Selbstverständlich ist ein Prozess des Zusammenführens von zwei Rundfunkanstalten, die ihre eigene Tradition haben, die unterschiedliche Besetzungen von Rundfunkrat und Gremien haben, die unterschiedliche Gesetzensvorgaben hatten, ein Prozess des Kompromisses.
Wer das Ziel erreichen will, muss Kompromisse machen. Wir haben einen Kompromiss zwischen den Interessen des Landes Brandenburg und den Interessen des Landes Berlin und der beiden Rundfunkanstalten gefunden. Dieser Kompromiss lässt sich vertreten und ist in Ordnung.
Ich kann Ihnen sagen, wenn ich allein den Staatsvertrag hätte vorlegen können, wäre er anders ausgefallen. So wäre beispielsweise bei der Frage der Wahl des Intendanten/der Intendantin eine andere Mehrheit herausgekommen. Da hätte ich mich mit Ihnen auch gar nicht über die Frage gestritten, ob das Berliner Personalvertretungsgesetz gilt und Anwendung findet oder nicht. Das wäre dann überhaupt keine Frage gewesen.
Aber wir haben eine Situation, in der unterschiedliche Regelungen, die bereits Bestand haben, umgesetzt werden müssen. Sie werden mir doch nicht im Ernst erzählen, dass mit der Regelung, die zurzeit mit der Anwendung des Bundespersonalvertretungsrechts beim ORB besteht, weniger Demokratie vorhanden ist. Das ist doch nicht der Fall. Das ist doch einfach eine in den Raum gestellte Behauptung.
Sie sind doch, wenn ich mich recht erinnere, in der Bundesregierung. Dann bin ich auf Ihren Vorschlag gespannt, die Änderung des Bundespersonalvertretungsgesetzes zu beantragen, damit wir gleiches Recht in der Republik haben. Darauf warte ich dann.
Dann können Sie sich genauso echauffieren, Frau Ströver, wie Sie das eben getan haben, und dann den Erfolg der Veränderung des Bundesvertretungrechts hier verkünden. - Herzlichen Glückwunsch!
Natürlich ist es immer interessant, welche unterschiedlichen Interessenvertretungen und gesellschaftlich relevanten Gruppen auch im Rundfunkrat sitzen und dort vertreten sind.Wir mussten akzeptieren, dass es in Brandenburg eine Tradition gibt, dass dort die Sorben vertreten sind. Dieses Problem haben wir in Berlin nicht.
Und ob das richtig oder falsch ist, ist doch jetzt nicht die entscheidende Frage bei der Zusammenführung von SFB und ORB. Das hat die Tradition in Brandenburg, und sie haben es sich dort gut überlegt.
Eines müssen wir uns als Berlinerinnen und Berliner merken, Frau Ströver: Wenn es zu der Fusion der beiden Länder Berlin und Brandenburg kommen soll, dann müssen wir auch auf Eigenheiten eines benachbarten Bundeslandes Rücksicht nehmen, ob es uns passt oder nicht.
Insofern sind Regelungen geschaffen worden, die einen guten Start ermöglichen, die den Menschen, die das in verantwortungsvoller Weise umsetzen müssen, einen breiten Gestaltungsspielraum überlassen. Der Staat hat sich hier auf das konzentriert, was notwendig ist, nämlich den Rahmen zu schaffen.
