Protokoll der Sitzung vom 16.01.2003

Wird der Dringlichkeit widersprochen? – Das ist nicht der Fall.

Ich eröffne die II. Lesungen und schlage vor, die Einzelberatungen der zwei bzw. drei Artikel miteinander zu verbinden. – Dazu höre ich keinen Widerspruch.

Ich rufe auf die Artikel I und II bzw. I bis III, die Überschriften und die Einleitungen der Drucksachen 15/1194 und 15/1195 sowie den Änderungsantrag Drucksache 15/1195-1. Es ist eine Beratungszeit von 5 Minuten pro Fraktion vorgesehen. Es beginnt die Fraktion der Grünen. – Bitte sehr, Frau Paus! Sie haben das Wort!

n, sollen.

Dann haben wir – zweitens – einen Antrag von SPD und PDS, der dermaßen schludrig war, dass es im laufenden Verfahren einen grundlegend anderen Änderungsantrag von SPD und PDS hat geben müssen. Heute, zur Plenarsitzung, haben wir noch einen weiteren Änderungsantrag von SPD und PDS zu diesem Gesetz bekommen. Trotzdem sind fundamentale Bedenken, die in der Anhörung im Ausschuss vorgetragen wurden, nicht berücksichtigt worden, insbesondere hinsichtlich des sehr rigiden und überflüssigen tiefen Hineinregierens in die Promotionsordnungen der Universitäten. Auf der anderen Seite geht die Koalition ziemlich lax mit der Frage um, welche Hochschulen künftig Promotionsrecht haben, sprich Promotionen vergebe

Herr Hoff, Sie dürfen gleich noch reden. Wir können also auf eine Kurzintervention verzichten. – Einerseits wird gesagt, Promotionen müssen konkret geregelt werden, auf der anderen Seite soll künftig das Promotionsrecht, die Vergabe von Promotionen, per Rechtsverordnung geregelt werden. Da gibt es sogar eine Sollbestimmung. Tür und Tor werden da geöffnet. Das ist unsolide.

(D Aber zentral – und das ist sehr misslich – hat diese schlechte Arbeit von SPD und PDS dazu geführt, dass zum einen das, was auch damit gewollt wird, die Juniorprofessuren zu verankern, in so einen schlechten Rahmen gesetzt wurde.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die abzustimmenden Beschlussempfehlungen zur Änderung des Berliner Hochschulgesetzes hinterlassen in unserer Fraktion leider gemischte Gefühle, und zwar deswegen, weil es gerade bei Gesetzen zentral um deren rechtliche Solidität geht. Diese sehen wir in beiden Fällen zumindest gefährdet.

Sie haben es zum einen mit einer Beschlussempfehlung zu einem Antrag von unserer Fraktion zu tun, in dem es darum geht, die Aufgaben der Studierendenvertretungen neu zu fassen. Unsere Novelle, die die Änderungen von Rot-Grün des Hochschulrahmengesetzes in Landesrecht umsetzt und den überfälligen Schritt macht, die gesellschaftliche Verantwortung der Hochschulen zu konkretisieren, und das auch für die Studierendenvertretungen, wurde vom Senat nicht kritisiert. Sie wurde vom Senat inhaltlich und rechtlich geprüft und nicht beanstandet – im Gegenteil. Genauso war es auch in der Anhörung, zu der alle relevanten Gruppen eingeladen wurden. Es gab keine inhaltliche Kritik. Es gab eine einhellige Zustimmung. Es gab keine rechtlichen Bedenken. Es geht um nicht weniger, als endlich die gesellschaftliche Verantwortung von Hochschulen noch deutlicher hervorzuheben. Hochschulen wirken an der Erhaltung des demokratischen und sozialen Rechtsstaats mit und tragen zur Verwirklichung der verfassungsrechtlichen Wertentscheidungen bei. Sie setzen sich im Bewusstsein ihrer Verantwortung gegenüber der Gesellschaft und der Umwelt mit den möglichen Folgen einer Nutzung ihrer Forschungsergebnisse auseinander. Selbstverständlich tun das auch die Studierendenvertretungen als Teil der Hochschule.

[Zuruf des Abg. Dr. Lindner (FDP)]

Bei diesem Gesetz geht es also um nichts anderes, als um die deutliche Verankerung des politischen Mandats im Berliner Hochschulgesetz.

