politisch klug war. Die Sanierungsfälle des Landes Berlin sind riskant. Die politische Logik bestand und besteht vielfach in der Frage, ob nochmals Geld in die Hand genommen werden sollte, um einen weiter gehenden Schaden für das Land Berlin abwenden zu können oder nicht. Es mag beim Tempodrom aus heutiger Sicht fraglicher sein als zum Zeitpunkt der beiden Rettungsaktionen, ob diese sinnvoll waren. Aber das waren politische Entscheidungen in der Sache und im Umgang mit einem akuten Sanierungsfall. Genau so sollte man sich auch heute mit ihnen befassen.
Ich habe in diesem Zusammenhang keinerlei Verständnis für die Position, die Bündnis 90/Die Grünen, die Regierungsfraktion a. D., in dieser Frage einnehmen. Wie können Sie heute etwas als Untreue bezeichnen, was Sie selbst getan haben?
Wo ist, wenn Sie das schon machen, Ihre Kritik an der ersten Rettungsaktion und am Handeln von Wolfgang
Dabei weiß inzwischen jeder, der es wissen will, dass der Vorwurf der Untreue am Landeshaushalt haushaltsrechtlich ein echtes Abenteuer ist. Die Staatsanwaltschaft selbst erklärt, sie betrete juristisches Neuland. Das ist, mit Verlaub, eine ausgesprochen höfliche Umschreibung für die Tatsache, dass die Staatsanwaltschaft einen in der Rechtsgeschichte der Bundesrepublik beispiellosen Vorwurf erhebt und mal guckt, wie weit sie mit dem kommt. Nebenhaushalte, wie ihn das Vermögen der IBB darstellt, sind in der Bundesrepublik eine weit verbreitete Erscheinung. Nahezu das Doppelte des Bundeshaushalts findet sich in Gestalt von Nebenhaushalten, beispielweise der Kreditanstalt für Wiederaufbau. Alle Bundesländer unterhalten Landesstrukturbanken mit einem rechtlich eigenständigen Vermögen, wie es die IBB auch hat. Das mag man finanzverfassungsrechtlich problematisieren, aber daraus einen individuell strafbaren Vorwurf zu konstruie
ren, dass in diesen Institutionen vermögensrelevante Entscheidungen getroffen werden, wohlgemerkt über das Geld dieser Institutionen, ist in der Sache vollkommen abwegig. Um zu klären, ob diese Rechtsauffassung der Staatsanwaltschaft in dieser Frage rechtens ist oder nicht, muss man mit uns in der Tat vor Gericht. Denn ohne ein Gerichtsurteil werden wir diese Auffassung auf gar keinen Fall akzeptieren. Dass dieses juristische Neuland tatsächlich trittfest ist, bestreiten wir, bis uns das Gegenteil durch ein rechtskräftiges Urteil bewiesen wurde.
Die Opposition und Teile der Öffentlichkeit sorgen sich erkennbar um die Frage, ob Senator Sarrazin das Verfahren durchsteht. An der Unterstützung in der Sache und am Rückhalt meiner Fraktion wird das jedenfalls nicht scheitern. Ich habe auch nicht den Eindruck, dass die Öffentlichkeit einen Rücktritt erwartet. Das liegt maßgeblich an der fragwürdigen juristischen Qualität der Anklage und an der Integrität der Person des Finanzsenators. Die PDS-Fraktion steht zu Sarrazin, weil er für uns unschuldig im Sinne der Anklage ist,
Wieland und Juliane von Friesen, die für Sie im Senat und in den Gremien der IBB exakt das getan haben, was Sie heute, wo es Ihnen opportun erscheint, als Untreue bezeichnen und darauf Rücktrittsforderungen gründen?
