Antrag der Fraktion der CDU über Einstellung oder Übernahme von Nachwuchskräften in den öffentlichen Dienst
Vor Eintritt in die Beratung ein Hinweis zum zuletzt genannten Antrag der CDU: In der gedruckten Fassung des Antrags ist der Ursprungsantrag verkürzt und grammatikalisch falsch wiedergegeben. Dies ist nicht die Schuld der antragstellenden Fraktion, sondern ein Fehler der Verwaltungsdruckerei. Der Antrag konnte leider nicht nachgedruckt werden, da die Verwaltungsdruckerei, die bis zum Ende des Jahres aufgelöst sein wird, seit dem 23. Oktober keine Druckaufträge mehr entgegennimmt.
5 Minuten pro Fraktion zur Verfügung. Von der CDU liegt eine Wortmeldung vor. - Bitte, Herr Wegner, Sie haben das Wort!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Das Vorgehen des rot-roten Senats in der Frage der Übernahme beziehungsweise der Weiterbeschäftigung von Auszubildenden im öffentlichen Dienst ist höchst unverantwortlich.
Sie, Herr Senator Körting, nehmen zahlreichen jungen Menschen in unserer Stadt gerade auch vor dem Hintergrund der aktuellen Arbeitsmarktlage jegliche Perspektive. Bei den jungen Menschen handelt es sich um hochqualifizierte Fachkräfte. Sie, Herr Senator Körting, treiben diese jungen Menschen aus unserer Stadt. Durch diese Politik verlieren gerade junge Menschen das Vertrauen in die Politik und den Staat. Deshalb wollen wir mit diesen Anträgen erneut erreichen, dass Sie zu einer verantwortlichen Politik zurückkehren und Ihrer Fürsorgepflicht auch gegenüber jungen Kolleginnen und Kollegen gerecht werden.
Gerade am Beispiel junger Polizeianwärter wird das groteske Vorgehen des rot-roten Senats deutlich. Die Ausbildung dieser jungen Menschen kostet pro Kopf ca. 100 000 Euro. Wenn Sie keine Auszubildenden mehr übernehmen wollen, setzen Sie rund 210 Millionen Euro Steuergelder in den Sand. Hierin sind noch nicht die Kosten inbegriffen, die das Land Berlin den ausgebildeten Polizisten dann für Sozialhilfe bezahlen muss, und auch die Folgekosten für die steigende Kriminalität sind noch nicht inbegriffen.
Sehr geehrter Herr Körting, überdenken Sie Ihre Politik! Die in Berlin ausgebildeten Polizisten werden in Berlin gebraucht. Die Berliner Polizei ist bereits jetzt gnadenlos überlastet, was auch an zahlreichen Überstunden erkennbar ist. Immer mehr Aufgaben kommen auf die Beamtinnen und Beamten zu. Darüber hinaus gehen bis zum Jahr 2006 rund 2 700 Polizeivollzugsbeamte in den Ruhestand. Die aktuelle Kriminalitätsstatistik spricht auch Bände. Ich fordere Sie auf umzudenken.
In einem Schreiben von 8. Juli 2002 wandte sich der Innensenator an den Bund und die anderen Länder, um mitzuteilen, dass Berlin in größerem Umfang ausgebildete Polizisten nicht übernehmen werde, und erklärte sich gleichzeitig damit einverstanden, dass dieser Personenkreis
in andere Länder oder in den Dienst des Bundes wechseln könne. Nachdem das Land Hamburg am 9. Juli Interesse bekundete, erklärte Senator Körting am 10. Juli, dass alles ein Missverständnis gewesen sei. In der Folge bezeichnete Herr Körting das Verhalten des Hamburger Senats als unanständig. Herr Körting, was ist daran unanständig, wenn ein Bundesland die dortige Kriminalität bekämpft, die Zahl der Polizisten steigert und dazu noch jungen Menschen in einer dramatischen Lage eine Perspektive aufzeigt?
Nein, Herr Körting, es ist unanständig, wenn man das nicht tut, wenn man junge Menschen in die Perspektivlosigkeit schickt, wenn man sie in die Sozialhilfe schickt. Zudem ist es unanständig, wenn Berlin auf Grund Ihrer Politik Hamburg in der Kriminalitätsentwicklung bereits überholt hat. Es ist auch unanständig, dass Sie die für den 4. November geplante Vereidigungsfeier für Beamtinnen und Beamte bereits jetzt abgesagt haben.
Auch wenn Ihnen von der rot-roten Mehrheit in diesem Haus verständlicherweise dieses Thema unangenehm ist, werden Sie es in der nächsten Zeit nicht wegreden können. Die CDU hat dieses Thema bereits mehrfach auf die Tagesordnung der Plenarsitzungen und der Ausschüsse gebracht. Wir werden auch in Zukunft die berechtigten Interessen der jungen Menschen vertreten.