Es kommt wesentlich darauf an, dass es nicht solch ein Schauspiel bei der Besetzung des Intendantenpostens geben wird, wie beim ZDF oder auch bei anderen Besetzungen. Wir wollen auch für die Intendanz - und das ist eine Einigkeit mit dem Land Brandenburg - eine Auswahl der Besten haben. Wir brauchen eine Personalbesetzung, die jenseits von allen Interessensphären ist und sich nach Qualität entscheidet. Das wird die Bewährungsprobe für
Ich freue mich, dass heute, nachdem Brandenburg zugestimmt hat, dieser Staatsvertrag auch eine Mehrheit finden wird, und nicht nur durch die Koalitionsfraktionen, sondern dass auch Teile der Opposition angekündigt haben, dort mitzustimmen, denn es ist ein wegweisender Prozess für die Zukunftsfähigkeit der Region. Ich glaube, dies ist auch allseits akzeptiert. Dass da einige Interessen nicht berücksichtigt werden konnten, dass einige Interessenvertreterinnen und -vertreter meinen, ihr Interesse über das Interesse der Gesamtheit stellen zu müssen, das mag noch aus ihrer Sicht, nicht jedoch aus Sicht der Parlamente hingenommen werden.
Ich glaube, dass wir mit diesem zukunftsweisenden Projekt, der Fusion von SFB und ORB, auch wohl wissend um alle Schwierigkeiten des Fusionsprozesses, eine Richtungsentscheidung getroffen haben, die symptomatisch ist für die gute Zusammenarbeit der beiden Bundesländer Berlin und Brandenburg, auch für die Zukunftsfrage von weiteren Fusionen, die aber vor allem den Medienstandort der Region stärkt und die neue Rundfunkanstalt als gleichberechtigten Partner in einer harten Konkurrenz zukunftsfähig aufbaut. - Ich bitte um Ihre Zustimmung zu diesem Staatsvertrag.
Vielen Dank, Herr Regierender Bürgermeister! - Nach der Stellungnahme des Senats fahren wir fort in der Reihe der Wortmeldungen. Es folgt die SPD mit Herrn Zimmermann. - Bitte schön, Sie haben das Wort!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Jetzt hat mir der Regierende Bürgermeister im Grunde alles vorweggenommen,
aber ich bin sehr froh, dass er hier eingegriffen hat und die Bedeutung dieses Themas noch einmal unterstrichen hat, dass wir hier nämlich mit der Fusion der beiden Rundfunkanstalten eine historische Entscheidung treffen.
Das Wort „historisch" ist schon oft in den Mund genommen worden, aber heute anlässlich der Ratifikation des Staatsvertrages von ORB und SFB ist es einmal angebracht, denn der Sender
Freies Berlin wird in einer gemeinsamen Rundfunkanstalt, in einer größeren Rundfunkanstalt aufgehen.
Wir werden uns vom alten SFB verabschieden, nicht ohne Wehmut. Er hat uns durch die aufreibende Geschichte Berlins begleitet, hat Entwicklungen der geteilten und der vereinten Stadt kritisch und konstruktiv mitgeprägt, hat den Menschen ein Stück Orientierung gegeben, und er war und ist ein herausragendes Aushängeschild der Stadt. Wenn wir heute den Weg ebnen für eine neue, größere Anstalt, dann steht an erster Stelle unser Dank und unsere Anerkennung für die Leistungen des Senders Freies Berlin.
Historisch ist aber nicht nur das Ende einer Ära. Dies ist der Beginn einer langen Freundschaft zwischen zwei Repräsentanten von Ost und - seien wir ehrlich - überwiegend West, eine kleine innerdeutsche Vereinigung, die wir heute beschließen werden. Dabei ist es nicht mehr von Belang, ob sie schon früher hätte kommen müssen. Es macht auch keinen Sinn mehr, über manche Eifersüchteleien der Vergangenheit nachträglich zu rechten. Die Tatsache, dass wir den Vertrag vermutlich mit einer sehr breiten Mehrheit dieses Hauses verabschieden, hält mich davon ab, alte Kontroversen noch einmal in Erinnerung zu rufen. Es macht keinen Sinn mehr. Vielmehr muss festgehalten werden - und der Regierende Bürgermeister hat darauf hingewiesen - , dass wir nach der Grundsatzentscheidung im Sommer letzten Jahres in sehr kurzer Zeit ein großes Reformprojekt aufgelegt haben, das die Gestaltungskraft der Koalition eindrucksvoll unter Beweis stellt. Ein gutes Jahr für die gesamte Planung bis zur Beschlussreife - das ist die notwendige Bewegung in Berlin, für die wir angetreten sind und mit der wir die nötige Strukturreform auch realisieren.