Sie haben das Sponsoring durch die IBB doch erst eingeführt! Und selbstverständlich wussten Sie seinerzeit nicht nur von der Anrechnung der Zahlungen der IBB auf den Bankbeitrag – und da lasse ich Ihnen jetzt mal ein paar Unterlagen kopieren –, sondern Sie haben dem auch ausdrücklich zugestimmt. Das war ja auch okay, zumindest politisch nachvollziehbar. Aber Ihr Maß an Doppelmoral in dieser Frage ist eine schwer erträgliche politische und intellektuelle Zumutung.
Und nicht nur das. Sie machen sich zum Erfüllungsgehilfen einer CDU-Strategie, die den politischen Gegner wegen unterschiedlicher politischer Auffassungen in einer Sachfrage mit Strafanzeigen überzieht, und zwar systematisch.
Sind Sie von der CDU eigentlich noch eine politische Fraktion, meinetwegen in Auflösung, oder mittlerweile eine freischwebende Assoziation von Rechtsanwälten? Soll man Sie in Ermangelung von Politik wegen Ihrer Strafanzeigen wählen oder weil Sie so großartige Arbeitsbeziehungen zur Berliner Staatsanwaltschaft haben? Sie betreiben statt einer politischen Auseinandersetzung über eine Sachentscheidung die Kriminalisierung politischer Entscheidungen und die Ersetzung der politischen Debatte durch das Strafrecht. Ich bestreite, dass es Ihnen um die Sache geht. Sie wollen vielmehr den Finanzsenator kippen, koste es, was es wolle. Sie wollen jenseits von Recht und Politik dem politischen Gegner schaden. Das ist, mit Verlaub, eine mehr als peinliche Strategie für die größte bürgerliche Oppositionsfraktion in Berlin und ein echter parlamentarischer Offenbarungseid.
und niemand muss in Berlin allein deshalb zurücktreten, weil er politisch streitbar und unbequem ist.
Weil Sie das dauernd dazwischenrufen: Wie können Sie mir als haushaltspolitischem Sprecher der PDSFraktion, der ich auch meinen Kopf für viele sehr unbequeme Entscheidungen hingehalten habe, allen Ernstes unterstellen, wir wollten ein Abweichen vom Konsolidierungskurs?
Danke schön, Herr Kollege Wechselberg! – Die Rednerliste schließt mit der FDP. Das Wort hat Herr Kollege Meyer. – Bitte schön! Sie haben das Wort!
Danke, Herr Präsident! – Meine Damen und Herren! Die Ausführungen des Regierenden Bürgermeisters haben erneut verdeutlicht: Von einem Mentalitätswechsel ist in dieser Stadt nichts mehr zu spüren. Ihre Ausführungen, Herr Wowereit, zu Wahlkampf-Sponsoring-Essen – da bleibt einem die Sprache weg. Es geht nicht darum, dass irgendwelche natürlichen oder juristischen Personen Spenden an Ihre Partei machen. Es geht darum, dass Vorstands- und Aufsichtsratsmitglieder von landes- oder bundeseigenen Unternehmen an Sie spenden und darüber ein System von wechselseitigen Abhängigkeiten bedient und befördert wird.
Wenn man den Vorgang um den zweiten Sponsoringvertrag zur Rettung des Tempodroms politisch betrachtet,
Wir haben vorhin aus den Äußerungen von Herrn Körting herausgehört, wie der Senat als Dienstherr mit seinen Beamten umgeht, wenn staatsanwaltschaftliche Ermittlungen bzw. Gerichtsverfahren wegen Vermögensdelikten laufen. Der Senat selbst bewegt sich im politischen Raum, und die Senatsmitglieder haben eine Vorbildfunktion. Für sie darf nichts anderes gelten. Eine
Suspendierung eines Senatsmitglieds ist nicht denkbar, da hat Herr Wowereit Recht. Ein Rücktritt wäre damit die konsequente Handlung. Wenn Sie, Herr Sarrazin, die Staatsanwälte für befangen halten, ist das Ihr gutes Recht. Sollte aber das Gericht das Hauptverfahren zulassen, müssen Sie sich entscheiden, ob Sie geradlinig wie bisher die Konsequenzen Ihres Handelns tragen oder lieber auf Ihrem Sessel sitzen bleiben.