Herr Senator, ich fordere Sie noch einmal auf umzudenken. Wir haben vorhin zahlreiche junge Menschen in diesem Haus gesehen - die Blicke, die Angst in den Augen, die Perspektivlosigkeit. Versuchen Sie das verlorene Vertrauen junger Menschen zurückzugewinnen! Geben Sie diesen jungen Menschen eine Perspektive.
Setzen Sie mit Ihrer Politik nicht die Sicherheit der Berlinerinnen und Berliner aufs Spiel. Um der dramatischen Kriminalitätsentwicklung entgegenzutreten, brauchen wir motivierte Beamtinnen und Beamte und natürlich auch junge Kolleginnen und Kollegen.
Vielen Dank, Herr Kollege Wegner. - Für die SPD ergreift das Wort Frau Flesch. - Bitte schön, Sie haben das Wort!
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich hätte mir ja denken können, dass die CDU nicht numerisch vorgeht oder nach der Tagesordnung, sondern gleich den hinteren Antrag nach vorne und in den ausschließlichen Fokus des Interesses rückt. Ich möchte mich trotzdem der Tagesordnung eher annähern.
Wir hatten heute in der Aktuellen Stunde wieder einmal Gelegenheit, ausführlich über die Ausgabensituation und insbesondere über die Personalkosten zu reden. Und denen, die es augenscheinlich immer noch nicht verstanden haben oder mindestens nicht verinnerlicht haben, sei wieder einmal in Erinnerung gerufen: Berlin hat ein Primärdefizit von 2,3 Milliarden Euro. Berlin hat, mit steigender Tendenz, Schulden von 46 Milliarden Euro. Und Berlin gibt für sein Personal annähernd so viel Geld aus, wie es an eigenen Steuern einnimmt. Berlin muss seine Personalkosten senken, daran geht kein Weg vorbei. Und wir haben heute sehr ausführlich über die Solidarpaktverhandlungen gesprochen, über ihr Scheitern und die Folgen dieses Scheiterns. Wir stehen jetzt vor der Notwendigkeit, die über den Solidarpakt erhofften Summen anderweitig einzusparen, die pauschalen Minderausgaben aufzulösen. Deshalb gibt es eine Stellenbesetzungssperre, deshalb sind die veranschlagten Personalmittel Makulatur, und deshalb werden sich die Zuweisungen der Personalmittel ändern müssen. Und wer in dieser Situation die Idee hat, diese bittere Notwendigkeit hätte keinen Einfluss auf Personalbudgets und Einstellungen in den Bezirken und bei der Polizei, der lebt anscheinend nicht mehr in der Einheitsgemeinde Berlin.
Das Land Berlin insgesamt, nicht der Senat und schon gar nicht nur der Finanzsenator, hat das Problem mit dem Primärdefizit. Und das Land Berlin insgesamt, nicht der Senat allein und nicht allein der Finanzsenator, hat das Problem mit 46 Milliarden Euro Schulden. Das Problem geht uns alle an, und es geht nicht, dass sich einige aus der Verantwortung stehlen. Dieses muss von allen in der Verantwortung stehenden Politikern mit getragen werden. In einer solchen Situation einen Antrag zu stellen, der es jedem Bezirk und der Polizei überlässt, neu einzustellen, jahrelange Verpflichtungen einzugehen - 40 Jahre etwa, 50 Jahre etwa -, der handelt geradezu verantwortungslos. Und das, meine sehr geehrten Damen und Herren von der CDU, ist die Haltung, durch die sich viele Ihrer Anträge in und um die
Es ist schade, und da spreche ich jetzt einfach mal den Kollegen Zimmer an, weil ich denke, das ist auf seinem Mist gewachsen, schade, dass Sie in solchem populistischen und verantwortungslosen Zusammenhang
die immerhin überlegenswerten Vorschläge zu Punkt 4 Ihres Antrags stellen, über die wir uns vielleicht unterhalten sollten. Der Rest ist wirklich Makulatur.
Und zu dem zweiten Antrag, zu dem sich der Herr Kollege Wegner schon äußerst ausführlich und ausschließlich geäußert hat: Es gibt entgegen Ihrer Begründung keine Übernahmegarantie für Anwärterinnen und Anwärter im Lande Berlin. Das ist im Juli 1999, übrigens mit den Stimmen der CDU-Fraktion, per Gesetz, dem 1. Gesetz zur Änderung dienst- und haushaltsrechtlicher Vorschriften, abgeschafft worden. Aber das Sein bestimmt halt das Bewusstsein, und Verdrängungsmechanismen sind gerade bei den Herren, die bei Ihnen ja in großen Mengen vorhanden sind, immer sehr gut. - Es gab eine Praxis, die
durch Bedarf gedeckt und gerechtfertigt war. Aber das Scheitern der Solidarpaktverhandlungen hat auch hier seine Folgen.
