Für die gemeinsame Beratung steht den Fraktionen eine Redezeit von bis zu 5 Minuten zur Verfügung. Es beginnt die Fraktion der Grünen, und zwar die Frau Kollegin Oesterheld. – Bitte schön, Frau Oesterheld!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Seit nunmehr zwei Jahren wird uns von der Koalition ein wohnungspolitisches Gesamtkonzept versprochen, und wir warten und warten und warten, aber es kommt einfach nicht.
Die Fraktion der Grünen hat mit diesem Antrag zumindest ein Konzept zum Umgang mit den städtischen Wohnungen beziehungsweise den Wohnungen der städtischen Wohnungsbaugesellschaften vorgelegt.
1. langfristige Sicherung städtischer Wohnungen, damit auch langfristig der wohnungspolitische Verfassungsauftrag erfüllt werden kann,
2. eine sinnvolle regionale Verteilung dieser Wohnungen, damit alle Bezirke die Möglichkeit für notwendige Unterbringungen behalten und Konzentration dieser Wohnungen nicht zu Problemen führen,
Die Koalition ist sich zwar der wohnungspolitischen Verantwortung bewusst, aber sie steckt den Kopf in den Sand, nach dem Motto: Ganz so schlimm wird es schon nicht werden. Sie übersehen dabei geflissentlich, dass die Wohnungsunternehmen ständig Wohnungen verkaufen, nur um ihre Liquidität zu sichern. Das heißt, dass sie eigentlich von der Substanz leben, und das schon seit Jahren. Sie werden sich irgendwann die Augen reiben und feststellen, welche Häuser am Rande noch übrig bleiben und welche hohen Kosten wegen der Wohnungsunternehmen auf das Land zukommen. Dann werden Sie sagen, das haben wir nicht gewollt und nicht gewusst, und am Ende haben wir dann überhaupt keine Wohnungen mehr. Oder Sie hoffen, wie Sie es bei anderen Problemen auch machen, dass das ganze Problem erst nach 2007 sichtbar wird, denn nach 2007 schieben Sie alles, dann ist die Wahl erst einmal vorbei, und dann können Sie wieder neu anfangen.
Eine grundsätzliche Neustrukturierung der städtischen Wohnungen muss vorgenommen werden. Abwarten und Wegtauchen ist in diesem Fall die schlechteste Lösung. Sie haben sich in der Diskussion nicht die Mühe gemacht, darzulegen, wie Sie diese Probleme lösen wollen. Allein Zielvereinbarungen mit Geschäftsführern der städtischen Wohnungsunternehmen sind nicht das richtige Konzept und werden nicht zum Erfolg führen. Daher bitte ich Sie, unserem Antrag zuzustimmen, da er zumindest die Möglichkeit gibt, langfristig städtische Wohnungen zu sichern.
4. die Organisation der Services für die Wohnungen auf bezirklicher Ebene, da dies kundennaher und besser kontrollierbar ist,
5. die Kontrolle über die Mietentwicklung, da über das Wohngeld oder auch bei Hartz IV die Übernahme der Wohnkosten, die Miethöhe eine immer größere Rolle für den Landeshaushalt spielt,
6. die rigorose Reduzierung der Häuptlinge und eine wirksame Kontrolle der Verwaltung dieser städtischen Wohnungen.
Das sind die zentralen Punkte unseres Antrags, wobei die Anzahl der Wohnungen weder unseren Wünschen noch einer errechneten Notwendigkeit geschuldet ist, sondern der Frage, wie viele Wohnungen wir uns noch leisten können, wie viele Wohnungen wir sichern können, ohne den Landeshaushalt zusätzlich zu belasten. Da sind wir nach unseren Einschätzungen, so wie die Situation der städtischen Wohnungsgesellschaften aussieht, auf 160 000 Wohnungen gekommen. Es ist keine Wunschvorstellung, es ist eine realistische Einschätzung, um langfristig die Möglichkeit zu haben, städtische Wohnungen zu erhalten.
Der Wegfall und das Auslaufen der Belegungsbindung, der Stopp der Wohnungsbauförderung sowohl im Neu- als auch im Altbau, der Stopp des Plattensanierungsprogramms, Gerichtsurteile zur Aufhebung der Mietobergrenzen in Sanierungs- und Erhaltungssatzungsgebieten, die Aufhebung der Zweckentfremdung und der Kündigungssperre bei Wohnungsumwandlungen: All diese Maßnahmen gehen zu Lasten der Versorgung der Bevölkerung mit preiswerten Wohnungen. Die Verdrängung findet statt, und zwar tagtäglich.
