Protokoll der Sitzung vom 13.03.2003

Auch nicht! – Wenn ich mir überlege, Herr Flierl, wie kleinlich Sie damals waren und wie groß

Jetzt kommen wir zu dem eigentlichen Punkt, und da ist es schade, dass ich als Nicht-Jurist einem Juristen erklären muss, was ein juristischer Vorgang ist. Das ist aber Ihr Problem und nicht meines. Der Senator hat in dieser Presseerklärung deutlich gemacht, dass er sich in Abwägung der Gefahr, die entstehen könnte, wenn man die Aktion gewaltsam abbricht – nicht nur für Leib und Leben der Protestierenden, sondern auch hinsichtlich etwaiger Beschädigungen des Denkmals –, dazu entschlossen hatte, diese Aktion zu dulden. Das führte dazu, dass die spontan und routinemäßig gestellte Anzeige zurückgezogen wurde. Denn es ist klar, dass eine Aktion, die man duldet, um sie friedlich ausgehen zu lassen, nicht hinterher mit einem Strafantrag belegt werden kann.

zügig Sie heute handeln, dann stelle ich mir in der Tat die Frage, wessen Botschaft Sie mit Ihrer Handlung verkünden wollen.

[Brauer (PDS): Da war es die Verschandelung eines Gotteshauses!]

Wir stimmen jedenfalls mit der FDP in der Bewertung der Ereignisse am Brandenburger Tor vollkommen überein. Auch wir halten die Darstellung von Flierl, er hätte die Aktion nur deshalb geduldet, weil er einen Eingriff nicht für verhältnismäßig gehalten habe, für eine fadenscheinige, ja für eine dreiste Begründung.

Herr Flierl, Sie haben die Aktion und den damit begangenen Rechtsbruch ausdrücklich begrüßt und daher ungeahndet geschehen lassen. Nach all dem, was Sie mir heute Mittag geantwortet haben, drängt sich mir sogar der Eindruck auf, dass Sie von dem Vorgehen bereits vorab gewusst haben. Für die CDU-Fraktion haben Sie hier eindeutig die Grenze des Hinnehmbaren überschritten. Wir werden daher dem Antrag der FDP zustimmen. – Herzlichen Dank.

[Beifall bei der CDU und der FDP]

Danke schön, Herr Kollege Henkel! – Für die PDS hat nunmehr das Wort der Kollege Doering. – Bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich kann nach Lektüre dieses Missbilligungsantrags mit diesem herzlich wenig anfangen und nach dem Vortrag von Herrn Dr. Lindner noch weniger. Ich bin durchaus mit meiner Kollegin von der SPD einig, dass dies sehr überzogen und der Sache überhaupt nicht angemessen ist. Bei mir entsteht der Eindruck, dass Sie die ganze Aktion nur starten, weil Sie mit dem eigentlichen Begehren der Protestierenden ein Problem haben, ein Problem damit, dass auf dem Brandenburger Tor ein Plakat gehangen hat, das für den Frieden ist.

[Zuruf von der CDU: Frechheit! – Beifall bei der PDS]

Das möchte ich Ihnen erst einmal nicht unterstellen. Ich will bei der Sache bleiben. Ich will Ihnen sagen, weshalb ich ein Problem mit Ihrem Antrag habe.

Erstens: Sie selbst schreiben in der Begründung im zweiten Absatz, dass der Senator diese Aktion als eindeutig rechtswidrig eingestuft hat. Da frage ich mich, was dieser Antrag soll.

[Heiterkeit bei der FDP]

Zweitens: Sie schreiben weiter, es wäre erst noch aufzuklären, ob der Senator von dieser Aktion im Vorfeld gewusst hätte. Wenn man erst noch etwas aufklären muss, wie kann man dann zum Schluss kommen, dass man etwas missbilligen muss?

[Dr. Lindner (FDP): Es geht ja um den Strafantrag!]

Drittens: Sie fangen dann an, in den Bereich der Spekulation zu gehen. In dem vierten Absatz beziehen Sie

sich auf eine Äußerung einer Einsatzleiterin vor Ort, aus der aber nicht hervorgeht, was diese Einsatzleiterin überhaupt gesagt hat. Auf was beziehen Sie sich da eigentlich?