Das ist ein lange umstrittenes Thema, aber – wie gesagt – unser Antrag wurde „auf Herz und Nieren“ geprüft; es gab keine rechtlichen Beanstandungen. Was passierte dann? – Die SPD machte zuerst geltend, das sei doch jetzt nicht so dringend, das brauche man doch jetzt noch nicht. Sie war eher kleinmütig, wollte am Anfang dem Antrag gar nicht zustimmen. Nachdem sie sich doch ein bisschen bewegt hat, fiel ihr noch ein, es gebe rechtliche Bedenken. Die SPD konnte das nicht weiter untermauern, weil unser Antrag rechtlich gut und sauber ist. Aber es gab einen Änderungsantrag; die SPD hat kleinmütig Verschlechterungen vorgenommen. Jetzt liegt der Änderungsantrag von SPD und PDS vor, der nicht noch einmal rechtlich geprüft worden ist. Wir wissen: Vor Gericht und auf hoher See ist man in Gottes Hand. Wir werden sehen, was die Geschichte im Nachhinein dazu bringen wird.

[Zuruf des Abg. Hoff (PDS)]

Wir hätten uns gewünscht, unser geprüfter Antrag wäre durchgekommen. Immerhin – heute wird darüber schon entschieden, die Entscheidung wird nicht bis zum Sankt-Nimmerleins-Tag verschoben. Nichtsdestotrotz:

Ein bisschen mehr Ruck hätten Sie sich durchaus geben können. – Das zu dem einen Antrag.

[Zuruf des Abg. Hoff (PDS)]

[Zuruf des Abg. Hoff (PDS)]

Aber das Zweite ist der Punkt, den wir inhaltlich teilen, nämlich, dass es bei der Neustrukturierung der Hochschulmedizin wichtig ist, einen soliden Prozess hinzubekommen. Deshalb haben wir uns auch grundsätzlich damit einverstanden erklärt, dass in dem Bereich die Amtszeit verlängert wird. Aber durch Ihre Verzögerung, Verschlechterung ist es leider dazu gekommen, dass es auch hier rechtlich sehr bedenklich aussieht. Wir sollen heute nämlich beschließen, dass eine Wahl, die bereits gestern und vorgestern an der FU stattgefunden hat, ungültig sein soll. Ich zitiere aus einem Gutachten des Wissenschaftlichen Parlamentsdienstes dieses Hauses:

Es ist kaum vermittelbar und rechtlich bedenklich, wenn der Gesetzgeber einen Tag nach soeben ordnungsgemäß abgehaltenen und nicht mehr rückgängig zu machenden Universitätswahlen ein Gesetz beschließt, dass diese Wahlen für ungültig und für gegenstandslos erklärt.

[Zuruf des Abg. Hoff (PDS)]

Wir werden sehen. Wo kein Kläger, da kein Richter. Aber ich finde, es ist diesem Haus nicht angemessen, sich auf so eine seltsame Art und Weise in Schwierigkeiten zu begeben. Das ist höchst fragwürdig. Deswegen können wir bei beiden Anträgen nur mit Enthaltung reagieren.

[Beifall bei den Grünen]

Das Dritte, was wir regeln wollen, ist die Juniorprofessur, das heißt, der Zugang zu einer Professur wird geändert. In Deutschland ist es so, dass die Professoren bei ihrer Berufung furchtbar alt sind, weil sie vorher eine Habilitation durchlaufen müssen. Währenddessen sind sie abhängig von ihren Professoren, weil die sie am Gängelband halten. Das ist in anderen Ländern nicht so. Ein Teil unserer Forschungslücke wird darauf zurückgeführt, dass diese Gängelung dazu führt, die Selbstständigkeit von Wissenschaftlern einzuschränken. Das wollen wir ändern, auch im Bundesbereich. Deshalb wird die Juniorprofessur eingeführt, deren Voraussetzung die Promotion ist. Deshalb bekommt die Promotion einen besonderen Wert. Ich will nicht verhehlen, dass es Diskussionen über die Juni

orprofessur gibt, über die Frage, in welche Klasse – wir haben ein Klassenwahlrecht an den Universitäten – diese wählen dürfen. Die Professoren wollen nicht, dass sie bei ihnen mitwählen. Wir sind jedoch der Meinung, wenn jemand „Juniorprofessor“ heißt, dann ist er ein Professor und soll auch in dieser Gruppe mitwählen.

