Protokoll der Sitzung vom 13.11.2003

[Beifall bei den Grünen und der CDU]

Diesen sprachlichen Unterschied gibt es in der Wahrnehmung nicht, und deswegen war der auch falsch.

Es ist nicht meine Aufgabe, staatsanwaltschaftliche Ermittlungen öffentlich zu machen, weil sie dadurch beeinflusst werden könnten.

So weit so richtig. Am letzten Mittwoch im Wissenschaftsausschuss – schriftlich nachzulesen beim Infodienst von Benjamin Hoff – erklären Sie uns hingegen, dass Sie erst Herrn Krausz über die Ermittlungen unterrichteten, indem Sie ihn um Aufklärung und Stellungnahme baten, und erst danach der Hamburger Staatsanwaltschaft mitteilten, dass Sie Herrn Krausz unterrichteten. Das, verehrter Herr Flierl, ist mehr als irritierend. Das wirft vielmehr die Frage auf, ob Sie sich nicht dem Vorwurf ausgesetzt haben, potentiell strafvereitelnd gehandelt zu haben.

Vor allem aber schaden Sie dem Wissenschaftsstandort Berlin und damit der ganzen Stadt, indem Sie keine Aktivitäten ergreifen, um einen anderen Kandidaten für das Amt des Staatssekretärs zu finden. Wichtige und überfällige Entscheidungen werden weiter vertagt: Das Universitätsmedizingesetz, das eigentlich zum 1. Januar 2004 in Kraft treten sollte, die große Novelle des Berliner Hochschulgesetzes, das ebenfalls seit dem Frühsommer überfällig ist, sowie die Ausarbeitung der Hochschulverträge – alles nicht aufschiebbare Projekte, die sich nun auf unbestimmte Zeit weiter verschieben.

Für die Beratung steht den Fraktionen nach der Geschäftsordnung jeweils eine Redezeit von bis zu fünf Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Fraktion der Grünen. Das Wort erhält Frau Osterheld. – Bitte!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Vor eineinhalb Jahren hat das Parlament – oder zumindest die Regierungsfraktionen – eine Risikoabschirmung in Höhe von 21,6 Milliarden € beschlossen. Das ist eine unvorstellbare Summe. Ich kann mich erinnern, wie wir alle hier die Luft angehalten und darüber diskutiert haben, wie es sein kann, dass das Parlament über solche Beträge abzustimmen hat, obwohl wir keine Chance zur Kontrolle haben. Ich glaube, wir waren uns vor eineinhalb Jahren alle einig, dass die Abgeordneten die Chance und die Möglichkeit haben müssen, eine Kontrolle auszuüben, dass es nicht sein kann, dass wir nur das Händchen heben, um Risiken zu übernehmen, sondern es unsere Aufgabe ist, zu kontrollieren. Deshalb wurde im Rahmen der Detailvereinbarung festgeschrieben, dass das Parlament bestimmte Rechte hat und wir die Möglichkeit erhalten sollen zu überprüfen, ob das, was hier passiert, rechtens ist.

Frau Abgeordnete, achten Sie bitte auf die Zeit. Das optische Signal ist defekt, und Ihre Redezeit ist bereits überschritten.

Beamtenrechtlich ist völlig eindeutig, dass Herr Krausz, solange die Ermittlungen gegen ihn laufen, nicht Staatssekretär in Berlin werden kann. Ebenso klar ist – auch wenn Sie Briefe schreiben oder darum bitten, die Ermittlungen zu beschleunigen –, dass weder Sie einen Einfluss auf die Dauer der Ermittlungen haben noch sonst jemand. Anders als Sie im Wissenschaftsausschuss suggerieren wollten, sagen Termine über mündliche Erörterungen überhaupt nichts über die zu erwartende Dauer eines Verfahrens aus.

Deshalb stellt sich heute – wie vor einer Woche und seit dem 1. Oktober – die Frage, ob Berlin ad infinitum auf einen Staatssekretär warten kann. Darauf sage ich ganz klar: Nein, das kann Berlin nicht. Herr Flierl, Sie sind in der Verantwortung für den Wissenschaftsstandort Berlin. Mit der Hängepartie, die Sie eingegangen sind und weiterverfolgen wollen, schaden Sie dem Wissenschaftsstandort. Deshalb stimmen wir dem Antrag zu.