Da nützt es auch überhaupt nicht, dass wir auf der anderen Seite 100 000 leer stehende Wohnungen haben. Es sind zum Teil teure Wohnungen. Es sind zum Teil Wohnungen mit schlechtem Standard, aber dennoch hohen Mieten. Das heißt, man muss schon genauer hingucken, für wen diese leer stehenden Wohnungen zur Verfügung stehen und ob sie überhaupt zur Verfügung stehen.
Diese Situation ist ein Traum für die Freien Demokraten, die ihrer Klientel gern unbegrenzt hohe Mieten beschert, und auch die CDU hat sich mittlerweile aus der wohnungspolitischen Verantwortung verabschiedet. Für sie sind die Wohnungsunternehmen nur noch Beteiligungen, die Dividende bringen sollen. Wenn sie diese nicht bringen, kann man sie schließlich auch verkaufen. Von wohnungspolitischer Versorgung und wohnungspolitischem Auftrag kein Ton mehr. Wenn ich mir dann die Anträge zur Belegungsbindung angucke, wird auch da deutlich, dass Sie überhaupt nicht begreifen, in welchen Schwierigkeiten die einzelnen Bezirke sind, wenn sie Familien unterbringen sollen und unterbringen müssen.
Schönen Dank, Frau Kollegin Oesterheld! – Für die Fraktion der SPD hat nunmehr Herr Kollege Schimmler das Wort. – Bitte schön, Herr Schimmler, ergreifen Sie es!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Oesterheld! Es ist immer schön, wenn man die Debatten aus dem Ausschuss fortsetzt, aber dadurch werden manche Thesen auch nicht richtiger. Im Gegensatz zu Ihrer Vorstellung, dass der Senat nichts getan habe, hat der Senat eine Menge getan. Es ist kein Kopf-in-den-Sand-Stecken, wenn ab und zu städtische Wohnungsbaugesellschaften kleinere Bestände vielleicht auch weiter in Zukunft verkaufen müssen. Die Alternative wäre, dass wir als Eigentümer dort Geld, das woanders fehlte, bei Jugend, bei Schule oder sonstwo, hineinstecken. Das kann ja wohl nicht in Ihrem Interesse sein.
Auch wenn derzeit wahrscheinlich 100 000 Wohnungen in dieser Stadt leer stehen, hält die SPD städtische Wohnungsbaugesellschaften weiterhin für notwendig, anders als ein Teil der Oppositionsparteien. Die SPDFraktion hat sich in einem Grundsatzpapier für einen Anteil von etwa 15 % der Wohnungen dieser Stadt in städtischem Besitz ausgesprochen, so wie das auch in anderen Großstädten wie Hamburg der Fall ist. Städtische Wohnungsbaugesellschaften müssen nach Meinung unserer Fraktion vorgehalten werden, um in Zeiten eines engeren Wohnungsmarktes – der schon langsam wieder beginnt,
Trotzdem ist noch weiter viel zu tun. Moderne Wohnungsbaugesellschaften – dies zeigen in- und ausländische Beispiele – pflegen das Wohnumfeld, setzen auf Hausmeister oder Doormen, um zum Beispiel Instandhaltungskosten zu senken und die Zufriedenheit der Bewohner mit ihrem Wohnumfeld zu erreichen. Mit Hartz IV
könnten übrigens noch weitere Möglichkeiten für solche Gesellschaften eröffnet werden. Dies fördert Belegungstreue und senkt damit den Leerstand. Dies muss auch Thema sein, wenn Senkung von Personalkosten weiterhin eine Notwendigkeit in diesen Gesellschaften ist. Städtische Wohnungsbaugesellschaften müssen auch darüber nachdenken, ob ihr bürokratischer Apparat nicht eher abzuspecken ist als die Leute, die vor Ort mit den Mietern reden und möglicherweise deren Zufriedenheit sicherstellen. Darüber hinaus gehört zur Vorbildfunktion städtischer Wohnungsbaugesellschaften auch, dass solche Beispiele wie der Verkauf der Lentzesiedlung in dieser Form nicht wieder passieren.