Zum letzten Punkt: Wir haben das Promotionsrecht verändert. Das ist in der Diskussion, allerdings nicht neu. Wir haben in Berlin nicht nur eine Neugründung einer privaten Hochschule, sondern seit langem eine sehr bewährte private Hochschule, die EAP. Die hat Ende der 90er Jahre bereits den Vorstoß unternommen und angefragt, ob die Qualität nicht ausreiche, um das Promotionsrecht zu bekommen. Unser Vortasten bei den Monopolisten für Promotionen, den Universitäten, ist auf schroffe Ablehnung gestoßen. Es ist argumentiert worden, es müssten bestimmte Qualitätskriterien erfüllt werden. Dies ist weiterhin der Fall. Durch die neue private Hochschule hat es nun einen neuen Anstoß gegeben. Wir haben diese Qualitätskriterien, die von den Hochschulen gefordert wurden, in das Gesetz aufgenommen. Nun sind sie mit dem Argument Eingriff in die Hochschulautonomie dagegen. Wenn man nachsieht, stellt man fest, dass diese Qualitätskriterien mit den meisten Promotionsordnungen erfüllt werden, aber bei weitem nicht bei allen. Offenbar haben hier einige Leute Angst vor Qualitätskriterien. Darüber hinaus ist es etwas verräterisch, wenn man sich ansieht, was die Präsidenten dazu schreiben. Sie schreiben:

Vielen Dank, Frau Paus! – Jetzt kommt die SPD. Herr Dr. Flemming hat das Wort. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben heute zwei Änderungen des Berliner Hochschulgesetzes zu beraten. Eine Änderung, zum politischen Mandat, wird mein Kollege Hoff nachher würdigen. Ich befasse mich mit der zweiten Seite.

Augenblicklich findet eine Pressekonferenz des Wissenschaftsrats statt, in dem dieser festlegt oder empfiehlt, wie die Hochschulmedizin weiter zu entwickeln wäre. Er schlägt vor, dass es eine Gliedkörperschaft beider Universitäten geben wird. Er schlägt vor, dass es keine medizinische Hochschule wird, und er schlägt weiterhin eine strengere, straffe Leitung vor, in der die Geldströme getrennt sind. Er schlägt auch vor, dass es sehr schnell gehen soll mit einer neuen Leitung und dass sehr schnell Wahlen stattfinden sollen. Sie sehen also, der Wissenschaftsrat fordert uns quasi zu dem auf, was wir im Augenblick tun, nämlich zu einer Verlängerung der Amtszeit, damit Wahlen des neuen Fachbereichs sehr schnell stattfinden können.

[Frau Paus (Grüne): Zu spät!]

Das ist ein Teil des Gesetzes.

Der nächste Teil des Gesetzes beschäftigt sich mit einer langen Geschichte. Sie wissen, wir hatten eine Fachhochschule des öffentlichen Rechts, die Fachhochschule für Verwaltung und Rechtspflege. Dabei handelte es sich um eine interne Fachhochschule, das heißt, sie richtete sich an Beamtenanwärter. Manche sagten, dort werde „Beamtenmikado“ betrieben, das stimmt natürlich nicht ganz. Aber es gibt seit langem die Forderung, diese Fachhochschule zu öffnen. Viele haben es probiert. Die Wissenschaftler waren seit 1990 dafür, die Innenverwaltung hat sich dagegen ausgesprochen. Gott sei Dank ist dann eine Änderung gelungen. Jetzt wird der Akt vollzogen. Die FHVR wird jetzt dem Wissenschaftsbereich unterstellt. Das bedeutet, die Studierenden aus dem öffentlichen Dienst lernen nicht nur, was im öffentlichen Dienst notwendig ist, sondern auch das, was in der Wirtschaft gebraucht wird. Sie sind damit ein Bindeglied.

Das Promotionsrecht an anderen staatlich anerkannten Hochschulen ist aus grundsätzlichen Erwägungen nicht hinnehmbar.

