Protokoll der Sitzung vom 14.06.2001

Deshalb will ich mich auch gar nicht in irgendwelche Einzelheiten verlieren.

Ich möchte hier anmerken – das kann der Kollege Faber nicht wissen, da er nicht Mitglied in dem Stadtentwicklungsausschuss ist –: Wir haben als PDS eine Anhörung beantragt, die am 30. Mai stattgefunden hat. Wir haben dort umfassende Fragen gestellt. Wir haben dazu umfassend diskutiert. Ich denke, dass sich jeder ein Bild machen konnte, und es gibt da zunächst keinen weiteren Klärungsbedarf. Aus diesem Grund kann ich diese Diskussion, die hier noch geführt werden soll, überhaupt nicht verstehen.

Ich möchte für meine Fraktion zum Ausdruck bringen, dass wir auf alle Fälle diesen Antrag der Grünen unterstützen werden, weil wir das Anliegen, das Dosenpfand einzuführen, für ökologisch sinnvoll halten und seit Jahren diese Forderung gestellt haben. Insofern haben wir keinen weiteren Redebedarf. Wir möchten aber für die CDU-Fraktion und den Kollegen Faber zum Änderungsantrag folgende Anmerkung machen: Es gibt eine umfassende Drucksache, eine Erklärung der Bundesregierung an den Bundesrat, zu diesem Thema vom 1. Juni. Dort wird ausführlich zu den Fragen, die Sie hier aufgeworfen haben, Auskunft gegeben. Deshalb sollten Sie diese Drucksache einmal intensiv lesen. Wir werden diesen Änderungsantrag ablehnen und dem Antrag der Grünen zustimmen. Ich sehe hier keinen weiteren Redebedarf. – Danke!

Danke schön, Frau Kollegin! – Das Wort für die SPD hat nunmehr der Kollege Professor Rogall. Bitte schön, Herr Kollege!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mein Gerechtigkeitssinn ist ungebrochen. Ich habe in der Vergangenheit die Opposition für gute Arbeit gelobt. Das werde ich auch in der Zukunft tun, werte Kollegen von der CDU.

Unter Ihrem Bundesminister Toepfer wurde 1991 die Verpakkungsverordnung verabschiedet, und 1998 von Ihrer heutigen Bundesvorsitzenden Merkel novelliert. Damals erkannte Ihr Führungspersonal das eine rechtliche Norm ohne Sanktionsmechanismen und Kontrolle unsinnig ist. Deshalb führte sie die Pfandpflicht für die umweltschädlichen Einwegverpackungen ein, wenn eine bestimmte Quote von Mehrweg unterschritten wird. Das waren damals Ihre Minister. Ich glaube, ich kann auch für den neuen Koalitionspartner sprechen: Diese Weitsicht loben wir. [Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Ja, ich finde schon, da können wir alle klatschen, denn das war damals richtig, was die CDU-Politiker im Bund getan haben.

Von dieser zukunftsfähigen Politik wollen Sie sich mit diesem hanebüchenden Antrag, der uns heute vorgelegt wurde, abwenden. Da sieht man, wie glaubwürdig Ihre Umweltpolitik zu beurteilen ist. Weniger weitsichtig, werte Kollegen von der CDU, war die Novellierung von Frau Merkel von 1998. Die sorgte nämlich dafür, dass nach geltendem Recht ab Januar 2002 für Bierdosen Pfandpflicht eingeführt würde, während Erfrischungsgetränke pfandfrei bleiben würden. Das ist doch wohl absurd, was Ihre Frau Merkel damals durchgesetzt hat. Wollen Sie von der CDU, dass weiterhin gilt: Suff an der Ecke, und dann ab mit der Dose in die Büsche? Wo bleibt da das saubere Berlin, für das Sie sich immer einsetzen?

[Beifall bei der SPD, der PDS und den Grünen]

Es sind doch erst die neue Koalition im Bund und die Umweltminister im Bundesrat gewesen, die Schluss mit diesem Unsinn gemacht und eine Novellierung auf den Weg gebracht haben. Die SPD-Fraktion begrüßt diese neue Politik der Vernunft. Unter der Leitung unseres Umweltsenators Strieder wurde eine Novelle im Bundesrat erarbeitet, die sich sehen lassen kann. Durch eine einmalige Lobby-Kampagne und engstirnige Parteipolitik – anders ist es nicht zu nennen, was Sie gerade im Bundesrat tun – soll die Novellierung im Bundesrat gekippt werden. Das ist unerhört und dumm!

