Nein! Schauen Sie einmal in das Protokoll. Ich habe genau zugehört, was Sie gesagt haben. – Aber wie gesagt, ich werde das hier von Ihnen nicht sagen. Ich habe allerdings schon den Eindruck, dass Sie da etwas aus dem Ruder gelaufen sind.
Herr Strieder hat in einer Fernsehsendung eine Äußerung getätigt, die nicht zu rechtfertigen ist und die kein Umgangsstil unter Abgeordneten, Senatoren oder wem auch immer sein sollte.
Die SPD-Fraktion hat das auch entsprechend deutlich gemacht und darüber intern diskutiert. Peter Strieder hat sich dafür entschuldigt, dass er diese Äußerung getätigt hat.
Es ist nun eine Sache zwischen Herrn Lorenz und Herrn Strieder, das Weitere zu regeln, und die SPD-Fraktion wird das, wie gesagt, auch im Weiteren begleiten.
Dass es jetzt zu einer Angelegenheit des gesamten Parlaments wird, Herr Wellmann, hätten Sie vielleicht gerne, aber ich kann Ihnen dazu sagen: Der Abgeordnete Lorenz ist Manns genug, um seine Interessen an dieser Stelle auch selbst durchzusetzen – da, wo er sie für geschädigt hält. Ich glaube, das wissen Sie auch. Wir als SPDFraktion wissen das jedenfalls und finden es richtig, dass dies zwischen den beiden weiter geklärt wird. Insofern ist Ihre Rüge ein durchsichtiges Spiel. Es ist der Versuch, das im Parlament auszuschlachten. Herr Wellmann! Das ist zwar menschlich verständlich, aber politisch unredlich.
Jetzt möchte ich aber zu dem anderen Punkt kommen, zu dem Sie interessanterweise gar nichts gesagt haben, nämlich zu Ihrem Antrag bzw. Ihrer Aufforderung zum Mandatsverzicht. Diese Anträge, unterschrieben von zwei Juristen, sind schon eine interessante Nummer. Das muss man mal so sagen. Das gilt gerade dann, wenn man sich überlegt, was das Instrument der Immunität verhindern soll, nämlich dass jemand durch Strafverfolgung unter politischen Druck gesetzt wird, sein Mandat nicht ausüben zu können. Deswegen haben wir klar gesagt: Wir wollen, dass diese Ermittlungen zügig fortgesetzt werden können.
Und der Deutsche Bundestag hat genau das gemacht, was an dieser Stelle notwendig ist. Der Immunitätsausschuss des Bundestages hat heute dem Plenum empfohlen, die Immunität aufzuheben. Das Plenum des Bundestages wird dies morgen tun. Das ist das richtige Verfahren an dieser Stelle.
Genauso muss man handeln, dann kann ermittelt werden. Dann wird sich das auch schnell klären. Was Sie hier machen, indem Sie fordern, dass ein frei gewähltes Mitglied der Bundesversammlung sein Mandat niederlegt, weil Sie der Meinung sind, es dürfe die Immunität nicht in Anspruch nehmen, ist eigentlich ein juristischer Skandal. Das ist genau der Grund, weswegen die Immunität einmal eingeführt worden ist. Man kann Immunität aufheben, wenn man der Auffassung ist, dass Ermittlungen zulässig sein müssen. Aber wegen der Strafanzeige einer anderen Partei zu fordern, jemand solle sein Mandat niederlegen, das, Herr Ratzmann, hätte ich von Ihnen als jemanden, der die Rechtsstaatspartei vertritt, nicht erwartet.
Von der CDU hätte ich es auf jeden Fall erwartet, von Ihnen nicht. Deshalb werden wir diesen Antrag, wie die anderen, auch ablehnen! Vielen Dank!
Danke schön, Herr Kollege Gaebler! – Das Wort hat nunmehr für die Fraktion der Grünen Herr Ratzmann. – Bitte schön, Herr Ratzmann!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Berlin schreibt wieder einmal Geschichte. Erstmalig in der Geschichte der Bundesrepublik muss das Problem geklärt werden, wie die Immunität eines Mitgliedes der Bundesversammlung aufgehoben werden kann. Als ob wir nicht genug Probleme mit dem Image unserer Repräsentanten auf der Bundesebene haben, muss sich ausgerechnet ein Mitglied des Berliner Senats in die erste Reihe stellen.
Das Verfahren war am 4. März 2004 anhängig, als wir hier in diesem Haus eine Liste gewählt haben, die durch Benennung der Fraktion zustande gekommen ist. Ich kann mich noch gut daran erinnern, Herr Gaebler, dass ich an diesem Tag genau dieses Problem angesprochen habe. Ich habe gesagt, dass es eine Peinlichkeit ist, dass Sie uns hier zumuten, ein Mitglied dieses Hauses, gegen das ein Strafverfahren läuft, hier mit dieser Einheitsliste wählen zu müssen. Herr Gaebler, ich kann mich noch sehr gut an die wütenden Blicke von Herrn Strieder und Ihre Ausfälle erinnern, als Sie sagten, das sei eine bösartige Unterstellung. Den Preis, den wir jetzt dafür zahlen müssen, sehen wir heute mit dem Problem, mit dem wir uns auseinander setzen müssen und der Deutsche Bundestag auseinander setzen muss.
