Protokoll der Sitzung vom 07.03.2002

[Beifall bei der FDP]

Um unseren hehren Zielen näher zu kommen, fordere auch ich einen Mentalitätswechsel ein. Die Bürger und Bürgerinnen dieser Stadt haben es begriffen: Sie sind weiter die Verantwortlichen in dieser Stadt. Deshalb ist der Appell an den Mentalitätswechsel auch ein Appell an Sie, meine Herren und Damen Senatoren und Senatorinnen!

Jetzt spiele ich einmal Harald Schmidt. Vielleicht haben Sie auch solch eine Karte bekommen. Ich weiß nicht, ob Sie sie lesen können. Ich lese sie aber gern vor: „Der Schiefe Turm von Pisa steht in Berlin, und er ist rot.“

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Ich bin wahrscheinlich nicht die Einzige, die solch eine Karte bekommen hat. Es geht um die Schulen in freier Trägerschaft. Diese Schulen machen jetzt mobil, – schade, Herr Wowereit ist nicht mehr da! – und das ist gut so! Jetzt frage ich Sie einfach einmal: Was hebt eigentlich diese Schulen aus unserem Berliner Schulalltag heraus? – Diese Schulen haben ein eigenes Profil. Sie arbeiten eigenverantwortlich. Die Lehrkräfte sind motiviert.

[Gaebler (SPD): Sie suchen sich die Schüler selbst aus!]

Sie verzichten auf einen Teil ihres Gehalts. Sie verzichten auch auf das in diesem Lande offensichtlich höchste Glück, auf den Beamtenstatus. Die Eltern engagieren sich, nicht nur finanziell. Hier existiert bereits so etwas wie eine Schulgemeinde; Eltern, Lehrer, Schüler ziehen an einem Strang.

[Gaebler (SPD): Es werden nicht alle Schüler zugelassen!]

Ja, weil wir nicht ausreichend Schulen haben, Herr Gaebler! Wenn wir diese hätten, würden sie zugelassen werden. – Diese Schulen sind begehrt. Es könnten noch viel mehr werden.

[Beifall bei der FDP]

Last but not least gibt es dieses Superangebot noch zum Sparpreis. Eigentlich könnten wir stolz auf diese Schulen sein. Aber was tun Sie? – Sie wollen kürzen und glauben, damit zu sparen. Wirklich, Herr Gysi, Herr Sarrazin? – Nein! Es geht hier um die Ideologie! Auch wenn das in der Öffentlichkeit immer wieder bestritten wird: Herr Senator Strieder ist einer der wenigen Mutigen, der sich zumindest dazu bekennt.

[Vereinzelter Beifall bei der SPD]

Ich zitiere aus dem gestrigen „Tagesspiegel“:

Strieder versicherte jüngst die Waldorf-Schulen seiner Solidarität,

[Frau Dr. Tesch (SPD): Das ist überhaupt nicht das Thema! – Gaebler (SPD): Man soll nicht immer alles glauben, was in der Zeitung steht!]

nicht aber diese christlichen Schulen, wo man „Bekenntnisse mit staatlichen Zuschüssen“ fördere.

Schade, dass Herr Strieder nicht mehr da ist! Ich bitte Sie, Herr Gaebler, richten Sie ihm schöne Grüße von mir aus! Wissen Sie eigentlich, was Sie da gesagt haben? – Dieser Ausspruch ist eine schallende Ohrfeige für einen Großteil der Bürger und Bürgerinnen dieser Stadt.

[Beifall bei der FDP – Vereinzelter Beifall bei der CDU]

Herr Müller, aber auch Herr Wolf! – Die beiden sind auch nicht mehr da. Schade!

[Dr. Lindner (FDP): Das ist nicht schade!]

Es nützt nichts, wenn Sie das bedauern. Das hören sie nicht! – Würden Sie bitte zum Schluss kommen, Frau Kollegin!

Sie sagten vorhin: Ohne das Engagement, ohne die Eigeninitiative der Berliner und Berlinerinnen wird es in Zukunft in dieser Stadt nicht mehr gehen. Genau aus diesem Grunde sage ich Ihnen: Lassen Sie den Unfug sein! Gehen Sie nicht an die freien Träger heran! Lassen Sie es, wie es ist! Hier ist nämlich genau das, was Sie einfordern: das Engagement der Berliner und Berlinerinnen. – Vielen Dank!