[Beifall bei der SPD, der PDS und den Grünen]

Die CDU, die das Dosenpfand eingesetzt und 10 Jahre lang in der Verpackungsverordnung vertreten hat, will es jetzt abschaffen, obwohl 77 % der Bevölkerung dafür sind. Nein, liebe Kollegen, Berlin darf diesen Irrsinn nicht mitmachen, sondern muss im Bundesrat der Novellierung zustimmen!

[Beifall bei der SPD, der PDS und den Grünen]

Das Vorhaben der CDU ist ökologisch und ökonomisch nicht vernünftig. Das ist eine Rückkehr der Politik, die so beweist, dass sie weder zukunftsfähig noch zuverlässig handeln kann.

[Beifall bei der SPD – Gram (CDU): Das musste einmal gesagt werden! – Anhaltende Unruhe]

Danke schön, Herr Kollege Rogall! Ich bitte die Kollegen, sich möglichst auf die Plätze zu setzen. Wenn es sich um dringende und unabweisbare Gespräche handelt, bitte ich, diese draußen weiterzuführen. Es herrscht hier ein unerträglicher Lärmpegel! – Nunmehr hat der Kollege Atzler von der CDU das Wort zu einer Kurzintervention. Bitte schön, Herr Atzler!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Rogall! Ich möchte noch auf einige Dinge auf Grund Ihres Beitrages hinweisen. Das Dosenpfand soll, wenn es eingeführt wird, zwei Ziele beinhalten. Zum einen soll die Einführung des Pflichtpfandes dafür Sorge tragen, dass die Flut von Dosen eingedämmt wird. Zum anderen soll die Einwegverpakkung zu Gunsten der Mehrwegverpackung zurückgedrängt werden. In diesem Ziel sind wir uns grundsätzlich einig. Man muss die Dinge jedoch so angehen, dass sie letztlich auch funktionieren. Ein Blick nach Schweden in diesem Zusammenhang zeigt, dass die dort vorgenommene Einführung nicht zu diesem Erfolg geführt hat. Man kann sich nicht einfach darüber hinwegsetzen und davon ausgehen, dass es bei uns schon irgendwie funktionieren wird, obwohl Prognosen von Wirtschaftswissenschaftlern auch etwas anderes dazu sagen.

Der Anteil der Mehrwegverpackungen hat sich in Schweden nicht weiter erhöht. Weiterhin ist durch die Einführung des Dosenpfandes, der dort eingeführt wurde, der rückläufige Trend nicht eingetreten. Das Ziel wird dadurch nicht erreicht. Dafür gibt es aber folgenschwere Nachteile. Das ist das Problem. Einer der Nachteile ist die Kostenbelastung für das Rücknahmesystem des Einzelhandels und der Wirtschaft. Gleichzeitig wird das bisherige duale System, das wir haben, hiermit eventuell sogar zu Fall gebracht, weil der Entsorgungsweg, der bislang allen Bürgen offenstand, nicht mehr in dem bisherigen Maß genutzt werden kann. [Beifall bei der CDU]

Hieran hängen 15 000 Arbeitsplätze. Das muss man sich vor Augen halten und sich damit befassen. Das lässt sich nicht einfach vom Tisch wischen!

[Beifall bei der CDU]

In diesem Sinne halten wir eine Diskussion darüber für notwendig. Wir sollten einen Weg suchen, der uns gemeinsam zu dem Ziel bringt, das wir haben. Der jetzt vorgesehene Weg ist

unseres Erachtens nach falsch. Deshalb haben wir einen Änderungsantrag eingebracht und bitten um dessen Zustimmung!

[Beifall bei der CDU – Over (PDS): Stürzen Sie doch Frau Merkel!]

Danke schön, Herr Kollege Atzler! Herr Kollege Rogall möchte erwidern und hat das Wort dazu!

Ich will Ihnen hier nicht unterstellen, dass Sie wie der Blinde von der Farbe reden, weil das nicht meine Art ist. interjection: [Vereinzelter Beifall bei der SPD – Beifall bei den Grünen]

Ich weiß nicht, ob Sie sich mit dem Thema überhaupt beschäftigt haben! Das scheint mir nicht der Fall zu sein, weil ich als reinen Abklatsch das höre, was von bestimmter Lobby-Seite vorgetragen wurde.

[Atzler (CDU): Auch das beweist immerhin Beschäftigung mit dem Thema!]