Die Immunität von Herrn Strieder, mein lieber Herr Gaebler, war bereits einmal Thema in diesem Haus, als der Regierende Bürgermeister versuchte, eine Frage meines Kollegen Wieland zu beantworten. Dabei ist ganz klar zutage getreten, dass die Immunität von Herrn Strieder bereits eingeschränkt war. Da ist es vielleicht gerade vor dem Hintergrund, dass Ihr Parteitag naht, Herrn Strieders Wiederwahl nicht ganz astrein ist und ihm eine Anklage sehr geschadet hätte, sehr willkommen, dass eine zusätzliche uneingeschränkte Immunität in dieser Situation sehr passend ist. Ein Schelm ist, der sich Böses dabei denkt, wenn er sich trotz dieses Hintergrundes zur Wahl stellt.
Auch wenn der Ausschuss des Bundestages heute empfohlen hat, die Immunität aufzuheben, ist doch nicht klar, dass der Bundestag diesem Votum morgen auch folgen wird. Herr Gaebler, ich pflichte Ihnen bei, es spricht eine große Wahrscheinlichkeit dafür.
Herr Gaebler, hören Sie mir doch zu! Sie haben einiges noch nicht richtig verstanden, was die Immunität angeht. Ich sage Ihnen, dass der Immunitätsausschuss heute nicht so einfach zu der Feststellung gelangt ist, dass er auch das zuständige Gremium dafür ist, diese Immunität aufzuheben. Die Unsicherheiten bleiben vor dem Hintergrund, dass es das erste Mal in der Geschichte ist, dass dieses Problem gelöst werden muss. Das wird das Strafverfahren weiter begleiten.
Vor diesem Hintergrund ist es eine Zumutung, wenn uns Herr Strieder weiter in die Situation bringt, dulden zu müssen, dass er als gewähltes Mitglied dieses Hauses am 23. Mai in der Bundesversammlung sitzen wird. Das ist peinlich, Herr Gaebler!
Auch wenn der Bundestag, lieber Herr Gaebler, die Immunität von Herrn Strieder aufhebt, wird uns – wie bereits ausgeführt – das Problem im weiteren Verfahren begleiten. Stellen Sie sich doch einmal vor, wie das sein würde: Wir werden irgendwann die Anklage haben. Es wird eine Hauptverhandlung geben. Natürlich würde sich Herr Strieder hinstellen und sagen, dass es nicht in Ordnung gewesen sei, wie damals seine Immunität aufgehoben worden sei. Das, was unter der Regie, als die Immunität noch galt, ermittelt worden ist, ist alles nicht zu verwerten. Das wollen Sie mit Ihrem Redebeitrag und Ihrer Stützung von Herrn Strieder in dieser Situation decken?
Das Einzige, was hier geht, um wirklich alle Unsicherheiten zu beseitigen und was Herrn Strieder und uns gut zu Gesicht stünde, wäre, wenn Herr Strieder das Rückgrat hätte und meinetwegen auch per Fax aus Mexiko – sie werden wahrscheinlich telefonischen Kontakt zu ihm haben – erklären würde, er verzichte auf das Mandat. Das würde seine Stellung in dem Strafverfahren nicht beschädigen. Im Gegenteil: Es würde sogar zeigen, dass er nicht versucht, alles zu verschleiern, und das würde auch die Qualität der Bundesversammlung und ihrem Funktionieren – darum geht es einzig und allein bei der Immunität – auch zu Gute kommen.
Herr Strieder kann diesem Haus nur politisch einen Gefallen tun, indem er in dieser Situation auf sein Mandat verzichtet. Er ist bereits mehrfach aufgefordert worden, diesen Schritt zu tun. Das hat er nicht getan. In dieser Situation müssen wir als das Organ, das Herrn Strieder entsendet hat, genau das tun und unsere Verantwortung wahrnehmen. Wir müssen zum Ausdruck bringen, dass wir nicht gewillt sind, das hinzunehmen. Wir müssen Herrn Strieder auffordern, in dieser Situation auf sein Mandat zu verzichten! – Danke!
Danke! Der Kollege Müller hat um eine Kurzintervention gebeten und hat hiermit das Wort. – Bitte schön, Herr Müller!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Ratzmann! Wir sind einiges gewohnt von der Fraktion der Grünen. Was Sie sich aber eben geleistet haben, ist eine bodenlose Unverschämtheit!
Sie unterstellen uns, dass wir die Mitglieder der Bundesversammlung danach aussuchen würden, ob wir sie mit einer zusätzlichen Immunität noch decken könnten und irgendetwas verschleiern können.
Die Bundesversammlung und auch die Wahl der Mitglieder zur Bundesversammlung hat eine etwas andere Bedeutung als das, was Sie hier mit parteipolitischen Spielchen unterstellen.
Wir haben immer deutlich gemacht – egal, ob bei der Einsetzung des Untersuchungsausschusses hier im Parlament oder bei diversen Anträgen, die zur Aufklärung dienen sollen oder jetzt, wie der Kollege Gaebler bei der Entscheidung des Bundestages zur Immunitätsaufhebung im Bundestag: Es ist richtig, dass wir nichts verschleiern oder verdecken wollen. Wir wollen an der Aufklärung aktiv mitarbeiten. Vor dem Hintergrund sind die Entscheidungen auch zu bewerten.