[Beifall bei den Grünen und der CDU]

Danke schön! – Weitere Wortmeldungen liegen nicht vor. Die CDU-Fraktion hat um die sofortige Abstimmung gebeten. Wer dem Antrag – Drucksache 15/2162 – zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke! – Das sind die Fraktionen der Grünen und der CDU. – Wer ist dagegen? – Das sind die Regierungsfraktionen. – Wer enthält sich? – Das ist die FDP-Fraktion. Damit ist der Antrag abgelehnt.

[Beifall bei der PDS – Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Die lfd. Nr. 30 ist bereits durch die Konsensliste erledigt.

Wir kommen zur

lfd. Nr. 31:

Antrag

Der Senat spricht mit einer Stimme – darum Nichtzustimmung im Bundesrat zur Verschiebung des Rentenauszahlungstermins für Neurentner

Antrag der CDU Drs 15/2164

Eine Beratung ist inzwischen nicht mehr vorgesehen. Die CDU-Fraktion hat auch hier um die sofortige Abstimmung gebeten. Wer dem Antrag – Drucksache 15/2164 – zustimmen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke! – Das ist die Fraktion der CDU. – Die Gegenprobe! – Das sind die Regierungsfraktionen und die Fraktion der Grünen. – Wer enthält sich? – Das ist die FDPFraktion. Damit ist der Antrag abgelehnt.

Die lfd. Nrn. 32 bis 40 sind bereits durch die Konsensliste erledigt.

Wir kommen zur

lfd. Nr. 41:

a) Antrag

Konsequenzen aus dem Bankenskandal (I) – Immobiliendienstleistungsbereich herauslösen

Antrag der Grünen Drs 15/2180

b) Antrag

Konsequenzen aus dem Bankenskandal (II) – die Positivliste der abgeschirmten Risiken vorlegen

Antrag der Grünen Drs 15/2181

c) Antrag

Konsequenzen aus dem Bankenskandal (III) – Investitionsbank Berlin ausgründen

Antrag der Grünen Drs 15/2182

Dazu diente die sog. Positivliste. Sie sollte uns im März diesen Jahres vorgelegt werden. Wir haben sie jetzt noch nicht. Das heißt, eineinhalb Jahre nach der Detailvereinbarung steht sie noch aus, obwohl mir Herr Sarrazin noch bei der Auseinandersetzung über die Risikoabschirmung treu in die Augen geblickt und versprochen hat: Alle die Firmen, die Ihnen komisch vorkommen, werden aussortiert. Denn wir sagen Ihnen erst hinterher, welche Firmen in der Risikoabschirmung drin sind. – Wer ein bisschen recherchiert, wird sehen, dass mit diesen Firmen einiges passiert ist, denn wir haben eine Liste mit den Firmen, die in der Detailvereinbarung enthalten sind. Wenn man schaut, was da passiert, dann sieht man, dass die Eigenkapitalien erhöht werden, Umfirmierungen vorgenommen werden, ganz neue Aufgaben verteilt werden – die einen machen Ausland, die anderen Gewerbe und weitere wieder etwas anderes – und neue Geschäftsführer

Frau Oesterheld

Wir kennen die Probleme. Wir wissen, dass alles nicht so einfach ist. Wir haben aber den Eindruck, dass die Koalition hier nicht schnell genug reagiert. Deshalb versuchen wir mit unseren Anträgen, unterstützend tätig zu sein.

Danke schön! – Für die SPD-Fraktion hat der Abgeordnete Schimmler das Wort!

Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Wir werden diese Anträge in die Ausschüsse überweisen, bzw. bei dem zweiten Antrag könnte man überlegen, ob man ihn gleich annimmt. Es ist aber klar, dass die Zielrichtung dieser Anträge insgesamt in die richtige Richtung geht. Trotzdem mache ich noch einige Bemerkungen dazu.

Nehmen Sie beispielsweise den Antrag, den Immobiliendienstleistungsbereich herauszulösen. Dieser ist noch beratungsbedürftig. Ein einfaches Herauslösen der Immobilientöchter setzt eine neue Struktur voraus. Ich glaube, wir können sie nicht in eine Controllinggesellschaft integrieren. Das ist von den Aufgabenstellungen her nicht kompatibel. Wir müssen natürlich auch sehen, was diese Immobilientöchter alles mit sich herumschleppen, wenn man das einmal so sagen darf, 700 Mitarbeiter in etwa. Hier müssen entsprechende Strukturen geschaffen werden. Deshalb ist es nicht opportun, mit einem Schnellschuss aus der Hüfte das Thema zu lösen. Wir müssen aber dennoch schnell und zügig reagieren und es auch zügig im Ausschuss abchließen.

eingesetzt werden. Bei diesen Firmen, die der Risikoabschirmung unterliegen, passiert unheimlich viel. Ich kann als Abgeordnete überhaupt nicht überprüfen, was da eigentlich läuft. Das ist nach eineinhalb Jahren Risikoabschirmung eine Katastrophe.