Viertens stellen Sie fest, dass offenbar noch vor Untersuchung des Tores und „laberlaberlaber“...

[Heiterkeit – Beifall]

Das heißt: Auch hier die reine Spekulation! Worauf begründen Sie eigentlich Ihren Antrag?

Jetzt kommen wir zu dem Fakt selbst. Senator Flierl wurde während der Sitzung des Kulturausschusses darüber informiert, dass die Aktion am Brandenburger Tor durch Greenpeace stattfindet. Der Senator hat sich dann selbst vor Ort über die Situation informiert. Zu dem Vorgang selbst hat der Senator erklärt, dass er diese Aktion für rechtswidrig hält, da sie nicht genehmigt ist. Dies ist auch in der Presseerklärung nachzulesen.

[Beifall bei der PDS – Dr. Lindner (FDP): Schauen Sie doch einmal zu der Senatorin für Justiz herüber!]

Herr Dr. Lindner, Sie können sich ruhig anhören, was ein Nicht-Jurist versucht, einem Juristen zu erklären. Vielleicht lernen Sie noch etwas dabei.

Jetzt kommen wir zu dem eigentlichen Vorgang, was das Zivilrecht betrifft: Fakt ist, dass festgestellt wurde, dass am Brandenburger Tor kleinere reparable Schäden entstanden sind. Hierfür wurde Greenpeace haftbar gemacht. Das heißt, Greenpeace wurde verpflichtet, für diesen Schaden aufzukommen, was sie inzwischen auch zugesagt haben. Das ist ein zivilrechtlich einwandfreier Vorgang, und deswegen kann ich nur fragen, was Ihr Missbilligungsantrag denn soll. Dem Senator ist nämlich nichts vorzuwerfen.

[Beifall bei der PDS und der SPD]

Jetzt hat der Kollege Wieland das Wort. – Bitte schön, Herr Kollege Wieland!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich nehme den Zwischenruf auf, dass jetzt ein Jurist kommt, und sage Folgendes: Bei Aktionen von Greenpeace fällt meiner Fraktion und mir am Allerwe

en. – Die Feuerwehr war dann der Dritte. – Es ist ein abstruses Denken! Ich frage mich auch ernsthaft, wenn hier gerügt wird, dass Herr Flierl keinen Antrag gestellt hat – ich habe nun einmal diesen juristischen Sozialisationsschaden –, ob er Hausrechtsinhaber des Brandenburger Tores ist. Das sollte man bitte einmal prüfen. Es liegt nicht nah. – Sie sind es? Ich hätte dabei meine Zweifel. Aber gut, wenn Ihnen das Brandenburger Tor gehört, ist es umso besser.

Wir fanden auch das Bild, das dieser Senat abgegeben hat – das wird man auch einmal sagen dürfen –, etwas widersprüchlich. Der Herr Flierl spricht von außerordentlich anerkennenswert. Er hat möglicherweise, das wurde hier kolportiert, aufgefordert, etwas länger bei dieser Aktion zu bleiben und zu warten, bis die Demonstranten kommen. Zwei Tage später meldet sich der Innensenator und fordert massiv Strafantrag wegen Sachbeschädigung

und Verstoß gegen das Versammlungsgesetz zu prüfen. Selbst Herr Over, der das Dach des Palastes der Republik zusammen mit einem zwischenzeitlichen Senator dieser Stadt, Herrn Gysi, besetzt hatte, war nicht dem Vorwurf ausgesetzt, dass man in der Dachbesteigung eine Versammlung sieht.

Aber es ist doch nicht ernsthaft eine Frage, dass man den Hausfrieden von irgendjemandem verletzt hat. Und ob es sich um ein befriedetes Besitztum handelt, müsste man einmal prüfen. Darum geht es uns aber gar nicht. Es geht uns darum, dass hier Herr Körting heute in einer Art und Weise reagiert hat, als ob er nun der Justizsenator wäre, und erzählt, welche Strafverfolgungsmaßnahmen eingeleitet sind, und wir ein wenig die Besorgnis haben, dass sich bei ihm so etwas wie ein Schily-Syndrom zeigt. Sie sollten aufpassen und gegensteuern!