Danke schön, Frau Senftleben! Die Große Anfrage ist damit begründet, beantwortet und besprochen. Zu allen Anträgen der Fraktion der Grünen empfiehlt der Ältestenrat die Überweisung allein bzw. federführend an den Ausschuss für Jugend, Familie, Schule und Sport. Die Anträge Drucksache 15/235 und Drucksache 15/237 sollen mitberatend an den Ausschuss für Gesundheit, Soziales und Migration überwiesen werden, die Anträge Drucksache 15/234, Drucksache 15/237 und Drucksache 15/238 auch an den Hauptausschuss. Wer so beschließen möchte, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke schön! – Die Gegenprobe! – Enthaltungen? – Das Erste war die Mehrheit.

Jetzt komme ich zur Drucksache 15/235, Stichwort: Sprachförderung von Kindern aus Migrantenfamilien. Dazu empfiehlt die Fraktion der CDU die zusätzliche Überweisung an den Hauptausschuss. Wer dem seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich um das Handzeichen. – Danke schön! Die Gegenprobe! – Enthaltungen? – Das war einstimmig.

Weiterhin beantragt die Fraktion der CDU zur Drucksache 15/236 – Stichwort: Ausbildungsmisere für Jugendliche ausländischer Herkunft im öffentlichen Dienst – die zusätzliche Überweisung an den Ausschuss für Inneres, Sicherheit und Ordnung – federführend – sowie an den Hauptausschuss. Wird dem auch zugestimmt mit dem Handzeichen? – Danke! Die Gegenprobe! – Enthaltungen? – Dann ist auch das so geschehen.

Lfd. Nr. 10, Drucksache 15/242:

Große Anfrage der Fraktion der CDU über Experten in der Konzeptkommission für die Universitätsmedizin

Eine Behandlung im Plenum ist heute nicht vorgesehen. Im Ältestenrat konnte die antragstellende Fraktion der CDU über die weitere Behandlung noch keine Auskunft geben. Inzwischen hat die Fraktion der CDU um Vertagung gebeten. Die Große Anfrage steht damit auf der Tagesordnung unserer nächsten Sitzung am 21. März. Wie mir berichtet wird, sei die schriftliche Antwort eben verteilt worden. Zum heutigen Abschluss dieses Tagesordnungspunktes noch ein Hinweis: Die Fraktion der CDU hat bereits bei der Einbringung der Großen Anfrage am 27. Februar um die schriftliche Beantwortung gebeten. Dies habe ich gestern auch noch einmal mündlich über meine Verwaltung der Senatsverwaltung mitteilen lassen. Jetzt rüge ich noch, dass es so spät gekommen ist. – Da müssten Sie eigentlich Beifall klatschen, denn es ging ja gegen den Senat. [Beifall des Abg. Czaja (CDU)]

Danke schön! – Es geht wirklich nicht, dass das vom Senat so spät beantwortet wird. Da sind wir uns alle einig.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 11, Drucksache 15/217:

Beschlussempfehlung des Ausschusses für Verfassungs- und Rechtsangelegenheiten, Immunität und Geschäftsordnung vom 14. Februar 2002 zum Antrag der Fraktion der CDU über Änderung der Geschäftsordnung des Abgeordnetenhauses von Berlin, Drucksache 15/23

Eine Beratung ist nicht mehr vorgesehen. Der Rechtsausschuss empfiehlt die Ablehnung des Antrags. Wer dem Antrag der Fraktion der CDU, Drucksache 15/23, jedoch seine Zustimmung zu geben wünscht, den bitte ich nun um das Handzeichen. – Danke schön! Die Gegenprobe! – Das ist die Mehrheit gegen die Stimmen der CDU. Enthaltungen? – Dann ist das so abgelehnt.