[Beifall bei den Grünen und der CDU – Beifall des Abg. Matz (FDP)]

Auf die Positivliste bezieht sich der eine Antrag.

Der nächste Antrag beschäftigt sich mit dem Immobiliendienstleistungsbereich. Die Regierungskoalition hatte gesagt, sie wolle diesen Bereich optional herauslösen. Ich sage Ihnen, warum jetzt nach dieser Zeit deutlich wird, dass er herausgelöst werden muss. Die Auseinandersetzung, die die BCIA, diese Controllinggesellschaft, mit der Bank hat, ist ähnlich wie die Auseinandersetzung, die der Untersuchungsausschuss mit der Bank hat. Es geht nämlich um die Frage, welche Informationen die Bank herausgibt. Ich denke, nachdem sie diese 21,6 Milliarden € quasi vereinnahmt hat und darauf ihr Geschäft weiter aufbauen kann, hat sie die Verpflichtung, alle Informationen zur Verfügung zu stellen, und zwar nicht nur dem Untersuchungsausschuss, sondern auch der BCIA. Aber die Bank tut das nicht. Es entsteht ein unglaublicher Wirrwarr, wenn die BCIA sich erst mit der Bankgesellschaft darüber auseinander setzen muss, was sie wissen darf, um die Geschäfte zu kontrollieren, die sie kontrollieren soll. Das ist der erste Punkt, der so nicht geht.

Der zweite Punkt ist, dass die Auseinandersetzung darüber, was jetzt mit den Immobilien passiert, ins Stocken gerät, weil es die LPFV, die IBG und die IBV gibt, und irgendwann kontrolliert die BCIA. Die BCIA sagt, sie könne gar nicht nein oder ja sagen, weil sie nicht die richtigen Informationen erhalte. Es dauert demnach Wochen und Monate, ehe Entscheidungen getroffen werden. Wer sich im Immobiliendienstleistungsbereich auskennt, der weiß, dass diese Verzögerungen uns Tag für Tag wahnsinnig viel Geld kosten. Das ist das Geld, das die Steuerzahlerinnen und Steuerzahler zahlen müssen. Das ist nicht vertretbar.

[Beifall bei den Grünen]

Der dritte Antrag beschäftigt sich mit der Investitionsbank Berlin. Wir alle kennen die Problematik des Eigenkapitals der Bankgesellschaft. Aber wir kennen auch die Problematik, dass die Gewährträgerhaftung im Jahr 2005 beendet ist. Wenn wir die IBB – ich dachte, wir seien uns dabei alle einig – weiterhin als Förderbank des Landes Berlin behalten wollen, dann müssen wir sie so schnell wie möglich auf eigene Füße stellen. Wir müssen sehen, dass sie so schnell wir möglich aus dem Gesamtkonstrukt der Bankgesellschaft herauskommt. Wir müssen ihr das Alleinstehen ermöglichen. Das hängt entscheidend damit zusammen, welches Eigenkapital ihr zur Verfügung steht.

Frau Abgeordnete, achten Sie bitte darauf, dass Ihre Redezeit vorbei ist!

[Beifall bei den Grünen und der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Ähnliches gilt für die Investitionsbank. Wir wissen alle, dass 2005 eine Grenze gesetzt ist. Wir wissen aber auch, dass ein frühes Herauslösen gleich nach dem Bankenskandal nicht möglich war – Sie haben eben schon darauf hingewiesen, Frau Oesterheld –, weil das etwas mit der Eigenkapitalquote der Bank zu tun hat. Deshalb muss man das jetzt zügig in Angriff nehmen. Allerdings muss man auch bedenken, welche Strukturen man wählt. Es gibt unterschiedliche Modelle. Es gibt unter anderem das Modell aus Baden-Württemberg mit einer Landesstrukturbank. Man muss sehen – Sie haben das in Ihrem Antrag zu Recht angemerkt –, dass wir darauf achten müssen, dass das Konstrukt mit den EU-Regeln kompatibel ist. Diese Zielrichtung müssen wir aber zunächst sehr intensiv im Ausschuss beraten. Dafür ist ein Antrag mit der Zielrichtung, wir beschließen im November und zum 1. 1. 2004 wird es errichtet, aber nicht das Richtige.