Schauen wir uns doch bitte ganz nüchtern die Fakten an. In Schweden ist ein sehr geringes Pflichtpfand eingeführt worden, das zunächst einmal nicht das bewirkt hat, was sie wollten. Sie sollten sich die neuesten Zahlen ansehen. Das tun Sie aber nicht, sondern lesen nur das ab, was Ihnen die Lobby gesagt hat; sie hören einfach 1997 mit der Bekanntgabe der Zahlen auf. Das würde ich auch tun, wenn es sich anders entwickelt hätte. – Würden Sie bitte einen Augenblick nicht mit den Nachbarn reden, sondern mir zuhören! Das mag Ihre Art von Parlamentarismus sein, meine ist es nicht. Ich habe Ihnen zugehört und versuche, auf Ihre Argumente einzugehen.

[Beifall der Frau Abg. Paus (Grüne)]

Weiter sind all diejenigen verlassen, die sich in der Vergangenheit auf Ihre Politik verlassen haben – das hätten sie vielleicht nicht tun dürfen –, die in Mehrwegsysteme investiert haben, denn Sie waren es, die die Verpackungsverordnung 1991 eingeführt haben. Frau Merkel hat es 1998, das ist noch nicht sehr lange her, novelliert. Die Pflandpflicht blieb in der Verordnung enthalten. Dies ist aus gutem Grund geschehen. Es hätte sonst überhaupt keinen Sanktionsmechanismus gegeben. Diesen Sanktionsmechanismus wollen wir jetzt ökonomisch und ökologisch sinnvoll einführen und nicht das tun, was Sie 1998 getan haben, indem für die Bierdose und für die Cola-Dose unterschiedliche Regelungen einführten. Das ist doch unsinn. Das müssen Sie einräumen. Welchem Verbraucher wollen Sie das erklären, das Sie 1998 für ein Pfand auf Bierdosen und gegen ein Pfand auf Coladosen gewesen sind. Das ergibt keinen Sinn. Es geht darum, heute eine Novellierung zu beschließen, die das Ganze vernünftig gestaltet. In den Brauereien, die auf Mehrweg gesetzt haben, sind zehntausende Arbeitsplätze davon abhängig. Wollen Sie die durch das weitere Fortschreiten der Einwegverpackung zerstören? Ich hoffe, das wollen Sie nicht. – Ich bin jetzt auf Ihre Argumente eingegangen und erwarte, dass Sie sich damit noch einmal auseinandersetzen.

[Beifall bei der SPD, der PDS und den Grünen]

Danke schön, Herr Kollege Rogall! Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Ich bitte die Kollegen, die mit abstimmen wollen, Platz zu nehmen. Zuerst lasse ich über den CDU-Änderungsantrag Drucksache 14/1272-1 abstimmen. Wer diesem Änderungsantrag der CDU seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen! – Danke! Die Gegenprobe! – Das ist die Mehrheit. – Enthaltungen? – Keine Enthaltung. Dann ist dieser Antrag abgelehnt.

Wer nun dem Antrag der Fraktion der Grünen, Drucksache 14/1272, zuzustimmen wünscht, den bitte ich um das Handzeichen! – Danke! Gegenprobe! – Enthaltungen? – Das Erste war die Mehrheit. Dann ist dieser Antrag angenommen.

Die lfd. Nr. 24 ist durch die Konsensliste erledigt.

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(B) (D)

Vizepräsident Momper

Ich rufe auf die

lfd. Nr. 24 A, Drucksache 14/1306:

Antrag der Fraktion der CDU auf Annahme einer Entschließung über Vertrauen für die Bankgesellschaft schaffen – Arbeitsplätze sichern

Wird der Dringlichkeit widersprochen? – Das ist nicht der Fall.

Wird die Beratung gewünscht? Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Es ist die Überweisung an den Hauptausschuss vorgeschlagen. Wer dem seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen! – Gegenprobe! – Enthaltungen? – Dann ist die Überweisung an den Hauptausschuss einstimmig beschlossen.

Bin ich richtig informiert, dass die CDU die E i n b e r u f u n g d e s Ä l t e s t e n r a t e s nicht mehr wünscht?

[Frau Greiner (CDU): Richtig!]

Dann sind wir am Ende unserer heutigen Tagesordnung. Die nächste Sitzung des Abgeordnetenhauses findet bereits in zwei Tagen am Sonnabend, dem 16. Juni 2001, 14.00 Uhr statt. Die Einladung mit der Tagesordnung haben Sie bereits erhalten. Die Sitzung ist geschlossen. Ich danke Ihnen für Ihre freundliche Disziplin!

[Schluss der Sitzung: 17.19 Uhr]

(A) (C)

(B) (D)

A n l a g e 1 Konsensliste