Der Vertrag beweist auch, dass die Zusammenarbeit der beiden Länder besser wird. Anders als vor Jahren fangen wir an, in den verschiedenen Bereichen die Kooperation auszubauen. Dies ist natürlich eine Erwartung, die wir mit dem neuen Sender verbinden, dass der Sender einen Beitrag leistet für die Identitätsbildung in Berlin und Brandenburg. Wer mehr voneinander erfährt, der baut Vorurteile und Barrieren ab. Der RBB kann so eine wichtige Funktion in den Köpfen der Menschen erfüllen, er kann ein Vorläufer für ein gemeinsames Land werden, damit der zweite. Anlauf ein Erfolg wird.
Wir verfolgen mit dem Zusammenschluss dieser beiden Anstalten vor allem das Ziel, in einer sich verändernden Medienlandschaft die Zukunft des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Berlin und Brandenburg dauerhaft zu sichern. Wer sich fragt - und das wird so mancher SFB- oder ORB-Fan tun -,warum das nicht auch mit dem Erhalt der beiden Sender geht, dem sei gesagt, es würde vermutlich auch so gehen. Aber es hat ja oft - unhaltbare - Vorwürfe gegeben, der SFB gerate demnächst in Existenznöte. Diese Vorwürfe sind wirklich nicht haltbar, und der Intendant Herr Schättle hat sie immer wieder mit Recht zurückgewiesen. Wir würden, wenn wir diese Schritte nicht gehen würden, eine große Chance vergeben - die große Chance für eine Neuordnung im öffentlich-rechtlichen Bereich. Stellvertretend für die vielen Stimmen, die das unterstützen, will ich nur den Medienrechtler Professor Schiwy nennen, der gesagt hat, diese gemeinsame Anstalt ist überfällig.
Der Staatsvertrag eröffnet diese Chance, indem er die fälligen Innovationen für den öffentlich-rechtlichen Teil der Rundfunklandschaft auslöst. Er ist innovativ, weil er sich auf wenige unverzichtbare Regelungen beschränkt und z. B. die Festlegung der Programmstrukturen dem Sender überlässt. Ich habe an dieser Stelle schon bei der I. Lesung auf die notwendigen Lehren aus den Problemen beim Südwestrundfunk hingewiesen. Wir haben diese Lehren gezogen und geben dem Sender eine weitgehende Autonomie beim Aufbau der inneren Struktur, der inneren Verfassung und bei der Programmplanung. Und das, Frau Ströver, ist nicht unfair, sondern das ist unser Verständnis von Staatsferne, wie wir es in diesem Vertrag niedergelegt haben und wie es auch den Anforderungen dieser Anstalt entspricht.
Der Staatsvertrag ist innovativ, weil er ein Umsteuern von Mitteln ermöglicht. Der Kostendruck ist natürlich auch bei den öffentlichrechtlichen Sendern enorm. Aber wir wollen eben auch künftig die hohe Programmqualität der Öffentlich-Rechtlichen sichern und - wo möglich - ausbauen. Deshalb machen wir diese Strukturreform, damit Mittel frei werden, die in die Programme fließen können. Das entscheidenden Wettbewerbselement in der Medienlandschaft ist die Qualität der Programme.
Der Vertrag ist innovativ, weil er - auch im Interesse der Gebührenzahler übrigens - insgesamt einen sparsameren Einsatz von Rundfunkgebühren ermöglicht. Er ist aber auch deshalb innvotiv, weil wir damit einen weiteren kräftigen
Impuls für den Medienstandort BerlinBrandenburg geben. Nicht mehr Konkurrenz, sondern Kooperation ist angesagt. Mit der Fusion ist nämlich das klare Signal verbunden, dass wir nach der Filmboard-GmbH, nach dem Prix Europa und anderen Gemeinsamkeiten nun endlich auch das Fernsehen in der Region als gemeinsame Veranstaltung begreifen. Das wird die Anziehungskraft des Medienstandortes weiter erhöhen.
