Protokoll der Sitzung vom 28.06.2001

[Beifall bei der SPD]

Hat der Herr Kollege Nolte eine Nachfrage? – Bitte!

Herr Senator! Es gibt Mieter, die befürchten, dass das Geld, das ihnen bei der Fehlbelegungsabgabe erlassen wird, bei der Miete wieder draufgeschlagen wird. Sind diese Befürchtungen berechtigt?

Herr Senator Strieder!

Herr Präsident! Herr Abgeordneter! Meine Damen und Herren! Diese Befürchtung ist nicht richtig. Der Senat hat beschlossen, dass in diesen Gebieten, in denen keine Fehlbelegungsabgabe erhoben wird, auch Mietsteigerungen nicht stattfinden. Das Problem ist, dass Mieterinnen und Mieter häufig den Unterschied zwischen der Miete und den Nebenkosten nicht richtig sehen. Wir wollen, dass die Mieterinnen und Mieter, die bisher Fehlbelegungsabgabe gezahlt haben, dauerhaft entlastet werden, damit sie einen Anreiz haben, in diesen Gebieten wohnen zu bleiben, damit wir so der sozialen Entmischung der Stadt entgegenwirken.

[Beifall bei der SPD]

Danke, Herr Senator!

Jetzt hat der Kollege Cramer das Wort!

Ich habe ebenfalls eine Frage an Senator Strieder. Treffen Presseberichte zu, nach denen Anwohner gegen einen der letzten Wachttürme – Kieler Eck – an der Kieler Straße, vorgehen, weil sie die Auffassung vertreten, ihr Wohnungswert sei dadurch gemindert, und dass sie abermals verlangen, dass dieser Wachtturm abgerissen wird?

Herr Senator Strieder, können Sie darauf antworten?

Darüber kann ich Ihnen keine Auskunft geben, Herr Abgeordneter. Ich war damit bislang nicht befasst. Ich kann Ihnen das gern schriftlich nachreichen.

Herr Cramer! Eine Nachfrage? – Bitte!

Um diese schriftliche Benachrichtung bitte ich, vor allem deshalb, weil dieser Wachtturm unter Denkmalschutz steht.

Danke, Herr Cramer! Das bedarf keiner Beantwortung. Dann rufe ich auf den Kollegen Over, der sich zu einer Frage gemeldet hat.

Auch ich möchte dem Stadtentwicklungssenator eine Frage stellen. Mit dem Verzicht auf die U 5, oder deren Weiterbau, ergibt sich auch eine neue Lage für andere Projekte in diesem Gebiet. Uns allen ist bekannt, dass es weiterhin die Absicht gibt, unter dem Bebelplatz eine Tiefgarage zu errichten. Die PDS hat immer deutlich gemacht, dass dies absolut inakzeptabel ist. Gibt es im Hause Strieder, wo schon länger überlegt wird, auf die U 5 zu verzichten, Pläne, diese nicht nur stadtunverträgliche, sondern auch wegen des Denkmals völlig inakzeptable Tiefgarage eventuell, falls das Baurecht sich bestätigen sollte, unter den Mittelstreifen in den bisherigen Korridor der U 5 zu verschieben?