Sie sollten dabei auch bedenken, was für diese Stadt das Beste ist. Da gebe ich Herrn Eßer ausdrücklich Recht: Können Sie bei einem laufenden Gerichtsverfahren noch die politische Kraft aufbringen, sich bei harten finanziellen Entscheidungen gegen die Fachsenatoren und die Fraktionskollegen von der Regierungskoalition durchzusetzen, obwohl Sie wesentlich stärker als bisher von deren politischem Wohlwollen abhängig sind? – Ich denke, nein!
Danke schön, Herr Kollege Meyer! – Weitere Wortmeldungen liege nicht vor. Die Aktuelle Stunde hat damit ihre Erledigung gefunden.
lief alles wie bisher in diesem Lande. Die Finanzverwaltung war über ihren Sitz im Stiftungsrat umfassend über die Situation der Stiftung Neues Tempodrom informiert. Herr Sarrazin und Herr Strieder entschieden sich gemeinsam, die IBB mit der Rettung zu beauftragen. Obwohl die im Stiftungsrat beteiligten Senatsverwaltungen bereits im September 2002 wussten, dass die Zahlung von 1,5 Millionen € nur zur Sicherung der Liquidität bis zum Ende des Jahres reichen würde, stimmte Herr Sarrazin Anfang Oktober der Zahlung zu. Selbst wenn man annimmt, wie Herr Müller vorhin ausführte, dass Sie, Herr Sarrazin, das Land vor dem Schaden einer Insolvenz des Tempodroms bewahren wollten – es bleibt der Schaden, den Sie durch die bewusste Umgehung des Parlaments und die daraus resultierende Umsatzsteuerverpflichtung verursacht haben. Dies ist die Mentalität dieses Senats: Man will einer privaten Stiftung 1,5 Millionen € zuschustern und nimmt dabei auch noch in Kauf, dass die landeseigene Bank mehr als 200 000 € an Steuern zu zahlen hat, und dies nur, weil man die Öffentlichkeit einer Parlamentsbefassung fürchtete.
Im August bei der Befassung mit dem Amtsenthebungsverfahren von Frau Senatorin Schubert waren wir fraktionsübergreifend einer Meinung, dass wir die Unabhängigkeit von Staatsanwaltschaft und Gerichten auch in politischen Auseinandersetzungen schützen müssen. In diesem Zusammenhang waren die Äußerungen von Herrn Wowereit und eben auch von Ihnen, Herr Wechselberg, zumindest grenzwertig. Unabhängig von der Bewertung der Erfolgsaussichten des Verfahrens sei allerdings darauf hingewiesen, dass die Anklageerhebung gegen Senator Sarrazin eine gewisse logische Entwicklung in der Form der politischen Arbeit von Herrn Sarrazin darstellt. Ich erinnere nur an die wissentliche Einbringung der verfassungswidrigen Doppelhaushalte 2002/2003 und 2004/ 2005 oder die vergabe- und haushaltsrechtswidrige Beschäftigung der Hay-Group. Auch die Lust von Herrn Sarrazin zur Kollektivbeleidigung
hier muss man nur die Beschimpfung seiner eigenen Mitarbeiter als „bleich“ und „übel riechend“ erwähnen – deutet darauf hin. Wer sich ständig auf eine Gratwanderung zwischen Provokation und Rechtsbruch begibt, darf sich nicht beschweren, wenn irgendwann die Staatsanwaltschaft mit Ermittlungen beginnt. Gerade ein Politiker, der wie Sie, Herr Sarrazin, immer eine gewisse Geradlinigkeit und Aufrichtigkeit für sich in Anspruch nimmt, muss nicht nur mit den Konsequenzen leben, sondern ab einem gewissen Punkt auch selbst die Konsequenzen ziehen.
Gesetz zum Schutz der Bevölkerung vor gefährlichen Hunden und über das Halten von Hunden in Berlin (HundehaltG Bln)