Der Senator für Inneres hat sich in seinem Verhalten, was die Übergabe, Übernahme Berliner Nachwuchspolizisten an Hamburg anbelangt, konform mit den Beschlüssen der Innenministerkonferenz verhalten, und insoweit war das Verhalten von Herrn Schill, der ja eh auf Bundesebene sehr ungeschickt agiert und seine Grenzen noch nicht erkannt hat, wirklich unanständig. Die pauschalen Abwerbungen und Abwanderungen von bestens ausgebildeten Nachwuchskräften aus einem Bundesland in das andere hat die Innenministerkonferenz ausgeschlossen und ist im Einzelfall zu entscheiden. Und das ist ja auch geschehen. Dieses Geschrei, das Sie hier machen, zeigt, dass Sie entweder nicht mehr Zeitung lesen oder nicht mehr willens sind, außerhalb Ihrer eigenen Ideologien noch etwas zu sehen. Es hat bei einigen Anwärtern zu einem Wechsel des Dienstherren geführt. Das Vorgehen des Innensenators ist hier in keinster
Danke schön, Frau Kollegin Flesch! - Für die FDP erhält das Wort der Kollege Ritzmann. - Bitte schön!
Vielen Dank, Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Zuerst zu den Nachwuchskräften im öffentlichen Dienst. Wir brauchen im Land Berlin einen Einstellungskorridor. Das ist, glaube ich, weitgehend unstrittig. Auf der anderen Seite müssen wir aber die Personalkosten drastisch reduzieren. Das sind aus Sicht der FDP zwei Seiten einer Medaille. Wir brauchen junge, motivierte, gut ausgebildete Kräfte für die Verwaltungsreform und für die Umsetzung der neuen Steuerungsmodelle. Wenn der Senat so vorgeht wie angekündigt und bis zum Jahr 2007 keine neuen Kräfte, junge Menschen, mehr einstellt in die öffentliche Verwaltung, werden im Jahr 2007 nur noch 1 % der insgesamt Beschäftigten unter 30 Jahre alt sein. Die Absurdität dieser Perspektive, glaube ich, erschließt sich an diesem Zahlenspiel recht genau. Der Einstellungskorridor muss also her, und er muss verbunden werden mit dem von uns heute schon mehrfach angemahnten notwendigen drastischen Personalabbau in Verbindung mit der Staatsaufgabenkritik. Das Ziel ist es, einen kleineren, aber besser ausgestatteten und eventuell sogar besser bezahlten öffentlichen Dienst zu haben, beschränkt auf die staatlichen Kernaufgaben.
Was nun die in Ausbildung befindlichen Polizisten angeht: Jährlich scheiden ungefähr 600 Polizisten altersbedingt aus. Um den Stand zu halten, müsste man jährlich eben ungefähr 600 wieder einstellen. Wir lehnen eine Reduzierung im Bereich der Vollzugsbeamten ohne Reduzierung von Aufgaben und Zuständigkeiten ab. Das wäre unverantwortlich in der gegenwärtigen Situation, hier Personal zu kürzen, ohne an die Strukturen heranzugehen.
Also, was brauchen wir? - Wir brauchen verlässliche Zusagen für die Auszubildenden. Diese als Verhandlungsmasse und Geiseln zu nutzen, ist unredlich. Die Ausbildung bei der Berliner Polizei wird im Bundesvergleich als hervorragend angesehen. Unsere Auszubildenden werden umworben, werden abgeworben. Man
darf sich, glaube ich, auch nicht wundern, wenn man Menschen vor den Kopf stößt, dass sie sich umdrehen und gehen. Sich darüber zu beklagen, wundert mich etwas. Dass Herr Schill diese Chance nutzt, ist vielleicht nachvollziehbar. Dass er gegen diese Vereinbarung in der Innenministerkonferenz verstößt, das ist auch unredlich, und das wird ihm auch von unserer Seite vorgehalten. Also, Herr Körting, schaffen Sie es, verlässliche Zusagen für die Übernahme der auszubildenden Vollzugsbeamten sicherzustellen, kommen Sie Ihrer Verantwortung nach, dann sind wir hier einen guten Schritt weiter!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Wegner, das Problem bei Ihrer Rede und im Antrag ist, dass Sie den jungen Menschen, die hier heute in Größenordnungen in diesem Haus waren und sich berechtigt Sorgen machen, damit nichts nützen. Denn Sie machen keinen einzigen Vorschlag, wie diese Einstellungen tatsächlich zu bewältigen sein werden. Diese jungen Menschen machen sich zu Recht Sorgen um ihre Zukunft, und es ist keine angenehme Situation, ihnen sagen zu müssen, dass diese Zukunft nicht bedingungslos zugesagt werden kann. Es tröstet sie auch individuell nicht der Verweis auf den Solidarpakt, der von Seiten des Senats einen zusätzlichen Einstellungskorridor für 7 000 junge Menschen vorsieht, davon 1 900 für den Polizeidienst.
Bereits in diesem Jahr gab es krisenhafte Situationen, als es beispielsweise darum ging, 23 Absolventen des nichttechnischen Verwaltungsdienstes und 4 Polizeianwärter unterzubringen. Das ist nach erheblichen Anstrengungen, insbesondere auch persönlich durch den Innensenator,