Die städtischen Wohnungsbaugesellschaften haben in Zeiten, als niemand in dieser Stadt bauen wollte, einen wichtigen Teil der Wohnungsversorgung in dieser Stadt und für die Stadtgestaltung geleistet. Das Märkische Viertel steht heute nicht mehr wie vor 20 Jahren mit negativen Schlagzeilen in der gesamten Bundesrepublik in der Diskussion. Wohnumfeldgestaltung ist hier durch eine städtische Gesellschaft geleistet worden. Der Leerstand ist erheblich geringer als in anderen Stadtquartieren, und alle, die immer über Stadtquartiere in Wedding oder Neukölln negativ reden, sollten sich einmal ansehen, dass es dort gerade städtische Wohnungsbaugesellschaften sind, die zum Teil eine hohe Zufriedenheit mit dem Wohnumfeld und den Wohnungen erreichen. Schauen Sie sich die Ergebnisse der Umfragen z. B. in der Schillerhöhe an, dann werden Sie feststellen, welche hohe Belegungsfreundlichkeit dort vorhanden ist und dass dort kaum jemand ausziehen will. Dies ist erfolgreiche Arbeit. Wir wollen sie kritisch begleiten und nicht das Heil immer nur in neoliberalen Verkaufsphantasien sehen. – Danke sehr!
wie es der BBU deutlich kundgetan hat – Wohnungen für Bevölkerungsteile zu angemessenen Preisen anzubieten, wenn diese Menschen aus ihrer wirtschaftlichen oder familiären Situation nur schwer Wohnraum finden können.
Darüber hinaus haben städtische Wohnungsbaugesellschaften noch eine Vorbildfunktion – die sie bisher nicht immer wahrgenommen haben – bei der Gestaltung des Wohnumfelds. Dem wird oft entgegengehalten – ich habe das erst neulich wieder von einem CDU-Abgeordneten gehört –, dass gerade in den Gebieten des Quartiersmanagements hauptsächlich städtische Gesellschaften die Eigentümer seien. Aber es ist falsch, hieraus den Schluss zu ziehen, diese hätten eben die falsche Belegung herbeigeführt. Richtig ist, dass die CDU-Regierungen in den 80er Jahren die Einkommensgrenzen für den Bezug von Sozialbauwohnungen nie angepasst haben. Kinder einer Familie konnten, wenn sie erwachsen waren und heiraten wollten, nicht mehr im selben Gebiet wie ihre Eltern eine Wohnung finden, weil sie nicht mehr den Wohnberechtigungsschein erhalten haben. Das hat die Stabilität der Kieze arg getroffen.
Nach dem erfolgreichen Verkauf der GSW ist nach den Vorstellungen der SPD vielleicht noch Raum für kleinere Verkäufe durch Gesellschaften selbst, auch um manchmal die Liquidität zu sichern, aber nicht für den Verkauf ganzer Gesellschaften. Dies hat die Senatorin für Stadtentwicklung in der letzten Sitzung des Bauausschusses ausdrücklich als Senatsposition bestätigt.
Für die Zukunft der städtischen Wohnungsbaugesellschaften ist es außerdem notwendig, dass deren Schulden abzubauen sind, dass sie vergleichbar sind, um einen Wettbewerb unter ihnen um möglichst effektive Gesellschaften zu ermöglichen, die nicht nur an betriebswirtschaftlich nachrechenbaren Kostensenkungen orientiert sind, sondern auch an der Belegung und an der Zufriedenheit der Mieter, die Steuerung der Töchter, falls diese überhaupt noch notwendig sind, und dass Wohnungsverkäufe durch Gesellschaften transparent werden. Hierzu hat der Senat und haben die Gesellschaften bereits gehandelt. Schulden wurden um 600 Millionen € abgebaut, ein neues Kennzahlensystem ermöglicht es den Senatsverwaltungen erstmals, einen Vergleich der Wohnungsbaugesellschaften und damit auch eine effektive Steuerung zu gestalten. Für die Töchter sollen zukünftig die Aufsichtsräte der Mütter zuständig sein, um hier ebenfalls eine effektive Steuerung zu erreichen. Wohnungsverkäufe schon von wenigen Hundert Wohneinheiten müssen transparent in einem öffentlichen Verfahren durchgeführt werden. Wir haben gerade ein Beispiel, wie dies nicht so gelaufen ist.
Danke schön, Herr Kollege Schimmler! – Für die CDU-Fraktion hat nunmehr Herr Kollege Reppert das Wort. – Bitte schön, Herr Reppert!
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Schimmler, das ist nicht die Schillerhöhe – ich komme aus Neukölln –, das ist die Schillerpromenade. Aber das nur am Rande erwähnt.
In der Koalitionsvereinbarung war man sich noch einig, dass die städtischen Wohnungsgesellschaften dringend eine Neuordnung brauchen. Die Kraft für die Neuordnung der Wohnungsgesellschaften und des sozialen Wohnungsbaus insgesamt ist offensichtlich mit dem Ende der Anschlussförderung, die gerichtlich immer noch nicht zu Ende ist, und mit dem Verkauf der GSW aufgebraucht. – Frau Oesterheld, da haben Sie völlig Recht!