Herr Senator Strieder!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Over! Ich befürchte, dass uns die Debatte auf diese Art und Weise geführt nicht weiterbringt. interjection: [Beifall der Abgn. Dr. Arndt (SPD) und Radebold (SPD)] Man muss dann schon in diesem Zusammenhang der Wahrheit die Ehre geben. Anfang der 90er Jahre, als Micha Ullman sein wunderbares Denkmal für die Bücherverbrennung geplant hat, hat er einen Architekten beauftragt. Dieser Architekt war beteiligt an der Zeichnung einer Tiefgarage unter dem Bebelplatz. Die Zeichnungen von Anfang der 90er Jahre zeigen das Denkmal für die Bücherverbrennung in einer Tiefgarage unter dem Bebelplatz. Ich habe großes Verständnis dafür, dass Micha Ullman sagt, es sei auch ein authentischer Ort, der nicht insgesamt aufgenommen werden und unter den man keine Tiefgarage bauen soll. Die Frage ist nur, ob dann der Standort der Tiefgarage Anfang der 90er Jahre richtig gewählt worden ist. Wir müssen einfach sehen, dass nach all den Vorläufen, nach allem, was auch der Künstler selbst wusste, nie dagegen protestiert worden ist. Nun ist ein Vertrag abgeschlossen worden mit einem Unternehmen für 73 Jahre. Es würde zur Folge haben, dass das Land, wenn es diese Tiefgarage nicht realisieren will, vertragsbrüchig wird und entsprechend Schadensersatz leisten muss. Dass das akzeptabel ist, habe ich Zweifel. Ich habe gestern mit Micha Ullman geredet und habe ihm einen Vorschlag gemacht, von dem ich glaube, dass man ihn realisieren kann, nämlich dieses Denkmal mit einem gewissen Umfeld, auch vom Erdreich her völlig unberührt zu lassen, um an dieser Stelle sozusagen authentische Erde, authentischen Schutt, authentische Nachkriegszeit zu haben, eine authentische Pflasterung, die historisch so bleibt wie sie ist, und unter den Rest des Platzes diese Tiefgarage zu bauen. Ullman will sich beraten und überlegen, ob das für ihn ein Weg sein kann. Wenn es soweit ist, würde ich versuchen, mit dem Unternehmen in dieser Frage klarzukommen. Alle anderen Anstrengungen und Überlegungen, Herr Over, die wir in unserem Hause angestellt haben: die Tiefgarage unter die Straße Unter die Linden zu schieben, die Tiefgarage unter ein Kastanienwäldchen zu schieben, die Tiefgarage unter den Prinzessinnengarten zu schieben – all das bringt nichts. interjection: [Frau Matuschek (PDS): Gar nicht bauen!] – Frau Matuschek, es ist ganz einfach, wenn Sie sagen, ganz darauf verzichten, dann müssen Sie einen mehrstelligen Millionenbetrag aufbringen an entgangenem Gewinn. interjection: [Zuruf der Frau Abg. Matuschek (PDS)] Und ich will Ihnen in aller Deutlichkeit sagen: Kein Baustadtrat der PDS, auch nicht Herr Flierl, hat jemals gesagt, dass die Tiefgarage dort nicht gebaut werden kann, weil dort das Mahnmal ist, keiner. interjection: [Zuruf der Frau Abg. Matuschek (PDS)]

(A) (C)

(B) (D)

Sen Strieder

Das ist eine völlig neue Debatte. Jetzt so zu tun, als hätten zehn Jahre lang alle Leute vor dieser Tiefgarage wegen des Mahnmals gewarnt, heißt Geschichte wieder verfälschen.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD – Niedergesäß (CDU): Warum klatscht denn vom neuen Koalitionspartner niemand? – Zuruf des Abg. Cramer (Grüne)]

Eine Nachfrage des Kollegen Over!

Herr Strieder! Dass Sie bei der Tiefgarage uneinsichtig sind, hatte ich befürchtet. Aber habe ich Sie eben in Ihren Ausführungen richtig verstanden, dass Sie den Ort des Denkmals in Frage stellen? Schließlich hat das seinen historischen Grund, dass es an dieser Stelle errichtet wurde.

Herr Senator Strieder, bitte!

Herr Over! Sie haben mich nicht richtig verstanden. Ich habe das glatte Gegenteil gesagt. Ich habe gesagt: Ich suche nach einer Lösung, die dieses Mahnmal an dem Ort unter dem Bebelplatz unberührt und untangiert von der Konstruktion einer Tiefgarage an diesem Ort lässt. Das ist der Versuch, den wir gegenwärtig unternehmen. Das sind Gespräche, die relativ schwierig sind, das gebe ich zu. Ich kann auch die Gefühlslage und Sichtweise von Micha Ullman gut verstehen. Ich sage Ihnen aber nur: Alle hier waren an dieser Planung der Tiefgarage beteiligt.

[Cramer (Grüne): Wir waren daran nicht beteiligt!]

Und wenn es dann acht Jahre später keiner mehr gewesen sein will, kann ich nur sagen: Damit kann man so nicht durchkommen.

Herr Kollege Schlede! Sie haben sich zu einer spontanen Frage gemeldet und haben mithin das Wort!

Herr Senator Böger! Nun weiß ich nicht, welche Art von Fragen Sie spontan beantworten: von Ihnen als spontan deklarierte, die Sie dann nicht beantworten können, oder die nicht spontanen. Ich habe zwei, aber muss eine erst einmal loswerden, eine mit Sicherheit spontane.

Eine Frage ist nur zulässig, Herr Kollege Schlede, und in leicht abgewandelter Form, das, was Sie in der Fragestunde sowieso fragen wollten. Herr Kollege Over hat das ja auch gemacht.

[Over (PDS): Nein, lesen Sie mal nach!]