nigsten ein, hier mit der Elle des Strafgesetzbuches zu messen. Wenn Sie alles, was diese Organisation geleistet hat, mit der primären Frage messen, ob es Nötigung ist, wenn sie mit Schlauchbooten vor einen Fischtrailer fahren, und ob es Nötigung ist, wenn sie unter Einsatz ihres Lebens verhindern, dass in der Südsee von Frankreich aus weitere Atomwaffenversuche offen und überirdisch vorgenommen werden, tun Sie mir Leid! Das muss ich deutlich sag

[Beifall bei den Grünen, der SPD und der PDS]

Wir haben als politische Kraft höchsten Respekt und höchste Anerkennung und erinnern auch einmal daran, dass Greenpeace-Aktivisten gerade dort – ich erinnere an das Schiff „Rainbow-Warrior“ – ums Leben gekommen sind. Wir erinnern auch daran, dass sie, als die Mauer noch stand, in der DDR gegen die Umweltverseuchung protestiert haben, wozu einiger Mut gehörte. Wo war da eigentlich die FDP? Zu der Zeit haben Sie noch auf LDPD-Parteitagen Herrn Gerlach die Hand geschüttelt, wenn wir uns recht erinnern können.

[Beifall bei den Grünen, der SPD und der PDS]

Seinerzeit hieß es zu Recht – es wurde weltweit so gesagt –, dass man einen Regenbogen nicht versenken kann. Man kann Schiffe versenken, das hat der französische Geheimdienst getan. Aber man kann keinen Regenbogen versenken. Den Ideen von Greenpeace, denen Sie nicht so fern stehen sollten, wie Sie es hier suggerieren, gerade angesichts des Umstandes, was auf den Weltmeeren passiert, angesichts des Umstandes, was wir vor Spanien und Portugal erlebt haben und was wir vor unserer Haustür in der Ostsee täglich erleben können, sollten Sie näher treten und zunächst dieser Organisation Beifall spenden.

[Beifall bei den Grünen, der SPD und der PDS]

Sie haben eben gesagt, Herr Lindner, ihre Kindergartenerfahrung sei offenbar diese gewesen, dass derjenige einen Tadel erhält, der schwätzt.

[Heiterkeit]

Da werden Sie viele Tadel bekommen haben! Das erklärt eine Menge, entschuldigt aber nicht jeden Antrag. Das möchte ich einmal deutlich sagen,

[Heiterkeit]

dass Sie hier glauben, als eine Art Noske-Verschnitt – das Denkmal, Ihr Noske-Denkmal, haben Sie noch nicht bekommen – rügen zu müssen, dass man nicht energisch genug mit diesen Aktivisten umgegangen ist. Es ist wirklich lächerlich!

[Over (PDS): Zu Zweit!]

[Beifall bei den Grünen]

Abschließend möchte ich feststellen, dass es hier wieder einmal eine Diskussion mit verkehrten Fronten gewesen ist.

[Beifall des Abg. Dr. Heide (CDU)]

Herr Lindner, Sie erzählen viel aus Ihrem Leben, nicht nur aus dem Kindergarten, sondern auch, wie es in Ihrer Schülerzeit war. Sie haben den schönen Satz gesagt: „Die Gutmenschen fuhren immer nach Bonn zur Friedensdemonstration. Wir anderen sind im Starnberger See baden gegangen.“ Mein Vorschlag dazu lautet: Gehen Sie öfter einmal schwimmen – noch gibt es ein paar Schwimmhallen in Berlin – und verschonen Sie uns mit solchen Anträgen!

[Beifall bei den Grünen, der SPD und der PDS]

Danke schön, Herr Kollege Wieland! – Weitere Wortmeldungen liegen mir nicht vor. Die FDP-Fraktion hat um sofortige Abstimmung gebeten. Wer diesem Antrag seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich jetzt um das Handzeichen! – Danke schön. Die Gegenprobe! – Letzteres war die Mehrheit von PDS, den Grünen und der SPD gegen die CDU und die FDP. Damit ist der Antrag abgelehnt. Enthaltungen habe ich nicht gesehen.

Damit sind wir am Ende unserer heutigen Tagesordnung. Die nächste Sitzung des Abgeordnetenhauses findet am 27. März 2003 wie üblich um 13.00 Uhr statt.

Die Sitzung ist geschlossen. Ich wünsche Ihnen einen guten Heimweg!