Vielen Dank Herr Präsident! – Frau Abgeordnete Simon! Zunächst begrüßen wir es gemeinsam, dass es diese Chronikerregelungen endlich gibt, dass sich der Bundesausschuss der Selbstverwaltungsgremien auf Kriterien, nach denen jemand als chronisch krank gelten soll, geeinigt hat. Das ist damit verbunden, dass diese Personengruppe nicht 2 %, sondern 1 % des Einkommens für die Zuzahlung bei den Gesundheitskosten aufbringen muss.
Es gibt allerdings ein Problem, weil als Kriterium des Chronikerseins eine kontinuierliche Behandlung beim Arzt vorgesehen ist und ein Grad der Behinderung von mindestens 60 % statt bisher 50 %. Das führt natürlich dazu, dass bei den Versorgungsämtern eine Fülle an Anträgen zur Neufestsetzung des Grads der Behinderung eintrifft. In den ersten Monaten seit Geltung des Gesundheitsmodernisierungsgesetzes waren das monatlich zwei- bis dreitausend Anträge mehr, weil die Menschen ihren
Grad der Behinderung überprüfen lassen und Erstanträge gestellt werden. Personell wird es zu Engpässen kommen, und die Bearbeitungsdauer wird sich verlängern, weil immer eine externe Begutachtung durch Ärzte vorgesehen ist. Wir sind verpflichtet, deutlich zu machen, dass mit längeren Bearbeitungszeiten zu rechnen ist.
Ich frage in Bezug auf Ihren letzten Satz, Frau Senatorin, ob Sie schon abschätzen können, wie es sich künftig mit den Bearbeitungszeiten angesichts der engen und definierten Personalsituation in den bearbeitenden Einrichtungen entwickelt?
Man kann natürlich die Zahlen, die wir jetzt für die ersten drei Monate festgestellt haben, hochrechnen. Man kann davon ausgehen, dass bisher im Jahr durchschnittlich 70 000 Begutachtungen vorgenommen wurden. Wir gehen davon aus, dass sich das auf 90 000 erhöht. Da gerade das Referat des Schwerbehindertenrechts Ende des letzten Jahres einer Betriebsprüfung unterzogen wurde, ist dort tatsächlich personell kein Spielraum. Da es sich um qualifizierte Arbeitsplätze handelt, ist es nicht auf die Schnelle möglich, zusätzliches Personal zu gewinnen. Von da her ist das Problem groß. Wir haben heute Bearbeitungszeiten von dreieinhalb Monaten. Es kann gut sein, dass sich dieser Zeitraum deutlich erhöht.
Entschuldigen Sie! – Der Senator für Stadtentwicklung ist nicht anwesend und ist auch entschuldigt. Sie müssen ein anwesendes Senatsmitglied fragen.
Bleibt es dabei, dass der Senat nicht beabsichtigt, die Errichtung zusätzlicher Lärmschutzwände an der Anhalter Bahn zu bestellen und zu bezahlen?
Herr Regierender Bürgermeister! Ist es richtig, dass Sie etwas mit der Dresdner Bahn zu tun haben? – Dann wissen Sie vielleicht, dass die Deutsche Bahn den Bau der Dresdner Bahn um Jahre verschoben hat und beabsichtigt, das entsprechende Verkehrsaufkommen zumindest teilweise über die Anhalter Bahn abzuwickeln. Ist das richtig?
Herr Abgeordneter! Ich kann diese Annahme nicht bestätigen. Durch Gespräche mit Herrn Bundesverkehrsminister Stolpe weiß ist, dass diesbezüglich dringend eine Klärung erforderlich ist. Das hängt auch mit der Anbindung des Flughafens BBI zusammen. Wir gehen davon aus, dass die Bahn und das Bundesverkehrsministerium nach wie vor daran festhalten, die Dresdner Bahn auszubauen.
Sie wissen, dass es bezüglich eines Abschnitts Schwierigkeiten gibt. Es gibt unterschiedliche Auffassungen zwischen dem Land und dem Bundesverkehrsministerium. Das hat leider eine lange Tradition. Das Land ist nach wie vor der Auffassung, dass der Tunnel die richtige Lösung im Interesse der dort wohnenden Menschen wäre. Allerdings gibt es diesbezüglich noch keinen Fortschritt. Ich gehe davon aus und hoffe, dass der Bund endlich – –
Herr Cramer, ich finde es schön, dass Sie immer für die Umwelt eintreten, beispielsweise für den Krötenschutz, aber ich würde mich freuen, wenn Sie sich auch einmal für die Menschen einsetzen würden. Dann wäre auch mal etwas erreicht.
Das kann man in Europa vielleicht auch weiterbearbeiten, Herr zukünftiger Europaabgeordneter Cramer. Wir sind für die Tunnellösung. Der Bund hat dazu bislang über mehrere unterschiedliche Verkehrsminister eine andere Haltung eingenommen. Es wird Zeit, dass da eine Klärung passiert. Wir drängen jedenfalls auf eine Klärung in unserem Sinne. Ob sie kommt, kann ich heute leider nicht
sagen. Ich bin da nicht so optimistisch, aber wir werden sehen, wie das weitergeht. Dass da gar nicht mehr gebaut werden soll, das ist mir neu und wüsste ich auch nicht.
