen, dass es ein modernes Staatsangehörigkeitsrecht gibt, und das schließt den Doppelpass ein. Wir finden uns nicht mit dieser Niederlage im Jahr 1999 ab.

[Beifall bei den Grünen]

So weit zur Bundessituation. Jetzt zu Berlin: Was die Einbürgerung betrifft, steht Berlin im Bundesvergleich nicht gut da. Positiv ist, dass sich im letzten Jahr die Zahl der Anträge in Berlin leicht erhöht hat. Aber wir sollten uns an den anderen großen Städten in Deutschland messen, und wenn Städte wie München, Hamburg, Bremen, Köln oder Hannover Zuwächse an Einbürgerungsanträgen von 50 bis 100 % zu verzeichnen haben, dann stehen wir sehr schlecht da. Wir müssen in Berlin deutlich mehr tun. Wir müssen unter Einwanderern in dieser Stadt sehr viel stärker dafür werben, dass sie die deutsche Nationalität annehmen. Und das heißt, wir müssen den Menschen auch Angebote machen.

Ich hätte jetzt gerne Herrn Böger angesprochen; er ist nicht da. Also komme ich direkt zu Herrn Werthebach, denn Sie sind aus unserer Sicht – das sage ich auch – der Hauptverantwortliche für dieses schlechte Ergebnis bei den Einbürgerungen.

[Beifall der Frau Abg. Seelig (PDS) – Bm Dr. Werthebach: Das war doch nicht mein Gesetz!]