Ich rufe auf

lfd. Nr. 12, Drucksache 15/218:

Beschlussempfehlungen des Ausschusses für Inneres, Sicherheit und Ordnung vom 1. Februar 2002 und des Hauptausschusses vom 20. Februar 2002 zum Antrag der Fraktion der CDU über Erhaltung der Reiterstaffel der Berliner Polizei, Drucksache 15/126

in Verbindung mit

lfd. Nr. 13, Drucksache 15/219:

Beschlussempfehlungen des Ausschusses für Inneres, Sicherheit und Ordnung vom 1. Februar 2002 und des Hauptausschusses vom 20. Februar 2002 zum Antrag der Fraktion der CDU über Erhaltung des Freiwilligen Polizeidienstes in Berlin, Drucksache 15/127

Für die gemeinsame Beratung beider Tagesordnungspunkte empfiehlt der Ältestenrat eine Redezeit von bis zu fünf Minuten pro Fraktion. – Dazu höre ich keinen Widerspruch. Dann machen wir das so. Herr Abgeordneter Gewalt von der Fraktion der CDU hat sich zu Wort gemeldet und hat es hiermit auch. [Beifall bei der CDU] – Bitte schön, Herr Kollege!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Vollmundig hat Herr Wowereit in seiner Regierungserklärung einen Mentalitätskurs zur Sparsamkeit angekündigt. interjection: [Beifall des Zackenfels (SPD)] Die Vorschläge in Bezug auf den Polizeihaushalt stehen dazu leider in einem krassen Widerspruch. Polizeireiterstaffel, Polizeiorchester, Freiwilliger Polizeidienst – diese Forderungen sind alte Kamellen, die der Haushälter Wowereit bereits 1998 erhoben hat und die schon damals, auch von Sozialdemokraten, Herr Böger, als ungeeignet verworfen wurden. Da die Musiker des Polizeiorchesters – das dürfte auch den Sozialdemokraten mittlerweile bekannt sein – Berufsmusiker sind und ihnen in den nächsten Jahren nicht gekündigt werden kann, spart Rot-Grün allenfalls die Notenblätter ein. Auch das ist schon in der letzten Legislaturperiode bekannt gewesen. Bei der Reiterstaffel hat der Senat – dieses ist der eigentliche Skandal – fahrlässig das Engagement von Bürgern, die die Reiterstaffel erhalten wollten, ignoriert. Es wurden Gelder gesammelt, mit denen der Erhalt der Staffel in Berlin für ein bis zwei Jahre hätte gesichert werden können. – Ich muss das im Konjunktiv formulieren. – interjection: [Wieland (Grüne): Die „BZ“ soll das Geld zurückzahlen!]

Für die mittelfristige Unterstützung der Staffel hat sich ein Förderverein gegründet. Dieser, Herr Kollege Wieland, ist nicht von der „BZ“ gegründet worden. Ich nehme mal an, dass Ihre Allergie gegen Pferde daher rührt – vielleicht sollten Sie sich gedanklich einmal damit befassen –, dass Sie vielleicht in den 68er-Demonstrationen von einem Pferd getreten wurden.

[Wieland (Grüne): Sie sind reingeritten in unsere Versammlungen! Jetzt hat sich’s ausgeritten!]

Anders ist diese Antipathie kaum zu verstehen.

Herr Körting! Sie haben es bis heute nicht für nötig befunden, mit dem Förderverein auch nur ein Gespräch zu führen. Stattdessen übergeben Sie die Staffel dem Bundesgrenzschutz mit der Konsequenz, dass die Polizeireiter weitestgehend aus dem Stadtbild in Berlin verschwinden werden. Der Bundesgrenzschutz hatte in seiner gesamten Geschichte noch nie berittene Einheiten. Herr Schily hat bis heute weder dem Haushaltsausschuss des Bundestages noch der Öffentlichkeit erklären können, wo die Reiter nach dem Bundesgrenzschutzgesetz eingesetzt werden sollen. Da liegt der Verdacht nahe, dass die Staffel nur beim Bundesgrenzschutz geparkt werden soll, um sie nach zwei oder drei Jahren unauffällig abzuwickeln.

[Wieland (Grüne): Schön wär’s!]

Das ist wohl der wahre Hintergrund dieser Transaktion. Da haben Sie, Herr Körting, allerdings – das versichere ich Ihnen bereits jetzt – die Rechnung ohne den Wirt, nämlich die Berlinerinnen und Berliner gemacht, die werden das aufmerksam verfolgen.