Hier schreit ein Monopolist. Ein weiterer Punkt, der ganz wichtig ist: Der Wissenschaftsrat hat den Gesetzgeber aufgerufen, den Fachhochschulabsolventen die Möglichkeit zur Promotion zu eröffnen. Das haben wir lapidar getan und gefordert, die Hochschulen mögen es bitte tun. Das hatte jedoch keinen Effekt. Deshalb haben wir jetzt in das Gesetz geschrieben, dass sich die Hochschulen mit den Fachhochschulen einigen müssen und es nicht einsam durchführen können. Die Fachhochschulen begrüßen dies – das ist alles nachlesbar –, die Universitäten sagen Nein. Sie haben dazu formuliert:

Einer Neuregelung der Zugangsvoraussetzungen für Fachhochschulabsolventen zum Promotionsverfahren an den Universitäten bedarf es nicht.

Damit liegen die Differenzen völlig offen. Wir möchten gern, dass die Fachhochschulabsolventen ebenfalls promovieren können, wenn sie wissenschaftliche Leistungen bringen.

[Hoff (PDS): Wir ja, die Grünen nicht!]

Das regelt das Gesetz. Wir danken Ihnen, dass Sie dem nachher zustimmen werden.

[Beifall bei der SPD und der PDS]

Die eigentliche Novelle des Hochschulgesetzes, das wollen wir an dieser Stelle nicht vergessen, steht noch aus. Wir brauchen eine neue Regelung für die Autonomie

der Hochschulen, eine neue Definition dessen, was die Hochschulen künftig in Eigenverantwortung machen sollen. Wir brauchen eine neue gesetzliche Grundlage für wirtschaftliche Betätigung der Hochschulen. Wir brauchen auch endlich eine vernünftige Regelung für die Einführung von Studiengebühren. Ich darf an dieser Stelle sagen, dass der Vorstoß des Fraktionsvorsitzenden der SPD von uns ausdrücklich begrüßt wird.

Die Ausschussvorsitzende, Frau Dr. Fugmann-Heesing, hat versprochen, dass das Thema auf der Tagesordnung bleibt. Sie können sich in diesem Punkt, was eine vernünftige Regelung betrifft, auf die Unterstützung der CDU-Fraktion verlassen. Wir weisen nur darauf hin, dass man irgendwann nicht nur den Mund spitzen, sondern auch pfeifen sollte.

ich finde das gut –, warum Sie dies den Hochschulen vorenthalten wollen. Diese umfassende Novelle ist es, worauf die Hochschulen warten. Es bleibt nur zu hoffen, dass diese Novelle nicht wieder viele Monate lang ausgebrütet und dann in einem seltsamen Dringlichkeitsverfahren durchgesetzt werden soll.

Danke schön, Herr Dr. Flemming! – Für die CDU-Fraktion erhält das Wort der Kollege Kurth – bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Gemischte Gefühle, sagte Frau Paus, hinterlasse die Beschlussempfehlung. Das können wir teilen. Auch wir sind keineswegs begeistert von dem, was die Ausschussbehandlung hervorgebracht hat. Wir werden uns, zumindest bei dem Paket, das die Koalition vorgelegt hat, als Änderung zum Landeshochschulgesetz, wie im Ausschuss auch, der Stimme enthalten. In der Tat ist die Anpassung an das Hochschulrahmengesetz, zumindest was die Frage der Juniorprofessur angeht, überfällig und notwendig. Es ist ärgerlich, dass wir erst jetzt in Berlin, wo die Praxis schon viel weiter geht, endlich auch die notwendige gesetzliche Grundlage schaffen.

[Dr. Flemming (SPD): Wir sind das zweite Bundesland!]

Ärgerlich auch deshalb, Herr Dr. Flemming, weil wir seit langem in Berlin eine vorliegende Novelle hatten, die im Fall ihrer Umsetzung nach Ansicht des Stifterverbandes dazu geführt hätte, dass Berlin im Bundesvergleich ein erstklassiges Hochschulgesetz gehabt hätte.

[Beifall der Frau Abg. Grütters (CDU)]

Das haben wir ja nicht so oft, dass Berlin im Vergleich eine besonders gute gesetzliche Regelung gehabt hätte. Aber das ist Geschichte.

[Dr. Flemming (SPD): Das ist kein Witz!]