Es ist aber auch wichtig zu erwähnen, dass die Rolle innerhalb der ARD gestärkt wird. Das hat Herr Wowereit auch schon angesprochen, deshalb ganz kurz nur dazu: Es ist entscheidend, dass der Raum Berlin-Brandenburg für die ARD enorm wichtig ist. Diese Aussage des ARDVorsitzenden zeigt die wachsende medienpolitische Bedeutung dieser Region auf. Insbesondere durch die Hauptstadtfunktion und die EUOsterweiterung wird dies deutlich. Auf diesen Bedeutungszuwachs reagieren wir mit diesem neuen Sender, und dieser neue Sender wird künftig den programmlichen Anforderungen der ARD auf diesen Gebieten besser gerecht werden können.
- Das haben Sie gar nicht bestritten, ich weiß. - Das Hauptmotiv ist natürlich für uns, dass die Zuschauerinnen und Zuschauer, die Hörerinnen und Hörer etwas davon haben werden, und sie werden etwas davon haben. Ich bin ganz sicher, dass dieser neue Sender richtig Quote machen wird und zwar Quote mit Qualität!
Dieser Vertrag ist zu Stande gekommen unter Beteiligung von zwei Ländern, zwei Regierungen, zwei Parlamenten, zwei Sendern, drei Parteien und nach Anhörung vieler Experten. Deshalb ist er in mancher Hinsicht natürlich ein Kompromiss. Es ist ja geradezu das Wesen eines Kompromisses, dass nicht jeder Wunsch zum Zuge kommt. Gemessen an den verschiedenen eingebrachten Interessen - ich nenne nur die Stichworte: Sitz der Anstalt, Regionalstudios, Beschäftigtenzahl in beiden Häusern, Zusammensetzung des Rundfunkrates, Quorum für die Intendantenwahl - ist den Verhandlungsführern wirklich ein bemerkenswertes Ergebnis gelungen. Es ist, gemessen an den Differenzen zu Beginn des Prozesses, ein hervorragender Vertrag.
Und einer hat hier im besonderen Maße immer wieder dafür gesorgt, dass die Partner in den Verhandlungen das Gemeinsame über das Trennende stellen und dass damit am Ende der Erfolg eingetreten ist, und das ist der Chef der Senatskanzlei, André Schmitz, dem ich hier unseren ganz herzlichen Dank für die geleistete Arbeit aussprechen möchte.
Die neue Anstalt RBB tritt die Rechtsnachfolge von SFB und ORB an, verbunden mit der Aussage, dass es keine betriebsbedingten Kündigungen geben wird. Das ist die Übernahme des Personals von SFB und ORB in die neue Anstalt RBB. Diese Übernahme ist sichergestellt. Wir haben weiter ganz bewusst auf Personalobergrenzen verzichtet. Auch hier muss es Sache des Senders bleiben, den Fusionsprozess der beiden Personalkörper selbst zu organisieren. Auch dies ist eine Regelung im Interesse der Beschäftigten.
Wir haben zudem kodifiziert - der Regierende hat darauf hingewiesen -, dass es die volle Mitbestimmung bei allen Arten von ordentlichen Kündigungen geben wird. Wir gehen damit über das Personalvertretungsgesetz des Bundes ja sogar hinaus, das möchte ich nur mal anmerken für die Diskussion, Frau Ströver, die Sie auch angestoßen haben.
Das kann nicht der alleinige Punkt sein, den man hier in einer längeren Rede anspricht, neben der Frage, ob Sie im Rundfunkrat vertreten sind.