Nein, nein. – Ich stelle eine nun wirklich aus Ihren Gedanken, Herr Böger, sich ergebende spontane Nachfrage. Sie haben vorhin erwähnt, dass Sie die verlässliche Halbtagsschule damit ausweiten wollen, indem Sie diese personell bestücken aus dem 500er-Programm. Meinen Sie mit dem 500er-Programm die 500 dauerkranken Lehrer, die Sie bezahlen? Wenn Sie das meinen, muss ich allerdings sagen, dass das eine Mogelpackung ist; denn Sie bekommen 500 Lehrer finanziert, weil sie dauerkrank sind, wie kann ich dann plötzlich aus diesen 500 Stellen für kranke Lehrern eine verlässliche Halbtagsschule finanzieren, frage ich mich, und was Sie sonst davon noch finanzieren könnten.

Herr Senator Böger!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Schlede! Vielen Dank für diese spontane Frage. Ich kann Ihnen auch ebenso spontan antworten. Ich halte das nicht für

eine Mogelpackung. Aber ich habe Ihnen hier ganz klar Auskunft gegeben, und anders als es in einer Zeitung stand, in der ein Abgeordneter gesagt hat, soundsoviel Stellen mehr gibt es, ich habe das nie gesagt, weil natürlich auch dieser Senat darauf achten muss, dass er mit dem Personalbudget hinkommt.

Ich werde versuchen, diese Möglichkeit der Ausweitung der verlässlichen Halbtagsschule aus Erzieherüberhängen zu finanzieren. Das ist der Punkt, es sind nicht durchgängig Lehrerstellen, wie Sie wissen. Und ich werde versuchen, durch ein flexibles Management bei den 500 Dauerkranken, die schwierig genug sind, das wissen Sie ja sehr genau, eben schneller zum Fortgang der Verfahren zu kommen, wo es möglich ist. Insofern halte ich das nicht für eine Mogelpackung, sondern ich bin froh, dass ich diese Möglichkeiten habe, etwas flexibler zu reagieren und dass wir den weiteren Ausbau der familienfreundlichen Schule oder der verlässlichen Halbtagsschule vorantreiben können.

Eine Nachfrage des Abgeordneten Schlede – bitte, Herr Kollege!

Herr Senator Böger! Für wie verlässlich halten Sie eine Halbtagsschule, wenn Sie sie mit dauerkranken Lehrern bestücken wollen?

[Rabbach (CDU): Sie ist krank, die Schule! – Zuruf des Abg. Doering (PDS)]

Herr Senator Böger!

Mit dauerkranken Lehrern können sie keine Schule bestücken, sondern allenfalls Krankenhäuser und Sanatorien. Das wissen Sie doch, Herr Abgeordneter Schlede. Ich halte das Konzept des Ausbaus der verlässlichen Halbtagsschule für sehr verlässlich, und es findet auch breite Zustimmung. Ich hätte mich insbesondere gefreut, Herr Kollege Schlede, wenn Sie in Ihrer Zeit als verantwortlicher Parlamentarier einer Regierungsfraktion noch mehr Druck hätten ausüben können auf den vorigen Innensenator und den vorigen Finanzsenator, denn diese haben noch nicht einmal die 500 Stellen finanziert.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD – Frau Richter-Kotowski (CDU): Das hatten wir heute schon zwei Mal! Sie können es ja jetzt ändern! – Rabbach (CDU): Immer sind es die anderen!]

Danke Herr Senator. – Das Wort hat nunmehr der Kollege Niedergesäß zu einer spontanen Frage – bitte, Herr Kollege!

Ich wollte Herrn Senator Strieder fragen: Ihre Staatssekretärin, Frau Krautzberger, hat heute früh im Radio schon laut gejammert, dass Sie in Ihrem Sparprogramm keine Straßen mehr streichen können, weil keine im Plan sind.

[Gelächter bei der PDS und den Grünen]

Nun haben aber die PDS-Leute gefordert, dass die Weiterführung der tangentialen Verbindung Ost in Köpenick abgewürgt wird. Besteht die Gefahr, dass das genauso eine Investitionsruine wird wie die U 5?

[Gelächter bei der PDS und den Grünen – Cramer (Grüne): Das haben doch Sie gefordert! – Doering (PDS): Es werden keine Brücken mehr gebaut!]

Herr Senator Strieder!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter! Ich denke, vorhin darauf schon geantwortet zu haben, dass eine Stadt, die Wirt

(A) (C)