Ich habe eine Frage an den Wirtschaftssenator, Herrn Wolf. – Mussten Sie als Vorsitzender der Wirtschaftsministerkonferenz am vergangenen Freitag Ihr PDS-Parteibuch an der Garderobe abgeben, oder ist es neuerdings sozialistisch, wenn Sie eine weitere Flexibilisierung des Arbeitsmarktes fordern, eine weitere Senkung von Umweltstandards und wenn Sie fordern, „den Reformprozess zur Kostenreduzierung vornehmlich im Unternehmenssektor fortzuführen“ oder wenn Sie fordern, „den Reformprozess im Bereich der sozialen Sicherung fortzusetzen, weil der Kompromiss aus dem Vermittlungsausschuss vom Dezember 2003 nur ein Anfang war“? Ist dies neuerdings sozialistische Wirtschaftspolitik?
Sehr geehrte Frau Klotz! Die Wirtschaftsministerkonferenz hat sich intensiv mit dem Industriestandort Deutschland und den Wettbewerbsbedingungen befasst. Wie es bei Ministerkonferenzen üblich ist, gibt es eine Reihe von Kompromissen, die Formelkompromisse sind, z. B. zur Senkung der Lohnnebenkosten, die auch von Ihrer Partei intensiv gefordert wird. Das Thema ist bei allen Parteien Konsens. Aber die Frage, wie dies angegangen wird und über welches Instrument dies stattfindet, wird sehr unterschiedlich gehandhabt. Das Gleiche gilt für die Flexibilisierung des Arbeitsmarktes. Auch hier ist unbestritten, dass Flexibilisierung des Arbeitsmarktes sinnvoll und notwendig ist. Die Frage ist, welche Flexibilisierung und in welchen Formen. Dazu hat sich die Wirtschaftsministerkonferenz nicht geäußert.
Ich bin der Auffassung, dass bei all diesen Maßnahmen sowohl die soziale Gerechtigkeit als die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen beachtet werden muss. Ich halte es z. B. für einen grundsätzlichen Fehler im sozialen Sicherungssystem der Bundesrepublik Deutschland, dass die Sozialabgaben im Wesentlichen über den Faktor Arbeit finanziert werden, darüber der Faktor Arbeit verteuert wird und gleichzeitig darüber die Wettbewerbsfähigkeit von arbeitsintensiven Industrien oder Branchen entsprechend belastet wird.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der FDP, diese Erkenntnis liegt bei uns schon sehr lange vor. Ich weiß nicht, wie lange sie bei Ihnen vorliegt. –
Insofern ist das, was in der Erklärung der Wirtschaftsministerkonferenz formuliert worden ist, eine Formulierung, die ich mittragen kann, so wie Ihr Umweltminister jetzt auch einen interessanten Kompromiss zu den Emissionsrechten geschlossen hat.
Ein Kompromiss, der u. a. zu Stande gekommen ist, weil die Wirtschaftsministerkonferenz mit der PDS im Vorsitz eine Senkung von Umweltstandards gefordert hat – herzlichen Dank!
Ich habe aber die Frage, Herr Wolf, ob es denn auch, wenn Sie sagen, das war nur ein Formelkompromiss, einem Formelkompromiss mit Ihrem Kollegen Otto Wiesheu – CSU-Wirtschaftsminister in Bayern – zu verdanken ist, dass die Wirtschaftsministerkonferenz gesagt hat, sie zieht Selbstverpflichtungen der Wirtschaft gesetzlichen Regelungen vor. Ist das so zu verstehen, Herr Wolf, dass Sie dann künftig auch nicht mehr für die Ausbildungsplatzabgabe sind, sondern dass Sie als PDS-Wirtschaftssenator eine Selbstverpflichtung der Wirtschaft zur Schaffung von mehr Ausbildungsplätzen vorziehen?
Liebe Frau Klotz! Senkungen von Umweltstandards werden in der Erklärung der Wirtschaftsministerkonferenz an keiner Stelle gefordert.
Was die Selbstverpflichtungen angeht, habe ich in diesem Haus schon öfter gesagt, dass ich Selbstverpflichtungen, wenn sie funktionieren und eingehalten werden, selbstverständlich gesetzlichen Regelungen vorziehe. Wir haben beim Thema Ausbildungsplatzabgabe zurzeit die Situation, dass die Selbstverpflichtungen in der Vergangenheit nicht zum Erfolg geführt haben. Ansonsten schlage ich vor, dass wir uns einmal gemeinsam darüber unterhalten, ob der Gesetzentwurf, der zurzeit im Bundestag diskutiert wird, in seiner konkreten Ausgestaltung wirklich zielführend ist, wenn wir bei der gesetzlichen Regelung der Fälle erfolgreich sein wollen, wo die Selbstverpflichtung nicht funktioniert.
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