Beim Mietspiegel haben wir über Jahre hinweg gleich bleibende Mieten bzw. eine leicht fallende Tendenz zu verzeichnen. Die Zweckentfremdungsverbotsverordnung zum Schutz von Wohnraum ist gerichtlich aufgehoben worden. Beim Rückbau Ost wird Wohnraum abgetragen. Die generelle Kündigungsbeschränkung bei Wohnungsumwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen hat der Senat mit wenigen Ausnahmen von zehn auf drei Jahre zurückgenommen – alles Zeichen, Herr Schimmler, für einen entspannten Wohnungsmarkt. Ansonsten müssten Sie sich eher dafür einsetzen, die Kündigungsbeschränkungen auszuweiten und nicht einzugrenzen. Ein Blick in die Statistik zeigt, dass zum jetzigen Zeitpunkt von ca. 440 000 belegungsgebundenen Wohnungen über verschiedene Maßnahmen bereits 214 000 Wohnungen befristet ausgesetzt sind. Somit haben wir knapp über 200 000 Wohnungen, in die man eigentlich nur mit einem Wohnberechtigungsschein einziehen kann. Ein weiterer Blick in die Statistik zeigt, dass im Jahr 2002 zwar 48 000 Wohnberechtigungsscheine ausgestellt, aber lediglich 15 000 effektiv zur Anmietung einer Wohnung genutzt worden sind. Wenn man sich dann noch vor Augen hält, dass mit Ihrer Mehrheit ein weiterer kontinuierlicher Abbau der Förderung beschlossen worden ist, mit der Folge, dass die Mieten im sozialen Wohnungsbau berlinweit – die vielen Mieterproteste zeigen es – schon heute höher
sind als bei vergleichbarem Wohnraum nach dem Mietenspiegel, dann hat dies nichts mehr mit der klassischen Aufgabe des sozialen Wohnungsbaus zu tun. Hier wird mit dem WBS etwas suggeriert, was längst nicht mehr den Tatsachen entspricht.
Unsere Anträge gehen in der Zielrichtung bewusst unterschiedlich weit, um Ihnen die Zustimmung bei dem einen oder anderen Punkt zu erleichtern. Leider ist dies vergeblich. Trotz allem klammert sich der rot-rote Senat an den Wohnberechtigungsschein und die Belegungsbindung, als gälte es, die Mieter vor besonders brutalen Miethaien zu schützen. In allen Ausschüssen verweigern Sie sich der grundsätzlichen Diskussion über die Zukunft des sozialen Wohnungsbaus. Im Übrigen, Herr Schimmler, bemüht sich der BBU seit über einem Jahr um ein abgestimmtes, erleichtertes Verfahren zur Freistellung von der Belegungsbindung. Dies ist von wenigen Ausnahmen abgesehen bislang nicht zu Stande gekommen. Ihr vorgelegter Änderungsantrag ist deshalb aus meiner Sicht eine Lachnummer, ein Schnellschuss und geht an der Sache vorbei.
Man muss die Mieter nicht vor den Miethaien in Schutz nehmen. Es ist der rot-rote Senat, der kein Konzept hat. Mit dem Förderungsabbau werden Sie zum Mietpreistreiber in der Stadt.– Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit!
Anders kann man sich nicht erklären, warum der Redebeitrag von Frau Junge-Reyer zum wohnungspolitischen Gesamtkonzept der Grünen lang und inhaltsleer war. Zu den Anträgen der CDU-Fraktion ist Frau Junge-Reyer dann sogar auf Tauchstation gegangen.
Im Gutachten von Ernst & Young kommt man zum Schluss, dass das größte Problem der Wohnungsgesellschaften darin bestehe, dass der Eigentümer keine Strategie habe. Hat der Senat die notwendigen Schlüsse daraus gezogen? – Nein, ich glaube nicht. Da sind beispielsweise Gerüchte im Umlauf, eine weitere Wohnungsgesellschaft stünde zum Verkauf. Da nennen einige Vorstände der Wohnungsgesellschaften schlichtweg keine Daten, obwohl die öffentlichen Unternehmen uns und dem Steuerzahler sehr wohl rechenschaftspflichtig sind. Dass der Senat hier seine Hausaufgabe gemacht hat, war bei der Ausschussberatung jedenfalls nicht zu spüren.
Bei der Belegungsbindung und beim Wohnberechtigungsschein sieht es auch nicht anders aus. Von einer Wohnungsnot kann bei 130 000 leer stehenden Wohnungen nicht mehr die Rede sein.